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OECD-Studie

Migranten haben auch bei gleichem Bildungsniveau schlechtere Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt

In Deutschland und Österreich sind Defizite bei den Höherqualifizierten besonders ausgeprägt - in der Schweiz gelingt die Arbeitsmarktintegration von Migranten vergleichsweise gut. Eine Erklärung könnte sein, dass in Deutschland und Österreich die Erwartung vorherrscht, dass Migranten eher gering qualifiziert sind.

Freitag, 16.10.2009, 8:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:45 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Nachkommen von Einwanderern haben in Deutschland und Österreich deutlich schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt als junge Menschen mit zumindest einem im Inland geborenen Elternteil. Dies gilt auch, wenn sie das gleiche Bildungsniveau erreichen. In der Schweiz gelingt die Arbeitsmarktintegration der sogenannten „zweiten Generation“ dagegen vergleichsweise gut. Zu diesem Ergebnis kommt eine Vergleichsstudie zur Arbeitsmarktintegration (pdf, 1,3MB, engl.) der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die gestern in Paris vorgestellt wurde.

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Zum ersten Mal liegen mit dieser Studie Vergleichszahlen für 16 OECD-Länder zur Arbeitsmarktintegration der im Inland geborenen Nachkommen von Migranten vor. Die Daten sind ein wichtiger Indikator für den Integrationserfolg, da sowohl die Nachkommen von Migranten als auch die Vergleichsgruppe ohne Migrationshintergrund (schließt auch Personen mit nur einem im Ausland geborenen Elternteil ein) ihre gesamte Sozialisation und Ausbildung im gleichen Land erhalten haben. Die Studie ist Teil eines gemeinsamen Projektes von OECD und Europäischer Kommission und wurde Anfang Oktober in Brüssel unter Fachleuten diskutiert.

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Geringqualifizierte unter Migrantenkindern deutlich überrepräsentiert
In Deutschland ist unter den 20 bis 29-Jährigen mit Migrationshintergrund der Anteil der Geringqualifizierten ohne Abitur oder abgeschlossene Berufsausbildung doppelt so hoch wie in der gleichen Altersgruppe ohne Migrationshintergrund, in Österreich sogar dreimal so hoch. Auch bei den PISA-Studien zeigt sich ein ähnliches Bild: Der vergleichsweise hohe Anteil an Geringqualifizierten bei den 20 bis 29-Jährigen mit Migrationshintergrund korrespondiert in Deutschland und in Österreich mit großen Defiziten, die Jugendliche mit Migrationshintergrund in ihren schulischen Leistungen aufweisen.

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In Deutschland scheint das Berufsbildungssystem die schulischen Defizite etwas aufzufangen: Der Rückstand von jungen Erwachsenen mit Migrationshintergrund ist bei den Ausbildungsabschlüssen etwas geringer, als der Rückstand von Migrantenkindern bei PISA erwarten ließe. In Österreich ist es dagegen umgekehrt: Hier gehen große schulische Defizite einher mit noch größeren Defiziten bei der Berufsausbildung.

Auch in Luxemburg, Dänemark, den Niederlanden und Belgien zeigt sich ein ähnliches Bild. Ganz anders in der Schweiz: hier zeigen die PISA-Studien ebenfalls schulische Defizite bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Dennoch liegt bei jungen Erwachsenen mit Migrationshintergrund der Anteil der Geringqualifizierten auf dem gleichen niedrigen Niveau wie bei der Vergleichsgruppe ohne Migrationshintergrund. Studien Wirtschaft

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  1. Werner sagt:

    > Und warum werden Kinder, die 2. und 3. Generation in Deutschland sind, immer noch als Ausländer
    > bezeichnet und so behandelt? Das isoliert auch.

    Hier bei MiG ist es doch auch nicht besser! Man unterscheidet ständig (?) zwischen „Deutschen“ und „Migranten“. Mancher Türke würde sich wohl auf den Schlips getreten fühlen, wenn man ihn als Deutschen bezeichnen würde! Die MiG-Redaktion untersucht sogar bei Bundestagsabgeordneten akribisch den Stammbaum, um eine Statistik über Abgeordnete „mit Migrationshintergrund“ aufstellen zu können!!

    Also: ja, die Unterscheidung muß aufhören!! Wir sind Rheinländer, Berliner, Hamburger, Bayern oder gehören eben zur anatolischen Landsmannschaft. Aber wer den deutschen Paß hat, wer loyal zu diesem Land ist, wessen Herz für diese Gesellschaft schlägt: der ist Deutscher!

    Das sollten sich aber auch Amerikaner und Türken hinter die Ohren schreiben!!!

    • Markus Hill sagt:

      „Wir sind Rheinländer, Berliner, Hamburger, Bayern oder gehören eben zur anatolischen Landsmannschaft.“
      Vielleicht kann man die ganze Angelegenheit auf einem etwas entspannteren Level sehen.. Loyalität – Deutscher – deutscher Pass – soweit, so gut – lassen wir einmal den Doppelstaatler-Status (oft ein unverdientes „Goody“ durch Eltern) aussen vor. Viele, die den haben, würden den Zweitpass am nächsten Tag sofort abgeben, wenn sie vor die Wahl gestellt würden – man hat halt einen Lebensmittelpunkt und ein ständiges Schwanken zwischen zwei Welten ist für wohl für viele Leute nicht Lebensqualitäts-steigernd (Ausnahmen bestätigen die Regel). Die ständige Betonung des Trennenden auf der migazin.de-Seite fällt schon auf, man trägt selber indirekt vielleicht (?) zur fortwährenden Spaltung der Gesellschaft bei – ohne bösen Willen, dass unterstelle ich einfach.
      An anderer Stelle war zumindest diesbezüglich auch einmal eine diskussionswürdige Kritik bezüglich des Intergrationsministeriums – ich zementiere bzw. institutionalisiere die Spaltung durch die ständige Betonung des Trennenden.
      ABER: Ich finde, es ist nicht falsch anzuerkennen, dass es halt in einer Gesellschaft Menschen gibt, die aus einem anderen Kulturkreis kommen etc., die sich halt in einem MIGRATIONSSTATUS befinden – es ist ein Prozess. Am Ende des Prozesses wäre es sehr wünschenswert, wenn sich diese Leute hier wohl fühlen und aus Eigeninteresse auch die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen würden. Natürlich gilt dann die Loyaliät zu 100 % diesem Staat. Nehmen wir einmal das ganze Diskutieren wegen erwünschten „türkischen Sonderrechten“ beiseite (Doppelpass, Visumfreiheit – verständliche PARTIALINTERESSEN, die verständlicherweise auch von deutscher Seite in dieser Form derzeit abgelehnt werden – normales staatliches Eigeninteresse eines Einwanderungslandes: Gibt Linie vor, wie es Einwanderung/Migration steuern möchte, betrachtet Einwanderung natürlich in erster Linie als Bringschuld der Einwanderer!):
      Es gibt viele Menschen, die sich halt derzeit alle in einem besonderen Übergangsstatus (Migration) befinden. Mit Ihrem reinen Freund/Feind-Schema baut man da meiner Ansicht nach nur wieder neue Mauern auf. Sie selber bemängeln das bei migazin.de. Man sollte diesen Zustand nicht beschönigen, er ist keineswegs ideal und halt historisch gewachsen. Ich bin bestimmt wenig feinfühlig bei der Thematik „Bildungsferne und deren Verantwortungslosigkeit/Unfähigkeit zur Kindererziehung“ – alle diese Dinge kann man meinetwegen in Deutschland hart und durchaus in Richtung Konfrontationskurs angehen (Verbände in die Pflicht nehmen, Druck ausüben, Sanktionen, etc., etc.). Dies ist aber doch nur ein bestimmter Teil der Migranten. Es gibt eine sehr grosse Anzahl, die dieses Land lieben und keine Probleme machen. Die sich bemühen, die Freundschaften mit Deutschen geschlossen haben, die genauso denken wie ihre deutschen Freunde und halt zusätzlich durch das Elternhaus noch diese Sonderverbindung in die Türkei haben. Von Generation zu Generation wird sich dass wohl verschieben. Mit hoher Wahrscheinlichkeit steht da am Ende eine erfolgreiche Migrationsgeschichte. Meiner Ansicht nach gibt es so etwas wie „Schwebezustände“ (Migration:-), bei denen ein Freund-Feind-Denken (Bush: „Wer nicht für uns ist, ist gegen uns!) nicht sehr viel weiterhilft.
      Ich kann mit jemanden streiten – hier: bestimmte Vertreter der türkischen Community – und auch eine völlig entgegensetzte Auffassung vertreten (als Deutscher vertrete ich nun einmal den Standpunkt der deutschen Seite, das heisst aber nicht, dass man nicht dazulernen kann oder vielleicht in seiner Auffassung etwas weniger rigoros wird). Wenn wir hier aber mit diesem bedeutungsschwangerem Wort LOYALITÄT operieren, sind wir meiner Ansicht nach sehr schnell auf der reinen Freund-Feind-Schiene. Das finde ich unnötig, da wir derzeit in einer normalen Phase der Diskussion sind. Niemand stirbt und wir führen hier auch keinen Krieg gegeneinander. Wir streiten in wichtiger Angelegenheit, mehr nicht.:-)
      PS: Sarrazin hat ja alles halbwegs schadlos überstanden. Das heisst, die Dinge müssten sich ja auch in Ihre bzw. in die von vielen Deutschen präferierte Richtung bewegen. In Zukunft wird es da wohl mehr „klare Ansagen“ in der Integrationspolitik geben, das jahrelange „Geschluddere“ ist wohl sehr unpopulär geworden.Man gibt sich keine Blösse und verhält sich konstruktiv, wenn man gerne die Meinung der anderen Seite hört. Man sollte davon ausgehen, dass wir alle hier noch viele Jahre hier GEMEINSAM in Deutschland leben werden.;.)

  2. Eyüp Ö. sagt:

    Ich habe mal etwas über eine studie gelesen. Diese wurde in der Schweiz vor vier Jahren durchgeführt. In der ging es darum ob Migranten und Schweizer mit gleichen schulischen Referenzen und ähnlich guten Bewerbungsschreiben die gleichen chancen haben. Dem war nicht so (ich habe nach der site gesucht aber leider nicht wieder gefunden [immerhin ist es schon 4 jahre her] und ich möchte jetzt keine zahlen dazu erfinden) :). Die schweizer wurden öfter eingeladen. Ausgenommen in der Industrie, dort stellt man stur nach Referenzen ein „fast“ alles andere ist denen egal. Darauf erkundigte man sich bei den Firmen diese meinten dazu dass sie befürchten migranten könnten schädlich für das Betriebsklima sein.

  3. Boli sagt:

    @AB
    Ein Italiener oder Franzose z. B. wird als ein Ausländer erster Klasse angesehen, d. h., “besser” als die Türken.

    Ich persönlich sehe Europäer gar nicht mehr als Ausländer, da ich selbst Europäer bin. Ich möchte eher behaupten das hier bei Vielen eine Barriere in der Definierung Europäer und Nicht-Europäer vorhanden ist. Und es hat damit zu tun, das Franzosen und Italiener zumeist nicht mit negativen Verhaltenstraditionen behaftet sind. Man kennt und vertraut sich daher stärker. Viele Europäer kommen bei Türken nicht mit diesen radikal schwankenden Gefühlsregungen zurecht, also mal plump ausgedrückt „von überschwenglich Gastfreundlich bis isch mach Dich tot“. Wenn die Mentalität mittig eingependelt wäre, sähe ich lange nicht solche Probleme.
    Man muss das Ganze sehen, dann weiss man wieso es so ist.

    Nun bin ich in D geboren und aufgewachsen. Warum darf ich denn dort nicht bleiben und arbeiten?

    Du darfst nicht vergessen, das mittlerweile auch viele alteingesessene Deutsche ihr Glück in anderen Ländern gesucht haben in den letzten Jahren. Du darfst mal nicht vergessen das sich der Arbeitsmarkt generell verändert hat. Somit ist diese Feststellung nicht mehr zeitgemäß auch wenn sich wohl die meisten Leute wünschen das es noch so wäre. Und so wie Du Dich im letzten Satz ausgedrückt hast könnte man fast meinen Dir wurde die Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis entzogen. Du hattest doch oben gesagt das Du einfach schwer eine Arbeit gefunden hast oder?

  4. Pingback: Die meisten Migranten sind sehr gut auf dem Arbeitsmarkt integriert | MiGAZIN

  5. Cajun Coyote sagt:

    Ach Leute, hört auf zu jammern und kommt aus dem Quark. Ein paar Prozent schlechtere Chancen (dazu noch statistisch generiert), und die Welt bricht zusammen, was?

    Übrigens, Verhaltenspsychologen haben herausgefunden, dass attraktive Menschen leichter einen Job finden als weniger attraktive. Das wäre ebenfalls ein Problem, um das sich mal dringend jemand kümmern müsste.

  6. M. M. sagt:

    Wenn man bedenkt, dass Migranten den gleichen Abschluss, nur mit einem Dolmetscher neben sich, machen können mit zB der gleichen Qualifikation, dann wird es einem deutschen Arbeitsgeber trotzdem nix nützen wenn der Bewerber kein Deutsch kann. Man kann doch nicht erwarten, dass der Bewerber der mit Dolmetscher erscheint weil er selbst kaum Deutsch kann, mit den Mitbewerbern die die Deutsche Sprache beherschen gleichqualifiziert sei. Es kommt nicht nur auf das Abschlusszeugniss drauf an. Des weiteren spielt wohl auch die Mentalität des Bewerbers eine Rolle. Als deutscher Arbeitgeber verstehe ich, bzw kenne ich die Mentalität meiner gebürtigen deutschen Mitmenschen, was in der Arbeit zu Vereinfachungen führen kann.

    • Johanna sagt:

      „Als deutscher Arbeitgeber verstehe ich, bzw kenne ich die Mentalität meiner gebürtigen deutschen Mitmenschen, was in der Arbeit zu Vereinfachungen führen kann. “

      Dies ist ein sehr wichtiger Aspekt. Ohne viele Erklärungen versteht der Andere, was gesagt wurde.

    • NDM sagt:

      Wo kann man denn seinen Abschluss mit einem Dolmetscher machen?