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Tomas Sager

“Ich würde den Begriff des Kulturrassismus bevorzugen”

Über die Entwicklung der antimuslimischen und rechtspopulistischen „Pro-Parteien“ in Nordrhein-Westfalen sprach das „MiGAZIN“ mit dem Journalisten Tomas Sager, der seit rund zehn Jahren für das Fachmagazin „blick nach rechts“ schreibt. Laut Sager haben die „pro“-Gruppierungen eine Marktlücke entdeckt - sie haben Antisemitismus durch Antiislamismus ersetzt.

Von Donnerstag, 11.02.2010, 8:05 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 05.09.2010, 17:12 Uhr Lesedauer: 8 Minuten  |  

MiGAZIN: Herr Sager kann man „pro NRW“ als Ein-Thema-Partei bezeichnen?

Tomas Sager, Journalist, schreibt seit rund zehn Jahren für das Fachmagazin „blick nach rechts“. Außerdem ist er für das Journalistenbüro „r-press“ und das „Antirassistische Bildungsforum Rheinland“ tätig und steuert Beiträge für das Blog „NRW rechtsaußen“ bei

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Tomas Sager: Das ist „pro NRW“ eindeutig. Im Landtagswahlkampf wird sich für „pro“ alles um die Fragen Moscheebau, Minarettbau, „Islamisierung“ drehen. Das ist die Marktlücke, die der rechtspopulistische Teil der extremen Rechten im Westen der Republik entdeckt zu haben glaubt. Die „pro“-Führungstruppe hat sich zwar dazu aufgerafft, ein fünfseitiges Wahlprogramm zu schreiben, das auch auf andere Themen eingeht. Aber nicht nur im Kapitel „Zuwanderung begrenzen – Islamisierung stoppen“ geht es um das Standardthema. Zur inneren Sicherheit fällt „pro NRW“ wenig mehr ein als „islamistische Terrorgefahr“ und die Klage über „Zuwanderer-Ghettos“. In der Sozialpolitik wird soziale Sicherheit exklusiv für „Staatsbürger“ gefordert. Einen „Kinderscheck“ – 5000 Euro bei der Geburt – soll es selbstverständlich auch nur für „Staatsbürger“ geben. Ergänzt wird das Programm um – sagen wir – einige populistische Standardsprüche: gegen Korruption, für die Vermittlung „traditioneller Werte“ in der Schule, gegen „Kuschelpädagogik“, und was dergleichen Plattitüden mehr sind.

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MiGAZIN: Wie haben sich „pro Köln“ und „pro NRW“ in den vergangenen Jahren entwickelt? Hat sich das Auftreten in der Öffentlichkeit geändert?

Sager: Zunächst einmal verzichtet „pro“, anders als in den Anfangsjahren, auf eine offene Zusammenarbeit mit Neonazis. Bis vor einigen Jahren waren öffentlich Auftritte von „pro Köln“ ohne NPDler oder andere Neonazis gar nicht vorstellbar. Mit denen will sie heute nicht mehr gesehen werden – jedenfalls nicht bei Tageslicht. Statt dessen setzt sie auf Bürgerlichkeit. Schaut her, unsere Spitzenkandidaten und Spitzenfunktionäre sind Rechtsanwälte, Wissenschaftler, Unternehmer, gestandene Mittelständler, ist das Motto. Zweite Veränderung im öffentlichen Auftreten ist die Konzentration auf das Kernthema Anti-Islam. Und schließlich haben es die „pro“-Strategen geschafft, die eigenen Auftritte und bereits die Ankündigung eigener Aktionen als Provokation anzulegen. Ich denke an den angekündigten „Sternmarsch“ zur Duisburger Moschee. Da ist es fast schon egal, ob ein „Antiislamisierungskongress“ oder eine „Anti-Minarett-Konferenz“ stattfindet oder nicht. Finden sie statt, spielt man den Tabubrecher, finden sie nicht statt, war man Opfer „antidemokratischer Kräfte“.

MiGAZIN: „Islamkritik in den Landtag tragen“, darunter ist das Bild einer verschleierten Frau und einer durchgestrichenen Moschee zu sehen. Agiert die Partei mit ihrem offensiv antimuslimischen Auftreten noch in einem für die Demokratie tragbaren Bereich? Oder ist die Grenze zum offenen Rassismus damit schon Überschritten?

Sager: Ich würde den Begriff des Kulturrassismus bevorzugen. Und der ist für die demokratische Kultur einer Stadt oder eines Bundeslandes vielleicht sogar gefährlicher als der Rassismus alter Prägung. Weil er häufig nicht einmal als Rassismus erkannt wird. Weil die Rassisten alter Schule, wie sie sich zum Beispiel in der NPD tummeln, eher marginalisiert sind. Und weil dieser Kulturrassismus anknüpfen kann an öffentliche Debatten, wie sie gerade aktuell ja sogar in den Feuilletons großer Zeitungen geführt werden. Interview

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  1. Selma sagt:

    Diese Diskussion ist ja schon etwas älter, das Thema ist aktueller denn je. Der Begriff Kulturrassismus ist schon so lange in philosophischer Diskussion, wird aber immer sehr einseitig betrachtet. Das Verhalten von einigen Türken in Deutschland wie auch von Türken gegenüber Christen in der Türkei zeugt von so großem Kulturrassismus gegenüber Deutschen bzw. Nichtmuslimen, dass es zwar nett ist, auf die Gastfreundschaft von Türken allgemein hinzuweisen. Das hilft aber nicht im Alltag, wenn einem als Frau in Köln auf offener Straße von einem älteren Türken hinterhergespuckt wird (vielleicht weil man „nur“ nach deutscher Manier gekleidet ist) oder man in einem arabischen Bazar angegrapscht wird (obwohl man vollbekleidet da durch läuft, sogar in Begleitung eines Mannes). Von den Anschlägen in der Türkei und Ägypten auf Christen haben wir alle gehört. Wer schreit da auf und ruft nach Maßnahmen der Politiker? Niemand. Hier gibt es viel Heuchelei bei den Muslimen.

  2. Sinan A. sagt:

    Aktueller denn je, in der Tat.

    Samstag, 19. November 2011
    Pro-Köln Aufmarsch in Kalk

    Um freundlichen Empfang der Weltkulturbereicherer wird gebeten.

  3. Pragmatikerin sagt:

    Ist das von mir eine Provokation, was ich nachstehend geschrieben habe?

    Ich stelle mir vor, ich lebe auf Dauer in Antalya/Türkei. Es sei dahingestellt, ob ich dort arbeite und Steuen zahle, oder ob ich als Privatier (mit meinem mitgebrachten Geld) dort lebe, also der Türkei nicht auf der „Tasche liege). Ist es verständlich, dass ich auch dort – in einer schönen Umgebung (fast so schön wie in Deutschland ;-) ) auch meine gewohnte Umgebung haben möchte, z.B. einen prunkvollen Dom (wie in Fulda), vor meinem Haus ein Garten mit (deutschen) Zwergen, Bierlokale/Kneippen mit nur deutscher Musik und Personal usw. usw.
    ?

    Das geht doch nicht, schreiben jetzt die, die hier immer so menschenfreundlich (für die Türken/Moslems) posten. „Sie“ leben doch in einer anderen Kultur, bei fremden Menschen!!!!!!!!!!!!

    Warum verlangt man dann umgekehrt genau das als Migrant/Türke/Moslem in Deutschland?

    Ich verstehe es nicht meint
    Pragmatikerin

  4. e-xyz sagt:

    Falsch!
    „“Sie” leben doch in einer anderen Kultur, bei fremden Menschen!!!!!!!!!!!!“
    Wir haben hier unser zu Hause gefunden, genauso wie Sie als Migrantennachkömmling auch. Und wenn unsere Handlung nicht gegen Gesetze verstösst, bleibt Ihnen nur diese Schmach für Ihr „Oberdeutschtum“ zu ertragen. Sie als Schöffin sollten doch wissen, dass alles was nicht verboten ist, automatisch erlaubt ist.

    Verständnis von Ihnen erwartet auch nicht Ihr
    e-xyz

  5. Pragmatikerin sagt:

    @e-xyz
    Sie schrieben u.a.:
    „……sollten doch wissen, dass alles was nicht verboten ist, automatisch er laubt ist.“

    1.) Es gibt einen Witz zu genau dieser Frage.
    Was sind die kulturellen Unterschiede zwischen Briten, Deutschen, Franzosen und Russen?

    Für einen Briten ist erlaubt, was nicht verboten ist.
    Für einen Deutschen ist verboten, was nicht erlaubt ist.
    Für einen Franzosen ist auch das erlaubt, was verboten ist.
    Für einen Russen ist auch das verboten, was erlaubt ist.

    2.) Das sollte man eigentlich in die Kategorie Ethik rein stellen.
    Es gibt Lücken im Gesetz, die viele Mitbürger schädigen, aber aufgrund der Gesetze und findigen Rechtsverdrehern legal sind.

    3.)Jein.
    mancches verbietet sich aus Höflichkeit bzw. Anstand, auch wenn es rein rechtlich erlaubt wäre.

    Pragmatikerin

    P.S.: manche Antworten von Ihnen empflinde ich nicht als provokativ sonder gelinde gesagt als ungehörig, aber nicht jeder kann seine „Kinderstube“ verleugnen ;-)

  6. e-xyz sagt:

    @Pragmatikerin
    So wie Sie Ihre braune Gesinnung nicht verleugnen können.
    Bussi

  7. Pragmatikerin sagt:

    @ @ll

    Den nachstehenden Beitrag von einer Deutschen mit türkischem Migrationshintergrund, welche 2012 nach Istanbul auswandern will, hat mich erstens nachdenklich und zweitens wütend gemacht. Warum? Hier schreibt ein Mensch warum er sich in Deutschland nicht wohl fühlt und die Gründe dazu. So habe ich das Problem „Integration“ von Türken/Moslems noch nie gesehen, aber es ist genau dieses „tägliche Erleben“ von Nichtintegrierten Tüken/Muslimen/Migranten, was auch manchen gebildeten türkischstämmigen Türken Probleme macht und sie zur Ausreise „zwingt“?!

    „Den absolut grössten Teil meines Lebens habe ich in Deutschland verbracht. Obwohl ich fliessend, akzentfrei türkisch spreche und nie Probleme in der Türkei hatte, bin ich sehr,sehr deutsch.
    Das ist auch das Tragische an der Ganzen Sache.Dass ausgerechnet türkischstämmige Menschen wie ich es irgendwann nicht mehr in Deutschland ertragen,WEIL wir eben so deutsch sind und trotzdem immer für die Nicht-Integrierten herhalten müssen.

    Dass hier schon immer rückständige Türken gelebt haben,die ihre Töchter nicht zu Klassenausflügen gelassen haben,geschweige denn in die Disco….etc.
    Noch heute ist es so,dass diese rückständige Fraktion von Türken es ihren Töchtern nicht erlaubt,deutsche Männer zu heiraten.
    Und wegen dieser Art von Türken (von denen es in Deutschland wimmelt) hatten und haben Türken,die anders sind,leider auch Probleme.

    Weil viele türkische Familien so rückständig gelebt haben,waren sie von Anfang an unbeliebt.Und schon in den 80ern (als eben an den Häuserwänden “Türken Raus” stand) gab es deshalb eine Abneigung gegenüber Türken,weil diese eben durch Kopftücher…etc. besonders negativ hervorstachen. Anders ausgedrückt:
    Es gäbe heute kein Integrationsproblem mit Türken,wenn halbwegs gebildete Leute hier eingewandert wären oder sich die nicht so gebildeten angepasst hätten.

    Italiener wurden bis in die 80er auch diskriminiert.Und,was ist heute?Jeder mag Italiener.Diese haben nicht gleich Gangs gegründet,weil sie ausgegrenzt wurden.
    Auch Griechen wurden verkloppt und haben sich nicht so asozial entwickelt,wie die Türken.

    Ich habe eigentlich nur EIN Problem mit den Deutschen:Dass sie NICHT differenzieren können und nicht wissen,dass Türken hierzulande so sind,wie sie sind,weil sie aus extrem ungebildeten Familien stammen.

    Und mit ungebildet bzw. gebildet meine ich garnicht irgendwelche akademischen Abschlüsse.Es wäre absurd,dass ich mich in diesem Land ständig erklären muss und ab und zu negative Erfahrungen mache.so zu denken.
    Ich meine damit,dass man sich zivilisiert verhält.

    Deutsch-Türken tragen eine massive Schuld daran, dass ich mich in diesem Land ständig erklären muss und ab und zu negative Erfahrungen mache“.

    Pragmatikerin

  8. e-xyz sagt:

    @Pragmatikerin
    Ihr Beitrag ist so gehaltvoll, wie eine fritierte Milschschnitte.

    Der einzig gute Satzteil ist:
    „Ich habe eigentlich nur EIN Problem mit den Deutschen:Dass sie NICHT differenzieren können“
    Wohl wahr wie man bei Ihnen bestens immer feststellt.

    Ich hoffe Ihnen gehts wieder gesundheitlich besser.

  9. Pragmatikerin sagt:

    @ e-xyz

    danke der Nachfrage, ich lebe noch :-)

    Menno Sie sind ja wirklich belesen (wegen der Milchschnitte, die zwar wenig Milch, dafür aber viel Zucker hat, ;-) ).

    Ich finde meinen obigen Beitrag sehr „gehaltvoll“ um auf Ihrem Level zu bleiben. Die junge Frau schämt sich für das Benehmen vieler Türken/Muslime hier in Deutschland und erwartet wenigstens in der Türkei keine Ressentiments ( dem Ressentiment liegt regelmäßig das Gefühl dauernder Ohnmacht gegenüber erlittener Ungerechtigkeit und Niederlage oder persönlichen Zurückgesetztseins zugrunde.) Dieses Ohnmachtsgefühl hat sie ursächlich wegen Ihrer türkischstämmigen Landsleute, die hier in Deutschland – wenn zum Teil auch hier geboren – aber nie angekommen sind im Westen sondern – durch Erziehung – im Orient verblieben sind.

    Wissen Sie, ich bin hart im nehmen und nehme daher Ihre persönlichen Angriffe locker; es zeigt mir aber, dass Sie einer echten Streitkultur nicht gewachsen sind (ich kann mich nicht erinnern, dass ich Sie je persönlich diskriminiert und angegriffen hätte). Aber jeder so wie er kann und wie er es gelernt hat. Rundumschläge waren noch nie produktiv. Das Körnchen Wahrheit, was vielleicht bei so einem „Rundumschlag“ mitgeteilt wird, geht damit auch wieder verloren.

    Nochwas, ich kann sehr wohl differenzieren. Lesen Sie mal alle meine Beiträge nach; ich habe im Zusammenhang immer nur von Türken/Muslimen nie von Deutschen mit türkischen Wurzeln geschrieben. Bei dieser Frau habe ich eine Ausnahme gemacht, denn ich habe ihre seelischen Nöte gespürt und dass sie sich hin und hergerissen fühlt (sie hat mir also leid getan, was ich von den meisten der hier Jammernden nicht sagen kann).

    Pragmatikerin

  10. e-xyz sagt:

    @Pragmatikerin
    Sie greifen mich nicht persönlich an??
    „Ich finde meinen obigen Beitrag sehr “gehaltvoll” um auf Ihrem Level zu bleiben.“ Muss ich wohl falsch verstanden haben.
    Jede Verallgemeinerung von Ihnen ist ein persönlicher Angriff gegen mich.

    „ich habe im Zusammenhang immer nur von Türken/Muslimen nie von Deutschen mit türkischen Wurzeln geschrieben.“
    Also kaum hat man den Adler-Pass ändert sich Ihre Meinung, wie billig ist das denn.

    Wenn das junge Ding so genervt ist, von den ach so ungebildeten Türken, warum geht sie in die Türkei? Das gibts wahrscheinlich noch mehr ungebildete. Was ist das denn für eine Logik?
    Zu tief ins Eppelwoi Glas geschaut??
    Geben Sie es zu, die Story ist eine fiktive Story, erfunden von Ihnen und irgendeinem Türkenmädel in den Mund gelegt.
    Als Grundlage für Ihre braune Soße, die Sie hier verbreiten.