Anzeige

Mehrsprachigkeit

Allergische Reaktion? Bekämpfung könnte so einfach sein!

Allergiker haben es momentan nicht leicht. Der Frühjahr 2010 bereitet einen der stärksten Pollenflüge der letzten Jahre. Cem Özdemir diagnostiziert richtig, dass es vermehrt zu Heuschnupfen kommen kann und begründet dies damit „ dass es große Allergien bei uns gegen alles Türkische gibt“.

Von Anil Gürtürk Mittwoch, 14.04.2010, 7:04 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 06.09.2010, 23:56 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Da treffen sich der türkische Ministerpräsident und die deutsche Kanzlerin. Merkel und Erdogan; da treffen zwei Konservative, zwei Machtmenschen aufeinander – eine innenpolitisch eine kühle Moderatorin, der andere ein polterndes Ungestüm, der alles aus dem Weg räumt, was ihm in die Quere kommt. Unterschiedlicher könnten sie von Natur aus nicht sein und während Gerhard Schröder der „Arkadaş“ der Türken war, ist Frau Merkel eher die Partnerin, mit der man doch irgendwie auskommen muss.

Es ist ein seltsamer Reflex, ein interessanter Verlauf, dass der Fokus dieses Treffens auf die Integration der Türkischstämmigen in Deutschland fällt. Das war nicht immer so. Grund hierfür ist eine für viele schleierhafte Annäherung der AKP Regierung an die Türken in Europa, die von der Regierung zwar sehr offen kommuniziert wird, aber anscheinend bei vielen unbegründet Angst hervorruft. Ein weiterer Aufreger war die viel diskutierte Forderung Erdogans nach türkischen Gymnasien. Während Akademikereltern in Berlin ihre Kinder gerne in die John F. Kennedy School schicken, wird bei türkischen Gymnasien auf angebliche Gefahren und Risiken aufmerksam gemacht.

___STEADY_PAYWALL___

Die Griechen in Deutschland haben es vorgemacht: zweisprachige Gymnasien mit Griechen und Deutschen geben den Schülern die Möglichkeit bilingual aufzuwachsen und sich in die Gesellschaft zu integrieren. Es ist Zeit einzusehen, dass `das Türkische` eine Ressource sein kann. Eine Ressource für Bilingualität und kulturelle Kompetenz. Während in der privaten Wirtschaft nach Sprachkompetenz und Diversity Management gefragt wird, machen Medien und Politiker die Umsetzung in der Praxis schwer.

Anzeige

Geht es um das Deutsch-Türkische Verhältnis, ist der Aufschrei groß und die Emotionen auf einem polemischen Höhepunkt. Damit muss Schluss sein. Solange sich der Ton nicht ändert, Inhalt und Objektivität ignoriert werden, wird das Verhältnis zwischen der so genannten Aufnahmegesellschaft und den so genannten Bürgern mit türkischem Migrationshintergrund in der deutschen Gesellschaft weiter auf einem `Wir` und `Ihr` basieren. Wenn die Politik den Graben tiefer und weiter gräbt, darf es keinen verwundern, wenn die Integration vor allem bei jungen Menschen scheitert und die angeblich Integrierten die deutsch-türkische Szene in Istanbul bereichern. Bei politischen Treffen sollten beide Seiten sich klar machen, dass es möglich ist zwei Identitäten mit sich zu tragen. Mehr noch, dass dies sogar von Vorteil ist.

Was kann die deutsche Regierung von diesem Treffen mitnehmen? Schwarz-gelb muss alles daran setzen, dass die türkische Seite und die ´Deutsch-Türken´ das Gefühl loswerden, dass ihnen Hass und doppelte Standards zugemutet werden. Hierbei ist vor allem Deutschlands Haltung zur EU-Aufnahme der Türkei gefragt. Dass solch ein Prozedere vorher noch nie einem anderem Land zugemutet wurde, hat Erdogan leider richtig erkannt. Die schwarz-gelbe Regierung wählte in ihrem Koalitionsvertrag vage Worte bezüglich des Umgangs mit einer EU-Aufnahme der Türkei. Dies bietet viel Spielraum für CDU, CSU und FDP. Die Regierung muss daher alles daran setzen, die Entscheidung auch wirklich `ergebnisoffen` zu halten.

Aber auch die ´Deutsch-Türken´, um die es geht, sind in dieser Diskussion gefragt: was sie/wir nicht machen dürfen, ist eine Opferrolle anzunehmen und in diese zu flüchten. Stattdessen sollte man auf einen konstruktiven Dialog setzen und die positiven Aspekte der angeblichen Allergie aufzeigen. So kann gezeigt werden, dass `Das Türkische` keine Allergie, sondern ein legales Dopingmittel ist.

Ich bin Allergiker. Mein Hausarzt schlug mir eine Desensibilisierung vor. Das heißt, dass vor der Pollenzeit nach und nach Allergen injiziert werden, um den Körper gegen die Allergie abzustumpfen. Daher mein Vorschlag für alle Allergiker: Besuchen Sie einmal die Aziz Nesin Grundschule in Berlin, lesen Sie Publikationen zum Thema Diversity Management und nehmen Sie an der Veranstaltung `Vielfalt gewinnt` der Stadt Köln teil. Sie werden schnell merken, dass auch Sie den Heuschnupfen besiegen können! Meinung

Zurück zur Startseite
MiGLETTER (mehr Informationen)

Verpasse nichts mehr. Bestelle jetzt den kostenlosen MiGAZIN-Newsletter:

UNTERSTÜTZE MiGAZIN! (mehr Informationen)

Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.

MiGGLIED WERDEN
Auch interessant
MiGDISKUTIEREN (Bitte die Netiquette beachten.)

  1. Petersen sagt:

    „Ja auf meiner Uni habe ich keinen Italiener getroffen“

    Quatsch mit Soße. Wo ist denn diese Uni? In der Türkei? Nennen Sie mir den Namen der Universität und ich werde Ihnen BEWEISEN, dass dort italienischstämmige immatrikuliert sind.

  2. HamburgerX sagt:

    Heterogene Unternehmen oder Gruppen haben laut Studien nicht mehr Erfolg als homogene Gruppen. Das heißt, dass unter dem Strich die gesellschaftlichen Kosten von Migration zu untersuchen sind – und die sind besonders bei bildungsferner Zuwanderungs oft negativ. Die Sozialsysteme haben immensen Aufwand, dem aber kein adäquater Nutzen gegenübersteht. Sprich: Abgesehen von soziokulturellen Streitpunkten (Recht auf Heimat, mögliche Überfremdung, Alltagssicherheit) muss ungesteuerte Zuwanderung auch aus wirtschaftlichen Gründen dringend bekämpft werden und die selektive Migrationspolitik zur politischen Norm werden, auch in rotrotgrünen Kreisen – jedenfalls dann, wenn Wohlstand und sozialer Anspruch weiterhin eine Rolle spielen sollen.

    • Mehmet sagt:

      Hm auch wenn ich dem nicht zustimme, ist Ihr Gedanke interessant. Denn wenn man ihn weiterverfolgen würde, würde es heißen, dass man in Deutschland so schnell wie möglich schon bestehende, bildungsferne Migrantenschichten zu bildunsnahen Schichten – einfach ausgedrückt – „ummünzt“, um dann von deren Zustrom an weiteren bildungsnahen Migranten zu profitieren.

  3. diaphragma sagt:

    @Manu: danke für Ihren Kommentar!

    Beste Grüße