Immigrierte Chefs
Ein Integrationsgesetz ändert gar nichts, Herr de Maizière!
De Maizière möchte ein Integrationsgesetz. Mit viel Optimismus ausgestattet darf man vielleicht hoffen, dass dieser Wunsch des Innenministers von kompetenten Politikern als Ansatz- und Ausgangspunkt genutzt wird, endlich ein Einwanderungsgesetz anzugehen. Von Tobias Busch
Von Dr. Tobias Busch Dienstag, 29.03.2016, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 30.03.2016, 16:58 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Unser Innenminister hat wieder mal eine Idee zum Thema Einwanderung öffentlich gemacht und man hat – nicht das erste Mal – den Eindruck, dass er den Unterschied zwischen Flüchtlingen und Migranten nicht sieht oder nicht versteht. Nach seinen Ausführungen zur „Akzeptanzkultur“ im letzten Jahr und dem Gerede von den guten und den schlechten Flüchtlingen im Januar, fordert er jetzt ein Integrationsgesetz. Wer nach drei Jahren im Land nicht ausreichend Integrationsbemühungen nachweisen kann, soll künftig keine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis mehr erhalten.
Was soll das? Entweder hält Herr De Maiziere diese Frage tatsächlich für ein Kernproblem des Asylrechts, welches doch eigentlich verfolgten Menschen einen zunächst vorübergehenden Schutz gewähren soll. Das wäre sehr traurig. Oder er hat sich damit abgefunden, dass Hunderttausende über Asylanträge eigentlich einwandern möchten – aber warum macht er dann nicht gleich ein Einwanderungsgesetz statt eines Integrationsgesetzes? In dem Rahmen könnte er dann alle möglichen und sinnvollen Forderungen an potentielle Einwanderer formulieren. Diese Forderungen würden dann ganz nebenbei auch für die Menschen gelten, die ursprünglich als asylsuchende Flüchtlinge gekommen sind und nach drei Jahren tatsächlich einwandern möchten – falls die Asylgründe inzwischen entfallen sind.
Mit ihrer unehrlichen Haltung zur Immigration schleppt sich die große Koalition von einem Fallstrick zum nächsten. Jeder – auch in der Regierung – weiß, dass nicht alle nach Deutschland kommenden Menschen Flüchtlinge im Sinne des Asylrechtes sind. Die anderen möchten aus anderen – meist sehr nachvollziehbaren – Gründen einwandern. Weil wir Ihnen dafür keine legale Option bieten, (be)nutzen Sie das Recht auf Asyl als ihre einzige Chance.
Die Behörden und der Justizapparat dürfen sich dann damit herumschlagen, herauszufinden, wer zu welcher Gruppe gehört, weil die Menschen das verständlicherweise bei dieser Rechtslage nicht freiwillig preisgeben. Das geht nun schon seit vielen Jahrzehnten so, führt zu den ewig gleichen Diskussionen, zu viel menschlichem Elend und zu jeder Menge Fehlsteuerungen. Die Migranten starten in ihre neue Heimat mit Unwahrheiten und jahrelanger Unsicherheit. Die Bürokratie, die per Definition ja keine Einwanderer kennt, kann sich nicht auf sie einstellen und Wohnraum, Schulen und Sprachkurse für diese verwaltungstechnisch nicht existierenden Menschen planen. Die Wirtschaft, die nachher die Menschen in Arbeit bringen soll, kann nicht den geringsten Einfluss auf deren Auswahl nehmen und so die Erfolgswahrscheinlichkeit (auch der Integration) verbessern. An alldem ändert ein sanktionsbewehrtes Integrationsgesetz gar nichts: wenn ein Asylgrund besteht, kann Herr De Maiziere die Leute auch dann nicht nach 3 Jahren zurückschicken, wenn sie sich nicht um Integration bemüht haben. Als Mensch und als Jurist müsste ihm das eigentlich klar sein. Also richtet sich sein Gesetzesvorhaben in Wirklichkeit an diejenigen, die es angeblich gar nicht gibt, nämlich die Einwanderer. Was für ein Unfug!
Es ist zu hoffen, dass die gegenwärtige Regierung mit ihrer übergroßen Mehrheit im Parlament doch noch die Kraft findet, das schwierige Thema „Einwanderungsgesetz“ anzugehen. Die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit kann nach den Erfahrungen der letzten Monate nun wirklich niemand mehr in Frage stellen. Mit viel Optimismus ausgestattet darf man vielleicht hoffen, dass der Gesetzeswunsch des Innenministers von einigen kompetenten Politikern als Ansatz- und Ausgangspunkt genutzt wird, das Notwendige und Überfällige nun endlich anzugehen.
Warum sollte sich nicht der SPD Minister Mass mit Jens Spahn und einer Handvoll anderer jüngere Parlamentarier – von der jahrzehntelangen Ignoranz ihrer Vorgänger weniger belastet – zusammentun und einfach mal ein Zeichen setzen, dass die Politik der großen Koalition sich nicht vollständig in internen Machtkämpfen erschöpfen und verbrauchen möchte. Das wäre der deutschen Demokratie sicher förderlicher als die nächsten fünf regierungsinternen Schaukämpfe oder das tägliche Gejammer über eine neue Partei, die sich wahrscheinlich im Kampf um Pöstchen und Privilegien ohnehin von ganz alleine zerlegen wird. Aktuell Meinung
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Die Debatte um ein Einwanderungsgesetz verstehe ich nicht. Seit 2005 haben wir das in Form des Zuwanderungsgesetzes zu dem auch das Aufenthaltsgesetz zählt. Mir ist da überhaupt nicht klar, was in einem Einwanderungsgesetz drin steht.
Wie man zur Beschäftigung oder zur Erwerbstätigkeit oder zum Familiennachzug nach Deutschland kommen kann ist sehr klar geregelt.
Oder geht es etwa darum, dass die geltenden Regelungen nicht gefallen? Vielleicht kann der Autor formulieren, was in einem Einwanderungsgesetz denn drin stehen soll, was es noch nicht gibt.
Das derzeit geltende Aufenthaltsgesetz sieht bereits eine Zuwanderung zur Arbeitsaufnahme vor, 18 ff Aufenthaltsgesetz. Dort sind die Anforderungen an Zuwanderer klar und nachlesbar definiert. In einem Zuwanderungsgesetz stuende nichts anderes. In sofern ist der Ruf des Autors nach einem Zuwanderungsgesetz fehl am Platz zumal ein Großteil der aktuellen Zuwanderer die aus humanitären Gründen ein Aufenthaltsrecht erhalten die Voraussetzungen für ein Aufenthaltsrecht zur Arbeitsaufnahme nicht einmal ansatzweise erfüllen.