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Partiziano

Forchiaio aka Göffel

Wenn Sprachen sich treffen, kann keiner sagen, er habe es nicht verstanden. Und wenn doch, so sei darauf hingewiesen, dass Wörter keine Freizügigkeiterlaubnis brauchen, um sich frei entfalten zu können.

Von Dienstag, 12.04.2011, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 15.04.2011, 2:04 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Neulich hier in Offenbach: Der schlecht gelaunte Mann vom Ordnungsamt verteilt seine Strafzettel, fotografiert die Parksünder und schwitzt tierisch unter seiner albernen Schirmmütze, die ihm zusammen mit der Uniform mehr Autorität verleihen soll, wenn er mal wieder am besten Kebap-House in Town, am Ye Babam Ye, vorbei schlendert und genau weiß, was die Kollegas von ihm halten. Ey, richtige Cops tragen Pistolen und keinen Scanner am Gürtel, wallah.

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Just, da er dem silbernen SLK einen Knollen verpasst hat, laufen vier gut gelaunte Osteuropäerinnen zu genanntem Vehikel und rufen dem HiPo (Hilfspolizisten) fröhlich zu. „Thank you!“ Er erwidert (halb zu sich und halb zu den Damen gewandt): „You welcome. And next time you take your park ticket… oder wie das Ding auch heißt!“ Den letzten Halbsatz sprach er wohl eher zu sich selbst, da die Damen es sich bereits im Wagen bequem gemacht hatten.

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Ob sie sich ihm nun als die Vorhut jener Welle von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen aus Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn sein sein wird, die ab 1. Mai 2011 die volle Freizügigkeit genießen, darstellten, mag dahin gestellt sein. Fest scheint an dieser Stelle jedoch zu stehen, dass ArbeitNEHMER für sich genommen immer Menschen beschreibt, die Arbeitsplätze stehlen. Und wenn sie dann noch aus Osteuropa kommen und man weiß, dass die polnische Zentralbank letzte Woche ankündigte, dass das Haushaltsdefizit des 1. Quartals 2011 womöglich nach oben revidiert werden müsse, und zwar um einen Prozentpunkt, weil es Unstimmigkeiten zwischen deutschen und polnischen Statistiken hinsichtlich Im- und Exporten von Autos gab und laut deutschen Angaben mehr Autos Deutschland verlassen haben, als in Polen (in den Büchern) angekommen sind, kann man sich schon fragen, wer hier wen auf den Arm nimmt und inwieweit Statistiken verständlich sind.

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Sprache hingegen hat keine Probleme sich auszudrücken. Denn: Sie hat immer einen Parkplatz, auf welchem sie Unstimmigkeiten abstellen kann. Ein Beispiel: Unsere Kinder sollen bei Oma und Opa übernachten. Jetzt kann es vor allem bei inter-ethnischen Ehen und Beziehungen zu der Frage kommen: Ja, zu welcher Oma und zu welchem Opa soll es denn heute gehen? Zu denen von Mama? Von Papa? Was machen wir überforderten Intellekto-Multi-Kulti-Kanak-Attack-Victims also? Genau: Wir duplizieren. Wir sagen: Heute gehst du zu Annene, zu Omama, zur Nonna. Wir nennen die Sachen beim Namen. Wir unterscheiden in Sprache durch Sprache. Denn wenn wir Nonna sagen, weiß unser Kind, dass es zu der italienischen Oma geht. Und wenn wir Omama sagen, weiß es: Heute verkneife ich mir die italienischen Wörter, die Papa mir beigebracht hat, denn sonst sagen Oma oder Opa wieder: Was bedeutet das denn?

Und so mag sich auch der Offenbacher Ordnungsmann gedacht haben: Ticket verstehen die, Parking auch und wenn ihr das nächste Mal jenseits der Sprachbarriere (also auf der anderen Seite) parkt, gibt’s auch kein Ticket, capisce?!

Und was hat es nun mit dem Titel auf sich? Ganz einfach: Auch dieser ist (noch) in Arbeit und hat etwas mit unserem Nachwuchs zu tun. Schließlich habe ich vor, gemeinsam mit dem Filmdesigner Fredrik Kammer ein Projekt zu realisieren, ein Kinderbuch, dass den vorläufigen Titel „Fanny Forketta und Konrad Kochlöffel“ trägt. Dabei soll es um eine italienische Gabel und einen deutschen Löffel gehen, die schließlich ihre gemeinsame, gegenseitige Liebe für die jeweils andere Küche entdecken und sich letztlich zum Forchiaio aka Göffel vereinen. Nicht schön, aber praktisch. Aktuell Meinung

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