Verwaltungsgericht München
Türkische Touristen benötigen kein Visum für Deutschland
Türkische Touristen brauchen für Deutschland kein Visum. Das entschied das Verwaltungsgericht München - ein Präzedenzfall. Memet Kilic fordert die Bundesregierung auf, endlich die Visumpflicht abzuschaffen.
Freitag, 11.02.2011, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 17.02.2011, 2:45 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Türkische Touristen dürfen für einen Aufenthaltszeitraum von bis zu drei Monaten ohne Visum und Aufenthaltserlaubnis in die Bundesrepublik Deutschland einreisen. Das entschied das Verwaltungsgericht München am Mittwoch (Az. M 23 K 10.1983).
Hintergrund des Rechtsstreits war ein nicht eingeplanter Zwischenstopp der türkischen Staatsbürgerin Candan Erdogan am Münchener Flughafen am 29. September 2009. Sie wollte aus den USA über München nach Istanbul fliegen. Aufgrund einer Verspätung verpasste sie ihren Anschlussflug am Münchener Flughafen und war gezwungen, die Nacht auf deutschem Boden zu verbringen. Sie wollte in einem Hotel übernachten, wurde von der Flughafenpolizei aber gezwungen, die Nacht am Flughafen zu verbringen. Begründung: Sie habe kein Visum für Deutschland und dürfe den Transitbereich des Flughafens nicht verlassen.
Das wollte sich die Türkin nicht gefallen lassen und klagte erfolgreich mithilfe der SANAS Rechtsanwälte. Die Richter stellten fest „dass die Klägerin für einen Aufenthaltszeitraum von bis zu 3 Monaten zum Dienstleistungsempfang – insbesondere zu touristischen Zwecken – ohne Aufenthaltserlaubnis – insbesondere visumfrei – in die Bundesrepublik Deutschland einreisen und sich aufhalten darf“.
Aktive und passive Dienstleistungsfreiheit
Damit folgten die Münchener Richter der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und bringen damit die Bundesregierung nun massiv in Erklärungsnot. Der EuGH hatte in der „Soysal Entscheidung“ von 2009 („Soysal“, C-228/06) klargestellt, dass für türkische Staatsbürger die Dienstleistungsfreiheit gilt und sie daher kein Visum benötigen.
Die Bundesregierung stellt sich seit dem jedoch auf den Standpunkt, dass die EuGH-Entscheidung nur für die aktive Dienstleistungsfreiheit gelte, also nur für Personen, die Dienste erbringen. Touristen hingegen würden welche in Anspruch nehmen (passive Dienstleistungsfreiheit) und benötigten deswegen auch weiterhin ein Visum.
Systematische Weigerungshaltung aufgeben
Nach Einschätzung des Rechtsanwalts der Klägerin, Dr. Temel Nal, ist die Begründung obsolet. Auch für Memet Kilic, migrationspolitischer Sprecher der Grünen, muss die Bundesregierung nun reagieren: „Die Nichtbeachtung der Visaurteile des Europäischen Gerichtshofs durch die Bundesregierung beschädigt unseren Rechtsstaat.“
Bisher habe die Bundesrepublik die Visa-Urteile des EuGH zur Visaliberalisierung zwischen Deutschland und der Türkei mit der Argumentation nicht zur Anwendung gebracht, dass mit der Türkei noch kein Rückübernahmeabkommen geschlossen worden sei. Kilic weiter: „Da dies jetzt geschehen ist, steht die Glaubwürdigkeit der Bundesrepublik auf dem Prüfstand.“ Angesichts der Häufung der erfolgreichen Klagen müsse die Bundesregierung endlich die „systematische Weigerungshaltung“ aufgeben.
MiG-Dossier: Rechtsprechung, Einzelheiten, Hintergründe und die Politik der Bundesregierung zur Thematik im MiG-Dossier „Visumsfreiheit für Türken„.
Schwarz-Gelbes Dilemma
Das aber dürfte gerade der schwarz-gelben Regierungskoalition äußerst schwerfallen. Denn würden türkische Staatsbürger von der Visumspflicht befreit, könnten sie beispielsweise in Fällen der Familienzusammenführung ohne Weiteres ein Sprachkurs in Deutschland besuchen und müssten nicht mehr im Herkunftsland eines der kostspielige Goethe-Institute aufsuchen.
Auf der anderen Seite läuft Deutschland Gefahr, sich weiter schadensersatzpflichtig zu machen. Für türkische Staatsbürger gilt die Visumspflicht seit dem Jahre 1980. Folgt man der aktuellen Rechtsprechung, macht sich Deutschland seit über 30 Jahren bei jeder Visumverweigerung und Erteilung gegen Gebühr schadensersatzpflichtig gegenüber jedem einzelnen Antragsteller.
Präzedenzfall
Aufgrund der Bedeutung und Tragweite des Urteils haben die Münchener Richter die Berufung zugelassen. Rechtsanwalt Nal ist sich seiner Sache aber sicher. Keine Entscheidung zuvor sei derart eindeutig und klar ausgefallen. Das Besondere an diesem Fall sei aber, dass das Gericht explizit einer Touristin Recht zugesprochen habe. Für abwegige Auslegungen bleibe kein Raum mehr. „Diese Entscheidung ist ein Präzedenzfall“, so Nal. (es)
Recht
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@can
Könnte es daran liegen, das jedem, der ins Land kommt, und beim ersten Betreten deutschen Bodens das Wort „Asyl“ ausspricht, zunächst einmal in das dazugehörige Verfahren kommt, und erstmal hier bleiben kann ? Und das der deutsche Staat in den letzten Jahrzehnten GERADE in dieser Beziehung mit Asylbewerbern aus der Türkei (vornehmlich kurdische „Berg“-Türken !) sehr schlechte Erfahrungen gemacht hat ?
Denken Sie mal darüber nach.
@ can
Tja, leider ist doch so, dass jeder Tourist aus Türkei auch das Zauberwort Asyl aussprechen darf.
Die Bundesregierung befürchtet, dass türkische Touristen nicht Weimar, Sylt oder Neuschwanstein besuchen, sondern in Unternehmen von Verwandten und Bekannten schwarz arbeiten bis zu einer Kontrolle und dann Asyl beantragen. Das Verfahren kann sich über Jahre hinziehen – währenddessen wird weiter schwarz gearbeitet.
Die Aufhebung der Visapflicht für Serbien und Mazedonien hat hier zu einer Steigerung der Asylbewerberzahlen im letzten Jahr um 50% geführt.
Bei einer Aufhebung der Visapflicht für die Türkei ist mit 50 bis 100 000 Asylbewerbern pro Jahr zusätzlich zu rechnen – wer soll das bezahlen?
P.S. Ich komme aus der „Asylbranche“
Hallo Manfred,
zuerst möchte ich etwas klären, Kurden sind keine Türken. Sie haben keine Staat und leben vor allem in der Türkei und Irak. Seit Jahren leben die Türken mit den Kurden zusammen. ich habe nichts gegen den Kurden, habe sogar viele kurdische Freunde, aber einige Kurden möchten eine eigene Staat haben und kämpfen in den Bergen gegen den Türken. Auch heute noch kommt es zu terroristischen Anschlägen und es sterben leider Menschen. Diese können aus diesem Grund Asyl beantragen. ich denke nicht, dass jeder grundlos einen Asyl beantragen kann. Aber da ich nichts über Asylrecht weiß, möchte ich auch nichts behaupten.
ich habe etwas gegooglet. Unter der Bezeichnung Asyl versteht man: „Zufluchtsort, Unterkunft, Obdach und Freistatt bzw. Freistätte, aber auch Schutz vor Gefahr und Verfolgung. Im speziellen meint man damit die temporäre Aufnahme Verfolgter.“
Und wenn die Kurden einen Asyl mit dem türkischen Pass unter der Begründung, dass sie gefolgt werden bzw. Flüchten beantragen, können die Türken nichts für.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass es jedes Jahr mit 100.000 kurdische Asylbewerbern zu rechnen ist.
@Leon
Ich denke schon, dass viele türkische Touristen sich die Sehenswürdigkeiten in Deutschland und in Europa anschauen wollen und allein dies der Beweggrund wäre. Ich verstehe nicht, warum solche Stigmata in den Köpfen der Menschen entstehen können.
Wobei ich gestehen muss, dass meine Eltern einfach nur mich besuchen wollten.
Hallo Can,
Ich denke du wolltest schreiben Deutsche können ohne Visum in die Türkei einreisen nicht nach Deutschland ? Es gibt ein Abkommen darüber seit langen Jahren darüber mit der türkischen Regierung. Es ist ein kleines Dankeschön weil Deutschland in den 70ern so viele Türken als Dauergastarbeiter aufgenommen hat daher Visafreies Reisen für Deutsche in der Türkei bis zu 3 Monaten. Nähme die Türkei 4 Millionen Deutsche auf als Dauergastarbeiter mit allen sozialen rechten hätten Türken wahrscheinlich auch Visafreie einreise nach Deutschland. Somit dürfte die Frage warum brauchen Türken Visa für Deutschland und Deutsche kein Visa auch geklärt sein ? Nein ? Na dann gebt mal 4 Millionen Deutschen arbeit in der Türkei ! Merhaba
@ can
Mich würde jeder türkische Tourist freuen, der nach Deutschland kommt, um Kultur, Land und Leute kennen zu lernen. Doch, einmal ehrlich, deren Zahl dürfte ziemlich begrenzt sein.
Eine Aufhebung der Visapflicht führt sehr sicher zu Schwarzarbeit und Asylmissbrauch. Die Kosten in Milliardenhöhe hat der hiesige Steuerzahler zu tragen.
Das zu verantworten, kann sich keine deutsche Regierung leisten – der Wähler hat ein gutes Gedächtnis.
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@ peter
ja ich wollte schreiben, dass Deutsche ohne Visum in die Türkei einreisen können und nicht nach Deutschland :))
Auf der Seite vom Auswärtiges Amt ist eine Staatenliste zur Visumpflicht bzw. Freiheit bei Einreise in die BRD zu finden.
Haben all diese Länder dauerhaft Gastarbeiter aus Deutschland angeworben???oder warum dürfen Einwohner dieser Länder Visumfrei einreisen?
Wie kommst du denn auch auf die Zahl 4 Mio??
In den 70 er Jahren wurden etwa halbe Mio türkische Gastarbeiter angeworben. Heute leben etwa 1,6 Mio Türken in Deutschland. Während ein sehr großer Teil kurdischer Herkunft ist.
Meine Absicht ist es hier nicht die Türken zu rechtfertigen. Ich finde es jedoch schade, dass es so große Vorurteile existieren.
@Leon
warum denkst du z.B. dass die Zahl der Menschen, die aus der Türkei nach Deutschland um Kultur, Land und Leute kennen zu lernen
kommen, ziemlich begrenzt ist? Ist das kein Vorurteil?
Es gibt auch sehr sehr viele gebildete Türken.
Hallo Can,
Kurden sind keine Türken nach deiner Aussage ?
Warum haben sie dann türkische Pässe ?
Um besser (Visafrei) nach Deutschland zu kommen ?
Ihr glaubt schlau zu sein, wir sind Schlauer !
Hallo Can,
Zu deinen Fragen,
Genausowenig wie die Türkei es Österreichern erklären muß warum sie ein Visum für ihren Türkeiurlaub brauchen, genausowenig muß es Deutschland den Türken erklären warum sie ein Visa für ihren Urlaub in Deutschland haben müssen.
Wen Deutschland Visafrei einreisen läßt entscheidet Deutschland und nicht türkische Wunschvorstellung.
Die Zahl 4 Millionen wie ich darauf komme ? Gut,hätte auch 3 Millionen schreiben können, es geht ja nicht um Türken (ließ es noch mal genauer), in Deutschland sondern darum ihr könnt ja meinen Landsleuten auch mal Arbeit und soziale Sicherheit in der Türkei geben.Man nimmt nicht nur,man gibt auch !
In den 70er Jahren kamen nur 1/2 Million Türken nach Deutschland ? Von 1970-1979 ?das sind die 70er ! Du meintest wohl nur nach Frankfurt und Berlin ?
Große Vorurteile ?, Can hast Du schon mal von einem deutschen Vater gehört daß er seiner Tochter Säure ins Gesicht schüttete,oder seine Tochter von den eigenen Brüdern ermorden ließ weil seine deutsche Tochter mit einem Türken oder Kurden liiert war ? Hattest Du als Muslim noch nie etwas mit einer Christin ? Hat dann eine Muslima nicht das gleiche „Recht ?“. Nein ? Dann laßt eure Finger auch von unseren Frauen !
So Can ein Beitrag zur besseren Völkerverständigung ist es nicht gerade was ich Dir geschrieben habe,dazu sind unsere Mentalitäten viel zu verschieden.
Ich weiß nicht ob es z.B. Türkisch-Syrer gibt das würde besser zusammenpassen,aber Deutsch-Türke ? Deutsch-Österreicher oder Deutsch-Holländer,das passt, genauso Franzose,Schwede oder Engländer. Auch wenn Mesut Özil heute 10 Tore für Deutschland schießen würde, er bleibt immer der Türke, so wie ich bei euch immer der Deutsche wäre. Bei Özil und anderen Urdeutschen Khedira z.B. siehst du auch was sie von Deutschland halten. Tragen den Bundesadler auf der Brust und singen nicht mal die Nationalhymne mit.
Was würde man in der Türkei zu so einem sagen der sich einbürgern läßt und nicht mal die Nationalhymne kennt ?
Merhaba
@ can
Natürlich gibt es sehr viele gebildete Türken, keine Frage. Nur in den klassischen deutschen Touristenorten habe ich zwar Holländer, Engländer, Amerikaner, Franzosen, Israelis, Japaner und Chinesen angetroffen, aber keine türkischen Touristen.
Es wäre ja schön, wenn es welche gäbe, sie sind herzlich willkommen.
Zum Problem der Schwarzarbeit und der illegalen Einwanderung haben sie sich nicht geäußert. Was halten sie denn davon?