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Alles Kultur?

Der Blick auf Migrantenkinder muss sich weiten

Die Bildungserwartungen bei Kindern der Unterschicht mit Migrationshintergrund sind mehrheitlich höher als bei deutschen Kindern der Unterschicht: 27 % der Kinder aus der Unterschicht mit Migrationshintergrund möchten das Abitur machen, doch von den deutschen Kindern aus der Unterschicht sind es nur 14 %.

Von Montag, 04.05.2009, 13:53 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 05.09.2010, 3:28 Uhr Lesedauer: 9 Minuten  |  

Multikulturelle Kindheit war bis Mitte der 1990er-Jahre kaum Gegenstand der Forschung. Allenfalls gab es qualitative Studien, die jedoch allgemeingültige Aussagen schwerlich zuließen. In den letzten Jahren aber ist das »Migrantenkind« entdeckt worden: Aus dem »kleinen Ausländer« wurde das »Kind mit Migrationshintergrund«, über das mittlerweile eine Vielzahl von Ergebnissen zur Verfügung steht (insbesondere zu Familie, Freundschaften, Elementarbereich und Grundschule). Doch der Blick der Forschenden sieht das Kind mit Migrationshintergrund vor allem als Gegenüber des einheimischen Kindes – dementsprechend werden Unterschiede fokussiert und fixiert.

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Wie aber steht es mit dem Wissen um das (Alltags-)Leben von Kindern mit Migrationshintergrund? Wurde, ohne genauer auf Unterschiede der Schicht, des Milieus sowie des Geschlechts hinzusehen, nicht die Ikone »Kind mit Migrationshintergrund« geschaffen? Hinter einer solchen Kunstfigur verschwindet das partielle Versagen der Bildungs- und Kulturinstitutionen ebenso wie die beschämenden sozioökonomischen Rahmenbedingungen und alltäglichen Rassismen, die den Alltag von Migrantenfamilien von außen her bestimmen.

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»Die Bundesrepublik Deutschland ist ein Einwanderungsland«

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Die Lebenslüge der Bundesrepublik (»Wir sind kein Einwanderungsland«) wurde in der Tat erst in den letzten Jahren revidiert.

In Deutschland leben derzeit 15,6 Millionen Personen mit Migrationshintergrund. Dies stellt einen Anteil von 19 % an der deutschen Gesamtbevölkerung dar. Darunter befinden sich 1,12 Millionen Kinder im Alter bis zu 10 Jahren. Das macht in dieser Altersgruppe einen Anteil von 31 % aus 1.

Die Erfahrung von Multikulturalität bezieht sich vor allem auf die kindlichen Lebenswelten. Es bleibt insbesondere den Kindern (und weniger den Eltern) vorbehalten, den »multikulturellen Alltag« unmittelbar zu erfahren. Vor allem die Kinder im Kleinkind- und Grundschulalter erleben Multikulturalität als besondere Form der Vielfalt, die als ein integraler Bestandteil des heutigen Kinderlebens in Deutschland zu sehen ist 2.

Die soziale Herkunft ist von Bedeutung

Gradmesser für die Eingliederung von Kindern mit Migrationshintergrund ist in besonderem Maße deren Entwicklung innerhalb des Bildungs- und Beschäftigungssystems sowie deren soziale Integration 3. Demzufolge legt die aktuelle empirische Bildungsforschung den Fokus insbesondere auf den schulischen Erfolg bzw. Misserfolg von Kindern mit Migrationshintergrund, z.B. Schulleistungsuntersuchungen wie IGLU, BeLesen oder KESS (Kompetenzen und Einstellungen von Schülerinnen und Schülern). Übereinstimmend kommen diese Studien zu dem Ergebnis, dass Schüler/innen aus Migrantenfamilien bereits am Ende der Grundschulzeit einen vergleichsweise großen Leistungsrückstand aufzeigen 4.

Andere Forschungsarbeiten weisen auf die zentrale Rolle der deutschen Sprachkenntnisse für Schulerfolg und Kompetenzentwicklung hin. Demzufolge sollen im Kindesalter vor allem Maßnahmen der Förderung vorrangig eine Verbesserung der schulsprachlichen Kompetenzen verfolgen.

Eine Verengung von Integrationspädagogik und Integrationsforschung auf Sprachförderung wird jedoch den Gesamtaufgaben in diesem Feld nicht gerecht. Von Bedeutung ist vor allem die soziale Integration im Aufnahmeland, insbesondere die Integration in die Klassengemeinschaft sowie in die Freundesgruppen 2. Wenn Kinder im Alltag nicht deutsch sprechen, sind Zusatzstunden allein keine befriedigende Lösung. Es braucht vertiefte Kenntnisse über die Rahmenbedingungen des Aufwachsens, insbesondere im Hinblick auf soziale Vielfalt und Benachteiligung.

Entsprechend den Ergebnissen der World Vision Kinderstudie 2007 5 sind die Bildungserwartungen bei Kindern der Unterschicht mit Migrationshintergrund mehrheitlich höher als bei deutschen Kindern der Unterschicht: 27 % der Kinder aus der Unterschicht mit Migrationshintergrund möchten das Abitur machen, doch von den deutschen Kindern aus der Unterschicht sind es nur 14 % 6.

Foto: flickr.com/photos/wwworks (oodleywonderworks)

Foto: flickr.com/photos/wwworks (oodleywonderworks)

Die soziale Zugehörigkeit darf nicht unberücksichtigt bleiben. Zwar gilt grundsätzlich, dass bei der Betrachtung von Aspekten der Schicht bzw. des Milieus »ethnische« Unterschiede verblassen. Doch es gibt auch Themenbereiche, bei denen durchaus die ethnische Herkunft »schichtbereinigt« deutlich wird. Dies ist beispielsweise bei der Frage von Vereinszugehörigkeit bei Kindern der Fall:

So sind die einheimischen Kinder zwischen 60 % (bei Milieus mit geringeren Kapitalien) und über 80 % (Milieus mit umfangreicheren Kapitalien) Mitglieder in Vereinen. Aussiedlerkinder und Kinder mit türkischem Migrationshintergrund dagegen liegen mit ca. 20 % Vereinszugehörigkeit (Sport, Musik) in den unteren Milieus und mit ca. 40 % bis 50 % bei den oberen Milieus jeweils deutlich unter der Gruppe der jeweils einheimischen Kinder 6.

Die Integrationspädagogik scheint demnach ihr Augenmerk deutlicher auf soziale Asymmetrien richten zu müssen, und gleichzeitig braucht sie fundierte Kenntnisse über die unterschiedlichen ethnischen Herkünfte.

Die Forschung gebiert »das fremde Kind«

Will die Forschung »migrationssensibel« vorgehen, sind methodologische und erkenntnistheoretische Hürden zu nehmen:

Durch Einbürgerungen und Generationenfolgen ist die multikulturelle Lebenssituation vielfältiger geworden und lässt sich schon längst nicht mehr allein am Pass ablesen. Das bereitet der empirischen Forschung allerdings erhebliche Schwierigkeiten, und so kommt es, dass nicht nur in älteren, sondern auch in aktuellen quantitativen Untersuchungen Kinder mit Migrationshintergrund kaum bis unzureichend berücksichtigt werden 7.

Obendrein besteht die Fallgrube, »multikulturelle Kindheit« vereinfacht abzubilden und nicht, wie es notwendig wäre, populationssensitiv. Häufig werden »die« deutschen Kinder »den« Ausländerkindern bzw. »den« Migrantenkindern gegenübergestellt. Es fehlt an einer Binnendifferenzierung, zumal die Fokussierung auf die »ethnische« Differenz das fremde Kind gleichsam kreiert: So werden kulturelle Stereotypen über »die Migranten« durch Studiendesigns fixiert, wenn beispielsweise Kindern mit Migrationshintergrund Extrafragen gestellt werden, wie: »Besuchst Du religiöse Vereine?« oder »Liest Du deutsche Zeitungen?«. Durch solche Fragen wird die jeweils als relevant gesetzte Unterscheidung überbetont sowie das »fremde Kind« durch Forschung erst hergestellt 6.

  1. entsprechend den Daten des Mikrozensus von 2005
  2. Herwartz-Emden 2009
  3. Nauck u. a. 2008
  4. Herwartz-Emden 2009; Herwartz-Emden u. a. 2008
  5. Hurrelmann u. a. 2007
  6. Betz 2009
  7. Betz 2009; Herwartz-Emden 2009
Gesellschaft Meinung

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  1. Der Weise sagt:

    Die Kultur SELBST stellt eine Barriere dar, wodurch Menschen erst RECHT kategorisiert und instrumentalisiert werden können!

    Genau DAS ist die Agenda der New World Order Psychos!

    Statt MÜLTIKÜLTÜR…:-))))) müsste es korrekterweise KOSMOPOLITISCH heissen, wodurch das Individuum lernt über nationale, religiöse und Pseudokulturelle Schubladenrhetorik hinaus zu denken!

  2. Hans Schneter sagt:

    Ich wundere mich immer üben meinen besten Freund, einen Iraner. Und auch über seine Kinder. Wie friedlich sie sind, und wie nett im Umgang mit den Menschen. Familie ist perfekt integriert, gute Jobs, vorbildlich. Sind Türken vielleicht einfach von Haus aus gewaltaffiner und weniger Kopf- als Körpermenschen (machogehabe, kein Interesse an Kunst, Kultur oder Wissenschaft, die nicht mit der Türkei oder wenigstens im weitesten Sinne mit dem Islam zu tun hat)?

    Eigenartig, eigenartig.

  3. Roi Danton sagt:

    „Die Bundesrepublik Deuschland ist ein Einwanderungsland“

    Ja, wo fange ich an?

    1. Die Bundesrepublik Deutschland ist nicht identisch mit Deutschland. Sie wurde uns von den Siegern des letzten Krieges diktiert.

    2. Wir haben keine Res Publika, keine Herrschaft des Volkes, sondern eine Parteiendiktatur im Zustand der Degeneration.

    3. Eine Region, die geradezu überfüllt ist mit Menschen, kann nach keiner Vernuft massenhafte Einwanderung verkraften.

    4. „Die Forschung gebiert das fremde Kind“
    Falsch!
    Die fremde Frau die sich immer und immer mit dem fremden Mann paart, gebiert das fremde Kind.

    Die wahre Anpassung findet nicht auf dem Fussballplatz statt zwischen dem TuS Rothe Erde und Türkiye Trapson Spor Kemal Atakürk Antalya Bodrum, sondern in den Ehebetten, in denen sie sich vermischen, bis nur noch die Namen übrigbleiben. Nicht wahr, Herr Mehmet Scholl oder Herr Horst Schimanski?

    Gruss Roi Danton

    • Markus Hill sagt:

      Was wollen Sie eigentlich mit den „Betten“ bezwecken? Nachweislich findet diese Vermischung kaum statt (die Frauen werden sogar „importiert“:-). Bei anderen, erfolgreicheren Migrantengruppen häufig „ja“, bei sehr vielen türkischen Migranten gerade nicht. Kritisch: Natürlich besteht der Eindruck, dass Gemeinden und Verbände von türkischer Seite einen grossen Anteil an diesem Sachverhalt haben. Es ist abzuwarten, ob die neue Generation der selbstbewussten türkischen Frauen (ich weiss, gab es vielleicht vorher schon:-) überhaupt noch einen „Hauptschul-Mehmet“ haben möchte, vielleicht tut es dann auch einmal ein Deutscher, Chinese oder Inder als Ehemann. Die Tür zur Zuwanderung ist durch den Sprachtest fast geschlossen. Warten wir doch einmal ab, was sich aus dieser interessanten Dynamik ergibt. Das wäre dann wirklich einmal Multikulti. Schlechter als die reine Türken-Ghetto-Erfahrung sollte das nicht sein. Der Faktor Ehre hat bezüglich Bildung bei der betreffenden Türkenschicht keine Wirkung gehabt, vielleicht sind diese Leute eher beim Faktor Wettbewerbsfähigkeit auf dem Heiratsmarkt in Teilen zu packen.:-)
      Wissen Sie, ich bin Deutscher, ich liebe mein Land. Um sein Land so lieben muss man aber nicht zum Nazi (Sie klingen sehr nach Rassen-Thematik-Fan) werden. Natürlich gibt es viele unangenehme Ausländer, es gibt aber auch viele angenehme Ausländer. Ich habe früher oft gesagt: „Lieber ein türkischer Arzt, als ein deutscher Asi!“. Ich möchte mit meiner gegenteiligen Meinung nicht sagen, dass man nicht über Ihre Punkte diskutieren kann. ABER (ich gebe zu, eine Unterstellung von mir): Irgendwie habe ich nicht den Eindruck, dass es Ihnen um Diskussion und Gedankenaustausch geht. Stimmt das?

    • Markus Hill sagt:

      PS: Man kann Ihre Mail aber so interpretieren, dass diese Vermischung das Problem im Laufe der Zeit lösen wird. (Dann würde ich Ihnen natürlich Unrecht tun).

  4. ibo sagt:

    Hallo Admin,

    jetzt ists eindeutig raus, wieso der so agressiv schreibt.

    http://fact-fiction.net/?p=2416#comment-83605
    Wenn man hier mal per Browsersuche (Strg + F) und dann „Roi Danton“ eingeben.

    hier ein Auszug:
    ——————————
    # Roi Danton meint:
    15.06.2009 um 13:28

    Ich habe mich da mal eine Weile im Kommentarbereich mit ein paar von den Brüdern gekabbelt. Ruckzuck wurde ich zum Rassisten und Rechtsextremen erklärt.
    Gut, ich meine bei mir hatten sie jetzt ausnahmsweise mal vollkommen recht mit ihrer Vermutung.
    Aber das konnten die unmöglich wissen!

    An Kewil und die Schwarzmaler:
    “Seien wir realistisch, versuchen wir dass Unmögliche.”

    • Markus Hill sagt:

      Gute Recherche. Der Herr mag ja meinetwegen rechtsextrem denken (Gibt es da keine ausländischen Organisationen in ähnlicher Ausrichtung?). Finde ich aber inhaltlich nicht so relevant, Unbelehrbare kann man leider schwer belehren. ABER: Ich vermisse an dieser Stelle die inhaltliche Auseinandersetzung. Vernüftiger Gedanke mit Schimanski – mit den polnischstämmigen Einwanderern gibt es da keinen Ärger. Benchmark für zum Beispiel die türkischstämmigen Einwanderer? Ohne vorgefasste Meinung – zumindest sollte man sachlich diskutieren können. Als Einwanderungsland kann man sich gerne Gedanken machen, welche Form und Ausprägung die Einwanderung haben sollte. Einfach legitim und normal.
      Einfach nur „Petze“ (Entschuldigung für den Ausdruck!) ersetzt nicht den intellektuellen Diskurs.