Thomas de Maizière
Wir brauchen den islamischen Religionsunterricht. Und wir brauchen ihn jetzt.
Thomas de Maizière sprach sich für die sofortige Einführung von islamischen Religionsunterricht aus. Problem sei jedoch das Fehlen eines institutionalisierten Ansprechpartners, welcher Sprachrohr aller Muslime in Deutschland sei.
Mittwoch, 16.02.2011, 8:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 18.02.2011, 10:36 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Muslimische Schüler sollen islamischen Religionsunterricht erhalten. „Das ist ein wertvoller Beitrag für die Integration gerade junger Muslime in Deutschland“, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Montag auf einer Konferenz zum islamischen Religionsunterricht im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Nürnberg. Vor rund 100 Teilnehmern, darunter Vertreter der Länder sowie islamischer Organisationen, sprach sich de Maizière für die Einführung eines zügigen und flächendeckenden Lehrfachs in deutscher Sprache aus.
Recht auf Religionsunterricht
„Wir brauchen den islamischen Religionsunterricht an deutschen Schulen. Und wir brauchen ihn jetzt“, betonte der Bundesinnenminister mit Blick auf die Länder, in deren Zuständigkeitsbereich die Einführung des Islamunterrichts liegt. In seiner Rede machte de Maizière deutlich, dass der deutsche Staat ein im Grundgesetz verankertes Neutralitätsgebot gegenüber den Religionen hat. Die etwa 4 Millionen Muslime in Deutschland könnten ihre Religion frei ausüben – Zeuge davon seien die rund 2600 islamischen Gemeinden.
Das Religionsverfassungsrecht gelte für alle Religionsgemeinschaften, alle hätten die gleichen Rechte und Pflichten. Problem bei der Einführung eines flächendeckenden muslimischen Religionsunterrichts sei jedoch das Fehlen eines institutionalisierten Ansprechpartners, welcher Sprachrohr aller Muslime in Deutschland ist. De Maizière zeigte sich optimistisch, dass mit dem bewährten Staatskirchenrecht auch die Integration des Islam in unsere Rechtsordnung gewährleisten werden könne. „Aber klar ist auch: Heute erfüllen viele Dachverbandsorganisationen diese Voraussetzungen noch nicht.“ Die soziale oder politische Vertretung von Interessen reiche dafür nicht aus.
Bisher nur einzelne Modellprojekte
In den meisten westdeutschen Bundesländern gibt es derzeit Modellprojekte zum islamischen Religionsunterricht. Sie seien Übergangslösungen und müssten auch als Zwischenlösungen kenntlich gemacht werden. Langfristiges Ziel bleibe ein Religionsunterricht nach Art. 7 Abs. 3 GG, wie das bewährte Religionsverfassungsrecht es vorsieht. In der Zwischenzeit sollten jedoch pragmatische Übergangslösungen gefunden werden – auch im Interesse der vielen Muslime in unserem Land. „Es gilt nun, kreativ und zugleich pragmatisch daran zu arbeiten, dass wir die religiöse Vielfalt in unserem Land weiterhin gemeinsam klug und vernünftig gestalten.“
Die Deutsche Islam Konferenz (DIK) sei jedoch kein Ort, zwischen islamischen Organisationen und Ländervertretern im Sinne einer bundeseinheitlichen Lösung zu vermitteln. Vielmehr stelle die DIK den Rahmen für einen bundesweiten Wissens- und Erfahrungsaustausch. Das sei auf dem Plenum der DIK beschlossen worden. Die zweitägige Konferenz, die von Mitgliedern der DIK konzipiert wurde, sei ein Beitrag dieses Ziel umzusetzen. Die Einführung islamischen Religionsunterrichts in Deutschland werde ein zentrales Thema der DIK sein, deren nächstes Plenum am 29. März stattfindet.
Islamische Gemeinschaften einbeziehen
Unterstützung bekam de Maizière vom Beauftragten für Kirchen und Religionsgemeinschaften Stefan Ruppert (FDP) und dem Sprecher für Integration der FDP-Bundestagsfraktion Serkan Tören. Der islamische Religionsunterricht sei ein wichtiger Schritt zur Integration der mittlerweile 4,3 Millionen Muslime hierzulande. „Die möglichst flächendeckende Präsenz des islamischen Unterrichts wäre ein Zeichen der Gleichberechtigung des Islam als einer der mitgliederstärksten Religionsgemeinschaften in unserem Land“, so die beiden FDP-Politiker.
Es sei gut, dass die Frage nach der Einführung des islamischen Religionsunterrichts verstärkt in den Medien und in der Zivilgesellschaft offen diskutiert werde. Wichtig sei allerdings „die Einbeziehung der islamischen Gemeinschaften, deren Mitwirkung an der Erarbeitung der Lehrpläne und an der Durchführung des Religionsunterrichts das Grundgesetz eindeutig festschreibt.“ (eb)
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