Toleranz
Integration nicht blind folgen
Politischer Philosoph Prof. Dr. Rainer Forst über einen falsch verstandenen Toleranzbegriff in der Integrationsdebatte. Toleranz bedeute dabei nicht, dass eine fremde Weltanschauung befürwortet werde, sondern dass man sie als politisch gleichberechtigt respektiere, obwohl man sie eigentlich ablehne.
Freitag, 11.02.2011, 8:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 16.02.2011, 3:10 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Der Begriff der Toleranz wird in der Integrationsdebatte nach Einschätzung des politischen Philosophen Prof. Dr. Rainer Forst oft falsch verwendet. „Wenn über Integration und Toleranz gesprochen wird, vergessen viele Menschen, dass eine Mehrheit der Minderheit stets die gleichen religiösen Freiheiten und Möglichkeiten einzuräumen hat wie sich selbst“, sagte der Wissenschaftler in der Ringvorlesung am Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der Uni Münster.
Toleranz bedeute dabei nicht, dass eine fremde Weltanschauung befürwortet werde, sondern dass man sie als politisch gleichberechtigt respektiere, obwohl man sie eigentlich ablehne. Das bleibe in den emotional aufgeladenen Debatten um Kopftuch, Burka, Moscheen oder Minaretten oft unbeachtet, betonte er.
Integration allein hilft nicht weiter
„Der Begriff der Integration allein hilft im Zusammenleben von Mehrheit und Minderheit nicht weiter“, wie der Sprecher des Frankfurter Exzellenzclusters „Normative Orders“ ausführte. „Es geht nicht darum, dem vermeintlichen Imperativ der Integration blind zu folgen.“ Der Weg zur Integration sei erst die recht verstandene Toleranz. Dazu unterschied der Politikwissenschaftler und Philosoph zwei Toleranzkonzeptionen. „Eine davon ist als ‚Tugend der Gerechtigkeit‘ zu verstehen“, so Forst. Denn jeder Mensch müsse prüfen, ob er Ansichten oder Praktiken, die er ablehne, mit guten Gründen auch unter Zuhilfenahme des Rechts zurückweisen könne, wie der Wissenschaftler erläuterte. „Maßstab dafür sollten allgemeingültige Gründe der Gerechtigkeit sein.“
In der Summe bedeute dies nicht, dass in einer Gesellschaft alle religiösen Weltanschauungen und Praktiken ungeprüft akzeptiert werden müssten, sagte der Experte. „Toleranz darf nicht verklärt werden. Sie ist kein positiver Wert an sich.“ Die Menschen sollten aber laut Forst genau wissen, wieso sie gegen etwas seien und weshalb Toleranz an bestimmten Punkten enden müsse.
Prof. Rainer Forst schloss mit seinem Vortrag die öffentliche Ringvorlesung „Integration religiöser Vielfalt von der Antike bis zur Gegenwart“ des Exzellenzclusters „Religion und Politk“ ab. Sie beleuchtete aktuelle Fragen ebenso wie historische Beispiele von der Antike über das vormoderne China und Indien bis zum mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Europa. (eb)
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Toleranz geht immer Hand in Hand mit Akzeptanz.
„Toleranz ist kein positiver Wert an sich“
Die Bevölkerung soll sich bewußt machen weshalb und warum die Toleranz an bestimmten Punkten enden müsse, sagt er unter anderem. Das kann man so stehen lassen.