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Ein Fremdwoerterbuch

Schulversager, weil Gott es will

Gehört der Islam zu Deutschland?" Wenn ich diese Frage noch einmal höre, knallts. Dann schnappe ich mir mein Sprengstoffgürtel und das tickende Bömbchen unter dem Kopftuch und gehe in die Luft - dorthin, wo dümmliche Fragen nicht hinkommen.

Von Mittwoch, 30.03.2011, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 01.04.2011, 2:36 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

In eine Welt frei von pseudo-intellektuellen Stellvertreter-Diskussionen. Eine Welt frei von Fragestellern, die eigentlich nur meinen: „Ätsch, ihr Muslime gehört nicht zu uns.“ Weil das aber zu plump wäre, tut er mal eben so, als ginge es ihm um einen ernsthaften lösungsorientierten Diskurs. „Ich meine es ja nur gut mit euch.“

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Seit Wochen dröhnt ein höchst frustrierender medialer Diskurs in meinen Ohren, bei dem Selbstverständlichkeiten und Banalitäten ad absurdum diskutiert werden. Ob der Islam zu Deutschland gehört, lässt sich genauso schnell beantworten, wie ob Foucault, Hobbes, Newton, Adam Smith oder Harry Potter zu Deutschland gehören. Die Frage kann doch nicht ernsthaft ernst gemeint sein?

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Doch, sie ist ernst gemeint. Kürzlich saß ich im Publikum einer top-besetzten Diskussionsveranstaltung und wollte mir anschauen, wo wir uns diskursmäßig derzeit befinden. Schockiert musste ich feststellen: Wir sind unten. Ganz tief unten.

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Es war ein renommierter Spiegel-Journalist, der die Diskussion offenbar als Niveaulimbo begriff. Woher die Erregungsbereitschaft der Muslime käme, witzelte er. Ihnen fehle es an Sex und Alkohol. Dann fragte er ernst in die Runde ob es einen Zusammenhang zwischen dem Islam und Bildungsverweigerung gäbe.

Sollte ich lachen oder weinen? Aus dem Publikum schaute ich ihn an. Er wich meinem Blick aus. Dann stand ich auf, um einen Wortbeitrag zu leisten. Der Herr drehte seinen Kopf weg. „Sie dürfen mich ankucken oder verwirrt Sie meine Existenz?“, fragte ich. Ganz offensichtlich war dem so. Seinen Behauptungen zufolge dürfte ich schließlich gar nicht existieren.

„Iqra – Lies!“ ist das erste Wort, das dem Propheten überliefert wurde. Religiösität bedeutete für mich immer auch mich weiterzubilden, persönlich weiterzuentwickeln und nach Wissen zu streben. Nie etwas anderes. Nie habe ich Gegenteiliges beigebracht bekommen, gehört oder gelesen. Und da kommt ein schnieker Journalist dahergelaufen und stellt Zusammenhänge her, wo keine sind. Klar, er will eigentlich wissen, warum viele Migranten aus islamisch geprägten Ländern im deutschen Bildungssystem schlecht abschneiden. Dann soll er mir mal einen Schüler zeigen, der nicht lernt, weil er das theologisch begründen kann.

„Sie stellen die falschen Fragen“, sagte ich. Es sind Schicht- und Sozialprobleme, die er da anprangern sollte. Nach der Diskussionsrunde fragte ich ihn, wie er denn zu dieser Haltung komme. „Ich habe viele Bücher flüchtig gelesen“, erklärte er. „Flüchtig“, wiederholte ich. „Ja, das ahnte ich bereits.“

Dann drehte er sich mit vorgehaltener Hand zu mir um und verriet: „Ich bin kein Islam-Experte. Man lädt mich halt ein. Und ein bisschen muss es ja knallen.“ Apropos knallen, irgendwo unter diesem Tuch müsste das Ding doch sein … Aktuell Meinung

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  1. arabeska sagt:

    @sugus

    „Die türkischen Gastarbeiter haben nicht in deutschen Dependancen türkischer Firmen gearbeitet.“

    Richtig, deshalb habe ich bewußt das Beispiel eines heutigen Expatriats gebracht. Aber vor 30-40 Jahren hat man gezielt die bildungsfernen Einwanderer ins Land geholt, die meist als Schichtarbeiter tätig waren und hat diese zunächst in Baracken untergebracht. Damals wurden keine Sprachkurse angeboten, weder vor der Abreise im eigenen Land, noch vor Ort. Was gefragt war: körperliche Arbeitskraft und Belastbarkeit, sowie staatsbürgerliche Pflichten wie Zahlung von Steuern und Abgaben. All das wurde von den Einwanderern erfüllt.

    Die zweite und dritte Generation der Einwanderer ist hier in die Schule gegangen, hat also Deutsch gelernt. Die notwendige Förderung mancher Einwandererkinder in der Schule war aufgrund unseres Schulsystems jedoch nicht ausreichend, wie man jetzt endlich parteiübergreifend erkannt hat.

    Wie also sollten meine Landessprachkenntnisse sein, um von der Mehrheitsgesellschaft als gleichwertiger Bürger dieses Landes anerkannt zu werden? Das ist wohl eher subjektiv zu bewerten.
    Beispiel: Wenn ich mit Geschäftspartnern und Freunden aus dem Maghreb vor Ort in Französisch mit arabischen Wortfetzen kommuniziere, bekomme ich immer ein positives feedback. Wenn ich in Frankreich im Gespräch den subjonctiv nicht einwandfrei anwende, rümpfen manche Franzosen verächtlich die Nase.

  2. Europa sagt:

    @arabeska
    „Aber vor 30-40 Jahren hat man gezielt die bildungsfernen Einwanderer ins Land geholt, die meist als Schichtarbeiter tätig waren und hat diese zunächst in Baracken untergebracht. Damals wurden keine Sprachkurse angeboten, weder vor der Abreise im eigenen Land, noch vor Ort.“

    Sie wissen schon, dass die Abmachung mit diesen Menschen nicht der dauerhafte Aufenthalt in Deutschland war, sondern das Ausreisen nach getaner Arbeit! Als diese Menschen aufeinmal bemerkt haben, dass Sie doch nicht mehr zurück in die Heimat wollten, dann wäre es auch ihre Aufgabe gewesen sich den lokalen Gegebenheiten anzupassen und nicht die des Staates, sonst geht der wirtschaftliche Vorteil die die Gastarbeiter den Deutschen ja bringen sollten komplett verloren und ob sie es wollen oder nicht, das war der einzige Grund warum diese Menschen nach Deutschland geholt worden sind! Dass diese Menschen anschliessend massive Integrationsprobleme bekommen haben, liegt auch an der chronsichen Selbstüberschätzung dieser Menschen und deren selbstverständnis, dass der deutsche Staat eine unerschöpfliche einnahmequelle besitzt und zwar (grösstenteils) deutsche Steuerzahler und dass er das schon richten wird.
    Dementsprechend sehen dann auch die Forderungen aus: Mehr Geld, Mehr Geld und die Deutschen sollen sich dem Orient anpassen.

    „Wie also sollten meine Landessprachkenntnisse sein, um von der Mehrheitsgesellschaft als gleichwertiger Bürger dieses Landes anerkannt zu werden?“

    Sie sollten vorallem mal vorhanden sein!
    Sie sollten erst mal lernen zu akzeptieren, dass ihre geliebte arabische und türkische Gesellschaft massive Probleme hat und ein vollkommen verkorkstes Bild von Einwanderung und Integration haben, bzw. nicht mal wissen warum sie in der deutschen Gesellschaft nicht richtig akzeptiert werden, weil Sie von vorne bis hinten einfach ncihts verstehen, von dem was hier ab geht. Die meisten wissen wahrcheinlich besser was in der EHEMALIGEN Heimat abgeht, als in Deutschland.
    Dass man bei solchen Diskussionen wie hier auf Migazin nicht auf die berüchtigten Integrationsverweigerer trifft, sondern auf diejenigen die der deutschen Sprache mächtig sind und sich damit auch erfolgreich integriert haben ist mir auch klar, aber Sie sollten aufhören sich selbst als der Durchschnittsmigrant darzustellen, denn das ist einfach nicht der Fall! Um Sie zu wiederlegen muss ich nur kurz ein Spaziergang durch die Stadt machen oder eine Runde mit der U-Bahn fahren. Die meisten Migranten können nicht mal annähernd genügend Deutsch um hier vernünftig kommunizieren zu können, bzw mehr als nur einen „Döner komplett mit scharf“ als Bestellung aufzunehmen.
    Halten Sie die Menschen in Deutschland nicht für blöd oder komplett naiv!

  3. arabeska sagt:

    @europa

    Ihre Kommentare werden immer unerträglicher und man spürt regelrecht Ihre Angst, dass das Gewohnte, Gelernte, Geglaubte, Erkannte, das einem Sicherheit gibt, durch neue Einsichten und Entwicklungen relativiert werden könnte. Je enger der eigene Horizont und Lebensraum ist, je mehr man ihn unverändert beibehalten will, um so mehr muss man fürchten, seine Sicherheit zu verlieren durch neue Entwicklungen.

    Wie wärs wenn Sie mal wieder dort kehren, wo es am nötigsten ist, nämlich vor der eigenen Haustür !