Kriminalität
Deutsche Jugendliche öfter straffällig als Ausländer
Die Jugendgerichtshilfe im Duisburger Stadtteil Marxloh, bekannt auch als Vorzeigebeispiel für eine vermeintliche Parallelgesellschaft oder einen „sozialen Brennpunkt“, hat nun mit einem Vorurteil ordentlich aufgeräumt. Die Awo Integrations GmbH, die seit 2008 im Duisburger Norden straffällig gewordene Jugendliche betreut, gab am Dienstag bekannt, dass 51 Prozent der registrierten Straftaten von deutschen Jugendlichen verübt worden seien. Noch aussagekräftiger wird die Statistik, wenn man berücksichtigt, dass 60 Prozent der Bewohner Marxlohs einen sog. Migrationshintergrund haben.
Von Burak Altas Donnerstag, 22.04.2010, 7:18 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 05.09.2010, 3:01 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
„Selbst in einem Ortsteil wie Marxloh, in dem 60 Prozent der Bewohner einen Zuwanderungshintergrund haben, begehen mehr Deutsche Straftaten als Migrantenkinder“, so Awo-Geschäftsführer Karl-August Schwarthans. Um an dieser Stelle die Dimensionen zu verdeutlichen: Im Jahre 2008 wurden 1660 Straftaten gemeldet, ein Jahr später waren es 1686. Noch auffälliger wird das Verhältnis, wenn man sich die Zahlen in Bruckhausen – ebenfalls bekannt als „Ausländerviertel“ – vor Augen führt. Bei einer Ausländerquote von 85 Prozent werden „nur“ 58 Prozent aller Kriminaltaten von Jugendlichen mit fremden Wurzeln begangen. Im Norden Duisburgs als Ganzes waren in 63 Prozent aller Fälle deutsche Jugendliche auffällig.
Auch ein Blick auf die Art der Vergehen lohnt sich. Gülay Kaya-Smajgert, Leiterin der Jugendgerichtshilfe, stellt fest, dass die Liste der Straftaten von „Schwarzfahrten“ und „Eigentumsdelikten“ zu jeweils 20 Prozent dominiert werde. Nur vier Prozent der Jugendlichen seien wegen Raub angeklagt worden. Illegale Downloads von Musik und Software sowie das Fahren mit frisierten Mopeds seien weitere Anklagepunkte gewesen.
Einen Problemfall stellten der Awo zufolge „Jugendliche ohne Zukunftsperspektiven“ dar, nach Gregor Herberhold (Der Westen) solche, „die herumlungern, kein Geld haben und erkennen, dass an ihnen das normale Leben vorbeiläuft.“ Insgesamt 59 Prozent aller Straffälligen hätten nämlich entweder keinen Schulabschluss oder aber sie seien arbeitslos und ohne eine berufliche Ausbildung. Schwarthans bezeichnet diese fast durchweg männliche Jugendliche als „Eckensteher“ und sieht die Lösung des Problems nur in der Ausweitung sinnvoller Freizeitangebote. Einen Hacken habe seine Vorgehensweise aber schon, weiß Schwarthans zuzugeben: „Jungen sind nicht so leicht dafür zu begeistern.“
Bezüglich dem Duisburger Norden halte Schwarthans es für falsch, von einem „Ghetto“ oder gar einer „Kolonie“ zu reden. „Großstädte in den alten Bundesländern verändern kontinuierlich ihre Bevölkerungsstruktur. In zehn Jahren wird jeder dritte Duisburger nichtdeutscher Abstammung sein“, führt er auf, und fügt dem hinzu: „Der Stadtteil Hamborn wird sich nicht mehr in eine niederrheinische, bäuerliche Kulturlandschaft – die er vor 150 Jahren war – zurückentwickeln lassen.“ Daher müsse der „Soziale Wandel“, wie er die Entwicklung wissenschaftlich korrekt bezeichnet, „positiv gestaltet werden.“
GesellschaftDie Arbeiterwohlfahrt (AWO) ist seit 50 Jahren in Duisburg ansässig und betreibt seit ca. 30 Jahren insbesondere Migrationssozialarbeit im Duisburger Stadtteil Marxloh. Sie zeichnet sich durch multi-ethnische Beraterteams aus und bietet im Rahmen ihrer sozialpädagogischen Hilfeangebote neben der Jugendhilfe auch Familienberatungen sowie Senioren- und Frauenarbeit an. „Ihre Grundwerte Freiheit, Gerechtigkeit, Toleranz und Solidarität verkörpern die Geschichte und das sozialethische Fundament“ der Organisation.
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Interessant wäre zu erfahren wieviel der Deutschen einen Migrationhintergrund haben.
Wenn von „Deutschen“ und „Migrationshintergründlern“ die Rede ist, sind bei den Migrationshintergründlern diejenigen mit deutscher Staatsangehörigkeit immer mit reingerechnet. Sonst würde man ja nur von „Deutschen“ und „Ausländern“ sprechen.
wenn ich in einem ortsteil mit 85 prozent ausländeranteil wohnen würde
und mich ausländer verprügeln würden.
(habe mal in so einem ortsteil gewohnt, zum glück nicht mehr)
müsste ich echt überlegen ob ich bei „dann hol ich meine brüder“ anzeige erstatte.
habe sowas an eigenem leib erlebt. und einige werden eine solche situation sicherlich auch kennen.
auf papier sieht sowas ja immer schön aus. naja, wers glaubt.
Jup, das kennt jeder, der in einer dt. Großstadt aufgewachsen ist.
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