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Wochenrückblick

KW 7/11 – Broder, Steinfeld, Bahners, Matussek

Themen der 7. Kalenderwoche: Patrick Bahner, Thomas Steinfeld, Matthias Matussek und das Buch „Die Panikmacher“; die WELT zur Psychologie der Islamfeindschaft; Henryk M. Broder.

Von Leo Brux Montag, 21.02.2011, 8:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 21.02.2011, 10:42 Uhr Lesedauer: 6 Minuten  |  

Patrick Bahners Streitschrift „Die Panikmacher“ (1)
(Süddeutsche 18.02.2011, nicht online)
Für Thomas Steinfeld ist dieses Buch ein Meisterwerk der Aufklärung. Was Bahners vorführt,

ist vermutlich die einzige Art, mit Wahngebilden zurechtzukommen: Er behandelt diese Sätze, wie ein aufgeklärter Theologe mit den Dogmen einer Konfession umgeht. Er konfrontiert also Behauptungen mit ihren eigenen gedanklichen Voraussetzungen und logischen Folgen. Erst dann setzt er sie dann in ein Verhältnis zur Empirie. Und siehe da: Es stimmt nichts mehr.

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Die Debatte seit Sarrazin hat „die Sphäre von Takt und Ton durchbrochen“, in einer Weise, die neu sei für die Bundesrepublik, der „militante Tagtraum einer wohl weniger kulturell oder religiös als vielmehr ethnisch reinen Republik“ wird zum Chor. Sollen, müssen die Politiker einstimmen? Steinfeld zitiert Bahners:

„Schlagen Sie sich das aus dem Kopf. Lesen Sie noch einmal im Grundgesetz nach, studieren Sie die Klassiker der Aufklärung und bedenken Sie unsere historischen Erfahrungen, insbesondere was die Behandlung der Juden durch die Christen betrifft.“

Die sogenannte Islamkritik folge einer falsch verstandenen Aufklärung. Sie

gehorcht der Logik des Verdachts, der hinter jedem noch so harmlosen Verhalten die Verstellung, den politischen Pragmatismus einer gigantischen Verschwörung wittert. Ihr unerhörter Erfolg beruht nicht nur darauf, dass das volkstümliche Ressentiment ihr engster Verbündeter ist, sondern auch auf ihrem Verhältnis zur Presse und zum Fernsehen. Der ‚mediale Mainstream’ funktioniert als verstärkendes Echo, das die Behauptung in einer solchen Frequenz und Intensität zurückwirft, dass sie den Charakter von Gewissheiten anzunehmen scheinen – die Politiker sich dann zu eigen machen.

Patrick Bahners habe dem gegenüber auch seine Überzeugungen.

Deren erste und wichtigste ist der Glaube an die zivilisatorische Kraft der bürgerlichen Gesellschaft. Es gäbe Gründe, diese Überzeugung für einen Idealismus zu halten. Aber sie spielen hier keine Rolle. Denn längst hat sich die sogenannte Islamkritik zu einer eigenen Bewegung befestigt, die, vom Volk getragen und von der Politik sanktioniert, die bürgerlichen Freiheiten gleich reihenweise aufgeben will. Getrieben von einem fundamentalen Misstrauen gegen die bürgerliche Öffentlichkeit, beflügelt von Visionen eines nahenden Weltuntergangs, will sie einen Bürgerkrieg, unter dem sie sich nichts vorstellen kann – nur, dass Deutschland von diesen dunklen Gestalten befreit wird. Darin gleicht die Islamkritik nicht nur Bewegungen wie der Kommunistenverfolgung des amerikanischen Senators Joseph McCarthy, sondern allen Ausgeburten einer ‚überhitzten kollektiven Einbildungskraft’.

Patrick Bahners Streitschrift „Die Panikmacher“ (2)
Matthias Matussek, der Anti-Aufklärer beim Spiegel – kürzlich hat er noch die katholische Kirche aufgefordert, auf jeden Fall am Zölibat festzuhalten – lässt so etwas auf sich nicht sitzen.

Steinfeld ist einfach verzückt über Bahners kluge Aufklärungsarbeit, über seine Art, mit islamkritischen „Wahngebilden“ zurechtzukommen. „Er behandelt diese Sätze, wie ein aufgeklärter Theologe mit den Dogmen einer Religion umgeht.“ Wohlgemerkt: Die Dogmatiker macht Steinfeld auf der Seite derjenigen aus, die den Religionsdogmatismus des Islam kritisieren.

Matussek verteidigt den Verdacht gegen den Islam, gegen gläubige Muslime überhaupt.

Dabei gibt es im Falle des Islam übrigens Terrorakte zu Dutzenden. Immer wieder auch werden Zellen aufgedeckt, die in Deutschland arbeiten. Es gibt Tote, überall in der Welt, und es gibt Reden wie diese, die der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hielt: ‚Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind. Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme und die Gläubigen unsere Soldaten.‘

Wenn wir schon die Taqiya bemühen, lieber Bahners, hier wird sie zum Drehbuch!

Später noch rief Erdogan seinen in Deutschland lebenden Landsleuten die Warnung zu, sich nicht assimilieren zu lassen. Mit anderen Worten: ihren Kampfauftrag nicht zu vergessen, der ebenso sehr ein Glaubenskampf wie ein politischer Kampf ist.

Und in diesem Sinne handeln sie nun, die Muslime in Deutschland, in Berlin-Neukölln, in Duisburg-Marxloh, in den Zirkeln der Salafisten – und bereiten die Islamisierung Deutschlands vor. Zurecht haben die Menschen Angst!

Ist es nicht von maßloser Arroganz, wie Steinfeld diesen Menschen zuzurufen, sie hätten ein falsches Bewusstsein? Ist es nicht pompöser Unfug, angesichts der islamistischen Großwetterlage diejenigen, die auf der Einhaltung von Menschenrechten auch im religiösen Raum bestehen, als „schreibende Eingreiftruppe“ zu denunzieren?

Und so, meine Damen und Herren, nehmen Sie sich in Acht! Die Islamisten erobern gerade die Machtzentralen in Deutschland: die Parlamente und Regierungen, die Polizei und das Militär, die Gerichte und die Hochschulen, die Schaltzentralen der Wirtschaft und – wo sitzt noch Macht in Deutschland?

Wie recht doch Bahners und Steinfeld haben.

Islamfeindlichkeit ist ein Fall gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit
Von der psychologischen Seite betrachtet das alles Ilka Lehnen-Beyel in der WELT.

Erst kürzlich hat eine repräsentative Studie unter der Ägide des Bielefelder Sozialpsychologen Andreas Zick in acht europäischen Ländern ergeben: Mehr als 44 Prozent der insgesamt rund 8.000 Befragten sind der Ansicht, es gebe in ihrem Land zu viele Muslime. Allerdings steckten nur selten negative persönliche Erfahrungen hinter dem negativen Islambild, berichtet das Magazin „bild der wissenschaft“ in seiner März-Ausgabe. Vielmehr scheint Islamfeindlichkeit lediglich eine Facette eines grundlegenderen Problems zu sein: einem „Syndrom der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“, wie Sozialpsychologen das Phänomen nennen.

„Wer Vorurteile gegenüber Muslimen hat, pflegt mit einer hohen Wahrscheinlichkeit auch Vorbehalte gegenüber Juden, Schwarzen, Einwanderern, Frauen, Homosexuellen, Obdachlosen, Behinderten und Langzeitarbeitslosen“, erläutert Zick. Offenbar sind es also nicht spezielle Besonderheiten wie etwa das Kopftuch, die von den Menschen abgelehnt werden, sondern die fremde Gruppe an sich – solange sie sich von der eigenen abgrenzen lässt.

Die Grundlage für diese Neigung zum Schubladendenken ist angeboren: Menschen müssen, um in ihrer komplizierten Umwelt zurechtzukommen, alles um sich herum inklusive ihrer Mitmenschen in Kategorien einordnen. Dann werden den Kategorien automatisch und unbewusst typische Eigenschaften zugeschrieben. Die Folge: Es entsteht ein Stereotyp. So weit, so unproblematisch. In vielen Situationen ist man jedoch gezwungen, auch sich selbst einer Kategorie zuzuordnen. Man wird vom Individuum zum Gruppenmitglied – und in diesem Moment beginnen zwei Mechanismen zu greifen: die Gruppendynamik und eine Veränderung des eigenen Selbstkonzeptes.

Diese zwei Mechanismen werden in diesem Artikel anschaulich erläutert.

Henryk M. Broder darf, was sonst wohl niemand darf.
Einen negativen Höhepunkt erreichte die Debatte um die Integration der Migranten mit Henryk M. Broders „Arschloch-Orgie“ bei einer Veranstaltung in London. FAZnet berichtet.

Nicht nur „Spiegel Online“ machte aus einem deutschen Studenten, der den Moderator vor Beginn der Debatte darum bat, eine Stellungnahme verlesen zu dürfen, und sich dafür vom ungefragten Henryk M. Broder beschimpfen lassen musste, einen „Studierenden, der während der Veranstaltung auf die Bühne gestürzt“ sei und „sich ein Wortgefecht mit Sarrazin geliefert“ habe. …

Demnach bezeichnete Broder den Studenten als „blöden Lümmel“, „linken Penner“, „ungebildetes Riesenarschloch“ sowie auf Nachfrage vier- bis fünfmal als „ungemäßigtes doppeltes Riesenarschloch“. Gegenüber dem „Tagesspiegel“ erklärte Broder, er stehe zu dieser „Einlassung“.

Der Tagesspiegel hat übrigens den genauen Wortlaut. Ziemlich unappetitlich, aber wenn man das liest, versteht man die Überschrift zu diesem Beitrag: Broder darf, was sonst wohl niemand darf. Man versteht, was Bahners und Steinfeld meinen, wenn sie davon sprechen, dass die Sphäre von Takt und Ton in einer Weise durchbrochen worden sei, die neu für die Bundesrepublik sei. Wochenschau

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