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Bundesbeirat für Integration

Bundesregierung vom Dialog auf Augenhöhe noch weit entfernt

Gestern tagte der neue Bundesbeirat für Integration zum ersten Mal - nicht einmal ein Drittel der geladenen Mitglieder sind Migranten, Beschlüsse können nur mit einer Zweidrittelmehrheit gefasst werden und reden darf nur Maria Böhmer.

Dienstag, 24.05.2011, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 30.05.2011, 0:22 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Noch im Oktober 2008 hatte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), eine Forderung der Migrantenverbände nach einem „Bundesbeirat für Integration“ zurückgewiesen. Gestern tagte der „Bundesbeirat für Integration“ zum ersten Mal mit Maria Böhmer als Vorsitzende.

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„Der neue Beirat steht für mein Dialogprinzip bei der Integration“, verkündete Böhmer und war bemüht, der Veranstaltung auch noch einen historischen Wert beizumessen. Denn auf den Tag genau trat gestern vor 62 Jahren das Grundgesetz in Kraft. Ein Gesetz, das Werte wie Gleichheit, Freiheit und Pluralität in den Vordergrund stellt.

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Werte, nach denen man beim Bundesbeirat für Integration vergeblich sucht. Dort steht allenfalls das Integrationsverständnis der Bundesregierung im Vordergrund. Wie auch beim Integrations- und Islamgipfel sitzen auch hier Personen mit am Tisch, die von der Bundesregierung auserwählt wurden. Objektive oder zumindest nachvollziehbare Auswahlkriterien existieren nicht.

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Migranten nicht Beschlussfähig
So setzt sich der Beirat aus 32 Mitgliedern zusammen, von denen lediglich zehn Vertreter von Migrantenorganisationen sind. Die übrigen 22 Mitglieder gehören kommunalen Spitzenverbänden, Stiftungen, der Bundesagentur für Arbeit, Gewerkschaften, dem Sport, der Freien Wohlfahrtspflege, den Kirchen sowie der Wissenschaft und Forschung an. Einen ständigen Gaststatus hat zudem der in integrationspolitischen Fragen als Hardliner bekannte Wolfgang Bosbach (CDU).

Und dank der Zweidrittelmehrheitsregelung, die für Beschlüsse erforderlich ist, sind kritische Stimmen aus den Reihen der Migrantenvertreter von vornherein ausgeschlossen. Hinzu kommt, dass ausschließlich Böhmer als Vorsitzende offizielle Erklärungen abgeben darf.

Beratung ohne Kompetenzen
Diesem Dialogverständnis setzt aber die Krone auf, dass der Beirat lediglich dazu berufen ist, die Integrationsbeauftragte zu beraten, die innerhalb der Bundesregierung wiederum selbst nur beratende Funktion hat und sich meist damit begnügt, die von den zuständigen Ministern vorgesetzten integrationspolitischen Maßnahmen schönzureden.

Für die integrationspolitische Sprecherin der Linkspartei, Sevim Dagdelen, stellt die Struktur des Bundesbeirats sicher, „dass er eine macht- und wirkungslose Institution von Regierungsgnaden sein wird.“ Auch Kenan Kolat, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD) und Teilnehmer des Beirats, sieht das ähnlich: „Das grundsätzlich Problem ist, dass die Integrationsbeauftragte kaum Kompetenzen und Ressourcen im Politikfeld hat“.

Problem: Herkunftsland
Da bleibt von dem Geist des Grundgesetzes nicht mehr viel übrig. Wer den Dialogpartner bestimmt, seinen Gestaltungsspielraum auf ein Minimum reduziert, bestimmt auch Gleichheit, Freiheit und Pluralität mit und damit auch die Themen. Und davon machte Böhmer gleich gebrauch und gab die Richtung an: „Eine zentrale Frage lautet: Wie lange ist man ein Migrant? Mittlerweile lebt die dritte und vierte Generation von Migranten in unserem Land … Sie müssen die Chance bekommen, bei uns anzukommen. Dazu muss sie ihr jeweiliges Herkunftsland loslassen.“

Inhaltlich werde sich der Beirat laut Böhmer aber auch mit „den Großbaustellen der Integration beschäftigen: Spracherwerb, Bildung, Ausbildung und Arbeitsmarkt“. Nach Themen wie doppelte Staatsbürgerschaft oder Kommunalwahlrecht sucht man dennoch vergeblich.

Drittes Dialog-Gremium auf Bundesebene
So sieht es auch Serkan Tören, integrationspolitischer Sprecher der FDP. Die Forderungen der Migranten seien bekannt. „Sie werden auch künftig zu recht auf eine Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts oder die Einführung des kommunalen Ausländerwahlrechts drängen“, so Tören. Da müsse die Bundesregierung endlich handeln. Schließlich sei das die „nach dem Integrationsgipfel und der Deutschen Islamkonferenz das dritte Dialog-Gremium auf Bundesebene“. (es)
Politik

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  1. Fikret sagt:

    Ein Dialog auf Augenhöhe ist nie stattgefunden. Zwar mit keiner Bundesregierung.

  2. Sugus sagt:

    Die Bundesregierung ist die höchste staatliche Instanz in diesem Lande. „Dialog auf Augenhöhe“ würde bedeuten, Interessenorganisationen der Migranten als quasi-staatliche Institutionen anzusehen. Das sind sie nicht und das dürfen sie niemals werden, wenn […].

  3. Bubert sagt:

    „nicht einmal ein Drittel der geladenen Mitglieder sind Migranten,“

    Das ist schlicht falsch, entweder ist der Author dieses Artikels nicht richtig informiert, oder er lügt bewusst, beides wäre problematisch. Selbst Kenan Kolat, nach der Zusammensetzung des Beirats gefragt, sagt: „Es gibt ja weitere Personen aus den Migrantenkomitees, die über eine andere Quote sozusagen reinkommen. Ich denke, wir sind die Hälfte des Beirates, und das ist schon angemessen.“
    Dabei sind auch Leute wie Nazan Eckes und die Fußballerin Steffi Jones, die wohl beide unbestreitbar einen Migrastionshintergrund haben. Hier nachzulesen. http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/interview/1464466/

    „Und dank der Zweidrittelmehrheitsregelung, die für Beschlüsse erforderlich ist, sind kritische Stimmen aus den Reihen der Migrantenvertreter von vornherein ausgeschlossen.“
    Diese Schlußfolgerung versteh ich nicht. Selbstverständlich kann dort über alles gesprochen und gestritten werden.
    Anscheind hat man aber erwartet das Migranten jetzt über alle Bereiche die Migranten betreffen, inkl Integration, selbst entscheiden, ohne die lästigen, fordernden Deutschen noch einbinden zu müssen. Was dabei herauskäme kann man sich ausmahlen, erfolgreiche Integration auf jeden Fall nicht.
    Für mich bleibt beim lesen dieses Artikels ein übler Beigeschmack, anstatt sich über ein Dialogforum zu freuen und Dankbarkeit zu zeigen, ist man unzufrieden, beleidigt und fordert mehr und mehr und mehr.

  4. Beri sagt:

    @sugus und @bubert…

    das wort „augenhöhe“ scheint ihnen aber ganz schön angst zu machen ; )

  5. Bubert sagt:

    @Beri

    Wenn Ihre Definition von Augehöhe bedeutet das Migranten nun sich selbst betreffende Gesetze machen sollen, angefangen bei Asyl- und Visafragen, über Wahlrecht, bis hin zu Einbürgerungs- und Integrationsanforderungen, dann haben wir ein Problem.
    Das wäre nämlich ungefähr so als ob man Umweltverbände über alle umweltrelevanten Angelegenheiten entscheiden ließe. Kaum vorstellbar was die alles abschaffen würden, weil ja quasi alles irgendwie die Umwelt belastet. Autobahnen und Fernstraßen z.B. müssten ganz sicher weichen um die ungehinderte Lurchwanderung wieder zu ermöglichen.
    Es käm auch nicht so gut Kinder über Schulfragen wie Lehrinhalte und Schulpflicht entscheiden zu lassen. Oder Unternehmerverbände ungehindert über einen Beirat Gesetzesmacht über alle unternehmensrelevanten Fragen zu verleihen, wie z.B Arbeitnehmerrechte.
    Das sollte man alles nicht tun, oder die Gesellschaft fliegt auseinander. Vorschläge machen und beraten können die gerne alle, das ist Teil von Demokratie, aber entscheiden tun gewählte Volksvertreter und nicht irgendwelche Verbände.

  6. Werner sagt:

    Da im Artikel das Grundgesetz erwähnt wird: das Grundgesetz sieht solche Beiräte überhaupt nicht vor. Es ist ein großes Entgegenkommen der Bundesregierung, den Migrantenverbänden diesen direkten Zugang zur Regierung einzuräumen.

    Das Grundgesetz richtet sich im wesentlichen an Deutsche. Nicht an Ausländer. „Migranten“ gibt es im Grundgesetz nicht. Die Regierung ist dem Parlament Rechenschaft schuldig. Die politische Willensbildung findet über die Parteien statt. Soweit das Grundgesetz.

    Die Ausländer können gegenenfalls über Herrn Erdogan der Bundesregierung auf Augenhöhe begegnen. Das passiert ja auch.

    Und der „Geist des Grundgesetzes“: Nun, da geht es um gedeihliches Zusammenleben. Das klingt im Grundton des Artikels überhaupt nicht an.

  7. Karl Willemsen sagt:

    Objektive oder zumindest nachvollziehbare Auswahlkriterien existieren nicht.

    so, jetzt aber mal Butter bei die Fische, dem migazin passt die Zusammensetzung des Beirates nicht?

    Bitte um Nennung von 32 Mitgliedern, die dem Migazin genehm wären und über welche weiterreichende Kompetenzen diese verfügen sollten!

  8. Beri sagt:

    @bubert
    wenn sie wissen wollen, was „augenhöhe“ für mich bedeutet, dann schauen sie in unser grundgesetz, dort finden sie die antworten.

    um sie, hr.
    @werner
    mal aufzuklären: im grundgesetz ist -gott sei dank!- nicht nur die rede vom „deutschen“ sondern vom menschen! es schadet nie, immer wieder einen blick reinzuwerfen, tun sie’s!

    P.S.: es soll ja auch genug deutsche unter den migrantInnen geben, hab ich gehört ; )