Zugewanderte Akademiker
Rechtsanspruch auf Überprüfung ausländischer Qualifikationen
Zugewanderte Akademiker sollen künftig einen Rechtsanspruch auf Überprüfung ihrer im Ausland erworbenen Zeugnisse bekommen. Dies kündigte Integrationsministerin, Maria Böhmer, in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau an.
Freitag, 17.04.2009, 10:03 Uhr|zuletzt aktualisiert: Samstag, 21.08.2010, 0:03 Uhr Lesedauer: 1 Minuten |
Erst durch die Studie „Brain Waste“ [pdf] sei die Öffentlichkeit auf die hohe Anzahl der nicht-anerkannten akademischen Abschlüsse zugewanderter Akademiker aufmerksam geworden. Aufgrund der Nicht-Anerkennung von Abschlüssen, seien viele Akademiker angehalten Berufe auszuüben für die sie überqualifiziert sind. Im Hinblick auf den Mangel von Ingenieuren, Naturwissenschaftlern und Informatikern wäre dies fatal. Böhmer sieht die Lösung in einem zügigeren Anerkennungsverfahren, das den Zugewanderten den Einstieg in ihren im Herkunftsland erworbenen Berufen ermöglichen soll. Zudem soll die Möglichkeit zur Nachqualifikation angeboten werden.
Im Mai vergangenen Jahres hatten die Wissenschaftlerinnen Dr. Bettina Englmann und Dr. Martina Müller die Ergebnisse ihrer Studie „Brain Waste“ vorgestellt. Laut der Studie sei es für qualifizierte Zuwanderer oft nicht möglich ihren im Herkunftsland erworbenen Beruf auszuüben. Als Ursache dafür wurden mangelnde Anerkennungsmöglichkeiten und fehlende berufliche Integrationsprogramme aufgeführt. In der Studie wurden Lösungswege aufgezeigt wie das Potenzial der zum Teil hoch qualifizierten Zuwanderer besser genutzt werden kann. Einer Schätzung der Universität Oldenburg zufolge sollen in Deutschland 500.000 zugewanderte Akademiker leben, deren Abschluss nicht anerkannt wird.
Auch dem Lehrermangel soll mit der zügigen Einstellung von qualifizierten Migranten entgegengewirkt werden. Dies hänge jedoch ebenfalls von einem beschleunigten Anerkennungsverfahren ab. Aufgrund der Unterbesetzung der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB), die für diese Verfahren zuständig ist, setze sich Maria Böhmer nun für eine zentrale, personell gut ausgestatte Clearing-Stelle ein, die auch den nicht-akademischen Bereich berücksichtigen soll.
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Na ja.. vielleicht doch ein kleiner Hoffnungsschimmer für viele….
Es ist wirklich zum kotzen!
Man kommt hierhin, muss alles von neuem anfangen und ist froh, dass man noch gut über die runden kommt.
Die Handels- bzw. Industriekammern können einen auch nicht weiterhelfen. Alles was man im Ausland erworben hat, ist auf einmal um sonst gewesen. Schade für Deutschland und Schade auch für die Menschen, die eine Menge Zeit in ihre Ausbildung investiert haben.
Hoffen wir mal das Beste und wünschen den Betroffenen viel Glück.
„Erst durch die Studie „Brain Waste“ sei die Öffentlichkeit auf die hohe Anzahl der nicht-anerkannten akademischen Abschlüsse zugewanderter Akademiker aufmerksam geworden“, sagt Frau Böhmer.
Merkwürdig. Die Fraktion DIE LINKE. hat bereits Ende 2007 eine parlamentarische Initiative „für eine erleichterte Anerkennung von im Ausland erworbenen Schul-, Bildungs- und Berufsabschlüssen“ (BT-Drs. 16/7109) in den Deutschen Bundestag eingebracht und dabei auf die unhaltbare Situation und den politischen Handlungsbedarf hingewiesen. Dieser Antrag wurde im März 2008, d.h. immer noch zwei Monate vor Veröffentlichung der Studie „Brain Waste“, im Bundstag debattiert – und im Januar diesen Jahres von allen anderen Fraktionen (bei Enthaltung der GRÜNEN) abgelehnt, obwohl seine inhaltlichen Kernforderungen nun öffentlichkeitswirksam auch von Frau Böhmer vertreten werden.
Ein wesentlicher Grund der Ablehnung dürfte gewesen: Im Antrag der LINKEN wurde unter anderem kritisiert, dass die Erklärung des Bundes im „Nationalen Integrationsplan“ zu diesem Thema keine Selbstverpflichtung enthielt und die entsprechende Erklärung der Bundesländer unbestimmt und unverbindlich blieb.
In anderen Worten: Das Problem ist jedenfalls der Bundesregierung seit längerem bekannt und sie maßgeblich dafür verantwortlich, dass es in der „Öffentlichkeit“ nicht oder kaum bekannt war (wie Frau Böhmer wohlweislich formulierte). Die Selbstbeweihräucherung durch Integrationgipfel und -pläne war der Bundesregierung offenbar wichtiger als die konkrete politische Tat. Leidtragende sind betroffene Migrantinnen und Migranten, die auf eine nächste Legislaturperiode vertröstet werden…
@ Thomas Hohlfeld
Danke für die Info! Es wäre nicht verkehrt gewesen, wenn DIE LINKE dies öffentlich kundgetan hätte. Oder haben wir etwas übersehen?
Leider liegt es nicht in unserer Hand, inwieweit parlamentarische Initiativen der LINKEN und mehrere Presseerklärungen zum Thema von „der Öffentlichkeit“ wahrgenommen bzw. von Medien verbreitet werden…
So erklärte Sevim Dagdelen z.B. bereits im Februar:
http://www.sevimdagdelen.de/de/article/928.boehmer_opponiert_gegen_sich_selbst.html
09.02.2009
Böhmer opponiert gegen sich selbst
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer, fordert, die Potenziale von Zuwanderern zu nutzen. Sevim Dagdelen findet das merkwürdig. „Käme dieser Appell von Migrantenorganisationen, würde ich ihn sofort unterstützen. Da Maria Böhmer aber meines Wissens nach immer noch Staatsministerin eben jener Bundesregierung ist, an die sich ihre Forderung richtet, appelliert sie an sich selbst. Das ist hochgradig albern“, so die migrationspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. „Böhmer sollte das Appellieren sein lassen und stattdessen lieber agieren.“ Dagdelen weiter:
Es sei nur daran erinnert, dass es die Koalitionsfraktionen waren, die erst vor einer Woche den Antrag der LINKEN auf Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse abgelehnt haben. Jetzt beklagt Böhmer „die krasse Verschwendung von Ressourcen“, weil die Abschlüsse von rund einer halben Million Menschen nicht anerkannt werden. Diese scheinheilige Opposition gegen die eigene Politik ist mehr als unglaubwürdig.
Angesichts der Tatsache, dass die Arbeitslosigkeit unter Migrantinnen und Migranten immer noch doppelt so hoch ist wie im Rest der Bevölkerung, wären Taten ohnehin wichtiger als Worte. Klagelieder anzustimmen oder auf vermeintliche Erfolge einiger weniger Projekte hinzuweisen, entbindet nicht von der Pflicht, für eine andere Arbeitsmarkt- und Ausbildungspolitik zu sorgen, die Ausgrenzung und Diskriminierung ausschließt.“
Natürlich nicht. Ich denke aber, dass man mit zeitnahen Stellungnahmen zu aktuellen Themen eher Gehör findet. Das entbindet die Medien natürlich nicht von ihrer Pflicht, zu recherchieren (Selbstkritik!).