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Prof. Dr. Janbernd Oebbecke

“Das Religionsrecht muss sich dem Islam öffnen”

Wer den Islam nicht ins bestehende Religionsrecht integriere, stelle das System als Ganzes aufs Spiel und komme bei dringenden politischen Problemen nicht weiter. Das sagte der renommierte Jurist für öffentliches Recht und Verwaltungslehre, Prof. Dr. Janbernd Oebbecke.

Montag, 24.01.2011, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 26.01.2011, 1:30 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Das deutsche Religionsrecht muss sich nach Einschätzung des Münsteraner Juristen Prof. Dr. Janbernd Oebbecke dem Islam öffnen. „Andernfalls steht das bisherige kooperative Verhältnis von Religion und Staat in Deutschland auf dem Spiel“, sagte er am Dienstagabend in Münster. Wer den Islam nicht ins bestehende Religionsrecht integriere, stelle das System als Ganzes aufs Spiel und komme bei dringenden politischen Problemen wie der Einführung islamischen Religionsunterrichts an Schulen und islamischer Theologie an Hochschulen nicht weiter. „Eine klare Linie in der Religionspolitik fehlt.“ Der Jurist sprach in der Ringvorlesung des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ der Uni Münster, die sich mit der Integration religiöser Vielfalt von der Antike bis zur Gegenwart befasst.

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Oebbecke hält die Einführung „theologisch kompetenter Beiräte“ aus Islam-Vertretern, wie sie der Wissenschaftsrat vorgeschlagen hat, für eine Möglichkeit. Die rechtliche und politische Diskussion dieses Modells stehe am Anfang, sagte der Experte. Nach seiner Einschätzung sind die Beiräte aber mit dem Religionsrecht vereinbar. Oebbecke hat mit dem Cluster-Wissenschaftler Jurist Prof. Dr. Christian Walter und im Dialog mit Spitzenvertretern der größten deutschen Islamverbände einen Entwurf zur Gründung solcher Gremien an Hochschulen erarbeitet. Dabei geht es darum, welche Personen und Organisationen einem Beirat angehören könnten und nach welchen Regularien das Gremium über Hochschullehrer und Studieninhalte entscheiden sollte.

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Es muss sich laut Oebbecke bald erweisen, ob das derzeitige Religionsrecht, das durchaus Gegner in Politik, Wissenschaft und Recht habe, „tatsächlich für Neuzugänge offen ist“. Wenn der Islam keinen Platz darin finde, stehe es wegen der völkerrechtlichen Bindung an Diskriminierungsverbote letztlich zur Disposition. Das Religionsrecht folgt dem System der „positiven Neutralität“, wie der Jurist erläuterte. Danach besteht keine Staatskirche, der Staat kooperiert aber mit religiösen Gemeinschaften auf den unterschiedlichsten Feldern. Eine Schwäche des Systems besteht laut Oebbecke darin, dass es eine möglichst überörtliche Organisation der Religionsgemeinschaften voraussetzt, damit der Staat einen einheitlichen Ansprechpartner hat. Im Falle der christlichen Kirchen sei das gegeben, im Islam nicht. Eine Lösung sieht der Experte daher im Modell des Beirats, der die Vielfalt des Islam abbilde und als Ansprechpartner dienen könne.

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Der Juraprofessor beklagte, seit Jahren betonten alle politischen Kräfte, wie wichtig die Einführung eines Religionsunterrichts für muslimische Schüler sei. „Dennoch gibt es ihn bis heute nirgendwo in Deutschland.“ Neben rechtlichen bestünden auch politische Hindernisse. Die Anerkennung der muslimischen Verbände als Ansprechpartner sei bisher ebenso gescheitert wie der Versuch, den Religionsunterricht an einzelnen Moscheegemeinden auszurichten und lokal zu differenzieren. Wenig hilfreich sei auch das westliche „Unbehagen am Islam“ seit den Terroranschlägen vom September 2001, das alte wie neue Religionsgegner auf den Plan gerufen habe, sagte Oebbecke. Sein Vortrag trug den Titel „Der islamische Religionsunterricht und die Integration des Islam in Deutschland“. (es)
Aktuell Recht

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  1. basil sagt:

    Hatte ja gehofft, daß die hier anwesenden Antiausgrenzungsfachkräfte sich zu einer Stellungnahme hinreißen lassen würden. Aber für diesen Fall sind die anscheinend nicht zuständig. Schade eigentlich.

  2. Loewe sagt:

    Ergänzend zu Bogos Antwort auf Kosmopolits Bemerkung
    Die schicksalhafte Dogmatik ist neu zu bedenken, weil der Islam eine verbindliche Lebensordnung ist, die mit westlicher Kultur schwerlich vereinbar ist. Die Säkularität ist ihm fremd.

    Wenn man sich die gläubigen Muslime so anschaut, und sich anschaut, wie sie in Deutschland leben und arbeiten, einkaufen und Fußball spielen, fernsehen und ihren Kindern bei den Hausaufgaben zu helfen versuchen — dann kann ich Ihre Behauptung, da sei etwas nicht vereinbar, nicht bestätigt finden.

    Gläubige Muslime, die in einem säkular geprägten Land leben, leben fast alle fast automatisch auch säkular, und ihre Religiosität und Religionsausübung privatisieren sich bei den meisten von ganz allein. Der offizielle Islam der Moscheevereine in Deutschland passt sich dem allmählich an. Muss er auch, wenn er überleben will.

    Es gibt halt ein paar Erscheinungsformen, die vorher bei uns nicht so üblich waren, wie halal-Metzgereien, Kopftücher, Gebetsecken, hier und da mal ein Minarett. Aber das bisschen Zuwachs an Neuem wird doch wohl unserer deutschen Leitkultur kein Bauchgrimmen verursachen, oder – in einer Zeit der Globalisierung, in der sich unsere Lebenswirklichkeit alle 10 Jahre revolutioniert?

  3. Pingback: Islamische Religionsgemeinschaften: bald anerkannt? « BlogIG – Migrationsblog der InitiativGruppe

  4. Martin sagt:

    Ich bin der festen Überzeugung, das nur ein säkularer, laizistischer Staat die Freiheit der Religionen und die Freiheit von der Religion richtig schützen kann. 1/3 der deutschen Bevölkerung gehören keiner Kirche, keiner Rligion an. Deren Stimme ist im politischen Diskurs kaum vertreten und das wird sich irgendwann rächen. Mittelfristig muss ein bekenntnisfreier Philosophie – Ethik – Religionskundeunterricht für alle angestrebt werden. Bekenntnisorientierter Religionsunterricht muss abgeschafft werden. Bis dahin soll Islamkunde in der Schule eingeführt werden.