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Visafreiheit für Türken

Strafanzeige gegen Wolfgang Schäuble wegen Nichtanerkennung

Die Rechtsanwälte Dr. Rolf Gutmann und Dr. Gerhard Strate, Redakteure des Informationsbriefs Ausländerrecht, haben mit Schreiben vom 20.03.2009 Strafanzeige gegen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble erstattet.

Samstag, 21.03.2009, 2:29 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 12.08.2010, 7:30 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Wolfgang Schäuble, so Gutmann und Strate in ihrer Strafanzeige 1, “missachtet seine Rechtspflicht, seine Untergebenen zu straffreiem Handeln anzuleiten und hält eine Weisung aufrecht, deren Befolgung die ausführenden Beamten der Bundespolizei dem Strafvorwurf der Verfolgung Unschuldiger (§ 344 StGB) aussetzt.“

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Hintergrund der Strafanzeige ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 19.2.2009 in der Rechtssache C-228/06 – Soysal und Savatli gegen die Bundesrepublik Deutschland. Das Gericht hat entschieden:

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„Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls, das am 23. November 1970 in Brüssel unterzeichnet und durch die Verordnung (EWG) Nr. 2760/72 des Rates vom 19. Dezember 1972 im Namen der Gemeinschaft geschlossen, gebilligt und bestätigt wurde, ist dahin auszulegen, dass er es ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Protokolls verbietet, ein Visum für die Einreise türkischer Staatsangehöriger wie der Kläger des Ausgangsverfahrens in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zu verlangen, die dort Dienstleistungen für ein in der Türkei ansässiges Unternehmen erbringen wollen, wenn ein solches Visum zu jenem Zeitpunkt nicht verlangt wurde.“

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Gutmann, der die Kläger vor dem EuGH vertreten hat, und Strate erklären: „Die Entscheidung bedeutet, dass die Visumsfreiheit im Dienstleistungsverkehr in demselben Umfang, wie sie am 1.1.1973 bestand, fortgilt. Am 1.1.1973 waren türkische Staatsangehörige in Deutschland für die Einreise und den Aufenthalt als Touristen oder Besucher gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 DVAuslG 1965 für drei Monate und als Dienstleistungserbringer gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 DVAuslG1965 bis zu 2 Monate vom Erfordernis einer Aufenthaltserlaubnis befreit. Sie konnten dementsprechend auch visumsfrei einreisen. Bestandteil des Dienstleistungsverkehrs ist nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die Ausübung der passiven Dienstleistungsfreiheit.“

Die sog.Standstill-Klausel im Zusatzprotokoll umfasse auch die Einreise türkischer Touristen. Fremdenverkehr, Geschäfts- und Studienreisen und medizinische Behandlungen würden ebenfalls der Standstill-Klausel unterfallen und türkische Staatsangehörige dürften insoweit visumsfrei nach Deutschland einreisen. Die Inempfangnahme von Dienstleistungen bestehe bereits in der Entgegennahme der innerstaatlichen Transportleistung der Pariser Metro.

„Demgegenüber“, so Gutmann und Strate weiter, „hat das Bundesministerium des Innern nun erklärt, es sehe die Rechtslage als im wesentlichen unverändert an. Nur ein kleiner Personenkreis, eben Lkw-Fahrer, sei von diesem Urteil betroffen. Besonders deutlich ist das an dem von der Süddeutschen Zeitung am 9.3.2009 berichteten Zensurversuch durch Sperrung des Zugangs zu einer privaten Homepage zweier Ausbilder der Bundespolizei.“

Das habe allerdings die vom Bundesministerium gewollte Folge, dass die Weisung an die Grenzpolizei, ohne Visum einreisenden türkischen Staatsangehörigen, die Einreise zu verweigern und sie anzuzeigen, aufrecht erhalten bleibe. Nach dem EuGH-Urteil sei indes offenkundig, dass eine große Zahl der Einreisewilligen zur Einreise befugt seien.

Wolfgang Schäuble selbst habe diese Weisungslage nunmehr öffentlich in einem am 14.3.2009 in der türkischen Tageszeitung Hürriyet veröffentlichten Interview bestätigt. „Er will die Anwendung des Urteils auf einen kleinen Personenkreis beschränken und damit die bisherige Verfolgungspraxis aufrecht erhalten.“

Dass die Bundesregierung intern das Urteil anders einschätze, verdeutliche die Äußerung von Staatssekretär Altmaier am 18. März 2009 im Deutschen Bundestag.

Gutman und Strate weiter: „Rechtlich liegt darin nicht nur eine Anstiftung zur Verfolgung Unschuldiger. Vielmehr handelt der Minister als Amtsträger und als Dienstvorgesetzter zugleich in mittelbarer Täterschaft im Verhältnis zu den an die ministeriellen Weisungen gebundenen Beamten. Zu vermerken ist hierzu weiter, dass in den Fällen des § 344 Abs. 1 StGB auch der Versuch strafbar ist.“

Indessen hat das Innenministerium laut einer dpa-Meldung am Tage der Strafanzeige (20.03.2009) noch einmal bekräftigt, dass weder Touristen, Geschäftsleute noch andere türkische Staatsangehörige ohne ein Visum nach Deutschland reisen können. Lediglich türkische Fernfahrer dürften für zwei Monate ohne Visum einreisen.

  1. Liegt der MiGAZIN-Redaktion vor
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  1. delice sagt:

    Obendrein könnte man auch eine Strafanzeige gegen Herrn Altmaier stelle, wenn er so sogar das deutsche Parlament vorsätzlich belügen sollte! Der Bundestag ist doch kein Ort von Beliebigkei!

  2. delice sagt:

    Die Angst vor der Wahrheit über die Visumfreiheit von Türken: … Visumspflicht für türkische Touristen in Frage stellt. Siehe auch: BMI hebt Zensur auf …
    Quelle: http://www.cl-netz.de/foren/cl.politik.migration/Fachtagung-gegen-Abschiebehaft-Kirchenasyl-wg.-Dublin-II-Zensur-bei-der-Bundespolizei:-Auslaenderrechts-Homepage-gesperrt-38635.pdf

    Näheres dazu im neuen Report Nr. 19 (Auch zum ausdrucken!!)
    Quelle: http://www.westphal-stoppa.de/O-Report/19ReportFebruar2009.pdf

  3. Pingback: Ohne Visum nach Deutschland - EuGH entscheidet zu Gunsten von Türken - Türkischer Rechtsanwalt Okan Özkan

  4. delice sagt:

    Die Brisanz beim Familiennachzug hatte sich auch schon mal drastischer gezeigt. So dass damals höchste deutsche Gerichte diesem Treiben der deutschen Politik ein Ende setzten.

    So konnten türkische Staatsbürger, bis dahin, ihre Ehegatten, wegen dem völlig berechtigten Familiennachzug, nicht gleich nach Deutschland bringen. Denn nach der standesamtlichen Heirat in der Türkei, mussten diese frisch vermählten Paare aus, zunächst einmal – jeder für sich – mindestens 3 Jahre lang, erst einmal eine so genannte „Karenzzeit“ in der Türkei verbringen, das bedeutete ein getrennt sein müssen, von dem Bräutigam oder auch der Braut.

    Man muss sich das doch ein Mal richtig Vorstellen, von jemandem, dem eigenen Ehegatten, getrennt sein zu müssen. Das ist nicht vollstellbar und auch nicht hinnehmbar gewesen. Später geborene Kinder sahen dann ihren Vater oder Mutter erst mit 2 bis 3 Jahren Verzögerung, oder auch noch später. Die Kinder entwickelten sich fern von dem einen Ehepartner. So etwas Unmenschliches kann natürlich einem nur hier passieren! Neben dem entsprechenden Einkommensnachweisen und anderer Voraussetzungen, musste ein Jeder die behördlich geforderten 12 qm pro Person – mit einem gültigen Mietvertrag – vorweisen. Diese Voraussetzungen muss man noch immer vorweisen! Was die Sache nicht unbedingt erleichterte, und somit das Paar noch lange getrennt blieb; und manche es sogar aufgaben!

    Damit aber verstieß diese unmenschliche Regelung nicht nur gegen das Grundgesetz aus Art. 6 GG [Schutz der Ehe], […] und widerspricht auch dem Art. 8 EMRK i.V.m. Art. 25 GG […]

    Jedenfalls wird diese Mauer, die Abschottung, nicht lange halten!

  5. Pingback: Petition gegen Visumspflicht türkischer Staatsbürger eingereicht | MiGAZIN

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  9. yücel sagt:

    die haben mich 1998 abgeschoben,2009 bin ich wieder eingereist( familienzusammenführung) aber da meine frau die scheidung eingereicht hat wollen sie mich wieder abschieben obwohl ich bis november 2011 eine aufenthaltserlaubnis habe.prof.dr. rolf gutmann ist auch mein anwalt aber er sagt das man da nichts machen kann. ist doch ein witz oder …?????

  10. KTL sagt:

    Weiter so, so wird’s was mit dem Miteinander!