Studie
Muslime in Europa verhältnismäßig oft arbeitslos
Mangelnde Sprachkenntnisse, traditionelle religiöse Wertvorstellungen und begrenzte interethnische Kontakte hemmen weit mehr die Arbeitsmarktbeteiligung von muslimischen Migranten in Europa als ethnische Diskriminierung. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie.
Mittwoch, 23.03.2016, 8:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:44 Uhr Lesedauer: 1 Minuten |
Muslime sind einer Studie zufolge in Europa deutlich seltener erwerbstätig als Arbeitnehmer der Mehrheitsgesellschaften. Verantwortlich für die geringere Arbeitsmarktbeteiligung seien vor allem soziokulturelle Unterschiede und mangelnde Sprachkenntnisse, heißt es in der Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, die am Dienstag vorgestellt wurde. Diskriminierung durch Arbeitgeber habe hingegen nur einen geringen Einfluss auf die Arbeitsmarktbeteiligung der Muslime.
Der repräsentativen Studie zufolge sorgen neben traditionellen religiösen Wertvorstellungen und mangelnden Sprachkenntnissen auch geringe interethnische Kontakte für eine schlechte Integration der Muslime in die europäischen Arbeitsmärkte. Damit sei entgegen bisherigen Annahmen nicht die ethnische Diskriminierung von Muslimen hauptverantwortlich für deren geringere Erwerbstätigkeit. Dennoch sei diese aber ein reales Phänomen.
Der Studie zufolge erwiesen sich vor allem die religiösen Unterschiede als integrationshemmend. Dies werde besonders bei den Auffassungen über Geschlechterrollen deutlich. Für die Erhebung wurden 7.000 Personen aus sechs europäischen Ländern befragt. Die Studienteilnehmer aus Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, Großbritannien, Belgien und der Schweiz wurden in vier mehrheitlich muslimische Migrantengruppen sowie in eine nichtmuslimische Vergleichsgruppe aufgeteilt. (epd/mig)
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Die Zusammenfassung ist unvollständig bzw. schief. Die Ergebnisse zeigen, dass sozio-kulturelle Unterschiede und mangelnde Sprachkenntnisse eine große Rolle spielen, der Autor macht aber deutlich, dass dabei unklar ist bzw. nicht beantwortet werden kann, wie stark Diskriminierung hierbei eine Rolle spielt.
Die Erbegnisse der Studie zeigen, dass eine Korrelation besteht zwischen Soziokulturellen Eigenschaften und Beschäftigung, also dass Assimiliertere eher eine Beschäftigung haben. Ursache und Wirkung kann die Studie nicht belegen. Also wenn jemand türkische Musik hört, dann bekommt er offensichtlich eher keinen Job. Das ist aber laut Autor keine Diskriminierung. Vor allem verwirft der Autor Ergebnisse von Studien bei denen Diskriminierung eindeutig nachgewiesen wurde als „ideologisch“. Wenn man immer noch keine Diskriminierung sieht, obwohl bei bis auf den Namen und Aussehen identischen Bewerbungen eher die Natives genommen werden, dann ist man definitiv selbst ideologisch und macht „not science“. CUM HOC NON EST PROPTER HOC.
Mich verwirrt an dieser Studie, wie die sozio-kulturelle Assimilation gemessen wurde: Sprache, Medien, interethnische Freundschaften
Dabei bestimmen meine Sprachkenntnisse doch direkt die letzten beiden Punkte.
Für mich gibt die Studie also vor allem eins her: Wenn die Sprachkenntnisse schlecht sind, wird die Job-Suche schwer und wenn Frauen traditionell zuhause bleiben, haben sie selterner Jobs. Das Diskriminierung nicht der primäre Grund für die höhere Arbeitslosigkeit ist, wurde auch schon von Kaas und Manger gezeigt:
http://kops.uni-konstanz.de/handle/123456789/21452
Für mich also wenig neues.
@Thorsten:
Die von ihnen zitierte Quelle zeigt im Gegensatz zu der im Artikel besprochenen Ursache-Wirkungsmechanismen und beweist doch aber gerade astrein, dass Vorurteile eindeutig existieren und aufgrund dieser diskriminiert wird. Haben sie die Studie denn überhaupt gelesen? Dort geht es sogar um hochqualifizierte Bewerber. Die Diskriminierung wird dann auch „vererbt“ und man kommt noch schlechter raus aus der sozial schwachen Lage. Fazit: Diskriminierung ist wissenschaftlich eindeutig nachgewiesen und Grund für die niedrigere Beschäftigung. Auch wenn die nichtssagende Studie im Artikel und Personen, die sich wohl noch bestätigt fühlen in ihren Vorurteilen, ohne wissenschaftlich haltbare Belege und obwohl das Gegenteil schon bewiesen ist, andere Ursachen zum Primärfaktor erklären wollen. Paradox, dass gerade die Genannten, trotz der unsauberen und/oder falschen Argumentation, anderen ideologische Betrachtung vorwerfen.
Liebe A.A.,
weder die Studie im Artikel noch mein Beitrag sagt aus, dass Diskriminierung nicht vorkommt. Es geht darum, was primär und was eher sekundär die höhere Arbeitsloskeit erklärt. Auch Friedrich Heckmann kommt in seinem Buch „Integration von Migranten“ (S106ff) ebenfalls zu dem Schluss dass die Studie von Kaas und Manger zeigt „dass ethnische Minderheiten auf dem Arbeitsmarkt z.T. diskriminiert werden, zum anderen aber auch, dass dies keineswegs die vorherrschende Tendenz ist“.
Ihr Fazit würde ich bis auf eine Änderung so stehen lassen:
Diskriminierung ist wissenschaftlich eindeutig nachgewiesen ABER ein eher sekundärer Grund für die niedrigere Beschäftigung.
Es ist doch einleuchtend, dass mangelnde sprachliche Fähigkeiten zu geringeren Erfolg auf dem Arbeitsmarkt führt, oder nicht?
Lieber Thorsten,
stimme zu: Sprachliche Kentnisse sind sicher ein großer Faktor für eine Beschäftigung. Die Daten der Studie sind da jedoch widersprüchlich und schaffen es nicht zu zeigen, dass es hauptsächlich daran liegt. Afro-Amerikaner sprechen übrigens Englisch genau wie ihre Klassenkameraden, leiden jedoch unter einer 2 bis 3-fach höheren Arbeitslosigkeit. Die von ihnen genannte Studie bezieht sich sogar auf Akademiker. Können die kein Deutsch? Auch die Studie aus dem Artikel geht beim Vergleich von gleichen Abschlüssen aus. Fehlende Sprachkenntnisse können es in diesen Fällen kaum sein, vor allem je höher der Abschluss.
Außerdem haben sie sich auch schon gewundert: Der Autor impliziert eben darüberhinaus, dass mein Kulturgeschmack und meine Freizeitgestaltung den Arbeitgeber was angeht und eine folgende Nicht-Beschäftigung rechnet er nicht als Diskriminierung. Entlassung wegen Kopftuck, fremdsprachiger Musik daheim, Fremsprache mit den Eltern, Freunde mit Migrationshintergrund: Alles keine Diskriminierung.
Wenn man Menschen die hier seit Jahrzehnten leben übrigens als Fremde stigmatisiert und per Einbürgerungsgesetzt auszuschließt, werden die sich bestimmt nicht mit dem Land identifizieren.
Es zeigt sich auch (ihre Quelle), dass selbst wenn all diese Fahigkeiten vorhanden sind, weiterhin Vorurteile herschen und aufgrund dieser diskriminiert wird. Der Autor stellt es jedoch so dar, als ob bei völliger Assimilation, keine Diskriminierung mehr stattfindet: „The results indicate
that once sociocultural variables are taken into account, differences in
rates of labour market participation and unemployment between native
ethnics and the Muslim groups are strongly reduced and in many cases
become statistically insignificant.“ Auch viele Betroffene wissen von diesem falschen Versprechen.
Viele der Assimilierten (so wie ich) haben dann zwar einen Job, der entspricht aber nicht ihren Qualifikationen und man hat weniger Aufstiegschancen und ein geringeres Einkommen. Viele gehn schon ins Exil. „Auch bei der Integration der zweiten Generation in den Arbeitsmarkt steht Deutschland im OECD-Vergleich nicht gut da. So sind hier aufgewachsene Migrantenkinder mit Hochschulabschluss signifikant seltener erwerbstätig als ihre Altersgenossen deutscher Herkunft. Und mehr als ein Viertel der hoch qualifizierten jungen Migranten arbeitet in Jobs, für die sie überqualifiziert sind. Extrem unterrepräsentiert sind Bürger ausländischer Herkunft in Deutschland im öffentlichen Dienst.“ (OECD-Bericht) Trotz gleicher Qualifikation wird sogar Kindern schon nach der vierten Klasse aus Rassismus die Zukunft zu verbaut.
Neues Fazit: Diskriminierung ist wissenschaftlich eindeutig als einer der Hauptgründe für die geringere Beschäftigung nachgewiesen und keiner weiß um den Grad des Einflusses auch anderer Faktoren.
Es ist jedoch wissenschaftlich nicht haltbar zu behaupten, Diskriminierung sei als Grund vernachlässigbar im Vergleich zu mangelnden Sprachkenntnissen der Betroffenen. Auf gut Deutsch: Die Studie ist quatsch. Sowohl die Isolation der Faktoren, als auch die Interpretation der verwendetetn Datensätze und der Ergebnisse sind logisch nicht nachvollziehbar.
Zu guter Letzt: Zahlreiche Studien haben doch schon längst gezeigt, dass die sozio-ökonomische Lage die größte Rolle spielt (z.B. studieren ca. 20% der Arbeiterkinder im Vergleich zu 80% bei Akademikerkindern). Die Muslime sind als Einwanderer eben öfter in solch einer und das Sozio-kulturelle ist eben nur eine Scheinkausalität. Wieso auch der Fokus auf Muslime? Russen und Ukrainern geht es noch schlechter, Vietnamesen und Serben auch nicht arg besser. Wieso wieder einmal eine unhaltbare Schuldzuweisung – und als nichts anderes wird diese Arbeit aufgefasst – gegen Muslime?
Zunächst einmal gilt es hier eine konträre und zugegeben provokante Sicht der Dinge einzuführen. Integration in den deutschen Arbeitsmarkt wird per se als positiv betrachtet als Integration allgemein gewertet … was aber wenn in Zeiten wo der Ruf nach einem bedingungslosen Grundeinkommen immer lauter wird und die Lage auf dem Arbeitsmarkt immer prekärer wird, die Verträge immer befristeter werden und Ausbeutung eher die Regel als die Ausnahme darstellt … die nicht Integration in einen solchen Markt eher ein Zeichen von berechtigter kultureller und persönlicher Widerständigkeit darstellt … gegen die Vereinnahmung in ein kapitalistisch sinnentleertes und oft stupides Arbeitsvegetieren … von Arbeitsleben kann leider oft nicht die Rede sein …ich habe diese These zwar als provokant gekennzeichnet… es gibt aber in fortschrittlich alternativen Kreisen einen Konsensus darüber , dass Integration in einen ausbeuterischen Arbeitsmarkt nicht wirklich auf Integration im humanen Sinne verweisen kann …weder bei Altdeutschen noch bei Neudeutschen noch bei Menschen ohne deutschen Pass …