Ungenutze Potenziale
Kritik an der Integrationsstudie
Die Studie des Berlin-Institus für Bevölkerung und Entwicklung „Ungenutze Potenziale“ über die Integration von Einwanderern in Deutschland erfährt heftige Kritik.
Montag, 26.01.2009, 14:19 Uhr|zuletzt aktualisiert: Samstag, 28.08.2010, 17:53 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Für den Vorsitzenden der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, sind „die Zeiten gegenseitiger Beschuldigungen“ vorbei. „Wir müssen als Gesellschaft zu einem gemeinsamen Diskurs kommen“. Die aktuelle Integrations-Studie verdeutliche vielmehr die gesellschaftlichen Probleme einer Unterschicht und stelle kein ethnisches Problem dar, wie die Studie es zeige. Daher fordert Kolat die Politik zur Umsetzung des Integrationsplans und zur Gleichstellung der Bildungschancen von In- und Ausländern auf.
Ähnlich lauten auch die Forderungen Mehmet Kilics, Vorsitzender des Bundesausländerbeirates. Zunächst prangerte er das deutsche Schulsystem an, welches Migrantenkinder benachteilige, und rief anschließend die Bundesregierung zu stärkeren Integrationssignalen auf. Demzufolge sollte den Migranten das Gefühl vermittelt werden, dass auch ihre Kinder die „Zukunft der Gesellschaft“ seien. Daher dürfe es bei der Einbürgerung keine Hürden geben.
Hingegen dürfe aber die Aufgaben der Eltern nicht zu kurz kommen. Es sei sehr wichtig, dass beispielsweise den Kindern schon im Vorschulalter zweisprachig vorgelesen wird. Man solle die Erziehung keinesfalls vernachlässigen.
Die Studie des Berlin-Instituts zur Integration von Migranten in Deutschland besagt, dass die türkischstämmigen Migranten in Deutschland im Vergleich zu anderen Migrantengruppen am schlechtesten integriert seien. Basierend auf den Mikrozensus 2005 wurden rund 800.000 Personen nach Kriterien wie Bildungsstand, Einkommen oder das Ausüben von „Vertrauensberufen“ wie Arzt oder Lehrer untersucht. Demzufolge hätten 30% aller türkischstämmigen Migranten keinen Schulabschluss.
Unbeeindruckt von der Studie zeigt sich Bülent Arslan, Vorsitzender des Deutsch-Türkischen Forums der CDU in Nordrhein Westfalen: „Mich überrascht das Ergebnis nicht. Für mich war immer klar, dass die Probleme, die wir im Bereich der Integration haben, bei den Türken am stärksten sind.“ Der Misserfolg leite sich davon ab, dass etliche Zuwanderer in ihrer Heimat keine Schule besucht hätten und demzufolge auch ein „niedriges bis niedrigstes“ Bildungsniveau haben. Die Folgen dessen hätten heute noch Einfluss auf die zweite oder dritte Generation der Migrantenfamilien in Deutschland.
Andererseits seien die politischen Versäumnisse im Bereich der Integration türkischer Einwanderer in Deutschland unübersehbar. Bis zum Ende der 90er Jahre hätte die deutsche Politik die Integration mehr oder weniger übersehen und sei untätig geblieben. „Jetzt fängt man an, aber das wird alles noch eine gewisse Zeit brauchen.“
Die Landtagsfraktion der CDU wies jegliche Verantwortung für die schlechte Bilanz von sich: „Die Ergebnisse der Studie sind eine traurige Schlussbilanz der 2005 abgelösten rot-grünen Landesregierung. Die Datengrundlage der Studie ist der Mikrozensus von 2005“, sagte der CDU-Abgeordnete Michael-Ezzo Solf.
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), plädiert für ein noch stärkeres Engagement bei der Integration. „Wir kämpfen heute mit den Versäumnissen der Vergangenheit“, sagte Böhmer im „ZDF-Morgenmagazin. Über lange Jahre habe es nicht die Weichenstellungen der Integration gegeben wie jetzt. Und es könne auch nicht in drei, vier Jahren alles aufgeholt werden, was über 50 Jahre versäumt worden sei. Böhmer nannte die Zahlen ‚“dramatisch“, allerdings stammten sie aus dem Jahr 2005.
Links zur Studie:
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