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Niger enttäuscht

Menschenrechtler kritisieren Afrika-Politik der Bundesregierung

Migration aus Afrika und das Bevölkerungswachstum auf dem Kontinenten bereiten Europa Sorgen. Auf ihrer Reise durch Westafrika setzt Merkel sich für eine Stabilisierung der Krisenregion ein - Menschenrechtler meinen, was getan wird, reicht nicht aus.

Freitag, 03.05.2019, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.05.2019, 17:01 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Anlässlich der Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach Burkina Faso, Mali und Niger kommt scharfe Kritik an der deutschen Afrika-Politik. Der Innenminister des Niger, Mohamed Bazoum, sagte der Zeitung „Die Welt“: „Wenn man bedenkt, welche Rolle wir bei der Reduzierung der Flüchtlingsströme gespielt haben, haben wir nicht substanziell von Investitionen profitiert.“ Die bisherigen Anstrengungen Deutschlands und anderer EU-Länder für eine wirtschaftliche Entwicklung im Niger seien „völlig unzureichend“, erklärte er. „Wir erleben diesbezüglich eine kleine Enttäuschung.“ Hilfsorganisationen fordern stärkeres Engagement im humanitären Bereich.

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Niger liegt auf einer starken Migrationsroute und ist daher ein wichtiger Partner der EU in der Flüchtlings- und Migrationspolitik. Bereits 2016 hatte Merkel das Land besucht. Es gehört zu den ärmsten Ländern der Welt – und hat zugleich eine der höchsten Geburtenraten. Es mangelt an Schulen und Lehrern, vier von fünf Erwachsenen sind Analphabeten. Nur knapp 60 Prozent der Menschen haben Zugang zu sauberem Wasser. Menschenrechtler gehen davon aus, dass etwa zehn Prozent der Bevölkerung unter sklavenähnlichen Bedingungen leben. Pro Kopf erhält das westafrikanische Land derzeit die höchsten Entwicklungshilfezahlungen der EU.

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Bazoum betonte, in den kommenden Jahren erwarte sein Land von der Europäischen Union weitere Mittel für Straßeninfrastruktur und Gesundheitswesen und hoffe aber auch auf eine „flexiblere“ Verwendung der Gelder. „Wir müssen mehr und mehr Verpflichtungen in Bezug auf die sicherheitspolitischen Herausforderungen akzeptieren“, sagte er. „Wenn ein Land nicht stabil ist, ist es unmöglich, dass es sich entwickeln kann. Da spielt es dann auch keine Rolle mehr, wie groß die verfügbaren Mittel sind.“

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Welthungerhilfe: humanitäre Katastrophe droht

An der Grenze zu Nigeria habe sich „Boko Haram“ ausgebreitet, der Norden des Nachbarlands Mali werde von Terrororganisationen geplagt. „In Libyen gibt es keinen Staat, besonders der Süden hat sich dort zu einer Plattform für die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität entwickelt“, sagte Bazoum. Er denke, dass Merkel „ein sensibler und ehrlicher Mensch ist – sie wird die erzielten Ergebnisse in diesem schwierigen Umfeld zu schätzen wissen“.

Die Welthungerhilfe warnte, in der Sahelregion drohe eine der größten humanitären Katastrophen weltweit. 33 Millionen Menschen hätten dort nicht genug zu Essen. Die internationale Gemeinschaft konzentriere sich bisher zu sehr auf den militärischen Aspekt. „Militärische Programme dürfen nicht zulasten von humanitären und entwicklungspolitischen Programmen aufgestockt werden“, betonte Generalsekretär Mathias Mogge.

Ärzte ohne Grenzen: Menschen in höchster Gefahr

Die Organisation Ärzte ohne Grenzen forderte, dass Deutschland mehr Flüchtlinge und Migranten aufnimmt, die aus Libyen in den Niger evakuiert wurden. Geschäftsführer Florian Westphal teilte mit, dass etwa 3.000 Menschen in höchster Gefahr in Internierungslagern in der libyschen Hauptstadt Tripolis festsäßen, darunter Kleinkinder und Schwangere.

Viele von ihnen seien von der EU-finanzierten libyschen Küstenwache erst dorthin gebracht worden. Für sie gebe es zwar ein humanitäres Evakuierungsverfahren der Vereinten Nationen über den Niger. Doch dieser Rettungsmechanismus funktioniere nicht mehr, weil Länder wie Deutschland derzeit keine Plätze zur Verfügung stellten. Deutschland müsse hier tätig werden.

Großer Unmut

Die Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international kritisierte, die Militarisierung der Sahelzone habe die Region nicht sicherer gemacht. „Die Zahl der Milizen hat sich vervielfacht und der Staat ist in vielen Gegenden weniger präsent als vorher“, erklärte Migrationsreferentin Ramona Lenz.

Medico-Partner Moussa Tchangari von der Journalistenvereinigung Alternative Espaces Citoyens im Niger fügte hinzu, trotz internationaler Truppen vor Ort werde die Bevölkerung nicht vor Anschlägen geschützt. „Das sorgt für großen Unmut. Denn es bedeutet: Nicht um unsere Sicherheit hier geht es, sondern um den Schutz Europas vor Terror und Migration.“ Merkel ist noch bis Freitag in der Region. (epd/mig) Leitartikel Politik

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  1. Irmela Mensah-Schramm sagt:

    Es ist ganz sicher nicht neu, dass bei allen internationalen Anstrengungen, so auch von Deutschland grundsätzlich zuerst an den Schutz unserer Länder gedacht wird. Der wirkliche Schutz vor Ort selbst (eben auch für und in Mali, Niger, Burkina Faso – und die vielen anderen afrikanischen Länder) spielen nur eine zweitrangige, schlimmer noch: eine Nebenrolle!
    Es ist eine unerträgliche Schande, dass bei explodierenden Rüstungsausgaben die Welt nicht sicherer, sondern eher unsicherer gemacht wird. Denn für die Lebensumstände in auch diesen ärmsten Ländern der Welt investiert die Weltgemeinschaft nicht annähernd so hohe Geldsummen.