Filiz Polat, migrationspolitische Sprecherin der grünen Landtagsfraktion, kritisiert die anhaltenden restriktiven Visa-Bestimmungen der Bundesregierung: „Die Bundesregierung hat die Pflicht, unmittelbar dafür zu sorgen, dass die Praxis der deutschen Behörden der gerichtlichen Entscheidung entspricht und für alle, die die Dienstleistungsrichtlinie in Anspruch nehmen, sofort die Einreise visumsfrei gestaltet wird.“
Fatale Folgen für den Wirtschaftsstandort Deutschland
Mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 19.2.2009 (C-228/06, „Soysal“) wurde festgestellt, dass einige Mitgliedstaaten der Europäischen Union für türkische Staatsangehörige nach dem Inkrafttreten des Zusatzprotokolls (1.1.1973) keine neuen Beschränkungen der „Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs“ durch Einführung des Visumszwanges errichten durften. „Gegen diese Vorgabe hat Deutschland – wie auch andere Mitgliedstaaten – verstoßen, wie das „Soysal“-Urteil belegt“, so die Grünen-Politikerin.
Schon jetzt zeige sich, dass die rechtswidrige Visa-Praxis fatale Folgen für den Wirtschaftsstandort Deutschland hat. „Mit der Absage großer Unternehmen zur internationalen Heimtextil-Messe in Frankfurt zeichnen sich schon jetzt mögliche Folgen für den Messestandort Niedersachsen ab,“ warnte Polat und verwies auf türkische Pressemeldungen, nach denen türkische Wirtschaftsvertreter den für Außenhandel zuständigen Minister Zafer Çağlayan aufgefordert hätten entsprechende Messen in der Türkei zu organisieren, um die „Qual“ der Visa-Bestimmungen zu umgehen. Auch für Messen in Niedersachsen, wie für die nun beginnende Domotex in Hannover, bei der die Türkei die drittgrößte Ausstellernation ist, könne dies in Zukunft schrumpfende Ausstellerzahlen bedeuten.
Rechte in großem Stil vorenthalten
„Es ist Aufgabe der Bundesregierung, dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes gerecht zu werden, auch um weitere Klagen und Kosten von der Bundesrepublik Deutschland abzuwenden. Sonst setzt sie sich dem Verdacht aus, türkischen Staatsangehörigen in großem Stil ihre Rechte bewusst vorzuenthalten.“
Gleichzeitig kündigte Filiz Polat an sich an den neuen Wirtschaftsminister zu wenden. „Die Landesregierung kann nicht tatenlos dabei zu sehen wie der Wirtschaftsstandort Niedersachsen durch rückwärtsgewandte Abschottungspoltitik kaputt gemacht wird.“