Anzeige

Berlin

Sechster Brandanschlag auf Moschee seit Juni 2010

Erneut wurde eine Moschee in Berlin Ziel eines Brandanschlags. Damit hat sich die Zahl der Brandanschläge auf Moscheen seit Juni 2010 auf sechs erhöht. Stimmen, die Politikern Mitschuld für diese Übergriffe geben, häufen sich.

Freitag, 10.12.2010, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 10.01.2011, 12:57 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Ein Glasbehältnis mit brennbarer Flüssigkeit schleuderte ein Unbekannter gestern früh gegen das islamische Kulturzentrum in Tempelhof. Anwohner hatten gegen 5 Uhr die Feuerwehr zum Gebäude der „Islamischen Kulturgemeinde der Iraner in Berlin-Brandenburg e.V.“ in der Ordensmeisterstraße alarmiert, da eine mehrere Meter große Fläche der Hausfassade in Brand geraten war. Nun ermittelt der polizeiliche Staatsschutz beim Landeskriminalamt wegen versuchter schwerer Brandstiftung.

Anzeige

In dem Kulturzentrum befanden sich zum Tatzeitpunkt zwei Personen, die jedoch nicht verletzt wurden. Das Feuer erlosch von selbst und hinterließ Rußrückstände am Mauerwerk. Wie es scheint, ist es aber nur noch eine Frage der Zeit, bis Schlimmeres passiert.

___STEADY_PAYWALL___

Sechster Anschlag seit Juni 2010
Denn mit diesem Anschlag sind bei der Polizei insgesamt sechs Brandanschläge aktenkundig, die seit dem Juni 2010 verübt worden sind. Am 16. Juni, am 1. und 10. August und am 19. November war die Sehitlik-Moschee am Columbiadamm Tatort und in der Nacht vom 27. zum 28. November die Al-Nur-Moschee in der Haberstraße in Neukölln.

Anzeige

„Bei der letzten Tat am 9. Dezember haben der oder die Täter einen Hinweis zurückgelassen, der den Rückschluss zulässt, dass es sich um eine Serie mit mehr als zehn Taten handeln könnte“, teilte das Berliner Polizeipräsidium mit. Der Polizeiliche Staatsschutz vermutet deshalb, dass es noch weitere Straftaten gibt, die der Polizei bislang noch nicht angezeigt wurden. Die tatsächlichen Hintergründe dieser Taten seien allerdings noch unklar und Gegenstand der laufenden Ermittlungen.

Politiker Mitschuld
Der Geschäftsführer des Vereins iranischer Flüchtlinge, Hamid Nowzav, hingegen hat eine Vermutung: „Die Täter fühlen sich durch die undifferenzierte Diskussion beflügelt.“ Er glaubt laut taz, dass Islamophobe oder Rechtsradikale dahinterstecken.

Auch für Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck tragen Politiker eine indirekte Mitschuld. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer beispielsweise hätten Migranten pauschal „im Zusammenhang mit Integrationsverweigerern und grundgesetzfeindlichen Islamisten erwähnt“. Beck wirft der CDU/CSU „gesellschaftliche Spaltungsversuche“ vor, die „Impulsgeber“ für Übergriffe werden könnten.

Bereits im November hatte Erol Pürlü, der Sprecher des Koordinationsrates der Muslime (KRM), gewarnt, dass „die Übergriffe parallel mit populistischen Äußerungen und dem starken Sinneswandel der Politik gegenüber der muslimischen Minderheit zugenommen hat“. Der KRM appellierte an Politik und Medien, das Thema rational und sachlich zu führen und die islamische Gemeinschaft, Islam und Muslime nicht mit dem Begriff des Terrors in einem Atemzug zu erwähnen und diese Begrifflichkeiten stark voneinander zu trennen und zu differenzieren.

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) verurteilte die Anschläge. In einer toleranten und offenen Stadt müsse jeder seine religiösen Überzeugungen leben können. Ähnlich besorgt zeigte sich Benedikt Lux, innenpolitischer Sprecher der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus. „Der Anschlag auf das islamische Kulturzentrum ist auch ein Angriff auf eine weltoffene Stadt, in der die Religionsfreiheit gelebte Selbstverständlichkeit ist. Zivilgesellschaft und Politik sollten nun geschlossen und solidarisch an der Seite der Opfer stehen“, so Lux. Die Polizei sei gefordert, die Täter mit allen rechtsstaatlichen Mitteln zu finden.

Polizei verstärkt Ermittlungen
Dieser hat zur Bündelung der Maßnahmen gestern eine spezielle Arbeitsgruppe eingerichtet. Moscheevereine oder sonstige mögliche Zeugen bittet die Polizei, eventuell nicht angezeigte Fälle, weil beispielsweise kein oder nur geringer Schaden entstanden ist, zu melden. Zeugen werden gebeten, sich mit dem Polizeilichen Staatsschutz oder jeder anderen Polizeidienststelle in Verbindung zu setzen. (eb) Gesellschaft

Zurück zur Startseite
MiGLETTER (mehr Informationen)

Verpasse nichts mehr. Bestelle jetzt den kostenlosen MiGAZIN-Newsletter:

UNTERSTÜTZE MiGAZIN! (mehr Informationen)

Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.

MiGGLIED WERDEN
Auch interessant
MiGDISKUTIEREN (Bitte die Netiquette beachten.)

  1. meergans sagt:

    Die Moschee wurde nicht angezündet, sie wurde gebranntmarkt. Gewaltiger Unterschied.Hat propadandistische Gründe. Wer auch immer da was propagieren will.

  2. Karl Willemsen sagt:

    @Ghostrider

    „Erstmal abwarten, bis der Täter gefasst und gestanden hat.“

    was einen aber nicht daran hindern sollte, solange ruhig schonmal die islamophoben, rechtsradikalen Sarrazins „aus der Mitte der Gesellschaft“ zu beschuldigen, nicht wahr…

  3. Ghostrider sagt:

    Na ja, sind es nicht gerade die vielen Islamophoben und rechtsextreme Trittbrettfahrer, die jetzt versuchen, ihren rechtspopulistischen Sondermüll der deutschen Gesellschaft als schmackhafte Delikatesse zu unterbreiten?

  4. NDS sagt:

    @Karl Willemsen
    Eine bescheidene Frage: Zu welchem Anschlag haben Sie den Polizei-Link reingesetzt? In dem Artikel geht es um einen Anschlag in Berlin gegen die „Islamische Kulturgemeinde der Iraner in Berlin-Brandenburg e.V.“, der von der Polizei als möglicherweise eines einer Serie von Anschlägen angehörigende politische Straftat eingestuft wird. „Ihr Anschlag“ handelt von einer, der an eine DITIB-Moschee in Düsseldorf verübt wurde, der im Artikel gar nicht erwähnt wird.

  5. Friendofthesun sagt:

    @meegans
    So kann nur jemand sprechen, der Rassismus noch nie erlebt hat bzw. der keine Empathiefähigkeit aufbringen kann.

  6. Karl Willemsen sagt:

    @NDS

    gibt es denn einen vernünftigen Grund, warum der Anschlag auf die Düsseldorfer Moschee hier in der Diskussion NICHT erwähnt werden sollte…? Sollten die Tatmotive – über welche im Artikel einschlägig spekuliert wird – in D´dorf etwa grundsätzlich anderer Natur sein als in Berlin? falls ja, lassen Sie mich bitte Näheres darüber wissen.

  7. NDS sagt:

    @Karl Willemsen
    Mir geht es nicht darum, dass etwas verschwiegen wird. Wenn Sie sich aber mit Informationen zu einem Thema rüsten, dann müssen Sie kenntlich machen, dass es sich um ein anderes Ereignis handelt. In der Wissenschaft nennt man das „Validität“.
    @meergens
    Ob zB der gewaltsame Tod eines lieben Menschen auf Mord oder Totschalg zurückzuführen ist, ändert aus Sich tder Angehörigen nicht den Fakt, dass dieser Mensch durch fremde Hand gewaltsam zu Tode kam. Wie zynisch ist die Unterscheidung von „gebrandmarkt“ und „Brandanschlag“. Erläutern Sie bitte den „großen Unterschied“.

  8. meergans sagt:

    NDS,——Ein Brandanschlag wird gezielt verübt und hat in den meisten Fällen Erfolg. Einen Molli an eine unbrennbare Wand zu schmeißen ist ein symbolischer Akt bei dem man sich fragen muß: Wem nützt er? Friendofthesun: Bei meinen vielen Reisen in der Welt ist mir das was Sie Rassismus nennen oft genug begegnet. Es ist und bleibt trotz allem ein Wort, das nur von hirnamputierten, denen es von vorn bis hinten an Ausdrucksfähigkeit fehlt, an Denkfähigkeit wohl auch, ständig in die Welt hinausgeplärrt wird. Menschen können sich gegenseitig aus tausend Gründen unsympatisch sein oder sich gegenseitig abstoßen, mit dem Patentbrüller Rrrassss ist noch gar nichts gesagt.

  9. Karl Willemsen sagt:

    @NDS

    Ich habe doch extra für Leute wie Sie, und gerade aus Gründen der “Validität” den Anschlag auf die Düsseldorfer Moschee noch mit einem Link der „Polizei-NRW-Düsseldorf“ unterfüttert! Geht es denn überhaupt noch präziser als Kenntlichmachung?

    Wenn Sie jetzt auch noch anfangen in desinformierender Absicht vom „gewaltsamen Tod eines lieben Menschen“ zu phantasieren, den es im Zusammenhang mit diesen Moscheebränden nicht gegeben hat – ja, tut mir leid, dann wirds allmählich absurd und Sie disqualifizieren sich als ernstzunehmender Diskussionsteilnehmer.

  10. NDS sagt:

    Beim Totschlag/Mord-Vergleich ging es mir nicht um diese Anschläge, sondern um die Wahrnehmung einer formal-juristischen Unterscheidung durch Betroffene. Letztenendes ist auch eine Graffitischmiererei ein Angriff. Damit ist natürlich nicht gesagt, warum und durch wen der Angriff verübt wurde.
    „Valide“ bedeutet die Gültigkeit einer Aussage für eine Beobachtung. Ihr NRW-Beispiel ist somit nicht gültig für die im Text genannten Anschläge. Sie sind aber so frei zu sagen „Hey, ich möchte hier noch a n d e r e Beobachtungen anführen“. Das müssen Sie dann aber als solche kenntlich machen. Sonst kann man Sie der Sachstandsverdrehung beschuldigen.