Fachtagung
„Wir dürfen Integration nicht mit Assimilation verwechseln“
Die alarmierende Situation junger Migranten im Bildungsbereich wird zwar erkannt, doch gibt es wenige Ansätze um grundlegende Probleme zu beheben. Nun reagieren Kreisverwalter in Regionen mit hohem Migrantenanteil und suchen nach Wegen, um das Potential der jungen Migranten besser zu fördern und eine bessere Integration zu erreichen. Gleichzeitig weisen sie darauf hin, dass Integration nicht mit Assimilation verwechselt werden dürfe.
Donnerstag, 30.07.2009, 7:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Samstag, 21.08.2010, 3:10 Uhr Lesedauer: 1 Minuten |
Jörg Steinbrenner, Fachbereichsleiter für Jugend und Soziales im Landkreis Pinneberg in Schleswig-Holstein lud 50 Experten zu einer Fachtagung Migration ein. Ziel sei es bis zum Herbst ein Integrationskonzept zu erarbeiten, das künftig die wichtigsten Kennzahlen der Migranten-Situation in der Gesellschaft – Arbeitslosigkeit, Schulbildung, Berufschancen – feststellen und fortschreiben soll. „Deutschland ist ein Einwanderungsland“, stellt Steinbrenner fest. „Da wächst ein Bevölkerungsanteil nach, der sehr relevant ist und den wir nicht mehr vernachlässigen dürfen.“ Bundesweit hätten rund 40 Prozent der unter 40-Jährigen einen Migrationshintergund, daher sei es höchste Zeit sich mit ihrer Situation auseinanderzusetzen. Insbesondere im Bildungsbereich gebe es dringenden Handlungsbedarf.
Steinbrenner sprach sich dafür aus gerade im sozialen Bereich verstärkt Migranten einzusetzen, denn Probleme mit Menschen anderer Kulturen müssten von Fachleuten angesprochen werden, die sich in deren Kultur hineinversetzen können.
Des Weiteren betonte Steinbrenner: „Wir dürfen Integration nicht mit Assimilation verwechseln. Wir brauchen keine Vorzeige-Deutschen. Diese Menschen sollen unsere Sprache lernen, aber ihre Kultur behalten. Das gibt ihnen Sicherheit und Identität. Eine Parallelgesellschaft ist das Schlechteste, was uns passieren kann.“
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@Cengiz
„… Wer definiert, was Integration ist: meinE blauäugigeR, blondeR GesprächspartnerIn? Das problem ist nicht mangelnde Integration, sondern überbordende Ausgrenzung nach rassischen, stereotypen Merkmalen…“
Sie meinen, es wäre ausschließlich angemessen, wenn die ‚Hinzugekommenen“ (ich sage jetzt bewußt nicht ‚Gäste‘!) bestimmen, wie weit sie sich an den ‚unbedeutenden Rest‘ von %95 der Bevölkerung angleichen möchten (wenn überhaupt!)?! Und nur wenn so eine Minderheit die Regeln für die Mehrheit vorgibt, wäre das für Sie dann demokratisch und frei von Rassismus?? Sorry …. das kann nicht Ihr Ernst sein …. – könnten Sie sich sowas (nur ansatzweise!) z.B. in TR vorstellen???
…. und bzgl. „…. Ausgrenzung nach rassischen, stereotypen Merkmalen“ – wer möchte da den berüchtigten „1.Stein“ im „Glashaus“ werfen?? Sie sind frei von Stereotypen => „…blauäugigeR, blondeR GesprächspartnerIn…“ ?!?
Man kann das Problem nicht so nationalistisch-rassistisch angehen wie Marie das macht. Alle Auswanderer (egal woher) werden ihre Kultur und Sprache (zumindest zuhause) weiter pflegen. Als ob Deutsche da besser oder schlechter wären. Wieso auch?
Assimilation findet immer organisch über mehrere Generationen hinweg statt (so wie es TaiFei richtigerweise beschreibt) und zwar nicht, weil irgendwer das fordert (Politiker sollten sich da nicht zu stark einmischen), sondern weil die nachfolgenden Generationen immer mehr den Kontakt zu der Herkunftskultur ihrer Vorfahren verlieren. Deshalb sind eher die Interessen von ausgewanderten Deutschen mit denen von Auswanderern anderer Länder zu vergleichen und ebenso vergleichbar ist die Abwehr der „Daheimgebliebenen“ gegenüber einer zu schnellen und überfordernden Änderung der Lebenswelt – da sind die nationalen Unterschiede nur marginal. Das gilt übrigens nicht nur für dazukommende Menschen, sondern auch auf anderen Gebieten. Seit sich die Popkultur breit macht gibt es Abwehr gegen den „amerikanischen Kulturimperialismus“, Frankreich hat vor einigen Jahren ein Gesetz erlassen, um gegen die Anglizisierung der französischen Sprache vorzugehen.
Gab es in Mallorca vor ein paar Jahren nicht Proteste der Einheimischen gegen den Einfall der deutschen Dauerresidenten? Der Spiegeltitel 31/1999 lautete „Wem gehört Mallorca? Spanier gegen die Germanisierung“, Wolf Schneider schrieb: „Sind die Residenten integriert, haben sie sich eingepasst, wollen sie an ihrer neuen Heimat etwas ändern? Voll integriert ist eine kleine Minderheit, und Einfluss nehmen will die Mehrheit nicht. So, wie es ist, finden sie es schön: das Klima, die Landschaft, das Meer und das friedliche Nebeneinander der Kulturen mit einem bisschen wechselseitigen Respekt. Wer mich in Ruhe lässt, den muss ich ja nicht auch noch lieb haben. Modell für Europa! So, genau so wäre es auszuhalten.“
In den europäischen Grenzgebieten gab und gibt es meist große Preisdifferenzen bei Immobilien und Mieten, die dazu führen, dass aus Land A, wo die Immobilien- und Wohnungspreise höher sind eine Wanderung nach Land B stattfindet, wodurch in Land B die Immobilien- und Wohnungspreise steigen. Bis 2005 (Inkrafttreten des EU Freizügigkeitsgesetzes) gab es daher an den EU-Grenzen immer wieder Forderungen, den Zuzug aus den Nachbarländern einzudämmen. Und wie sehr der weltweite Tourismus, der gewachsene Strukturen kaputt macht, zu Feindseligkeit gegenüber Menschen anderer Herkunft führen wird, ist wahrscheinlich noch gar nicht abzusehen.
Darüber hinaus haben Städter, die aufs Land ziehen, Integrationsprobleme mit einer Dorfgemeinschaft, wo jeder jeden kennt und die Dorfgemeinschaft wehrt sich gegen den Zuzug der Städter, die das Dorfbild kaputt machen, weil überall Wohngebiete entstehen und Supermärkte und es mit der Heimeligkeit vorbei ist.
Assimiliation und Integration sind imo Begriffe, die an der Sache vorbei gehen. Ein Mindestmaß an Loyalität dem Land gegenüber, in das man freiwillig gegangen ist, wäre schon zu erwarten. Ich könnte mir jedenfalls nicht vorstellen, dass ich das Land, in das ich freiwillig gezogen bin, so hassen würde, wie es hier manchmal zum Ausdruck kommt.
Was ist überhaupt Integration? Ich verfolge die Debatte seit über einem Jahrzehnt und kann mit dem Begriffs nichts anfangen. Für mich ist das ein inhaltsloser Reflex, der inzwischen auch von Migranten übernommen wird.
Schauen wir uns zum Beispiel diesen Artikel über Integration an. Jörg Steinbrenner, Fachbereichsleiter für Jugend und Soziales im Landkreis Pinneberg in Schleswig-Holstein, hat sich das Ziel gesetzt, ein Integrationskonzept zu erarbeiten, das künftig die wichtigsten Kennzahlen der Migranten-Situation in der Gesellschaft – Arbeitslosigkeit, Schulbildung, Berufschancen – feststellen und fortschreiben soll.
Nun, ganz ähnlich sehen auch vergangene Studien aus. Es wird Integration gefordert und dann untersucht man in Studien Kennzahlen, wie Arbeitslosigkeit, Schulbildung, Berufschancen und noch ein paar andere Kennzahlen.
Was hat Integration mit diesen Kennzahlen zu tun? Nichts. Zunächst einmal fällt auf, dass diese Kennzahlen eher Kennzahlen über die wirtschaftliche Nützlichkeit eines Mitglieds in dieser Gesellschaft sind, als Kennzahlen für eine gelungene Integration. Ich kann hochgebildet sein und die deutsche Demokratie, das GG und die deutsche Mehrheitsgesellschaft ablehnen. Bin ich dann gut integriert? Umgekehrt war die extrem hohe Arbeitslosigkeit und schlechten Berufschancen in den ehemaligen Ostländern nie Thema einer mangelnden Integrationsbereitschaft der Ossis.
Zieht man andere Studien heran, dann fällt als nächstes auf, dass die oben genannten Kennzahlen eher ein Indiz für die soziale Herkunft unabhängig von der ethnischen und kulturellen Herkunft ist. Das heißt, die Kennzahlen von Deutschen und Türken aus der gleichen gesellschaftlichen Schicht sind ähnlich. Was soll eine Integrationsstudie bezwecken, die Kennzahlen heranzieht, die von anderen Faktoren als der kulturellen und ethnischen Herkunft abhängen?
Die Grundvoraussetzung für gute Berufschancen ist eine gute Bildung. Seit Jahren wird dem deutschen Bildungssystem Diskriminierung gegenüber den sozial schlechter Gestellten vorgeworfen, insbesondere gegenüber Migranten. Das deutsche Bildungssystem ist ein elitäres System, die Akademikerkinder zu Akademikern macht und Arbeiterkinder den Aufstieg erschwert. Nicht nur das, nachweislich werden Migranten bei der Jobsuche ebenfalls diskriminiert. Wer keine Chancengleichheit bietet, auf dem Arbeitsmarkt Migranten diskriminiert und dann Migranten wegen schlechter Bildung und hoher Arbeitslosigkeit mangelnde Integration vorwirft, lenkt von seinem eigenen Versagen ab und schiebt die Schuld den Schwächsten dieser Gesellschaft zu.
Der größte Teil der Migranten lebt rechtschaffen und unbescholten. Das Hauptproblem ist, dass die Mehrheitsgesellschaft meint, sie dürfe sich über das GG hinwegsetzen und der Minderheit erklären, wie sie ihr Leben auszurichten hat. Die Politik meint, sie dürfe von ihrem Versagen ablenken und die Migranten an den Pranger stellen.
Die Integration aus politischer Sicht ist ein vager Begriff, ähnlich wie die Leitkultur. Keiner weiß so genau was das ist und wozu das notwendig sein soll. Jeder Versuch einer Definition grenzt zwangsläufig auch Deutsche aus. Trotzdem wendet man die diffusen Konzepte der Integration nur auf Migranten an, obwohl sie auch für die Mehrheitsgesellschaft anwendbar sind und interessante Kennzahlen liefern würden.
Dieser ganzen Scheindebatte sollte man eine Absage erteilen, mit dem Verweis darauf, dass wir uns an das GG halten und uns nicht weiter bevormunden lassen wollen.
Mathis sagt: 29. Juni 2013 um 17:16
Eine Parallelgesellschaft führt ein Eigenleben auf unterschiedlichen Ebenen.Diese unterschiedlichen Ebenen können einerseits mit der restlichen Gesellschaft harmonieren, andererseits auch mit ihr kollidieren.Eine Teilgesellschaft auf Kollisionskurs wird als Problem betrachtet.
Menschen aus dem rechten und linken Spektrum leben ebenfalls in parallelen Gesellschaftsstrukturen. Ihre Einstellungen kollidieren auch oft. Das nennt sich jedoch nicht Problem sondern Demokratie.
@aloo masala
Danke, sehr guter Beitrag. Die Integrationsdebatte ist tatsächlich nur eine Ablenkungsdebatte. Das lässt sich sogar global ausdehnen auf den Begriff des Cultural Clash. Auch dieser dient lediglich dem Zweck, ein Feindbild aufzubauen.
Wir dürfen nicht vergessen, dass der ehemalige Rassismus immer mehr durch einen „Kulturalismus“ abgelöst wird … die böse Absicht bleibt jedoch gleich … was früher die angebliche Unversöhnlichkeit von Rassen war wird heute zur angeblichen Unversöhnlichkeit von Kulturen … die Begegnung von Menschen wird in faschistischer Verbalisierung zum „Zusammenprall von Kulturen“ … als wären „Kulturen“ autonome Gegenstände (faschistische Vergegenständlichung) … hier schlägt die faschistische Sprachgewalt mit aller Wucht zu und hinterlässt nichts als verbrannte Erde …
Josef Özcan (Amnesty International / Kölner Appell gegen Rassismus)
@TaiFei
Was Sie beschreiben würde ich eher als Konfrontation bezeichnen.Das ist ebefalls eine Haltung, die sich im Widerspruch befindet, allerdings ohne die zerstörerischen Folgen dessen, was ich unter „Kollision“ verstehe.
Kollision führt zum sprichwörtlichen „Krieg in den Städten“, wogegen die Konfrontation stets noch die Option der Kommunikation zulässt.Das ist Teil des gesellschaftlichen Diskurses.Im anderen Fall wird die „Gesellschaft“ nur noch als zu bekämpfender Feind betrachtet, die Kommunikation wird eingestellt und vom „Kampf“ abgelöst.Soweit die Klärung der Begrifflichkeiten, wie ich sie verstehe und hier verwendet habe.
Mathis sagt: 1. Juli 2013 um 19:39
„Was Sie beschreiben würde ich eher als Konfrontation bezeichnen.Das ist ebefalls eine Haltung, die sich im Widerspruch befindet, allerdings ohne die zerstörerischen Folgen dessen, was ich unter “Kollision” verstehe.
Kollision führt zum sprichwörtlichen “Krieg in den Städten”, wogegen die Konfrontation stets noch die Option der Kommunikation zulässt.Das ist Teil des gesellschaftlichen Diskurses.Im anderen Fall wird die “Gesellschaft” nur noch als zu bekämpfender Feind betrachtet, die Kommunikation wird eingestellt und vom “Kampf” abgelöst.Soweit die Klärung der Begrifflichkeiten, wie ich sie verstehe und hier verwendet habe“
Konfrontation und Kollision sind fest definierte Begriffe. Zwar können sich Begrifflichkeiten im Zuge der Sprachentwicklung durchaus ändern aber z.Z. ist Kollision keineswegs ausschließlich in Ihrer engen Auslegung definiert, schon gar nicht im gesellschaftlichen und rechtlichen Rahmen. Streng genommen, schließen sich Parallelgesellschaft und Kollision sogar aus. Ihre Argumentation ist daher schon im Grundsatz falsch.
@ TaiFei, ich wollte Ihnen lediglich ein Verständnishilfe anbieten, die selbstredend auch zurückweisen können.Ihre Aussage allerdings, dass sich Parallelgesellschaften und „Kollision“ ausschließen, bedürfen allerdings einer Erklärung.
Mathis sagt: 2. Juli 2013 um 17:33
„ich wollte Ihnen lediglich ein Verständnishilfe anbieten, die selbstredend auch zurückweisen können.Ihre Aussage allerdings, dass sich Parallelgesellschaften und “Kollision” ausschließen, bedürfen allerdings einer Erklärung.“
Hilfreich wäre, wenn Sie eher allgemein gültige Definitionen verwenden würden. Kollision wird im gesamtgesellschaftlichen und auch rechtlichen Zusammenhang keineswegs mit einer gewalttätigen Auflösung definiert.
Der Begriff „Parallelgesellschaft“ ist praktisch nicht definiert. Er überschneidet sich mit anderen Begriffen und ist rein politisch motiviert. Ausgehend von der Definition des geometrischen Begriffs Parallelität ist dieser gesellschaftlich gesehen sogar völliger Unsinn. Das würde implizieren, dass sich zwei Gesellschaften in die gleiche Richtung bewegen ohne Schnittpunkte aufzuweisen. Eine Kollision wiederum setzt einen Schnittpunkt voraus. Wie gesagt, streng genommen schließen sich beide Begriffe aus.
Natürlich entwickeln sich in Ballungszentren mit unterschiedlichen Ethnien gewisse „parallele“ Strukturen. So benutzt man gerne eigene Shop, Clubs, Treffpunkte. Es gibt oft eine eigene Versorgung mit Krediten, Rechtsberatung oder anderen Dienstleistungen. Gerade was Finanzierungen angeht sind Immigranten oft auf eigene Strukturen angewiesen, auch wenn die dortigen Konditionen nicht immer günstiger sind. Aber auch diese Strukturen weisen IMMER Schnittmengen auf.