Präsident des Deutschen Städtetags
„Wir brauchen ein Konzept, keine apokalyptischen Visionen“
Bei Kritik an der Aussage „Wer betrügt, der fliegt“ verwiesen CSU-Politiker häufig darauf, dass die Städte die Debatte um „Armutsmigration“ losgetreten hätten. Der Präsident des Deutschen Städtetags hält dagegen: Einen nennenswerten Zuzug in die Sozialsysteme gebe es nicht.
Freitag, 07.02.2014, 8:27 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 11.02.2014, 2:21 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
In einem Namensartikel für den Mediendienst Integration beschreibt Ulrich Maly (SPD), dass den Deutschen zwar die Notwendigkeit von Zuwanderung bewusst sei, sie jedoch weiterhin „diffuse Ängste“ und „nachvollziehbare Sorgen“ hätten. Umso mehr müsse klargestellt werden: „Einen nennenswerten Zuzug in die Sozialsysteme in Deutschland gibt es nicht.“ Wer das behaupte, bleibe die Belege schuldig.
„Trotzdem haben wir natürlich keine heile Welt“, so Maly weiter. Das Phänomen der sogenannten Armutszuwanderung, das sich in einigen wenigen Städten in Deutschland konzentriere, sei dort ein handfestes Problem. „Aggressives Betteln, Kleinkriminalität, Zwangsprostitution – dies wegzuleugnen, wäre Unsinn.“ Wo das besonders stark auftritt, brauchten die Städte Hilfe und ein gemeinsames Handeln von Kommunen, Ländern und Bund.
Sprachlicher Anstand
Verbesserung erwartet Maly durch Zugänge zu Förderprogrammen des Europäischen Sozialfonds, mehr Engagement im Rahmen der Städtebauförderung in Problemquartieren und bessere Kontrollen bei „betrügerischem Missbrauch durch Ausbeutung oder Scheinselbstständigkeit.“ Was den Städten dagegen keineswegs helfe, seien Skandalisierungen und apokalyptische Visionen.
Mit Blick auf Antiziganismus im Diskurs fordert Maly in der Zuwanderungsdebatte „sprachlichen Anstand“. Er weist zudem auf eine „historische Schuld“ Deutschlands an den Roma hin. Damit meine er keine individuelle, auf Menschen bezogene Schuld, die es abzutragen gilt, sondern „eine Chiffre für eine besondere politische Verantwortung, die die Bundesrepublik Deutschland trägt“. Das Mahnmal für die ermordeten Sinti und Roma in Berlin sei das eine – der Umgang mit den Lebenden das andere. Das undifferenzierte Gleichsetzen von „Problemhaus“ und Roma das Dritte, so Maly.
Keine Punkte für ausländerfeindliche Sprüche
Unterstützt wird er von den Bundestagsabgeordneten Volker Beck und Tom Koenigs (beide Grüne). Die populistische „Wer betrügt, der fliegt“-Kampagne der CSU habe keinerlei Bezug zur Realität. „Wenn Seehofer und Co. weiterhin behaupten, dass den deutschen Städten ein massiver Zuzug in die Sozialsysteme drohe, verdrehen sie wissentlich die Tatsachen“, so die beiden Grünen-Politiker. Wer meine, in der Debatte mit ausländerfeindlichen Sprüchen punkten zu müssen, der vergifte das gesellschaftliche Klima und löse damit kein einziges Problem.
Die Roma werden hierbei besonders diskriminiert. Als Beispiel verweisen Beck und Koenigs auf einen mit Rundfunkgebühren finanzierten Beitrag auf heute.de, der mittlerweile gelöscht wurde. Darin hatte die heute.de-Redaktion formuliert, dass aus Bulgarien und Rumänien „nicht nur Roma, sondern auch Akademiker“ kommen. (bk) Aktuell Politik
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