Ungenutzte Potenziale
Geburten-, Hausfrauen- und Moralquoten
Das Berliner Institut für Bevölkerung und Entwicklung veröffentlichte wenige Wochen die Integrationsstudie "Ungenutzte Potenziale". Darin wurde die hohe Hausfrauenquote – zwangsläufig mit bedingt durch hohe Geburtenraten - bei den einzelnen Migrantengrupppen als ein Zeichen nicht gelungener Integration gewertet und angeprangert. Mütter in Erziehungsurlaub wurden dabei unter die Hausfrauen subsumiert.
Von Ekrem Senol Donnerstag, 19.02.2009, 8:33 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 05.09.2010, 23:05 Uhr Lesedauer: 0 Minuten |
Die hohe Hausfrauenquote unter Türken führte mit dazu, dass sie von den Machern der Studie, von den Politikern und Medien als die am schlechtesten integrierte Migrantengruppe bewertet wurden – Integrationsverlierer der Nation.
Als Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen wenige Wochen später Zahlen aus dem Familienreport 2009 präsentierte, bejubelten Politiker und Medien die gestiegenen Geburtenraten und damit auch zwangsläufig mehr Hausfrauen.
Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.
MiGGLIED WERDEN- Fachkräftemangel vs. Abschiebung Pflegeheim wehrt sich gegen Ausweisung seiner Pfleger
- Nach Budget-Halbierung Regierungsbeauftragter für Reform der Integrationskurse
- „Diskriminierend und rassistisch“ Thüringer Aktion will Bezahlkarte für Geflüchtete aushebeln
- „Hölle“ nach Trump-Sieg Massenabschiebungen in den USA sollen Realität werden
- Verwaltungsgerichtshof Nürnberg muss Allianz gegen rechts verlassen
- Ein Jahr Fachkräftegesetz Bundesregierung sieht Erfolg bei Einwanderung von…
Hallo Ekrem,
danke für Deinen ausführlichen Kommenar der o.g. Studie, der Einiges zu den möglichen Ursachen mangelhafter Integration von Menschen mit türkischem Migrationshintergrund aufdeckt. Leider geht Deine Auswertung an Inhalt und Aussage der Studie dennoch vorbei. Wie wir in einer Vorstellung von Seiten der Autoren erfuhren und wie auch dem Text der Studie zu entnehmen, berücksichtigt sie keine Ursachen, sondern gibt nur eine – vegleichsweise grobe – Blitzlichtaufnahme zum gegenwärtigen Stand der Integration verschiedener Migrantengruppen. Demnach gibt es auch keinen „Grundtenor der Studie – Türken seien integrationsunwillig“. Die Aussage ist vielmehr: Türken sind von allen Vergleichgsgruppen am wenigsten integriert. Wie das kommt, warum das so ist, wird nicht beleuchtet. Vielleicht weil sie von der Aufnahmegesellschaft am meisten ausgegrenzt werden. Oder weil sie vielfach mit niedrigem Bildungsstand hier leben, damit nur sehr schwer Zugang zum Arbeitsmarkt finden und so ähnlich fern von der gesellschaftlichen Mitte leben wie arme Menschen mit deutschen Eltern? Es gibt sehr viele mögliche Ursachen, und die wären nun zu hinterfragen. Du hast etliche aufgezählt, eine wissenschaftliche Studie des Inhalts fehlt noch!
@ Lindwurm
Danke auch für Dein Kommentar.
Die Studie nennt eine Reihe von möglichen Ursachen für das gute oder schlechte Abschneiden einzelner Migrantengruppen (bspw. Zuwanderung aus bildungsarmen Regionen oder dass Aussiedler zu 100% von Gesetzes wegen Deutsche sind etc.). Die Studie vergleicht dennoch und kommt zu einem Gesamtergebnis, die Dank der medialen Aufarbeitung bestens bekannt ist. Am besten vergleichen lässt sich das möglicherweise mit folgendem Beispiel:
Stellen wir uns eine Sportlehrerin vor, die sich representativ einen Jungen und ein Mädchen aus jeweils einer Jahrgangsstufe (bspw. 5-10 Klasse) aussucht und ein Wettbewerb startet. Sie möchte Noten für 100m-Sprint, weit- und Hochsprung vergeben. Vorher erläutert sie ausführlich, weshalb Jungs und SchülerInnen aus älteren Jahrgangsstufen aufgrund anatomischer Vorteile (Voraussetzungen, die nicht in der Macht der SchülerInnen stehen) leistungsstärker im Sport sind als Mädchen und SchülerInnen aus den jüngeren Jahrgangsstufen. Anschließend lässt sie die Schülerinnen Sprinten, weit- und hochspringen und erstellt im Anschluss dessen ein Leistungsbewertungsschlüssel unabhängig vom Geschlecht und Alter! Wer 10 Sekunden gebraucht hat, bekommt ein sehr gut und wer mehr als 15 Sekunden gebraucht hat, erält ein ungenügend im Sprinten. Das gleiche führt Sie auch bei den anderen beiden Disziplinen durch und präsentiert ein Gesamtergebnis: „Vanessa ist die schlechteste in Sport an der BlaBla-Schule“. Würden Sie nicht lautstark protestieren, wenn Vanessa Ihre Tochter wäre? Wie würden Sie und Ihre Tochter sich fühlen?
Unterschiedliche Voraussetzungen gehören nun einmal unterschiedlich bewertet. Fast alle Indikatoren der Berliner Studie sind für direkte Vergleiche ungeeignet. Wenn sich die Studienmacher nun hinstellen und behaupten, sie haben nicht die Ursachen für das schlechte Abschneiden der kleinen Vanessa untersucht, kann man ihnen entgegenhalten, dass die Berliner Verantwortlichen es hätten wissen müssen – zumal Ausführungen über unterschiedliche Voraussetzungen ja gemacht wurden – oder sie hätten zumindest nicht den Anspruch erheben dürfen, es handele sich dabei um eine Studie, die Wissenschaftlichkeit vortäuscht.
Ich Hoffe, Ihnen den Grundtenor der Studie näher gebracht zu haben.