Neue Kolumne
Forum der Brückenbauer
Kennen Sie das? Jemand kritisiert Sie und es trifft Sie mitten ins Herz. Es stellt Ihr Verhalten infrage, Ihre Absichten, Ihr ganzes Wesen, nein Ihr ganzes Dasein als Mensch. Und diesen Schmerz, der dadurch in Ihnen wuchert? Nein?
Von Aziz Bozkurt Donnerstag, 12.01.2012, 8:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 16.01.2012, 0:51 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Dann sind sie entweder perfekt, neigen zur Selbstüberschätzung oder sind einfach nur fernab der Realität. Denn die meisten Menschen kommen mal an einen ähnlichen Punkt und dieser Schmerzpunkt ist wichtig. In ihm liegt das Potenzial zur Reflektion und Veränderung.
Einen solchen Schmerzpunkt hat wohl Deutschland erreicht. Gebannt schaut die Nation auf die Herausforderungen einer vielfältiger werdenden Gesellschaft und weiß nicht, wie es aus dem Dilemma rauskommen soll. Dem Dilemma zwischen dem Willen das zu bleiben, was man ist – und was man anscheinend nur durch die Abgrenzung zum vermeintlich Fremden erklären kann – und dem Druck zur Veränderung.
Deutschland neu „erfinden“
Die deutsche Gesellschaft hat ein Anpassungsproblem: Der US-amerikanische Professor Ronald A. Heifetz würde es als adaptive Herausforderung bezeichnen, bei der es nicht darum geht, an Symptomen herumzudoktern, sondern grundlegende Verhaltensmuster zu ändern. Den Wandel zuzulassen und sich neu zu erfinden.
Sich als Land und Nation zu erfinden ist übrigens etwas Alltägliches: Indem wir unsere Geschichte schreiben, deuten wir. Dazu gehören die Politik, die Labels schafft und die Medien. Wir deuten, wer dazugehört, zu uns. Zum Beispiel haben wir es im letzten Jahr das erste Mal geschafft, die Lebensleistung der ersten GastarbeiterInnen Generation anzuerkennen. Sie gehören auch zur Geschichte unseres Wirtschaftswunders. Die Geschichte muss neu geschrieben werden! Zu Recht bemerkt die Sozialwissenschaftlerin Dr. Naika Foroutan, dass die deutsche Gesellschaft falschen kollektiven Selbstbildern nachhängt. Erst die ethnische Säuberung der Nazis hat eine Art Stunde Null geschaffen: Seither geht das öffentliche Bewusstsein von einer homogenen deutschen Nation aus. Dabei waren die deutschen Territorien historisch gesehen schon immer durch Migrationsbewegungen geprägt.
Die neue BrückenbauerInnen Kolumne
In unserer Kolumne auf MiGAZIN wollen wir deshalb den Wandel thematisieren, den Finger in die Wunde legen, das Unsichtbare sichtbar machen und das auf den Tisch bringen, was „uns“ im Alltag beschäftigt. Die negativen, wie auch die positiven Seiten des Lebens aus der Perspektive von jungen Menschen, die Deutschland tagtäglich umgestalten. Das WIR ist das Forum der Brückenbauer. Das Forum der Brückenbauer ist ein Netzwerk von engagierten Menschen mit einer breiten Vielfalt an Kompetenzen und Zugängen zu verschiedenen bundesweiten Netzwerken und Institutionen. Es ist ein multiethnischer und -konfessioneller Zusammenschluss von Führungskräften aus Migrantenorganisationen, die sich in vielen Kommunen, auf Länder- und Bundesebene für Integration engagieren. Wir verstehen uns als visionärer, multiperspektivischer Impulsgeber zur Verwirklichung einer Gesellschaft, in der allen Menschen klar ist: „Es geht um die eine Gesellschaft, in der wir alle leben! Es geht um unsere gemeinsame Zukunft!“
Unsere Brücke wollen wir dabei aus Empathie bauen. Damit das Verständnis füreinander, statt Vorurteile übereinander, normal wird. So normal, dass es auch zur alltäglichen Langeweile gehört, wenn eine Aygül Özkan mit türkischem Migrationshintergrund Ministerin einer konservativen Partei wird, der palästinensisch-stämmige Berliner Raed Saleh mit Mitte 30 die größte Fraktion in Berlin anführt oder vielleicht mal in Zukunft darüber spekuliert wird, ob eine Dunya Hayali die deutsche Fernsehinstitution “Wetten, dass..?” moderiert.
Wir freuen uns darüber, wenn auch Sie uns den Spiegel zu unserer Kolumne vorhalten und hoffen, dass wir hiermit einen kleinen Beitrag zur geistigen Vielfalt in Deutschland leisten und Veränderungsdruck sichtbar machen. Aktuell Meinung
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