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Neue Situation

Türkisch und Islam gehören nicht ins Innenministerium

Gleich mit der Amtsübernahme fordert der neue Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) von türkischen Kindern, Deutsch vor der Muttersprache zu lernen und meint, dass der Islam nicht zu Deutschland gehört. Kritik kommt von den Muslimen und den Grünen.

Freitag, 04.03.2011, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 10.03.2011, 3:09 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

„Kommende lassen Gehende vermissen“ oder „gelen gideni aratır“ lautet ein türkisches Sprichwort. Und ausgerechnet der neue Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) bestätigt es gleich am Tag seiner Amtsübernahme mit der Forderung, türkische Kinder sollten vor ihrer Muttersprache zunächst Deutsch lernen. „Ich bin der Auffassung, dass derjenige, der in diesem Land lebt, in diesem Land eingegliedert sein will, in diesem Land aufwächst, Deutsch können muss, in allererster Linie”, so Friedrich.

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Damit stellt er sich gegen den türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan, der am Sonntag im ausverkauften ISS-Dome in Düsseldorf an seine Landsleute appelliert hatte, ihren Kindern zunächst die Muttersprache beizubringen. Er stützte sich auf die Sprachforschung. Nur so könnten Kinder weitere Sprachen lernen.

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Feldwebel-Ton an die Zielgruppe
Zwei Politiker, zwei Ansichten. Das Rennen dürfte machen, wer die Zielgruppe erreicht. Und da scheint Erdogan die Nase klar vorne zu haben. Im Gegensatz zu Friedrich wurde er von den mehr als 10 000 Türkischstämmigen gefeiert.

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Für den integrationspolitischen Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Memet Kılıç, brauchen Kinder keine Vorschreibungen, welche Sprache Sie zuerst lernen sollen. „Diese Kinder sind intelligenter als Herr Friedrich und Herr Erdogan zusammen. Sie können Ihre Muttersprache und Deutsch parallel lernen. Doch dabei brauchen Sie eher Unterstützung, und keinen Feldwebel-Ton“, so der Grünen Politiker.

Islam in Deutschland
Ähnlich dürften auch die Worte Friedrichs in den Ohren von über vier Millionen Muslimen auch in Bezug auf den Islam klingen. Im Oktober 2010 hatte er gesagt, dass „die Leitkultur in Deutschland […] die christlich-jüdisch-abendländische Kultur“ ist. „Sie ist nicht die islamische und wird es auch nicht in Zukunft sein.“ Damit hatte er dem Bundespräsidenten Christian Wulff widersprochen, der festgestellt hatte, dass der Islam zu Deutschland gehört.

Auch als neuer Bundesinnenminister sah Friedrich keinen Grund, seine „Auffassung von damals zu verändern.“ Dass der „Islam zu Deutschland gehört, ist eine Tatsache, die sich auch aus der Historie nirgends belegen lässt“, so der CSU Politiker am Donnerstag.

Als falsch bezeichnete Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland und Islamkonferenz Teilnehmer, die Worte Friedrichs in einem Interview mit den Deutsch-Türkischen Nachrichten. Natürlich gebe es genügend historische Belege, dass es zwischen der islamischen Welt und Europa immer Bezüge gab. „Es gab immer einen regelrechten Austausch und auch in Europa selbst eine muslimische Präsenz, ob es in Andalusien oder in Malta oder Sizilien ist, um nur einige zu nennen“, so Mazyek.

Islamkonferenz
Wie Friedrich unter diesen Vorzeichen das vom ehemaligen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) angefangene, von seinem Nachfolger Thomas de Maizière (CDU) fortgeführte Erbe der Islamkonferenz fortführen will, wird sich herausstellen müssen. Jedenfalls wolle er dem einen hohen Stellenwert beimessen. Es gehe darum, die unterschiedlichen Potenziale einer Gesellschaft zu nutzen. Dazu gehöre, „dass man Dinge zusammenführt und nicht auseinandertreibt und nicht polarisiert“.

Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast nimmt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in die Pflicht. Sie müsse erklären, was sie mit dieser Besetzung wolle: „Ist das sehenden Auges ein Affront gegenüber dem Bundespräsidenten? Hat sie überhaupt ein Ziel und einen Plan für das friedliche und gedeihliche Zusammenleben in diesem Land?“ Angesichts der ersten Äußerung des Bundesinnenministers müsse man sich diese Fragen stellen. (eb)
Politik

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  1. Takeyo sagt:

    Ich glaube nicht das Herr Hans-Peter Friedrich weiss was er sagt. Er weiss nämlich genau, das man ruhig über den Islam Wählerstimmen bekommen kann, damit hat keiner auch nur ein Problem.

    Ich glaube das der Herr Innenminister rechts angehaucht ist, genauso wie seine ganze Partei.

    Natürlich muss er den Islam anprangern denn er ist ja immerhin in der Christlich (wohl nicht ganz) Sozialen Union.

    Er könnt natürlich auch was über das Judentum sagen, das wird er aber vermeiden, denn wir wissen ja alle was passiert wen man sowas in deutschland macht.

    Respekt vor dem Glauben andere Menschen sollte man haben das fehlt unserem ach so tollen Innenminister leider wie man auf anhieb sieht und hört.

  2. Pingback: PM: Feldwebel als Innenminister - Memet Kilic - ist im Bundestag

  3. admiral snyder sagt:

    Warum denn auch? Muslime können hier gerne beten und alles tun, was ihnen die Religionsfreiheit hierzulande gestattet, aber warum soll man den Islam z.B. vor dem Hinduismus in Deutschland den Vorrang geben? Sehe überhaupt gar keinen Grund dafür! Türkischsprechen ist auch absolut gar kein Problem, aber einen Grund für eine Vorrangstellung sehe ich auch hier überhaupt gar nicht.

  4. Udo sagt:

    „Ich bin der Auffassung, dass derjenige, der in diesem Land lebt, in diesem Land eingegliedert sein will, in diesem Land aufwächst, Deutsch können muss, in allererster Linie”, so Friedrich.
    Er hat nicht gesagt, dass Deutsch vor der Muttersprache gelernt werden muss. Er hat nur gesagt, dass es für Eingliederung, Integration und Erfolg in Deutschland unbedingt nötig ist Deutsch zu lernen, Türkisch spielt da nur eine Nebenrolle und da hat er Recht.
    Trotzdem kann es durchaus Sinn machen zuerst mit dem Neugeborenen in Türkisch zu kommunizieren und ihn erst später zur Kindergartenzeit konsequent an die Deutsche Sprache heranzuführen, z.B. wenn die Eltern selber nur schlechtes, gebrochenes Deutsch sprechen. Ich denke, es hängt immer von der Ausgangssituation in den Familien ab welchen Weg man zur Zweisprachigkeit wählt.

  5. Udo sagt:

    Was den Islam angeht. Im rein historischen Kontext hat Friedrich recht, nur die heutige Realität sind anders aus. Natürlich gehört der Islam mittlerweile zu Deutschland.

  6. ibo sagt:

    !!!!die christlich-JÜDISCH-AbendländischE Kultur!!!!???
    ehhh okayyyyy
    und wie lief diese gemeinsame 1000jährige kultur so ab???
    friedvoll schön nett zusammenlebend ohne probleme und ohne zwist perfekt funktionierend einer symbiose gleich auf gleicher augenhöhe???!!
    komisch komisch, nix gegen deutsche, ich stimme dem mann auch zu, der islam gehört historisch gesehen nicht zu europa,, keine religion tut es wenn man lang genug in die vergangenheit schaut, ok außer vielleicht schamanismus und sog. heiden, aber mit der zeit wird aus fremd nun mal freund,, und so was sollte man nicht leugnen oder sich als innenminster querstellen!! typisch deutsch halt ne!!

  7. marki sagt:

    sein gegenüber auf dem Foto sagt doch schon alles, der Herr ober Moral Apostel Seehofer der Csu.

  8. „Dass der „Islam zu Deutschland gehört, ist eine Tatsache, die sich auch aus der Historie nirgends belegen lässt.“

    Vor 1848 gab es auch nicht unbedingt einen historischen Beleg dafür, dass Demokratie irgendwie zu den Gebieten gehört, die das heutige Deutschland bilden. Man sollte die Geschichte definitiv nicht für alles bemühen.

    Fakt ist: Menschen islamischen Glaubens leben heute in Deutschland. Sie sollen sich integrieren. Sie sollen sich nicht assimilieren und allesamt zum Christentum übertreten. Wer möchte, dass sich diese Menschen in Deutschland integrieren, muss akzeptieren, dass sie UND ihre Religion dann auch zu Deutschland gehören. Bedeutet für mich: Der Islam gehört zu Deutschland. Bedeutet für mich NICHT: Alle wie auch immer gearteten Auslegungen des Islam müssen hier geduldet werden.

    Nur Meinungsäußerungssenf! Mahlzeit!

  9. Europa sagt:

    @ibo
    „!!!!die christlich-JÜDISCH-AbendländischE Kultur!!!!???“

    Ich finds auch ein Witz! Wie ich schon mal öfter wiederholt habe hier auf Migazin gibt es in Europa nur eine atheistisch-christliche Leitkultur. Sonst nichts. Kein Islam. Kein Judentum und auch sonst nichts. Unsere Kultur folgt nicht blind irgendeiner Religion sondern wird stets mit dem gesunden Menschenverstand begründet. Sonst wäre die Erde Heute noch flach und die Sonne würde um die Erde kreisen.
    Wenn es heute den Islam in Europa gibt, dann nur weil die Europäer in den letzten jahrzehnten ausserordentlich tolerant gegenüber von Aussen kommenden Menschen war und nicht weil der Islam schon immer in Europa war! Der Islam ist in Europa nicht erwünscht sondern wird toleriert! Auch ein Mehmet Kilic wird sich früher oder später fragen müssen, ob er nicht vllt ein komplett falsches Bild von Europa hat. Das Christentum ist in Europa die vorherrschende Religion (auch mir gefällt das nicht) aber es ist eine Tatsache! Die Muslime müssen das akzeptieren und zurückstecken können. Wer glaubt als Muslim in Europa gleich viel Einfluss zu haben wie das Christentum, der irrt und hat wohl Probleme die Eigenarten von anderen Länder zu akzeptieren. Der Islam bleibt eine Randgruppenreligion in Europa und wird auch nie über diesen Status hinauskommen. Vorallem muss der Islam in Europa noch sehr viel über demokratie, menschenrechte, gleichberechtigung von Mann und Frau und akzeptanz von homosexuellen lernen. Der Islam hat die Werte in Europa noch nicht verstanden und ist somit noch lange kein Teil von Europa.
    Wenn man aber mit „der Islam gehört zu Europa“ nur meint, dass es den Islam in Europa gibt, ja dann muss ich ihnen recht geben.
    Was unterscheidet eigentlich den Islam der in Europa gelebt wird vom islam der in der Türkei gelebt wird?

  10. Miro sagt:

    Wie recht der neue Innenminister doch hat. Und eine seiner ersten Taten wird sein an der Aufklärung der Greultat eines 21 jährigen „Allahu akbar“ schreidenden Moslems namens Arid U. mitzuwirken. Das hat natürlich nichts mit dem Islam zu tun, oder vielleicht doch und der Junge hat Sure 9 Vers 5 einfach so verstanden wie der Verfasser des Korans wollte das sie verstanden wird.
    Die Einsicht in Deutschland und Europa wächst und die Leute verstehen zunehmend das das Motto der Muslim Bruderschaft „Islam ist die Lösung“ genau anders richtig wäre, Islam ist das Problem.