Nordrhein-Westfalen
Innenminister ließ 13 374 Ausländer aus überwiegend islamischen Staaten überprüfen
13 374 Menschen vor allem aus islamischen Ländern wurden 2008 in Nordrhein-Westfalen einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen. Dies geht aus der Antwort (Drucksache 14/8793) der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage des fraktionslosen Abgeordneten Rüdiger Sagel hervor.
Montag, 27.04.2009, 9:47 Uhr|zuletzt aktualisiert: Samstag, 21.08.2010, 0:11 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
In einem Erlass vom 11.07.2007, der als „Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft ist, hatte das Innenministerium NRW die Durchführung von Sicherheitsbefragungen angewiesen. Diese Befragung wird bei den Angehörigen bestimmter – islamischer – Staaten (wie Pakistan oder Afghanistan), die eine Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis für Deutschland erhalten oder verlängern möchten, mittels eines Fragebogens durchgeführt mit dem Ziel, Personen mit terroristischen Verbindungen zu identifizieren.
Ohne Rechtsgrundlage?
Dieses Vorgehen ist in der Folge scharf kritisiert worden, da es im Aufenthaltsrecht keine Rechtsgrundlage für eine pauschale Befragung von Bürgerinnen und Bürgern bestimmter Herkunftsländer gebe, mit der Verdachtsmomente bezüglich der Verwicklung in extremistische oder terroristische Netzwerke gewonnen werden sollen.
Das Fehlen einer Rechtsgrundlage wies Wolf zurück. Das Aufenthaltsgesetz ermächtige die Ausländerbehörden zur Erhebung von personenbezogenen Daten, soweit dies zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlich sei. Der bei der aufenthaltsrechtlichen Sicherheitsprüfung eingesetzte Fragebogen sei Teil eines ganzheitlichen, fachübergreifenden Ansatzes zur Bekämpfung terroristischer Gefahren.
Schließlich gehöre die Staatsangehörigkeit nicht zu den in Artikel 3 Abs. 3 Grundgesetz (GG) aufgezählten unzulässigen Unterscheidungsmerkmalen, insbesondere nicht zu den Merkmalen Herkunft und Heimat. Regelungen, die die Staatsangehörigkeit als Anknüpfungsmerkmal verwenden, würden daher nicht gegen das Grundgesetz verstoßen. Die Differenzierung nach Staaten sei dem Aufenthalts- und sonstigen Ausländerrecht im Übrigen systemimmanent.
Kontakt mit den Sicherheitsbehörden
Besonders kritisiert worden war die 20. Frage des Fragebogens: „Die Beantwortung der folgenden Frage ist freigestellt: Möchten Sie unmittelbaren Kontakt mit den Sicherheitsbehörden (Polizeibehörden oder Verfassungsschutzbehörden von Bund und Land) aufnehmen?“
„Sollte der Heimatstaat erfahren, dass der Ausländer diese Frage mit einem „ja“ beantwortet hat, dann könne ihm deshalb im Heimatland eine Strafverfolgung drohen.“, führte Sagel in seiner Anfrage aus.
NRW-Innenminister Wolf wies allerdings den Vorwurf zurück, die Kontaktaufnahme „diene dem Zweck, ausländische Staatsangehörige für geheimdienstliche Tätigkeiten zu gewinnen”. Vielmehr biete die „Offenbarungsmöglichkeit” einem abgelehnten Antragsteller die Chance zu demonstrieren, dass er „glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand nimmt”.
Im Interesse der Gesamtbevölkerung
Landesinnenminister Ingo Wolf (FDP) begründete die Sicherheitsbefragung, dass insbesondere auf Studenten angewendet wurde, damit, dass die Abwehr der Gefahren im Interesse der gesamten Bevölkerung, „also auch der hier lebenden ausländischen Studierenden“ liege. Daher seien in Nordrhein-Westfalen im vergangenen Jahr 13 374 Ausländer einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen. Politik
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Bei dieser hohen Zahl kann man nicht von einer Standardüberprüfung Verdächtiger sprechen.
Ich glaube nicht, dass es korrekt ist, dass über 13.000 Menschen (!) unter Generalverdacht stehen, nur weil sie aus bestimmten Ländern kommen oder eine bestimmte Religion haben. Und genau darum geht es, um die Herkunft und Religion und nicht unbedingt um die Staatsangehörigkeit.
Das ist schon ziemlich traurig, nein, es ist zutiefst beängstigend!