CDU-Grundsatzprogramm
Merz: Debatte über Islam ist noch nicht zu Ende
Anfang Mai will die CDU ein neues Grundsatzprogramm beschließen. Eine Passage sorgte schon vorab für Diskussionen. Nach Kritik wurde sie geändert, Kritiker sprachen aber von Verschlimmbesserung. Nun signalisiert Parteichef Merz Gesprächsbereitschaft.
Montag, 22.04.2024, 12:10 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 22.04.2024, 12:12 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die parteiinterne Debatte zum Umgang mit Muslimen in der CDU ist nach Ansicht von Parteichef Friedrich Merz noch nicht zu Ende. „Es gibt jetzt einen Textvorschlag für den Bundesparteitag. Ich gehe davon aus, dass wir auf dem Bundesparteitag darüber auch noch einmal Diskussionen haben werden, aber das ist gut und richtig so, denn wir müssen diese Frage klären, weil wir in Deutschland mit dem Thema ein Problem haben“, sagte Merz im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur in München. Das CDU-Grundsatzprogramm wird Anfang Mai auf einem Parteitag in Berlin beschlossen.
Die CDU hatte in der vergangenen Woche eine Formulierung zu Muslimen im Entwurf des neuen Grundsatzprogramms geändert. Ursprünglich hatte es dort in Zwischenüberschrift geheißen: „Muslime, die unsere Werte teilen, gehören zu Deutschland.“ Daraus wurde nun: „Muslime sind Teil der religiösen Vielfalt Deutschlands und unserer Gesellschaft.“ In den folgenden Absatz wurde dann dieser Satz eingefügt: „Ein Islam, der unsere Werte nicht teilt und unsere freiheitliche Gesellschaft ablehnt, gehört nicht zu Deutschland.“
Merz: Umgang mit Muslimen in Deutschland
„Wir haben – und das kann man doch nicht ernsthaft bestreiten – in Deutschland mit dem politischen Islam und radikalisierten Muslimen gravierende Probleme“, betonte Merz. In Deutschland gebe es eine klare Trennung zwischen Staat und Religion, „die ein Teil der Muslime in Deutschland nicht akzeptieren will. Für sie steht die Scharia über dem Grundgesetz.“ Dieser Auffassung trete die CDU entschieden entgegen, auch um die Polarisierung der Gesellschaft einzudämmen. „Wir überlassen diese Debatte nicht anderen.“
Den Hinweis, die CDU habe mit ihrer Debatte das Thema ohne Not erneut groß gemacht, lässt Merz nicht gelten: „Die Debatte hat immer stattgefunden in der Öffentlichkeit und sie findet natürlich vor dem Hintergrund der antisemitischen Ausschreitungen, die es im letzten Jahr nach dem 7. Oktober leider auch in deutschen Städten gegeben hat, in neuer Intensität statt.“ Also müsse auch die CDU in ihrem neuen Grundsatzprogramm eine Antwort auf die Frage geben, wie man mit den vielen Millionen Muslimen in Deutschland umgehen solle.
Merz: Einhaltung der Werteordnung
„Da war es uns einerseits wichtig, eine klare, positive Aussage zu treffen, da die große Mehrheit der Muslime hier völlig problemlos, zum Teil in dritter und vierter Generation, als Teil unserer Gesellschaft in Deutschland lebt“, sagte Merz. Aber es sei genauso wichtig, einen Hinweis darauf zu geben, „dass wir von allen Menschen in Deutschland, auch von Muslimen, erwarten, dass sie sich an die Werteordnung unseres Grundgesetzes und unserer Gesellschaft halten.“
Merz sieht die Debatte auch als Teil der Solidarität mit Israel: „Jüdisches Leben gehört zu Deutschland und das muss mehr denn je wieder geschützt werden, was uns alle sehr beschwert, aber es muss sein. Und wir wissen, dass viele, die auch Muslime sind, hier auch das Existenzrecht Israels bestreiten.“ Für ihn gehöre aber auch islamisches Leben zu Deutschland, „gar keine Frage“. Das Zusammenleben finde aber im Rahmen „unserer Verfassungsordnung, unserer Werteordnung und unseres Staates statt. Und die Regeln werden vom Staat gesetzt und nicht von Religionsgemeinschaften.“
Taktik im Wahljahr
Die ursprüngliche Formulierung im Grundsatz-Entwurf der CDU hatte bereits für Kritik gesorgt. Sie stelle Muslime unter Vorbehalt, schüre Vorurteile, hatte es geheißen. Nach der Änderung sprachen Kritiker von einer Verschlimmbesserung. Die Neufassung sei „ein weiterer Versuch der Christlich Demokratischen Union, in trüben Gewässern zu fischen, um Muslime zu stigmatisieren“, sagte der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek. Er kritisierte: „Wenn überhaupt, wäre eine Formulierung, die alle Weltanschauungen und religiösen Gemeinschaften anspricht, akzeptabel, anstatt nur eine bestimmte herauszugreifen und negativ zu markieren.“ Die Vorgehensweise der CDU sei „selektiv“ und bediene antimuslimische Ressentiments und Stereotypen.
Ob die signalisierte Gesprächsbereitschaft auf dem CDU-Parteitag vom 6. bis zum 8. Mai zu einer weiteren Umformulierung der Passage führt, bleibt abzuwarten. Beobachter sprechen, dabei spielten im Wahljahr auch taktischen Erwägungen eine Rolle. Man werde sich zweimal überlegen, ob man rund 1,5 Millionen wahlberechtigte Muslime vergraulen möchte, um Wähler von der islamfeindlichen AfD abzuwerben. (dpa/mig) Aktuell Politik
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