Visafreiheit für Türken
Innenministerium rudert zurück
Laut einer dpa-Meldung vom 20.03.2009 weist das Ministerium in Berlin Schlussfolgerungen zurück, wonach nun auch Touristen, Geschäftsleute und andere türkische Staatsangehörige ohne ein Visum nach Deutschland reisen können.
Von Ekrem Şenol Samstag, 21.03.2009, 1:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 12.08.2010, 7:28 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
In seiner Antwort auf eine mündliche Anfrage der Fraktion Die Linke im Parlament hatte der Parlamentarische Staatssekretär Peter Altmeier noch am 18.03.2009 indirekt bestätigt 1 (Plenarprotokoll 16/210, S. 22709 2), dass nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 19. Februar 2009 in der Rechtssache C-226/06 (Soysal) beispielsweise Touristen, Geschäftsleute, Künstler oder auch Personen, die eine Krankenhausbehandlung in Deutschland durchführen lassen wollen, visumsfrei einreisen können.
1980 hatte die Bundesrepublik eine allgemeine Visumspflicht für türkische Staatsangehörige eingeführt. Das OVG Berlin-Brandenburg hatte dem EuGH ein Fall von zwei türkischen Fernkraftfahrern vorgelegt, die für eine Spedition Waren nach Deutschland brachten. Das EuGH sollte klären, ob die Fernfahrer ein Visum benötigen.
Das EuGH entschied, dass infolge eines Zusatzprotokolls zum Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Türkei keine strengeren Visumsregelungen gelten dürfen als zum Zeitpunkt des Inkrafttretens zum 01.01.1973. Die allgemeine Visumspflicht für türkische Staatsangehörige wurde allerdings 1980 eingeführt. Der Gerichtshof stellte daher in seinem Urteil klar, dass diese Verschärfung der Visumsbestimmungen – da zeitlich später – mit dem Zusatzprotokoll des Assoziierungsabkommens unvereinbar war und mithin die alten Regelungen weiter gültig sind.
Trotz eindeutigem Wortlaut, trotz Eingeständnis des Staatssekretärs Peter Altmeier in der Fragestunde und trotz zahlreicher Einschätzungen von Experten und Fachleuten zu Gunsten der Visafreiheit rudert das Bundesinnenministerium – dennoch aber nicht überraschend – zurück. Die grundsätzliche Visumspflicht für türkische Staatsangehörige bleibe nach Angaben des Bundesinnenministeriums auch nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs bestehen. Das Urteil betreffe nur Türken, die im Güterfernverkehr Waren nach Deutschland bringen. Die Darstellung der Links-Fraktion – gemeint ist die Pressemitteilung der migrationspolitischen Sevim Dagdelen, migrationspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke – gebe das Urteil verzerrt wieder.
Vielmehr werde – noch nach einem Monat seit Veröffentlichung des Urteils – geprüft, ob das für alle EU-Staaten verbindliche Urteil über den Einzelfall hinaus auch Auswirkungen auf andere Bereiche der „aktiven Dienstleistungsfreiheit“ haben könnte.
Diese „Wir-Prüfen-Taktik“ der Bundesregierung hat einen ganz besonderen Grund. Neben anderen unerwünschten Nebenwirkungen, führt vor allem die visafreie Einreise bei Touristen dazu, dass die höchst umstrittenen Regelungen zur Familienzusammenführung, die an Sprachkenntnisse vor der Einreise geknüpft ist, ins Leere laufen. So könnten nämlich Ehepartner aus der Türkei als Touristen nach Deutschland einreisen und ein Sprachkurs in Deutschland besuchen, was viel effektiver und effizienter wäre. Das erlernen der Sprache in einer Deutschsprachigen Umgebung dürfte jedenfalls viel weniger Zeit in Anspruch nehmen als der Besuch eines Sprachkurses in einem Goethe-Instut im Ausland, wo nach dem Unterricht in aller Regel wieder türkisch gesprochen wird.
Um diese Auswirkungen bewusst, wird seitens des Innenministeriums mit aller Macht versucht 3, in der das EuGHUrteil die Visafreiheit, das EuGH-Urteil möglichst als eine Einzelfallentscheidung abzutun oder auf einen sehr begrenzten Personenkreis anzuwenden. Wie sehr eine mögliche Visafreiheit für Türken das Bundesinnenministerium – aus deren Feder die Einschränkungen beim Ehegattennachzug stammen – stört, erkennt man bereits daran, dass sie der Pressemitteilung einer Oppositionsabgeordneten öffentlich widerspricht.
Die Linksfraktion hat gegenüber MiGAZIN mitgeteilt, dass Sevim Dagdelen (Die Linke) eine weitere mündliche Nachfrage zum Thema eingereicht hat, die in der mündlichen Fragestunde im Deutschen Bundestag am Mittwoch, 25.03.09, behandelt werden wird. Wie Rechtsanwalt Ünal Zeran bereits im MiGAZIN geschrieben hat: „Wir können nicht dafür sorgen, dass sie die Wahrheit sagen, aber wie können dafür sorgen, dass sie noch unverschämter Lügen müssen.“
- wir berichteten
- Liegt der MiGAZIN-Redaktion vor. Bei Interesse bitte eine kurze Mail an die Redaktion
- Das Innenministerium hatte die Internetseiten der beiden Experten Wesphal/Stoppa gespert, weil darin das EuGH-Urteil zu Gunsten der Visafreiheit interpretiert wurde
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Ich denke wenn es einer Gesellschaft schlecht geht sucht es nach einem Sündenbock! Dazu kommt es das die Deutsche Gesellschaft die Türkische Kultur nicht begreifen kann! Generell kann man davon ausgehen das die Deutsche Mentalität eine defensive und Einstellung an den Tag legt. Wenn all die Komponenten zusammenfügt sind die Maßnahmen der Deutschen Politik nachzuvollziehen. Ich denke das die Migranten sich besser erklären müssen.
Immer wieder erstaunlich wie Parallelen gezogen werden die es so nicht geben dürfte ich als Deutscher sage hierzu nur schämen müssen wir uns !! Es waren keine Türken die gebettelt haben hierher zu kommen wie es immer dargestellt wird sondern wir baten diese hierher zu kommen ! Ausserdem waren es auch nciht diese Türken die gebettelt hätten hier bleiben z u dürfen nein es wurde ihnen nahegelegt und auch der zusammenschluss mit ihren Familien ohne die sie nciht geblieben wären was aber für uns von entschiedener wichtigkeit war das warum zu erötern würde hier aber zu lange dauaern -industriezeitalter- trozdem führen wir uns als die Herren derer auf die inzwischen hier geboren und damit Kinder dieses Landes sind auf und hier kann ich nachvollziehen das sowas wie Integation etc scheitern muss wenn nicht sogar gewollt verhindert wird mein türkischer Freund der übrigens meines erachtens nach Inteligenter als die meisten deustchen ist wäre so gesehen perfekt integriert .. er hat sein Abi etc aber er will nciht wieso?! na weil wir shceisse sind ganz einfach zuviele vorurteiel und ich finde es schade wenn dann solche leute gehen und uns am ende wirklich nur dreck über bleibt als den wir sie alle darstellen
@Manfred
Was damals war ist so wie sie beschrieben haben.
Jetzt sieht die Situation aber wieder anders aus, hier Beispiel Balkan (und ich denke es wäre ähnlich wenn man den Visumszwang für Türken aufheben würde):
http://www.20min.ch/news/ausland/story/Die-EU-kaempft-gegen-Migrationsstrom-10934305
Es ist ein Teufelskreislauf für den ich kaum noch Chancen auf eine Besserung sehe. Lässt man den Visumszwang fallen, wer kommt? Klar! Die Ärmsten der betroffenen Länder. Das wiederum führt dazu in der Bevölkerung das pauschal alle Menschen der jeweiligen Ethnie abgelehnt werden egal ob hier geboren, intelligent, erst gestern hier her gekommen etc. das interessiert dann niemanden mehr.
Aber wie die Lösung für das Problem aussehen soll? Es würde keine geben die allen gefallen würde.