EU-Marathon der Türkei
„EU 27+1“ und die arabische Welt
Eine außerordentliche Möglichkeit bietet sich der EU und der Türkei vereint, die arabischen Gesellschaften in eine bessere Zukunft zu begleiten. Diese Zusammenarbeit könnte bereits mit einer engeren Einbindung der Türkei in Form von einer „EU 27+1" beginnen.
Von Hakan Demir Freitag, 11.02.2011, 8:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 25.11.2011, 22:40 Uhr Lesedauer: 5 Minuten |
Den Befürwortern eines EU-Beitritts zufolge kann die Türkei im Falle einer Vollmitgliedschaft eine Brückenfunktion zwischen Okzident und Orient übernehmen. Neben dieser Brückenfunktion werden immer wieder ökonomische und demographische Faktoren zugunsten des EU-Beitritts der Türkei aufgegriffen.
Abwendung vom Westen?
Jedoch zweifeln mittlerweile westliche Staaten an der politischen Ausrichtung der Türkei. So tauchen seit der ersten Jahreshälfte 2010 vermehrt Befürchtungen auf, wonach die Türkei sich vom Westen abwende. Vor allem wird der Türkei, die seit 2008 als nicht-permanentes Mitglied im UN Sicherheitsrat eine Stimme besaß, vorgeworfen, die Sanktionen gegenüber dem Iran im Juni 2010 nicht unterstützt zu haben und eine zwielichtige Annäherungspolitik zu ihren Nachbarn zu verfolgen. Auch der diplomatische Bruch mit Israel ist Gegenstand der Besorgnis des Westens. Dabei ist die Außenpolitik der Türkei vielmehr durch ihre Äquidistanz zu charakterisieren: Während sie weiterhin eine EU-Vollmitgliedschaft verfolgt, unterhält sie freundschaftliche Beziehungen zu ihren direkten Nachbarn des Nahen und Mittleren Osten.
Hintergrundinformation:
Die Türkei hat sich früh um eine Einbettung in westliche Strukturen (UN 1945, Europarat 1949, Nato 1952) und an die damalige Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) bemüht und ihre Bemühungen zeitigten Erfolge, als das Ankara-Abkommen 1963 unterzeichnet wurde und 1964 in Kraft trat. Es vergingen jedoch weitere 20 Jahre, bis die Türkei im Jahr 1987 zum ersten Mal einen Beitrittsantrag bei der Europäischen Gemeinschaft (EG) stellte, den die EU-Kommission zwei Jahre später auf politische und wirtschaftliche Defizite, aber auch auf die eigenen Integrationsbestrebungen verweisend, ablehnte. Die Verwirklichung der Zollunion (1. Januar 1996) mit der EU war vorerst die erste größere wirtschaftliche Integration der Türkei. Kurz vor der Jahrtausendwende gab es dann das erwünschte Erfolgserlebnis für die Türkei, die auf dem EU-Ratstreffen am 10. und 11. Dezember 1999 den offiziellen Kandidatenstatus verliehen bekam. Im Anschluss daran wurde am 3. Oktober 2005 gemWäß dem Beschluss der EU Staats- und Regierungschefs die Eröffnung von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei veranlasst. Trotz klarer Forderung der EU an die Türkei, verlaufen jedoch die offiziellen Verhandlungen beschwerlich. So wurden 8 Beitrittskapitel wegen der türkischen Zypernpolitik bereits 2006 und weitere 18 von insgesamt 35 Kapitel aufgrund von Vetos (Frankeich und Zypern) suspendiert. Der aktuelle Fortschrittsbericht der EU-Kommission verzeichnet zwar, dass die Türkei mit der Verfassungsänderung vom 12. September letzten Jahres notwendige Reformen eingeleitet habe, jedoch werden weiterhin Mängel in der Zypern- und Minderheitenpolitik festgestellt.
Revolution in Ägypten-das türkische oder das iranische Modell?
Im Hinblick auf die Revolutionsflut, die nun in diesem Teil der Erde die Bevölkerung auf die Straßen der Freiheit lockt, scheint das politische System der Türkei an Attraktivität zu gewinnen. Denn die Türkei ist auf dem guten Weg, eine harmonische Bindung zwischen Religion, Demokratie und Wirtschaft zu schaffen. Jedoch besteht ein gravierender Unterschied in der politischen Ausrichtung des Militärs in beiden Ländern. Während die Türkischen Streitkräfte (Türk Silahlı Kuvetleri) sich seit jeher als Wächter des säkularen Staates gesehen und die Rolle einer Kontrollinstanz gegen islamistische Tendenzen gespielt haben, existiert in Ägypten eine derartige Institution nicht. Sie braucht es vielleicht auch nicht, wenn Ägypten allen gesellschaftlichen Gruppierungen einen Platz im politischen System gewährt.
Es ist klar zu beobachten, dass die Türkei sich früh in die Geschehnisse in Ägypten eingeschaltet und Mubarak aufgefordert hat, den Protesten Gehör zu schenken. Bis dato sucht man derartige Stellungnahmen der EU vergeblich. Ferner unterhält die Türkei bereits enge Kontakte zu der von Hassan al Banna gegründeten Organisation der Muslimbrüder (Ikhwan al muslimin), welche die am besten organisierte Opposition in Ägypten darstellt. Der größte Vorteil der Türkei könnte hierbei ihre sogenannte „soft power“ sein, also die Macht, die sich nicht aus militärischen Ressourcen speist, sondern kulturellen Einfluss ausübt. Dieser Einfluss auf den Nahen und Mittleren Osten überlappt sich in vielen Punkten mit den außenpolitischen Zielen der EU und könnte diesen zusätzliche Glaubwürdigkeit und Durchsetzungskraft verleihen. Da die Türkei als einflussreichster Akteur in dieser Region gehandelt wird, könnte die EU von diesem Einfluss durchaus profitieren. Nichtsdestotrotz darf die Türkei ihre Fähigkeiten nicht überschätzen. In diesem Sinne zeigt der Streit um das Atomprogramm des Iran der Türkei deutlich ihre Grenzen auf. Sie ist zwar maßgeblich in die Verhandlungen involviert, wie das jüngste Treffen der 5+1 Gruppe in Istanbul nahelegt, aber sie konnte ebenfalls den Iran nicht zum Einlenken bewegen. Ferner scheint eine Revolution nach dem iranischem Muster, wie sie Israel fürchtet, unwahrscheinlich zu sein. Die Muslimbrüder haben sich von den radikalen Ansprüchen ihres Gründers entfernt und stellen nicht die einzige Opposition in Ägypten dar. Aus diesem Grund müssen sie sich den demokratischen Spielregeln, die von der Mehrheit der Gesellschaft gefordert werden, annähern, um die nachhaltigen Weichen für eine politische Teilhabe zu stellen.
„Wer sich selbst und andere kennt / Wird auch hier erkennen / Orient und Okzident / Sind nicht mehr zu trennen“ (Goethe 1819).
Ein kleines Zeitfenster zum Handeln
Ein einzigartiges Zeichen könnte die EU mit dem Beitritt der Türkei für die arabische Welt setzen. Es bietet sich daher an, die Beitrittsverhandlungen zügiger abzuschließen. Indes könnte eine engere Zusammenarbeit bereits mit einer Einbindung der Türkei in Form von einer informellen „EU 27+1“ im Rahmen des Beitrittsprozesses beginnen: D.h. die Türkei würde in Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik mit der EU gemeinsam an einem Tisch sitzen und Strategien entwickeln. Aktuell Meinung
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@ Loewe
Sie schrieben:
Das macht die Türkei besser. Sie tut gut daran, hier eine gewisse Distanz zu halten.
Nun,Loewe, das zeugt nun wirklich von einer absoluten Unkenntnis der türkischen Aussenpolitik der letzten 1-2 Jahre unter Erdogan.
Die Türkei mischt sich geradezu ÜBERALL in der Region in die Politik dieser Länder ein, man träum t“neo-Osmanische Großmachtträume“,
sieht sich als als Leaser der Region.
Wer einen Ahmadinedschad hoffiert, zu den GRÜNEN PROTESTEN im Iran kein Wort verliert, den SCHLÄCHTER DES SUDAN Omar Al.Bashir einen „guten Freund der Türkei“ nennt,ihn in die Türkei einlädt (ja, sowas macht Erdogan,obwohl der Mann per intern. Haftbefehl gesucht wird), und in die Fernsehkameras sagt, im Sudan könnte es gar keinen Völkermord gegeben haben „weil ein Muslim zu so etwas nicht fähig sei“, tja DER, meiner bester LOEWE….
Sehen Sie, Manfred O.,
die Türkei (Erdogan) macht Außenpolitik grad wie die USA, wie die EU, wie China. Kühl nach Interesse. So, wie sie es verstehen. Nur: die Türkei scheint mir zurzeit klüger in ihrer außenpolitischen Kalkulation.
Wer Israels Siedlungspolitik praktisch unterstützt und Mubarak und Ben Ali als Freunde betrachett hat und Saudi Arabien hofiert – und das tun Deutschland, die EU und die USA, nicht wahr, und mir Ihrem Einverständnis, nehme ich an, Herr O., der sollte vorsichtig sein im MORALISCHEN Urteil. Über das Nützlichkeitsurteil können wir uns dann getrennt davon unterhalten. DA ist uns die Türkei voraus. Weitsichtiger.
Die kluge türkische Außenpolitik als neo-osmanisch zu charakterisieren ist das übliche Propagandagetöse. Hat die Türkei etwa vor, sich ein Imperium zu erobern? – Es geht um gute, gedeihliche, auch wirtschaftlich fruchtbare Nachbarschaft – und zwar auch dann, wenn es den Europäern und Amerikanern mal nicht passt. Das ist alles.
Wenn wir hier einen vernünftigen außenpolitischen Diskurs führen wollen, Manfred O. und die andern,
werden wir zuerst einmal die moralische Schminke abnehmen müssen, auf die übliche Heuchelei verzichten müssen.
Wir werden zweitens die Türkei als freien Spieler auf der Szene akzeptieren müssen, der nicht einfach nach unserer Pfeife zu tanzen hat – wie man das früher so selbstverständlich gehalten hat.
Und Sie, meine Herren, werden mir mal IHRE Konzeption einer Nahostpolitik erläutern müssen. Also nicht bloß immer mosern, sondern konstruktiv werden!
Nun, ich warte auf Ihre Konzeption!
Diese ganze Diskussion und der Bericht ist im Lichte gewisser europarechtlicher Aspekte betrachtet völliger Unsinn. Mit dem Eröffnen von Beitrittsverhandlungen hat die Türkei nach Erfüllung der Beitrittsbedingungen eh so etwas wie einen Rechtsanspruch in die EU als Vollmitglied aufgenommen zu werden. Die Türken auch meine türkischen Freunde aus Oberschwaben tun so als ob die EU die Türken nicht wolle dabei sind es die Türken die bei gewissen Abschnitten des Beitrittswerks keine Fortschritte machen. Ich sage die machen da deshalb keine Fortschritte weil Sie es nicht wollen während die Grünen sagen die tun sich schwer.
Der türkische Staatspräsident war oder ist noch zu Besuch beim Bruderstaat Iran. Wahrscheinlich um die ‚ewige Freundschaft‘ zu besiegeln. Von ein paar Hinrichtungen Oppositioneller und Homosexueller muß man sich die Feierlaune nicht vermiesen lassen. Das fanden selbst die Grünen, die vor ein paar Wochen einen ähnlichen Trip gemacht hatten.
Wie war das doch zum Beispiel mit unserem Außenminister und seiner Reise nach Ägypten, zu Freund Mubarak?
Ein leidenschaftlicher Befürworter der israelischen Siedlungspolitik, Schimon Peres, hatte vor kurzem sogar die Ehre, im Bundestag zu sprechen.
Ich sehe noch GWBush Händchen halten mit dem König von Saudi-Arabien – dem nach Nordkorea vermutlich übelsten Regime dieser Erde. Auch Obama hat sich vor ihm tief verneigt.
Undsoweiterundsofort.
Iran ist das etwa gleichwertige Nachbarland der Türkei. Die Türkei tut gut daran, gute Beziehungen zu ihren Nachbarn zu pflegen.
Außenpolitik ist eine strategische Angelegenheit, keine moralische. Weder für die Türkei noch für Deutschland.
Aber für basil.
Zumindest, wenn es gegen den Iran geht.
Ist Ihre außenpolitische Haltung moralisch konsistent, basil?
Bitte lesen Sie dazu mal meine vorherigen Beiträge und beantworten Sie mir die Frage nach Ihrer außenpolitischen Konzeption.
Eine Nation, die es nicht einmal schafft, sich im eigenen Land Respekt zu verschaffen, braucht sich nicht einzubilden mit einem außenpolitischen Konzept ernstgenommen zu werden. Mehr als ein bißchen Scheckheftdiplomatie ist da nicht drin.
Wie könnte Deutschland es denn schaffen, sich „im eigenen Land Respekt zu verschaffen“,
basil?
Indem Deutschland die im Grundgesetz verankerten persönlichen Freiheitsrechte für alle hier lebenden Menschen durchsetzt.
Das tut Deutschland.
Aber wenn Sie meinen, es sei nicht der Fall, gehen Sie zum Bundesverfassungsgericht!
Los, machen Sie schon!
Es geht um die Rettung Deutschlands, oder? Da können sie ruhig mal Ihren Arsch hochhieven und mehr tun als bloß am Computer sitzen und posten.
Also Loew, ich finde Ihre Ausdrucksweise sowas von gewöhnlich, ich werde mich bei der Moderation des MiGAZINS über Ihre assozialen Wortbeiträge beschweren
„Es geht um die Rettung Deutschlands, oder? Da können sie ruhig mal Ihren Arsch hochhieven “
Moderation, ich fordere Sie auf, dieser unmöglichen Ausdrucksweise einhalt zu gebieten!!!!
Pragmatikerin