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Flüchtlingspolitik

Trotz Freilassung bleibt Sea-Watch ausgebremst

Die Sea-Watch-Kapitänin Rackete steht nicht mehr unter Hausarrest in Italien, die Vorwürfe gegen sie sind aber nicht vom Tisch. Während Europa über eine Antwort auf die Flüchtlingstragödie im Mittelmeer streitet, sind die Seenotretter lahmgelegt.

Donnerstag, 04.07.2019, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 07.07.2019, 23:33 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Hoffen und Bangen: Nach der Freilassung der Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete aus ihrem Hausarrest in Italien mischen sich Erleichterung und Forderungen nach einem Ende der Strafverfolgung. Rackete erklärte in der Nacht zum Mittwoch auf Twitter, die Entscheidung sei ein Sieg über die Kriminalisierung von Helfern. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin, man begrüße die Freilassung sehr. Die 31-jährige Kapitänin muss sich aber weiter vor Gericht verantworten. Im Raum stehen Vorwürfe, dass Rackete illegale Einwanderung begünstigt haben soll und dass ihr Schiff beim Anlegen in Lampedusa ein Boot der Finanzpolizei touchierte. Der nächste Gerichtstermin ist für Dienstag anberaumt, die „Sea-Watch 3“ bleibt weiter beschlagnahmt.

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Rackete war am Samstag festgenommen worden, weil sie das Schiff mit 40 Flüchtlingen an Bord unerlaubt in den Hafen der Insel Lampedusa gesteuert hatte. Eine Richterin in Agrigent hob den Hausarrest am Dienstagabend auf. Sea-Watch-Sprecher Chris Grodotzki betonte aber: „Man muss dazu sagen, dass das kein Freispruch ist.“ Dennoch habe das Gericht einige Punkte umrissen, die hoffen ließen. Laut der Hilfsorganisation erklärte die Richterin, dass der Entschluss Racketes notwendig war, den Hafen von Lampedusa als nächsten sicheren Ort anzulaufen. Sie habe auch den Vorwurf „Gewalt gegen Kriegsschiffe“ verworfen.

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Salvini empört

Der italienische Innenminister Matteo Salvini reagierte empört auf die Entscheidung. „Für die italienische Justiz ist es offenbar kein Grund ins Gefängnis zu gehen, wenn man die Gesetze ignoriert und ein Boot der Finanzpolizei rammt“, erklärte er in einem Facebook-Video. Die „kriminelle Kommandantin“ werde ausgewiesen, da sie eine Bedrohung der nationalen Sicherheit sei. Rackete wartet nach Sea-Watch-Angaben derweil in Italien auf ihren nächsten Gerichtstermin.

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Der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) betonte: „Ich hoffe, dass die Vorwürfe gegen Frau Rackete nun rasch in den dafür vorgesehenen Verfahren geklärt werden.“ Er erklärte in der Düsseldorfer „Rheinische Post“, Menschenleben zu retten sei keine Straftat, sondern ein humanitärer Akt: „Der Fall der ‚Sea-Watch 3‘ macht noch einmal auf dramatische Weise deutlich, dass wir endlich eine europäische Lösung für die Verteilung von Flüchtlingen brauchen.“ Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (online), die Vorwürfe gegen Rackete blieben absurd.

„Punktsieg für Menschlichkeit“

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, nannte die Freilassung Racketes einen „Punktsieg für Rechtsstaatlichkeit und Menschlichkeit“. Zivile Seenotretter dürften nicht kriminalisiert werden. Der EKD-Migrationsexperte Manfred Rekowski bekräftigte, der Einsatz der Helfer sei „kein Verbrechen, sondern die Reaktion auf ein politisches Versagen im Blick auf den Umgang mit Flüchtlingen an den europäischen Außengrenzen“.

Die „Sea-Watch 3“ hatte am 12. Juni insgesamt 53 Menschen aus dem Mittelmeer gerettet. In mehreren Fällen nahmen die italienischen Behörden Kranke und Kinder auf, verweigerten jedoch das Anlegen des Schiffes. In der vergangenen Woche hatte Rackete angesichts des verzweifelten Zustands der verbliebenen 40 Menschen an Bord den Notstand ausgerufen und war in den Hafen von Lampedusa eingefahren. (epd/mig) Aktuell Panorama

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