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Ciwan S.

„Ich muss mutig sein“

Seit über einem Jahrzehnt lebt Ciwan S. in einer Kleinstadt in der ostdeutschen Provinz. Trotz Anfeindungen, Gewalt und Sachbeschädigungen fühlt sich der kurdische Gewerbetreibende dort wohl, Deutschland ist für ihn seine „zweite Heimat“ geworden. Das MiGAZIN sprach mit ihm über seine negativen Erfahrungen und Gründe, nicht aufzugeben und weiter zu machen.

Von Maik Baumgärtner Freitag, 26.03.2010, 8:07 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 13.09.2010, 3:59 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

MiGAZIN: Herr S., Sie betreiben ein Gewerbe und sind aufgrund Ihres Migrationshintergrunds immer wieder von Neonazis bedroht wurden, was haben Sie dagegen unternommen?

Ciwan S.: Ich war bei der Polizei und hab erklärt, dass mich diese Neonazis immer bedrohen und Stress mit mir suchen. Die Beamten haben gefragt, ob ich Zeugen habe, die hatte ich natürlich nicht, also konnten sie nichts machen.

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MiGAZIN: Aus der anfänglichen Bedrohung wurde Gewalt, was ist da passiert?

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Ciwan S.: Es war mitten in der Nacht, da habe ich Krach im Hausflur gehört und bin aus dem Bett gesprungen. Zwei Neonazis hatten versucht meine Tür aufzubrechen und dann gab es eine Schlägerei, ich musste mich wehren. Ich war verletzt, hatte eine blutende Wunde im Gesicht, aber was mir am meisten weh getan hat, war das Verhalten der Polizei. Die kamen zu mir in die Wohnung und haben mir Handschellen angelegt und mich auf den Boden geworfen. Wie gesagt, ich habe geblutet, war noch im Schlafanzug und ich war das Opfer, nicht der Täter. Ich könnte weinen, wenn ich daran denke. Immer wenn ich was sagen wollte, haben die Polizeibeamten gesagt: „Halt deine Schnauze!“

MiGAZIN: Und die Neonazis, wo waren die?

Ciwan S.: Die Neonazis haben mich vor der Polizei die ganze Zeit beschimpft und wurden dann ins Krankenhaus gebracht und ich lag da gefesselt und wurde dann über Nacht in Gewahrsam genommen. Am nächsten Morgen wurde ich dann nach Hause geschickt, ich hatte kein Geld dabei, kein Handy und war noch im Schlafanzug. Ich habe darum gebeten, dass mir die Beamten ein Taxi rufen, doch die haben nur gesagt „Geh doch in die Stadt, da findest du ein Taxi.“ In dieser Nacht hat mich die Polizei seelisch mehr verletzt als die Neonazis durch ihre Gewalt.

MiGAZIN: Was ging nach diesem Vorfall in Ihnen vor?

Ciwan S.: Ich hab mich wirklich ganz schlecht gefühlt und will bis heute wissen, warum haben die Neonazis mich überfallen, warum hat die Polizei so reagiert. Ich will einen Grund wissen. Denn ich bin seit über 10 Jahren hier in Deutschland und es ist meine zweite Heimat, warum soll ich hier nicht wie alle Menschen leben können? Jeder möchte doch in Frieden leben. Und diese Neonazis haben einen Hass, den ich nicht verstehe. Ich weiß nicht, was ich machen soll.

MiGAZIN: Fühlen Sie sich noch wohl in Ihrer Stadt?

Ciwan S.: Ja, in meinem Stadtteil kenne ich ein paar Leute. Man grüßt sich auf der Straße, ist nett zueinander, man lädt sich auch mal zum Essen ein. Es ist sehr schön, für die Leute hier bin ein Nachbar und kein Ausländer. Aber klar, diese gewalttätigen ausländerfeindlichen Leute gibt es auch und die erkennst du auch nicht alle auf der Straße. Ich habe auch schon andere schlechte Erfahrungen gemacht, mein Geschäft wurde zum Beispiel vor nicht allzu langer Zeit zerstört, bisher gibt es keine Zeugen, keine Ermittlungserfolge. Interview

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  1. Sascha sagt:

    Wiedermal typische (ost)deutsche Polizeiarbeit…

  2. Elimar sagt:

    Damit kann man es aber nichtt bewenden lassen: „Typische ostdeutsche Polizeiarbeit“. Gegen die Polizei muss Anzeige erstattet werden, wenn nicht passiert, wird das so weiter gehen.
    Die Polizei muss geschult werden, damit das aufhört, das Opfer wie Täter behandelt werden.