„Armutszeugnis“
Union und FDP wollen Lieferkettengesetz abschaffen
Das Lieferkettengesetz verpflichtet Unternehmen zur Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards. Die Union und die FDP wollen es aufheben. Dafür ernten sie nicht nur Kritik von den Grünen, sondern auch von Menschenrechtsorganisationen.
Donnerstag, 05.12.2024, 15:31 Uhr|zuletzt aktualisiert: Samstag, 07.12.2024, 17:35 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Union und FDP im Bundestag haben gefordert, das nationale Lieferkettengesetz außer Kraft zu setzen. Ziel der FDP sei es, das Lieferkettengesetz „vom Feld zu nehmen“, sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki am Donnerstag im Parlament in Berlin. Gesetzentwürfe der FDP-Fraktion und der Unionsfraktion dazu wurden nach einer Debatte jeweils in den zuständigen Fachausschuss verwiesen.
Laut dem Unionsabgeordneten Maximilian Mörseburg (CDU) birgt das derzeitige Lieferkettengesetz bürokratische Mehrbelastungen für Unternehmen. Aufgrund der veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wolle seine Fraktion die Sorgfaltspflichten aussetzen. An der FDP, die bis vor ein paar Wochen noch Teil der Regierung war, übte Mörseburg Kritik. Der Gesetzentwurf sei nur „eine Szene in ihrer Theateraufführung“.
Der Grünen-Abgeordnete Jürgen Kretz bezeichnete die Gesetzentwürfe als „Rückschritt für nachhaltiges Wirtschaften“. Die Unternehmen seien bereit, Verantwortung zu übernehmen. Auch seine Fraktion spreche sich für eine „Vereinheitlichung und Vereinfachung“ von Berichtspflichten aus, dafür müsse aber das Lieferkettengesetz nicht aufgehoben werden.
Menschenrechtsorganisationen üben scharfe Kritik
Mehrere Menschenrechtsorganisationen übten scharfe Kritik an den Gesetzentwürfen von Union und FDP. Oxfam kritisiert vor allem die FDP. Es sei ein Armutszeugnis, dass die Partei ein Gesetz zum Schutz von Menschenrechten als Bürokratie bezeichne, von der es sich zu befreien gelte, sagte die Menschenrechtsexpertin von Ofam, Franziska Humbert.
Die Initiative Lieferkettengesetz warnte vor „gravierenden Auswirkungen auf Menschen in den Produktionsländern, und auch das Kinderhilfswerk Terre des Hommes sprach sich gegen eine Abschaffung des Lieferkettengesetzes aus. „Zwangsarbeit darf nicht zugunsten von Profit toleriert werden“, sagte die Kinderrechtsexpertin der Organisation, Antje Ruhmann.
Hintergrund der Debatte
Hintergrund der Debatte sind das deutsche Lieferkettengesetz, das bereits seit 2023 gilt, und die beschlossene EU-Richtlinie, die in den kommenden zwei Jahren in nationales Recht übertragen werden muss. Ziel ist jeweils, dass Unternehmen die Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards in ihren Lieferketten sicherstellen.
Erst im Juli hatte das Kabinett eine Vereinbarung der Koalition gebilligt, wonach Firmen nicht mehr der Berichtspflicht des deutschen Lieferkettengesetzes nachkommen müssen, wenn sie stattdessen nach der EU-Nachhaltigkeitsrichtlinie berichten. Ob die Änderung in Kraft tritt, ist nach dem Auseinanderbrechen der Ampel-Koalition offen. Ein Beschluss des Bundestages steht noch aus. (epd/mig) Leitartikel Politik
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