Sozialministerium droht mit Geldhahn
Wohlfahrtsverbände sollen Flüchtlingen Tipps für Rückreise geben, nicht für Bleiberecht
In einem Brief fordert das Bayerische Sozialministerium die Wohlfahrtsverbände auf, Flüchtlinge über ihre Rückreise zu informieren und nicht über Asyl-Folgeanträge. Sonst würden die Mittel gekürzt. Der Flüchtlingsrat spricht von Drohung.
Freitag, 10.03.2017, 4:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 13.03.2017, 19:05 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die Wohlfahrtsverbände in Bayern haben dieser Tage ein Schreiben des Sozialministeriums bekommen mit brisantem Inhalt. Sollten Mitarbeiter der Wohlfahrtsverbände weiter Mitteilungen des Bayerischen Flüchtlingsrats verbreiten, dann droht das Sozialministerium damit, den Geldhahn zuzudrehen. In den Informationsblättern werden Flüchtlinge über ihre Rechte belehrt. Der Byerische Flüchtlingsrat spricht von einem „Drohbrief“.
In dem Schreiben verweist das Ministerium auf die entsprechende Förder-Richtlinie. Danach sollen Flüchtlinge „objektiv und realistisch“ über ihre Situation in Deutschland beraten werden. Das sind Ausreiseverpflichtungen, Anerkennungsquoten und freiwillige Rückkehr sowie Weiterwanderung.
In dem Schreiben, das dem MiGAZIN vorliegt, heißt es: „Mit diesen Grundsätzen nicht vereinbar ist es, wenn wie jüngst vorgekommen einzelne Mitarbeiter der Asylsozialberatungsstellen Hinweise des Bayerischen Flüchtlingsrats, wie Betroffene sich bevorstehenden Abschiebungen entziehen können bzw. wie und welche weiteren Rechtsmittel eingelegt werden können, kommunizieren. (…) Rein vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass im Wiederholungsfall bei einer dem Förderzweck nicht entsprechenden Mittelverwendung ein Widerruf der entsprechenden Verwaltungsakte in Betracht kommt.“
Verletzung professioneller Maßstäbe
Der Bayerische Flüchtlingsrat kritisiert das Schreiben scharf. Wer einem afghanischen Flüchtling zu Rechtsmitteln rate, „der handelt absolut im Rahmen der Verpflichtung zu einer objektiven Beratung und informiert über eine Möglichkeit, die unser Asylsystem ausdrücklich vorsieht. Dem dürften die Förderrichtlinien nicht entgegenstehen“, so Stephan Dünnwald, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats.
Wenn Wohlfahrtsverbände mögliche Betroffene über Handlungsmöglichkeiten informierten, so sei dies vielleicht nicht im Sinne der Staatsregierung, aber auch keine Verletzung der Förderrichtlinie. Vielmehr sei es eine „Verletzung der professionellen Maßstäbe Sozialer Arbeit, wenn Sozialarbeiter nicht im Sinne ihrer Klienten handeln, sondern im Sinne der Geldgeber“, erklärt Dünnwald und ergänzt: „Gern hätte das Sozialministerium Wohlfahrtsverbände, die als Handlanger des Innenministeriums fungieren“. (bk) Aktuell Politik
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Es geht im Schreiben des Sozialministeriums doch m.E. um die Einhaltung rechtsstaatlicher Verfahren. Wenn rechtsstaatlich festgestellt wurde, daß jemand nicht bleiben darf, dann kann man demjenigen doch keine Tipps geben, wie er sich „aus der Nummer rauswindet“. Es ist doch unser Rechtsstaat, der die Einhaltung von Gesetzen sicherstellt. Wenn sich aber Menschen aus gutem Ansinnen dazu berufen fühlen, Abzuschiebende DOCH entgegen der Bestimmungen hier zu behalten, untergraben diese Personen die Rechtsstaatlichkeit. Wer sich daran nicht halten will, kann eben nicht auf Gelder aus DEM staatlichen System bauen, das durch die Verhinderung von rechtskräftigen Abschiebeverfügungen hintertrieben werden soll. Das eine geht nicht ohne das andere. Man kann sich nicht auf den Rechtsstaat berufen und ihn (weil das Ergebnis nicht gefällt) im Anschluss hintertreiben. Und dafür noch das Geld kassieren…