Leitvision statt Leitkultur
Warum die deutsche Integrationspolitik in der Zukunft scheitern wird…!
Die deutsche aber auch die europäischen Gesellschaften befinden sich bedingt durch den demografischen Wandel in einem Veränderungsprozess, der als Multikulturalisierung bezeichnet werden kann. Damit ist gemeint, dass die sozioethnischen Strukturen der deutschen aber auch der europäischen Gesellschaften nachhaltig verändert werden, da der Anteil von Migranten in der Bevölkerung zunehmen wird.
Von GastautorIn Donnerstag, 17.09.2009, 8:34 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 05.09.2010, 15:49 Uhr Lesedauer: 11 Minuten |
Dieses Phänomen ist inzwischen eine gesellschaftliche Realität: In immer mehr Schulklassen sitzen Kinder mit Migrationshintergrund, in den Verwaltungen und in der Polizei trifft man auf immer mehr Menschen, die einen Migrationshintergrund haben und über immer mehr Häuserdächer ragen die Minaretten von Moscheen– Veränderungen, die einheimischen Deutschen Sorgen und Ängste machen!? Vor allem aber üben diese Veränderungen einen Transformationsdruck auf die gesellschaftliche Identität aus. Die Leitkultur-Debatte war ein Ansatz, eine solche Identität zu entwickeln. Aber ist denn eine Leitkultur sinnvoll und notwendig?
Wir werden multikulturell…! Hurra!?!?
Die Ergebnisse aus der „Sozialstudie über die türkischen Akademiker und Studierenden in Deutschland (TASD-Studie)“ genießen bis heute eine ungebrochene Aufmerksamkeit und sind Gegenstand vieler Medien und Diskussionen. Erfreulich ist, dass die Studienergebnisse Anlass für kontroverse Diskussionen im öffentlichen und privaten Raum sind, in denen die Folgen der Multikulturalisierung debattiert werden. Und wieso sind die Diskussionen sehr erfreulich!?
Wir – Deutsche und Menschen mit Migrationshintergrund – brauchen diese teils mit Spannung angeladenen und kontroversen Diskussionen, um die Zukunftsfähigkeit dieses, unseres Landes nachhaltig zu gewährleisten. Denn: Ob wir – Deutsche und Menschen mit Migrationshintergrund – wollen oder nicht, wir werden miteinander zusammenleben und – arbeiten müssen.
Der demografische Wandel hat nicht nur die Alterung und Schrumpfung der deutschen Gesellschaft zur Folge sondern auch ihre Multikulturalisierung. Dies soll heißen, dass die sozioethnische Struktur der deutschen Gesellschaft sich in der Zukunft nachhaltig verändern wird. Diese Veränderung wird nicht alleine durch die bereits hier in Deutschland lebenden MigrantInnen bewirkt.
Es stimmt zwar, dass insbesondere in den Metropolregionen der Anteil von 10jährigen Kindern mit Migrationshintergrund in Stadtbevölkerungen über 30% in manchen Regionen sogar über 40% beträgt. Dies jedoch ist nur die eine Seite der Medaille.
Die sozioethnische Veränderung der deutschen aber auch europäischen Gesellschaft wird auch durch die globale Bevölkerungsentwicklung verstärkt. Während die Gesellschaften in der nördlichen Hemisphäre des Globus‘ schrumpfen werden, kann in der südlichen Hemisphäre ein Bevölkerungswachstum beobachtet werden. Behausung, Arbeit und Nahrungsmittel werden im „Süden“ immer knapper. Dies sind Push-Faktoren, die immer mehr Menschen aus dem „Süden“ in den „Norden“ drängen werden.
Es gibt noch ein dritter Aspekt zur „Multikulturalisierung“: der Fachkräftemangel. Diejenigen, die zweifeln, dass es gegenwärtig keinen Fachkräftemangel gäbe, haben Recht. Der Fachkräftemangel, über den heute diskutiert wird, betrifft nur wenige Branchen. Seine Ursachen sind darin zu finden, dass die deutsche Bildungspolitik in der Vergangenheit versäumt hat, die benötigten Qualifikationen bedarfsgerecht auszubilden. Der Fachkräftemangel heute hat also strukturelle Ursachen.
Der durch den demografischen Wandel bedingte Fachkräftemangel steht uns – Deutschen und Menschen mit Migrationshintergrund – noch bevor: Ab dem Jahr 2020 werden immer mehr Erwerbstätige aus den Baby-Boom-Jahren in die Rente gehen. Das durchschnittliche Alter der Erwerbstätigen wird daraufhin – mehr oder weniger – schlagartig steigen. Gleichzeitig bildet Deutschland zu wenige (akademische) Fachkräfte aus, um diesen Bedarf kurzfristig decken zu können. Aber auf dem Weg in eine wissensbasierte Ökonomie wird Deutschland dringend Akademiker benötigen. Deutschland muss in den folgenden Jahrzehnten Einwanderung zulassen, wenn sie die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit seiner Wirtschaft aufrecht erhalten und vor allem ausbauen möchte. Meinung
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Es ist schon interessant, das sich in diesem Beitrag WIEDER beim Thema Integration und deren Probleme ausschließlich mit der Migrantengruppe Türken/Muslime befasst wird.
Das ist doch geradezu DIE Bestätigung für den immer wieder bestritten Umstand, das es diese „Probleme“ fast ausschliesslich bei besagter Migrantengruppe gibt.
Und da bleibe ich (auch wenn es einige hier ander sehen mögen) bei dem Standpunkt meines Freundes Ralph Giordano: „Nicht die Moschee – der ISLAM ist das Problem“. AUCH und hauptsächlich bei der Integration.
Und was den hier so als „mißbrauchten“ Islamkenner Bassam Tibi betrifft, empfehle ich die Lektüre :
Bassam Tibi: Islam in Europa /…sieht Europa in Gefahr,weil es vor isl. Eiferern kuscht.
„In Europa wird Nachgiebigkeit als Toleranz ausgegeben“
Zitate
„Die deutsche Islamkonferenz war eine Katastrophe“
„Die Türkei hört mit DIESER Regierung nicht in die EU“
Zitate Ende
http://wwwuser.gwdg.de/~uspw/iib/Interview_Braunschweiger_Zeitung_11.06.pdf
Sagen Sie jetzt nicht, das gehöre „nicht zum Thema“. Es hört in seiner Komplexität absolut dazu.
Kamuran Sezer schreibt: „Gelingt uns – Deutschen und Menschen mit Migrationshintergrund – nicht, den Prozess des (Selbst-) Bewusstseins zu eröffnen, um hierauf eine gemeinsame Identität auf der Grundlage eines konsensualen Wertekonstrukts zu entwerfen, dann besteht in der Tat die Gefahr, dass die deutsche Integrationspolitik in der Zukunft scheitern wird.“
Richtig. Aber das Fundament, der Grundriss dieses „konsensualen Wertekonstrukts“ wird und muß von der Aufnahmegesellschaft vorgegeben werden. Ein so oft beschworener Dialog, der für die Zugewanderten nur im Ergebnis besteht, das ihren Forderungen nachgegeben wird, ist nicht akzeptabel.
Die türkische Staatsführung betreibt Machtpolitik mit der Geburtenrate, wobei sie sich inzwischen eher auf die deutsche Türkenkolonie verlassen kann als auf die Türkei-Türken.
Dass ein Mann wie Erdogan, der ganz offen zu einer Vermehrungsideologie aufruft, die ethisch mehr als zweifelhaft, umweltpolitisch völlig abwegig bzw. katastrophenträchtig und ökonomisch aus dem vorvorigen Jahrhundert ist, bei uns seine schmutzigen Aufrufe loswerden konnte und dabei als Freund Deutschlands hofiert wurde, sagt alles über unsere eigenen Zustände.
Es ist ja bereits ein aggressiver Akt seitens einer Gesellschaft, durch ihre Fortpflanzungsrate beständig und in zunehmendem Maße, Ressourcen anderer Gesellschaften anzufordern. Friedenssicherung besteht in erster Linie darin, die eigene Bevölkerung mit der Tragefähigkeit der heimischen Ressourcen zu harmonisieren. Das hat mit dem Kennenlernen anderer Kulturen oder internationalem Austausch überhaupt nichts zu tun. Jeder soll in jedem Land seine Erfahrungen sammeln oder nutzen können – was aber kaum zur Voraussetzung hat, dass man andere Völker mit gewaltigen Bevölkerungsüberschüssen heimsucht.
Die Merkel-Leute, die sich in Krämpfen winden, wenn ein Betrieb mehr CO2 ausstößt als die Bürokraten errechnet haben und welches der nächste Baum sofort in Sauerstoff umassimiliert, haben nichts dagegen, dass ein befreundetes Volk sich in einer Weise vermehrt, dass Lebensraum anderer Nationen ganz einfach in Anspruch genommen werden muss – wenn man den Bevölkerungsüberschuss nicht irgendwo in Anatolien verkommen lassen will. Dass weltweiter Umweltschutz auch Anpassung des Bevölkerungswachstums der verschiedenen Nationen an die eigenen Ressourcen bedeuten muss, kann die verschrobene CO2-Feindin im Kanzleramt einfach nicht nachvollziehen.
Geehrte/r municipal,
vielen Dank für Ihren Kommentar.
Gleich vorweg möchte ich anführen, dass mein Kommentar keinesfalls die Türken bzw. die Muslime zum Gegenstand hatte. Vielmehr habe ich dargestellt, welche soziodynamischen Kräfte (demografischer Wandel, Multikulturalisierung, Akademisierung, Fachkräftemangel aber auch Nord-Süd-Gefälle usw.) in der deutschen Gesellschaft wirken, die – so meine These – einen Transformationsdruck auf die deutsche und europäischen Gesellschafte ausüben. Hieran schließt sich mein Postulat an, dass ein konsensualer Wertekonstrukt „entwickelt“ werden muss, um eine gemeinsame Identität herzustellen. Dies betrifft die Türken und Muslime im selben Maße wie die Griechen, Spanier, Portugiesen, US-Amerikaner, Japaner usw., die ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben.
An dieser Stelle danke ich Ihnen auch für den sehr interessanten Link zum Interview mit Bassam Tibi. Zunächst möchte ich aber klarstellen, dass ich an keiner Stelle meines Kommentars Bassam Tibi als „mißbrauchten Islamkenner“ bezeichnet habe oder in diese Richtung hingedeutet habe. Im Gegenteil – durch die Unterscheidung zwischen seinem Ansatzes zur Leitkultur und der „deutsche Leitkultur“ wollte ich die weitsichtige – allerdings nicht unumstrittene – Überlegungen Bassam Tibis aus der undurchsichtigen weil teilweise emotionalen Diskussionen und Debatten hervorheben.
Aus diesem besagten Interview, entnehmen sie ein, zwei Satzfragmente, um Ihre – vielleicht turko- und/oder islamophoben – Einstellungen und Meinungen zu untermauern. Ja, in diesem Interview hat Bassam Tibi diese beiden von Ihnen angeführten Sätze gesagt. Bei Bassam Tibi wird schlicht ignoriert, dass er den Islam nicht ablehnt. Im Gegenteil, er bekennt sich zu seiner Herkunft, zumal er aus einer islamischen Gelehrtenfamilie entstammt, die eine lange Tradition hat. Und vielleicht genau aus diesem Grund sagte er auch im Interview, dass es sich bei den Islamisten um einige (!) Verrückte handelt. Im Gegensatz zu Ihrem „Freund“ Ralph Giordano, der meiner Meinung nach eine undifferenzierte Sicht auf dieses Thema hat.
Ihre Position, die Sie im letzten Absatz angebracht haben, respektiere ich zwar, distanziere mich zugleich von Ihrem letzten Satz. Denn: Sie suggerieren, dass Zugewanderte in der Erwartung einen Dialog führen, dass ihren Forderungen nachgegeben wird. Glauben Sie mir, die Anwendung der Regeln des politischen Diskurses ist nicht biologisch oder geografisch den Europäern vorbehalten. Ich vermute, dass Ihre Sicht einem Vorurteil entlehnt ist.
Mit freundlichen Grüßen
Kamuran Sezer
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Während die Gesellschaften in der nördlichen Hemisphäre des Globus‘ schrumpfen werden, kann in der südlichen Hemisphäre ein Bevölkerungswachstum beobachtet werden.
Das Wachstum wird sich aber schon sehr bald auch im Bezug zum Klimawandel und bald auftretendem größerem Wassermangel im Nahen Osten, Afrika etc. (zukünftige Kriegskonflikte werden dann nicht mehr um Öl sondern Wasser geführt werden) von alleine regeln, da man vernünftigerweise nur so viele Kinder erzeugt, wie man auch ernähren kann. Und selbst wenn sich millionen nach Norden aufmachen würden. Die meisten würden auf dem Weg hungers sterben. Die Natur wird sehr bald mit ungewollter Hilfe des Menschen diese Dinge selbst regulieren. Da bin ich ganz sicher. Und es wird natürlich nicht nur die Menschen im Süden treffen. Das ist auch sicher.
Geehrte/r Boli,
Sie schreiben:
„Das Wachstum wird sich aber schon sehr bald auch im Bezug zum Klimawandel und bald auftretendem größerem Wassermangel im Nahen Osten, Afrika etc. (zukünftige Kriegskonflikte werden dann nicht mehr um Öl sondern Wasser geführt werden) von alleine regeln, da man vernünftigerweise nur so viele Kinder erzeugt, wie man auch ernähren kann. Und selbst wenn sich millionen nach Norden aufmachen würden. Die meisten würden auf dem Weg hungers sterben. Die Natur wird sehr bald mit ungewollter Hilfe des Menschen diese Dinge selbst regulieren.“
Dass externe Faktoren das generative Verhalten der Menschen beeinflussen, ist korrekt. Sehr wahrscheinlich haben Sie mit Ihrer Prognose sogar Recht. Dabei müssen Sie eine „Zeitverzögerung“ einkalkulieren. D.h. bis die Menschen ihr generatives Verhalten auf die externen Rahmenbedingungen anpassen, vergeht eine bestimmte Zeit. Wie lange dies dauert, weiß ich nicht bzw. ich müsste nachschauen, welche Modelle hierzu existieren. Ich gehe aber davon aus, dass es mindestens eine Generation dauert.
Die Bevölkerungsentwicklung in der südlichen und nördlichen Hemisphäre, wie ich sie beschrieben habe, ist schon vor Jahren sogar Jahrzehnten eingetreten. Die Folgen auf diese Migrationsströme, die ich im Kommentar hinweise, ist bereits eingetreten und wird in den folgenden Jahren zunehmen.
Viele Grüße
Kamuran Sezer
es wird nie gelingen, da eine Integrationspolitk bis jetzt garnicht stattgefunden hat, sondern eher ne Assimilationspolitik.
Man lässt sich halt nicht gerne assimilieren…
Sehr geehrter Herr Kamuran Sezer,
eigentlich wollte ich mich nicht mehr melden, das dieses Seite eigentlich weniger für Bio-Deutsche gedacht ist, aber von denen, die angesprochen werden – Migranten-, aber relativ wenig in Anspruch genommen wird. Wenn dann kritische Meinungen rüber kommen, passiert das übliche, da unterscheidet man sich nicht von anderen.
Zum Thema; auf türkischer Seite kommt ein importierter übersteigender Nationalismus zum Ausdruck, der hier dem Zusammenleben nicht gerade förderlich ist. Von der Einmischung des türkischen Staates, durch die Verbände, DITIP oder Erdogan, ganz zu schweigen. Auch die Verantwortung für ihre Kinder bezüglich der Schulausbildung ist unterentwickelt. Hier zeigen sich die Welten, zwischen den Wertesystemen. Studien dazu gibt es genug. Zu dem wird Europa von dem Islam in die Zange genommen, ob Sie dieses so sehen, wage ich zu bezweifeln. Aber ein Blick in andere europ. Staaten sollte Sie eines besseren belehren. Möglich ist auch, dass man mittlerweile in London wetten kann, wann England fällt und die Scharia flächendeckend eingeführt wird. Ich sage einfach, Multikulti mit Integration inclusive der Arbeitswelt, ohne den Islam, wäre beherrschbar. Kommt irgendwo der Islam als Komponente mit ins Spiel, werden die Karten der Macht neu verteilt ( ein Lehrstück ist der Balkan, die trostlose Welt in Arabien, oder Bereiche in Asien, aktuell Indonesien ).
Gründe: Es liegt an den unterschiedlichen Wertesystemen. Der Islam ist mit dem Rest der Welt nicht kompatibel. Kommen Menschen aus islamisch geprägten Ländern in die Länder mit einem anderen Wertesystem, sind Konflikte und der Ärger vorprogrammiert. Diese Menschen versuchen mit aller Gewalt ihre religiösen Regeln und Gesetze durchzusetzen, auch gegen den Willen der Mehrheit. Das nennt man dann Religionsfreiheit! Hier leidet dann alles; die Zivilisation, Integration, Migration und die Arbeitswelt. Was alle nicht vergessen sollten; hinter dem religiösen Gefummel des Islam verbirgt sich eine Doktrin, mit fest vorgegebenen Machtstrukturen und Regeln, wo der Zugang zur menschlichen Seele, Barmherzigkeit und Verzeihung nicht vorkommt, das Individuum keine Rolle spielt und Religion keine Privatsache ist. Dem Islam und den meisten gläubigen Zugewanderten Mitbürgern dieser Religion sind demokratische Zustände ein Greul, da man andere Lebensformen und/oder Arbeitsrhythmus bevorzugt, die mit dem Rest der Welt meistens nicht kompatibel sind. Ein weichgespülter Islam, wie hier oft propagiert, ist nicht vorstellbar, da so etwas im Islam nicht vorgesehen ist, da eine islamische Dominanz im Koran letztendlich vorgeschrieben ist.
Basam Tibi hat es einmal so formuliert: „Selig sind die Belogenen“, hinsichtlich der interreligiösen Dialügen.
Ansonsten teile ich die Auffassung von municipal und besonders sein letzter Satz.
Zitat:
„Jedoch haben sie gleichzeitig im Rahmen ihres ordnungspolitischen Auftrags eine ungewollte oder unbeabsichtigte Integration betrieben, indem sie sich um Bildung, wirtschaftliche Versorgung, Gesundheit usw. dieser Gäste gekümmert haben.“
Eine gute Zusammenfassung dieses Sachverhalts. Statt die Leute nach Ablauf der Arbeitsverträge abzuschieben bzw. zum Gehen aufzufordern, hat die Bundesrepublik aus verschiedensten Motiven wohl „Gnade“ vor Recht walten lassen. In der Diskussion hat man aber manchmal das Gefühl, dass die Deutschen da einen Fehler gemacht haben bzw. dass sie nachträglich dafür auch Vorwürfe gemacht bekommen. Sie haben sich human verhalten, und dürfen heute die negativen Folgen tragen. Die Leute in diesem Land wurden nicht gefragt, ob sie diese Zuwanderer mögen/schätzen/wünschen. Danach wurde diese „Zuwanderung“ wie die Realität der Mauer (DDR/“Realitäten anerkennen“ etc.) verkauft. Kein Wunder, dass da heute mit so harten Bandagen bei der Diskussion gekämpft wird. Die einen, die eigentlich keiner wollte, sind hiergeblieben. Teile von deren Folgegeneration haben unter dem Strich eine sehr schlechte Reputation erarbeitet (dadurch wurde eigenen Landsleuten auch noch die Integration erschwert, die leiden heute unter diesem Fehlverhalten). Diejenigen, die diese „Einwanderer“ nie gewollt haben, sind natürlich extrem verärgert über das unnötige Zusatzproblem in der Bildungspolitik etc. Zumal man viele leistungstärkere Einwanderer (Asiaten etc.) kennengelernt hat. Vielleicht lassen sich so etwas die Fronten der Diskussion – zugegebenermassen vereinfacht – erklären.
Der Autor hat fairerweise auch angemerkt, dass er aus Sicht eines Deutschen mit Migrationshintergrund schreibt. Vermisst habe ich, dass er die Integrationsvorstellung von deutscher Seite nicht genauer beschrieben hat. Deutschland hat eine lange Einwanderungstradition. Mit den meisten Einwanderergruppen gab es nach einiger Zeit keinerlei Integrationsprobleme mehr. Die Faktoren für deren Integrationserfolg wären an dieser Stelle vielleicht unterstützend für seine Thesen gewesen. Dann würde man auch von dieser unproduktiven „Leitkultur-Diskussion“ wegkommen.
Geehrter Markus Hill,
in der Politik werden tagtäglich Entscheidungen getroffen, die auch ich nicht teile. In der Demokratie aber delegiert das Volk seinen Willen auf Abgeordnete bzw. politische Vertreter, die idealiter diesen Willen im politischen Aushandlungs- und Entscheidungssystem vertreten und durchzusetzen versuchen. Dass diese Abgeordnete meinen Willen nicht 1 zu 1 umsetzen können, ist in der Gemenge vielfältiger Interessen und in einer pluralistischen Gesellschaft nicht nur verständlich sondern auch natürlich.
Aber auch hier hält die Demokratie Ihnen und mir Möglichkeiten bereit: So kann ich meinem Abgeordneten einen Brief schreiben, eine Petition einreichen, mich mit anderen organisieren, Bürgerbegehren initiieren, die Meinungsbildung beeinflussen, in dem ich Artikel schreibe, an Diskussionen in online-Foren beteilige, auf Veranstaltung das Wort ergreife usw.
Dass „Ausländer“ bzw. Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland leben, ist nun einmal ein Fakt, der zunächst anerkannt werden muss. Ebenso ein Fakt ist es, dass die – in meinem Kommentar angeführten – Strukturdaten darauf hindeuten dass die deutsche Gesellschaft multikulturell wird. Es ist auch absehbar, dass mit dieser Entwicklung unterschiedliche Vorstellungen und Erwartungen aufeinanderprallen werden. Und genau darum geht es in meinem Kommentar „Leitvision statt Leitkultur“.
Aus diesen vielfältigen und divergierenden Vorstellungen und Erwartungen muss eine gemeinsame Vorstellung von einer gemeinsamen Zukunft entwickelt werden. Dies kann nicht funktionieren, in dem eine Bevölkerungsgruppe eine andere Bevölkerungsgruppe bevormundet und dieser vorgibt, wie sie leben und denken zu haben.
Wenn ich dies schreibe, so zeige ich nicht mit dem Finger nur auf die Deutschen! Auch die Menschen mit Migrationshintergrund sind in der Pflicht, die Lebenskonzepte, Werte, Gewohnheiten und Bedürfnisse der Deutschen zu respektieren und zu achten. Daher lehne ich den Begriff der Leitkultur ab, weil er eine Über- und Unterordnung von Bevölkerungsgruppen impliziert. Solange eine Bevölkerungsgruppe das Gefühl hat, von einer anderen Gruppe bevormundet zu werden, dann ist der Ärger, die Ablehnung, die Resignation und der Widerstand nicht nur verständlich sondern auch natürlich. Uns muss zu allererst klar werden:
Ob wir wollen oder nicht, die harten Daten und Fakten deuten unumstritten darauf hin, dass wir – Deutsche und Menschen mit Migrationshintergrund – in der Zukunft zusammenleben und -arbeiten müssen.
Sie haben richtig festgestellt, dass ich den Kommentar aus der Sicht eines Deutschen mit Migrationshintergrundes geschrieben habe. Und Sie kritisieren auch, dass ich die Integrationsvorstellung der deutschen Seite nicht erläutert habe. (Dass Ihnen dieser feine und von mir intendierte Unterschied aufgefallen ist, spricht im Übrigen für Sie.) Dies ist nämlich so gewollt. Denn ich möchte mir nicht anmaßen, etwas zu erklären, was die Betroffenen selber am Besten machen können – und auch machen müssen.
Mein Ziel mit diesem Kommentar bestand darin, dafür zu sensibilisieren, dass wir an eine Situation angelangt sind, an der wir langsam aber sicher gefordert sind, über einen gemeinsamen Wertekonstrukt nachzudenken, der die Grundlage für unsere gemeinsame Zukunft bildet. Und mit diesem Kommentar ist auch die Hoffnung verbunden, einen kleinen Beitrag für einen gemeinsamen Diskurs in diese Richtung geleistet zu haben.
Viele Grüße
Kamuran Sezer
Ein kleiner Nachtrag:
Auf dem Diversity-Portal der Heinrich Böll-Stiftung ist ein Artikel von mir erschienen, der etwas detaillierter auf diese von mir mehrfach angeführten Strukturdaten eingeht:
http://www.migration-boell.de/web/integration/47_2230.asp
wie soll integration erfolgreich sein, wenn gleichzeitig die integration durch deutsche und türkische politik absichtlich „be- bzw. verhindert“ wird.
D. E.
All diese Probleme werden sich erst lösen können,wenn die Türken hier wieder Ihre wahre Identität erkennen und wieder auf eine sakuläre Gesellschaft setzen,ob sie dann zuhause Muslime sind,wäre jedem von uns egal.
Ich mache kein Hehl daraus,dass man gerade im Ausland sich mehr an Religion bindet,als wie im Inland.
Ich möchte noch hinzufügen,dass mir das neue Selbstbewusstsein meiner Glaubensbrüder/schwestern gefällt, aber sehr oft empfinde ich es selber als provokant wenn ich vermerht die Burka auf den Straßen sehe.
Ich bin gläubiger Muslim, aber die Religion ist Privatsache und mit ihr darf nicht so öffentlich koketiert werden.
Burka muss wirklich nicht sein.:-) Ich glaube, dass die meisten Leute in Deutschland mit Ihrem Verständnis von Religion keinerlei Probleme haben. Dürfte für ein friedliches Beisammensein nur förderlich sein und jeder kann seine Religion hier praktizieren ohne grosse Alles-oder-nichts-Diskussionen.