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Sexuelle Gewalt als Dauerbedrohung

Viele Mädchen werden auf der Flucht zur Prostitution gezwungen

In Deutschland kommen deutlich weniger geflüchtete Mädchen als Jungen an. Ein Teil dieser Mädchen und jungen Frauen gerät an Zuhälter und Menschenhändler. Und für die, die es schaffen, gibt es wenig spezielle Angebote, berichten Helfer.

Von Miriam Bunjes Freitag, 30.09.2016, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 06.10.2016, 15:55 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die fünf Mädchen im Mädchenhaus Mäggie am Dortmunder Stadtrand haben das geschafft, was nicht allen Minderjährigen auf der Flucht gelingt: Sie sind angekommen, befinden sich in Sicherheit. Ihre Reise begann im Irak, Senegal, Eritrea und Serbien – ohne Eltern. „Alle haben schreckliche Gewalt erlebt“, sagt Smiljana Hesse, Leiterin des im April eröffneten Hauses für traumatisierte 12- bis 18-jährige Mädchen des Vereins „Vive Zene!“ (auf deutsch: Frauen lebt!), der schon vor 20 Jahren in Bosnien Therapiezentren für im Krieg vergewaltigte Frauen aufgebaut hat.

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„Eines der Mädchen ist auf der Flucht in die Prostitution geraten, eine andere musste vor einer erzwungenen Ehe fliehen“, berichtet die Pädagogin. Auf der Flucht und im Krieg sei für Mädchen sexuelle Gewalt eine Dauerbedrohung.

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Mindestens ein Jahr können sie im Mädchenhaus bleiben. „Damit versuchen wir, eine Lücke in der stationären Jugendhilfe zu schließen“, sagt Hesse. Spezielle Angebote für Mädchen seien rar. „Gerade diejenigen, die Gewalt von Männern ausgesetzt waren, brauchen aber dringend Hilfe.“

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Bei Mäggie gibt es deshalb ausschließlich weibliches Personal – von der Traumatherapeutin bis zur Betreuerin. „Hier kommt auch kein Mann von außen herein: Kommt ein männlicher Handwerker, kündigen wir das den Mädchen an.“ Ohne diesen Schutzraum fänden die Opfer keine Ruhe vor der quälenden Angst, die sie zum Teil jahrelang erleiden mussten.

Rund 51.000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge leben derzeit laut amtlicher Statistik in Deutschland. Weltweit sind 28 Millionen Kinder auf der Flucht, immer mehr davon allein, meldet Unicef. Etwa 90 Prozent der unbegleiteten Minderjährigen, die hier ankommen, sind männlich, sagt Tobias Klaus vom Bundesfachverband unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge. „Hat eine Familie nur für ein Kind Geld zur Flucht, geht eher ein Junge – in der Hoffnung, dass er sich besser wehren kann“, sagt Klaus.

Mädchen haben in ihrer Heimat oft Fluchtgründe, die Jungen nicht haben: „Sie fliehen vor Genitalverstümmelung oder Zwangsheirat und damit auch vor Teilen ihrer Familie.“ Klaus vermutet deshalb, dass das Geschlechterverhältnis beim Aufbruch weniger ungleich ist. Viele Mädchen kämen aber nicht an, befürchtet er. Sie könnten Opfer von Menschenhändlern geworden oder in der Prostitution gelandet sein – vor allem diejenigen, die den langen Land- und Seeweg nach Europa nehmen. „Kinder auf der Flucht sind sowieso besonders gefährdet, Mädchen wie Jungen.“

Über diejenigen, die irgendwo unterwegs verschwinden, führt niemand Buch. Aber auch hierzulande gelten laut Bundeskriminalamt etwa 9.000 Flüchtlingskinder als vermisst. Bei den meisten geht die Behörde aber nicht von Straftaten aus, sondern von eigenmächtigen Abmeldungen oder Registrierungsfehlern.

Ein auf Augenzeugen gestützter Bericht der internationalen Hilfsorganisation Save the children zeigt, dass Kinderflüchtlinge in Italien zu Prostitution und Drogenhandel gezwungen werden. Viele müssen dies tun, um die Kosten ihrer Flucht – bis zu 50.000 Euro – beim Schlepper abzuarbeiten. Vor allem Mädchen aus Nigeria und Rumänien werden nach Angaben von Save the children mit falschen Versprechungen nach Italien gelockt und dann ausgebeutet. Wie vielen Mädchen es in Deutschland so ergeht, ist unklar. (epd/mig) Gesellschaft Leitartikel

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