Ali konkret
„Ich sag dann mal Sorry…“ – Eine Gedankenrevue zu Thilo Sarrazins Verbleib in der SPD
War alles nicht so bös gemeint … alles nur ein schlechter Scherz … und überhaupt: alles nur ein peinliches Missverständnis. Millionen Menschen in dieser Republik haben unter kollektiven Halluzinationen gelitten. Die SPD hat's bestätigt.
Von Ali Baş Dienstag, 26.04.2011, 8:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 17.04.2016, 23:01 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Es war einmal ein älterer Herr, der war einmal eine mittelgroße Nummer in einer stolzen und traditionsreichen Partei. Jahrelang hütete er die Finanzen des armen, aber nicht ganz unsexy wirkenden Bundeslandes Berlin. Zwischendurch wurde es aber dem älteren Herrn doch etwas ungemütlich in den kargen Büroräumen des Berliner Senats.
Dann müssen schon mal die armen Hartz IV-Empfänger ihren letzten Pullover im bitterkalten Berliner Winter hergeben, weil sonst die Gefahr der spätrömischen Dekadenz drohen könnte, die zu mehr unproduktiven (weil ständig unterdrückt und in den Wandschrank gesperrten) Moslem-Kopftuchmädchen führen könnte.
Das war es! Schon blitzten die Fotoapparate sämtlicher Postillen dieser Republik und ein neuer Star war geboren…so was wie Ekel Alfred mit SPD-Parteibuch. Sein Name war Thilo Sarrazin! Und weil nach dem Abschied als Berliner Kohle-Wächter die Büroräume der Deutschen Bundesbank auch zu trist waren, musste unser Thilo seine Sicht der Dinge zum Thema „Integration“ in sein „rotes Buch“ ergießen, welches später dann gekonnt von der Aktionskünstlerin Necla Kelek bei einer Pressekonferenz pantomimisch performt wurde.
Der Inhalt dieses Buches, eine Mischung aus RTL-tauglichem Sozialporno und aus dem Zusammenhang gerissenen Statistiken gepaart mit wirren Ausflügen in die Irrlehren von Intelligenz, Rasse und Religion fand viel Beifall, besonders in der politisch wichtigen Mitte der Gesellschaft. Das Affentheater in Deutschlands größtem Bildungsmedium wurde später nur noch durch die Pro-Guttenberg-Kampagne getoppt, die an Fremdschämpotenzial kaum noch zu überbieten war und uns beinahe die Rückkehr der Monarchie beschert hätte.
Nun ist unser Thilo mit seinem roten Buch auf gesellschaftliche Kernspaltungstournee gegangen und um mehrere Altersmillionen reicher. Seine politische Heimat, die SPD, erlebte damit den politischen Super-GAU.
Nicht wenige aufrichtige Parteigenossen zeigten sich empört und forderten einen Ausschluss ihres gar nicht mehr so rot daherkommenden Genossen Thilo. Ein Ausschlussverfahren war beschlossen und es drohte uns ein monatelanger Prozess, welcher uns womöglich noch den zweiten Teil des bösen, roten Buches beschert hätte.
Nun rückte der erste Termin des Ausschlussverfahrens näher, die SPD sichtlich angespannt, denn egal wie dieses Verfahren ausgegangen wäre, Thilo gewinnt so oder so.
So geschah es, dass sich die SPD-Spitzenleute gerade einmal wenige Stunden beraten haben, was man denn jetzt nun mit Thilo machen könnte.
Das Ergebnis: war alles nicht so bös gemeint … alles nur ein schlechter Scherz … und überhaupt: alles nur ein peinliches Missverständnis. Thilo sagt dann mal „Sorry!“.
Es lag ihm natürlich fern (so ungefähr vom Stuhl bis zum Tisch) MigrantInnen zu dissen oder sogar Menschen zu kränken … nein nein … alles nur eingebildet. Die SPD-Spitze ist damit zufrieden. Thilo bleibt in der Familie. Problem vom Tisch … zumindest oberflächlich.
Wir fassen zusammen: Millionen Menschen in dieser Republik (inklusive den Trittbrettfahrern von der NPD) haben unter kollektiven Halluzinationen gelitten.
Das ist jetzt amtlich beschlossen durch das SPD-Schiedsgericht. Allen stolzen Besitzern von „Deutschland schafft sich ab“ empfehle ich nur noch eines: Tauscht eure Bücher um! Holt euch eure Kohle zurück, denn auch ihr wurdet schamlos hinters Licht geführt! Aktuell Meinung
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Man sollte über diesen geistig labilen Sarrazin nur lachen, doch wenn ihn viele ernst nehmen, so schlägt das um in eine Tragikomodie…
Seit langem keinen so guten Beitrag gelesen.
Ihr kämpft hier gegen Windmühlen. Für die SPD stellt sich die Frage, ob sie mehr Wähler verliert durch den Ausschluss Sarrazins oder durch seinen Nichtausschluss. Die 5% Muslime in Deutschland für sich zu gewinnen (sofern sie nicht ohnehin eher den Grünen zuneigen) ist wahrscheinlich weniger attraktiv als diejenigen eigenen Wähler zu behalten, die Sarrazins Thesen positiv sehen.
Ihr kommt mit den banalen Rassismusvorwürfen nicht gegen die Alltagserfahrung der Menschen an, die eben erleben, dass es in erster Linie die Muslime sind, die sich abgrenzen.
@Fritz
Ich würde gerne mal wissen, woher Sie diese Annahme haben, dass sich Muslime abgrenzen. Ich würde mal eher behaupten, dass es die Ursprungsdeutschen sind, die Berührungsängste haben. Da braucht man noch nicht einmal einen Kopftuch dazu. Man muss nur dunkle Haare haben, das reicht schon! Und schon wird man in eine ganz spezielle Schublade gesteckt, mit der man nichts zu tun haben möchte.
Ja klar, Muslime sehen anders aus, beten anders, essen anders, aber heißt das, dass sie abartig böse sind? Müssen denn alle einheitlich sein? Wie langweilig wäre das denn?
„Da braucht man noch nicht einmal einen Kopftuch dazu. Man muss nur dunkle Haare haben, das reicht schon! Und schon wird man in eine ganz spezielle Schublade gesteckt, mit der man nichts zu tun haben möchte.“
Vielleicht leiden die Muslime an kollektiver Einbildung? Ohne seid ihr wirlich so zartbeseitet, dass ihr permanent darüber weint, dass man euch nicht in den Arm nimmt, euch Küsschen rechts, Küsschen links gibt, ein bisschen quatscht, villeicht ein paar kleine Geschenkchen austauscht und gleicht die lebenslange Freundschaft anbietet, wie das bei Euch im Orient der Fall ist? Hier in Nordeuropa ticken die Uhren anders. Erst ist man Feind, dann neutral, und später, viel später Freund. Bei den Südamerikanern, den Latinos, ist das umgekehrt. Bei denen ist man erstmal schon ein Freund, man gibt sich ein Küsschen links und rechts, nimmt sich gleich fest in den Arm. Später stellt der Latino dann eventuell fest, dass es doch nicht so passt, und zieht sich zurück. Für uns Nord- und Osteuropäer ungewöhnlich.
Hier kann man froh sein, wenn man ein Danke hört. Oder wenn man angelacht wird. Das ist hier nicht so, aber das hat NICHTS damit zu tun, dass ihr Türken seit. Gar nichts. Oder besser gesagt hatte, vielleicht hat es sich mittlerweile etwas geändert. So richtig gut auf Türken und Araber ist keiner mehr zu Sprechen, ehrlich gesagt. Zumindest, mit den Leuten, mit denen ich rede.
@Mika
Zu diesen Thema brauchen Sie sich nur mal die Statistiken der „interkulurellen“ Eheschliessungen anzusehen (stat.Bundesamt).
Hier geht ganz klar hervor das in der 2. und dritten Generation die Eheschliesungen zwischen Türken und Deutsche unterhalb 5% liegen. bei anderen Ethnien liegt der Prozentsatz bei 15% und mehr.
Wer grenzt sich hier nun ab?
Vielleicht ist es für Menschen anderer Kulturen einfach auch nicht so spannend erst zum Islam zu konvertieren zu müssen.
@Gunter
Wer grenzt sich hier ab? Die meisten Usprungsdeutschen von den Deutsch-Türken natürlich! Ich selbst kenne da einige Beispiele: wo der Sohn enterbt wurde und man jeglichen Kontakt abgebrochen hat, nur weil er eine Deutsch-Türkin geheiratet hat. Und er ist mitnichten konvertiert. Also kommt mir bitte nicht mit irgendwelchen Prozentzahlen ohne dass man mal „hinter die Kulissen“ geschaut hat!
@Schneider
Ich könnte Ihnen jetzt mal meine fremdenfeindlichen Erlebnisse erzählen, aber das würde einfach den Rahmen hier sprengen! Es ging dabei nur um alltägliche Banalitäten, aber aufgrund meines Äußeren wurde sogleich ein Bezug zu meinem Ursprung geknüpft. Aber na klar hab ich mir alles eingebildet und die armen Deutschen haben das ja nicht so gemeint. Vielmehr hab ich das missverstanden. Und die armen Deutschen fühlten sich einfach nur von mir bedroht. Herrje, ihr seid aber auch arm. Immer hackt man auf euch rum, dabei könnt ihr doch nichts dafür. Ihr seid einfach so. Wann kapieren das denn die blöden Migranten?
@mika
Nicht Ausgrenzung ist das größte Problem der Integrationswilligen, sondern die Errichtung von Hindernissen, die türkischen Gemeinden und Familien selbst schaffen.
Das sind traditionelle (autoritäre) Erziehungsmethoden und Werte, strenge soziale Kontrolle, die Verfestigung der türk. Communities, die Ehepartner aus der Türkei.
Individualität und sozialer Austausch mit Deutschen – notwendig für eine erfolgreiche Integration – wird so stark behindert, wenn nicht fast unmöglich gemacht.
Es ist einfach, alles den Deutschen in die Schuhe zu schieben – nur, weshalb gibt es diese Schwierigkeiten nicht mit anderen Einwanderergruppen?
Mika,
1) bin ich auch Ausländer. Meine Frau ist dunkel und könnte eine Türkin sein, sie kann ihre sogenannten Anfeindungen nicht nachvollziehen. Ein paar Kleinigkeiten sicher, aber bitte, sind Sie wirklich so ein Sensibelchen?
2) wurde ich in der – ach so tollen – Türkei ebenfalls fremdenfeindlich behandelt. Ausgelacht, Betrogen und von vorne bis hinten belogen, weil ich kein Türke war. Nicht von allen wohlgemerkt, von einigen. In Spanien hatte ich ebenfalls teilweise den Eindruck. Nicht von allen wohlgemerkt, von einigen. Auch in Frankreich. Im Ostblock alledings weniger, vermutlich deshalb, weil ich selbst aus dem Ostblock bin. Und? Ist das so schlimm? Mein Gott, so sind die Leute halt, es ist doch nicht das ganze Volk so! Kommen Sie mal runter von ihrem Diskriminierungsross!
3) Ich bin mit Schwarzen aufgewachsen. Diese drei Brüder sind heute alle selbstständig, verdienen sehr viel Geld und haben die paar „Diskriminierungen“, die sie in ihrer Jugend durchleben mussten, lockerst weggesteckt. Man kann also mit diesen sogenannten Diskriminierungen nicht eine Verbrecherlaufbahn begründen. Man kann nicht sein ganzen Leben lang wegen ein paar Hänseleien weinen.
4) Ich habe eine häßliche Nase und habe als Kind gelispelt. Jahrelang wurde ich verspottet und gehänselt. Sie würden das natürlich -falls das ihnen passieren würde- als fremdenfeinlich auffassen bzw. weil Sie eine Türkin sind. Nein, verehrte Mika, auch Einheimische werden diskriminiert. Ständig und überall. Meinen Sie, das geht nur Türken so?
Die Menschen sind so, überall auf der Welt. Überall herrscht Fremdenangst und Fremdenfeinlichkeit. Nur die Menschen, die mit den Fremden in Kontakt kommen, verlieren die Angst. Was meinen Sie, warum die Italiener heute hier in Deutschland so beliebt sind? Weil sie erfolgreicher sind? Weil sie besser integriert sind? Nein, verehrte Mika, weil die Menschen die Ängste gegenüber Italienern vollkommen abgebaut haben. Das ist bei den Muslimen noch lange nicht passiert, und der Prozess kehrt sich auch gerade wieder um. Die Deutschen haben im Grunde genommen vor den Muslimen Angst. Und Sie Muslime tun im Grunde nichts dagegen, sondern fordernd, zetern, schimpfen und bezeichnen die Deutschen dann einfach pauschal als Nazis, wenn nichts mehr geht. Tut mir leid, Mika, so wird das nichts werden. Eure Verbände müssten den Islam – wenn es euch schon so wichtig ist – besser verkaufen. Demonstrieren gegen islamischen Terror, gegen salafistische Strömungen, gegen Ungerechtigkeit im Namen des Islam! Warum Sie dies tun sollten? Aus dem gleichen Grunde, wie die Leute hier gegen Verbrechen an Ausländern und Nazidemos auf die Straße gehen, um Solidarität zu zeigen, mit den Deutschen, den friedliebenden Muslimen und den gut integrierten Ausländern. Aber ich kenne Ihre Antwort schon, wir alle kennen sie.
„Warum sollen wir gegen den Terror demonstrieren? Was haben wir damit zu tun? Ihr demonstriert ja auch nicht gegen den Krieg in Afghanistan, den Angriff auf den Irak oder gegen das Burkaverbot“.
Ja, ja, wir wissen es ja. Die armen Muslime, die armen, armen Türken.
@ Enterbung wegen Heirat mit Türkin: wann soll das denn passiert sein?
Sie wissen, daß man heutzutage niemanden einfach so enterben kann? Um ihr Pflichtteil zu verwirken, müssen sie ihren Eltern nach dem Leben trachten.
@schneider
„Eure Verbände müssten den Islam – wenn es euch schon so wichtig ist – besser verkaufen. Demonstrieren gegen islamischen Terror, gegen salafistische Strömungen, gegen Ungerechtigkeit im Namen des Islam! “
Keine Ahnung, wo Sie leben, Herr Schneider. aber in meiner Stadt Frankfurt gehen Muslime, Imame und entsprechende Verbände teilweise ohne, manchmal zusammen mit anderen Religionsgemeinschaften auf die Straße, um gegen Terror und Islamismus zu protestieren. Es gibt Aufrufe im Internet, Rundbriefe von hier leben Muslimen, die sich aktiv einbringen, wenn Hassprediger und Terroristen ihr Unwesen treiben.
Ach, und das bißchen Diskriminierung!! Wir haben hier in Frankfurt ein Amt für multikulturelle Angelegenheiten, das seit 10 Jahren erfolgreich Antidiskriminierungsarbeit leistet. Warum wohl?
Ebenso der bereits 1972 gegründete Verband binationaler Familien und Partnerschaften ist aus der Initiative entstanden, bei Diskriminierung von binationalen Familien aktiv zu helfen. Alles nur Makulatur ?