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Studie

Migranten sind erwerbsmotiviert und besser qualifiziert als in der Berichterstattung dargestellt

Eine im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums in Auftrag gegebene Studie hat die Wirkungen des SGB II auf Migranten untersucht und räumt mit vielen Vorurteilen auf. Migranten sind besser Qualifiziert als gedacht und weisen eine hohe Erwerbsmotivation auf. Die höhere Arbeitslosigkeit hat oftmals andere Ursachen.

Dienstag, 12.01.2010, 8:13 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:45 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

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Weitere Ergebnisse: Hilfebedürftige mit Migrationshintergrund leben häufiger in größeren Haushalten mit Kindern als Menschen ohne Migrationshintergrund; dieser Unterschied tritt bei der türkischen Herkunftsgruppe besonders ausgeprägt hervor. Unabhängig vom SGB II-Leistungsbezug haben Migrantenhaushalte im Verhältnis zur Haushaltsgröße deutlich weniger Wohnraum zur Verfügung als Haushalte ohne Migrationshintergrund, zahlen jedoch durchschnittlich etwas mehr Miete pro Quadratmeter. Außerdem verfügen Migranten seltener über Vermögen und Ersparnisse, haben aber auch seltener Schulden als jene ohne Migrationshintergrund.

Zweieinhalb Jahre lang untersuchte ein Forschungskonsortium im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Konsequenzen des SGB II speziell für Personen mit Migrationshintergrund. Herausgearbeitet wurden Potenziale und Hemmnisse im Hinblick auf die Integration in Erwerbsarbeit.

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Laut Studie haben 28 Prozent der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Deutschland einen Migrationshintergrund – doppelt so wie bei Deutschen ohne Migrationshintergrund. Die meisten von ihnen stammen aus Osteuropa einschließlich GUS-Staaten (28 Prozent) und aus der Türkei (19 Prozent).

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Unter- oder überqualifiziert
Im Vergleich zu hilfebedürftigen ohne Migrationshintergrund fällt allerdings auf, dass sie jünger sind und entweder keinen Schulabschluss oder häufiger höhere Schul- und Berufsabschlüsse haben. Migranten „sind nicht so schlecht qualifiziert, wie es in der statistischen Berichterstattung über arbeitslose Ausländer erscheint“, wird in der Studie resümiert. Im Ausland erworbene in Deutschland aber nicht anerkannte berufliche oder akademische Abschlüsse würden in der Statistik weitgehend aber auch in der Vermittlungspraxis als nichtexistent behandelt.

So könnten die meisten Grundsicherungsstellen den Betroffenen bei deren Bestrebungen, ihre beruflichen oder akademischen Abschlüsse anerkennen zu lassen, keine wirksame Unterstützung leisten. „Dadurch werden Akademiker und Facharbeiter mit nicht anerkannten Abschlüssen zu Hilfsarbeitern.“

Große Erwerbsmotivation
Trotz dieser widrigen Umstände steht die „Erwerbsmotivation von Migranten im ALG II-Bezug insgesamt der von Deutschen ohne Migrationshintergrund nicht nach“, heißt es weiter. Migranten zeigten größere räumliche Mobilitätsbereitschaft und akzeptierten ungünstigere Arbeitszeiten. Auch das „Tragen einer bestimmten Kleidung aus religiösen Gründen hat hierbei im Allgemeinen nur untergeordnete Bedeutung“, so die Zusammenfassung der Studie.

Umfangreiches Datenmaterial, Tabellen sowie die vollständige Studie gibt es auf den Seiten des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zum Download.

Dennoch werden mit Migranten seltener Eingliederungsvereinbarungen abgeschlossen, die zu einer Erwerbsbeschäftigung führen könnten. Auch nehmen Ausländer „signifikant seltener als Deutsche ohne erkennbaren Migrationshintergrund an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen teil“. Für Eingebürgerte und (Spät-)Aussiedler sei dagegen ein derartiger Unterschied nicht festzustellen.

Mit diesen Ergebnissen geht auch eine weitere Erkenntnis einher: Bei den Fragen zur Zufriedenheit sind insbesondere Türken in der Gesamteinschätzung kritischer als andere Befragte. Sie bemängeln nicht nur die Unfreundlichkeit des Fachpersonals, sie fühlen sich auch häufiger „schlechter behandelt als andere“. Gesellschaft Studien

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  1. elimu sagt:

    „Im Ausland erworbene in Deutschland aber nicht anerkannte berufliche oder akademische Abschlüsse würden in der Statistik weitgehend aber auch in der Vermittlungspraxis als nichtexistent behandelt.“

    Auch bei der Arbeitssuche werden diese als nichtexistent behandelt. Ich kann darüber nur lachen. Wann geht es jetzt eigentlich los mit diesem „schnelleren“ Anerkennungsverfahren der ausl. Berufe?? Und außerdem: Was soll es denn auch bringen, wenn die Arbeitgeber nicht mitziehen? Da wird es doch eh wieder heißen “ Ja Herr Öztürk, schön Sie sind Arzt, aber Sie sind nicht in Deutschland ausgebildet. Wir nehmen nur welche aus dem eurpäischen Raum…“ Bestes Beispiel ist ja auch der Rechtsanwalt. Was soll Deutschland mit den Menschen machen, die ein Jura-Studium sonst wo in der Welt absolviert haben? Ach ja, da gibts ja diese 2-Jährige Schule oder so… na dann viel spaß.

    „Migranten zeigten größere räumliche Mobilitätsbereitschaft und akzeptierten ungünstigere Arbeitszeiten.“

    Na ja viel bleibt einem ja nicht übrig. Ausbeute ohne Ende sag ich da nur.

  2. Sugus sagt:

    „Bestes Beispiel ist ja auch der Rechtsanwalt. Was soll Deutschland mit den Menschen machen, die ein Jura-Studium sonst wo in der Welt absolviert haben? Ach ja, da gibts ja diese 2-Jährige Schule oder so“
    Jeder Jurist muß wieder bei null anfangen, wenn er in ein anderes Land geht, weil nichts so spezifisch national ist wie ein Rechtssystem. Oder glauben Sie, deutsche Anwälte kriegen ohne weiteres eine Zulassung in der Türkei?

    • elimu sagt:

      Ja eben… war doch kein Vorwurf… aber interessant, dass es so aufgenommen wird!!
      Ich finde nur, dass beide Seiten Ihre Schwierigkeiten bei diesem Thema haben werden. Da bin ich mal gespannt, wie man sich einigen wird.

      „Oder glauben Sie, deutsche Anwälte kriegen ohne weiteres eine Zulassung in der Türkei?“

      Und Kommentare dieser Art sollten inzwischen vermieden werden…. SOWAS führt sowieso immer zu Missverständnissen. Und wie kommen Sie jetzt wieder zur Türkei? Seh ich aus wie´n Türke? :)

    • Johanna sagt:

      Türkische Ärzte, die in Deutschland ihr Studium absolviert und hier promoviert haben, müssen in der Türkei eine Nachprüfung absolvieren.

  3. Jens sagt:

    „Im Gegensatz zu allen anderen Gruppen, bei denen es oft bei der bloßen Androhung einer Sanktion bleibt, berichten türkische Frauen von nahezu ebenso vielen vollzogenen wie angedrohten Sanktionen.“

    Ohne Grund gibt es sicher keine Sanktionen. Nur warum wird darüber nicht berichtet ?

  4. Das ist eine gute Nachricht. Dann können wir uns ja auch die Migrantenquote sparen, die von den GRÜNEN gefordert wird.

  5. Boli sagt:

    @elimu

    Das was Du meinst mit den unünstigen Arbeitszeiten kann man bei deutschen als auch Arbeitgebern der eigenen Nationalität antreffen. Das nimmt sich nicht mehr viel. Und die die z.B. im Produktionsbereich arbeiten werden ALLE gleich behandelt. Jeder hat zu der und der Schicht anzutreten und hat die Pausen so und so zu machen und bekommt seine Lohnhöhe nach Einstufung, dauer der Betriebszugehörigkeit usw. aber nicht weil er von da oder da herkommt.
    Das mit dem Jurastudium ist in der Tat so. Nur das was Du verlangen würdest müsste bedeuten das man ALLE Berufsbilder WELTWEIT einheitlich standardisiert, damit man OHNE Beschränkungen auch weltweit arbeiten könnte. NUR, es darf halt nicht bedeuten das solch eine Standardisierung eine Abschwächung des eigenen gewohnten Standards bedeutet, nur weil eventuell andere Länder die Ausbildungsmöglichkeiten diesbezüglich noch nicht hat etc. .
    Meine Tante in Amerika hatte mir mal gesagt das Krankenschwestern sogar innerhalb der USA nicht einfach so nach einem Ortswechsel überall arbeiten können. Wenn eine Krankenschwester also von New York nach Kalifornien ziehen würde kann das bedeuten, das diese eine Nachschulung für die Anpassung an die Standards in Kalifornien machen müsste.
    Wir könnten schon von Glück sprechen, wenn die Standards in der EU alle angeglichen wären. Also braucht man sich nicht wundern wenn es mit Ländern außerhalb der EU zum Teil noch mehr Schwierigkeiten gibt.
    Außerdem nicht zu vergessen. Sagen wir mal ein Ingenieur aus dem Libanon muß 2 Jahre studieren und seine Ausbildung hat diesen oder jenen Standard. Es wäre genauso ungerecht wenn ein Deutscher Staatsangehöriger um in Deutschland als Ingenieur arbeiten zu dürfen sagen wir mal 4 Jahre studieren müsste und die Prüfung wäre um einiges schwerer. Das Einzige was mir da einfällt zu Lösung wäre nach dem Spracherwerb eine entsprechende Neuabprüfung des ausländischen Ingenieurs auf seinen momentanen Wissenstand und eine dementsprechend wenn nötig anberaumte Nachschulung mit dann ebenso hohen Wissensanforderungen wie in der deutschen Prüfung. Oder aber die Ingenieure aus dem Ausland werden vom Lohn niedriger eingestuft was aber auch dazu führen kann das deutsche Ingenieure keinen Job mehr bekämen da sie manchen Firmen dann vielleicht zu teuer wären.
    Das Thema ist also nicht so einfach gerade wenn es um Lehrerberuf, juristische oder medizinische Ausbildungen geht. Man kann eines Schwester aus dem Senegal nicht in einem deutschen Krankenhaus von heute auf morgen bei der OP an den Patienten lassen wenn sie das Equipment nicht beherrscht.

    Und was offensichtlich auch kaum jemand beachtet. Ich habe gelesen das nicht wenige Deutsche wieder nach Deutschland kommen, da sie im Ausland (USA, Rußland, Schweiz etc.) entlassen worden sind was anders als in Deutschland bedeutet das man in 6 Wochen (USA), auch nicht allzu lange(Schweiz), Dubai (4 Wochen) usw. und sofort das Land verlassen MUSS. Das heisst diese Leute müssten auch erst einmal auf dem deutschen Arbeitsmarkt unterkommen

    Somit sind die Wünsche und die Realität zwei paar Stiefel.

    Na ja viel bleibt einem ja nicht übrig. Ausbeute ohne Ende sag ich da nur.

    Was ist den nu mit der aufstrebenden türkischen Wirtschaft? Die sollen mal endlich eine ordentliche Sozialversicherung in der Türkei einführen damit Heimkehrer auch irgendwo aufgefangen werden und der Staat nicht jeden Cent in die drittgrösste Armee auf der Erde reinstecken und verpulvern.

    • elimu sagt:

      „Große Erwerbsmotivation
      Trotz dieser widrigen Umstände steht die „Erwerbsmotivation von Migranten im ALG II-Bezug insgesamt der von Deutschen ohne Migrationshintergrund nicht nach“, heißt es weiter. Migranten zeigten größere räumliche Mobilitätsbereitschaft und akzeptierten ungünstigere Arbeitszeiten. …“

      und Sie führen jetzt hinzu:

      „Was ist den nu mit der aufstrebenden türkischen Wirtschaft? Die sollen mal endlich eine ordentliche Sozialversicherung in der Türkei einführen damit Heimkehrer auch irgendwo aufgefangen werden und der Staat nicht jeden Cent in die drittgrösste Armee auf der Erde reinstecken und verpulvern.“

      Versteh ich nicht. Mit Mobilitätsbereitschaft meinte man doch die Landesgrenzen innerhalb Deutschlands??!!

      „Somit sind die Wünsche und die Realität zwei paar Stiefel.“

      genau der Meinung bin ich auch.

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