Türkei vor den Wahlen
Demokratie ade?
Am kommenden Sonntag werden über 50 Millionen Wähler gebeten, sich an die Wahlurnen zu begeben. Nur wenige zweifeln dabei am Kantersieg der seit neun Jahren herrschenden Regierungspartei AKP.
Von Hakan Demir Mittwoch, 08.06.2011, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 10.06.2011, 2:43 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Diesen Sonntag werden die türkischen Wählerinnen und Wähler an die Urnen gebeten. Auch den ausländischen Medien bleibt derweil dieses Ereignis nicht verborgen. So empfehlen die renommierte ZeitschriftThe Economist und die Tageszeitung The New York Times, die Oppositionspartei CHP um Kemal Kılıçdaroğlu zu wählen. Hierdurch erwarten sie eine Stärkung der Demokratie. Doch was sind die Ursachen dieser Wahlempfehlung?
Erdoğan in Personalunion!
Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan hat bereits mehrmals angekündigt – bei der Erzielung der Zweidrittelmehrheit bei den Parlamentwahlen, ein präsidentielles System nach französischem Muster auf den Weg zu bringen. Damit hätte Erdoğan die Möglichkeit, sich endgültig an die Spitze des Staates zu erheben und dies sogar ohne größere „Checks and Balances“ fürchten zu müssen. Denn er hätte als Parteivorsitzender die Mehrheit im Parlament hinter sich, könnte als Präsident einen Großteil der Verfassungsrichter wählen und überdies selbst als ein Teil der Exekutive fungieren.
Gewaltenteilung
Das Demokratieverständnis fußt jedoch seit jeher auf dem Prinzip der strikten Gewaltenteilung. Hiernach müssen die drei Gewalten Legislative, Exekutive und Judikative voneinander getrennt sein, um gegenseitige Kontrolle zu ermöglichen. Denn einen benevolenten Herrscher gibt es nicht und wird es wohl nicht geben; das wussten bereits die klassischen Denker wie Locke und Montesquieu.
Allein die türkische Bevölkerung hat sich längst an den charismatischen Ministerpräsidenten Erdoğan gewöhnt, der die Türkei in der internationalen Politik wieder zu einer bedeutenden Größe geformt hat und zudem erhebliche wirtschaftliche Erfolge feiern konnte. Innenpolitisch fällt die Bilanz der AKP allerdings eher nüchtern aus: der gordische Knoten um die Kurden bleibt weiterhin ungelöst.
Darüber hinaus wird die Türkei ihre Demokratie nur stärken können, wenn allen kulturellen Gruppen in der Gesellschaft die Beteiligung an der Politik gewährt wird. In diesem Sinne würde eine Zweidrittelmehrheit für die AKP – auch um des gesellschaftlichen Zusammenlebens willen – ein unzuträgliches Ergebnis darstellen. Aus diesen Vorüberlegungen darf jedoch keine einseitige Wahlempfehlung abgeleitet werden. Doch eines bleibt gewiss: je mehr Parteien im Parlament vertreten sein werden, desto demokratischer wird die Türkei sein. Aktuell Meinung
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@Waldemar Maurer
Ja, ich kenn dieses Zitat auch! Das war der Meister der Türken höchstpersönlich!
Also jetzt mal ganz im ernst, aber wenn ich mir nur vorstelle, dass der Wowereit auch solch eine Bemerkung machen würde, was da mit dem passieren würde!!! er müsste drei mal durch die Hölle und in der Türkei wählt man so einen gleich zum Herrscher.
Beim christlichen Gott, bin ich glücklich darüber in diesem mit Vernunft gesegneten Deutschland zu leben! Und in dem Sinne sollte die Türkei auch ausserhalb der EU bleiben.
Eine martialische Metapher von Gökalp aus einem anderen Zeitalter, zitiert von Erdogan …
Spricht nicht für ihn. Aber was hat er dann 9 Jahre lang als MP gemacht? Nichts davon. Eine ganz andere Politik als die, die diese Metapher nahe legt.
Ich glaube nicht, dass Erdogan vom Typ her ein Demokrat ist. Aber die Umstände haben es mit sich gebracht, dass er die Türkei demokratischer gemacht hat — außerdem reicher und angesehener. Jetzt, wiederum aufgrund der Umstände, muss man sich die Sorgen machen, die Hakan Demir und ich und noch eine ganze Reihe weiterer Freunde der Türkei und wohlwollenden Begleiter der bisherigen AKP-Politik in den Medien geäußert haben.
Dazu haben Sie, Europa, nichts beizutragen. Nichts. SIE können nur hetzen.
Aber stopp! –
Zwischen den Zeilen lesend meine ich doch immerhin feststellen zu können: Eigentlich fühlen Sie sich in unserem multikulturellen Deutschland recht wohl; Sie sind froh, dass Deutschland nicht so monokulturell ausgerichtet ist wie die Türkei (bisher).
Ein Widerspruch in Ihrem Auftreten, Europa. Insgeheim bewundern Sie die Türkei doch für den immer noch ziemlich völkisch-nationalen Charakter des türkischen Selbstverständnisses. So hätten Sie’s auch gern für Deutschland, gell?
Wären Sie Türke in der Türkei, würden Sie wahrscheinlich MHP wählen.
Ach Herr Brux,
wenn ich irgendwann in München bin, dann komm ich mal bei ihnen vorbei und dann trinken wir zusammen ein Bier und dann können wir uns ausquatschen und dann werden Sie merken, dass ich eigentlich ein sehr ruhiger Mensch bin, der nicht von Hass zerfressen ist, wie sie sich das immer vorstellen.
Ich bin ganz zufrieden in Deutschland und habe nichts gegen die Türken als Menschen, ich verabscheue nur gewisse Denkweisen die man immer wieder bei türkischen Migranten findet, die mich an Mittelalter erinnern und ich finde es frustrierend, dass wir als tolerante, offene Gesellschaft, solche Phänomene tolerieren müssen.
Wenn ich ihre Beiträge lese, dann hab ich das Gefühl sie wären die Reinkarnation aus Jesus und Mohammed. Toleranz gibt es für sie nie genug und wenn einer Ihnen auf die eine Wange schlägt dann halten Sie noch die andere hin, bei mir ist es halt eher Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ich bin nicht naiv und ich habe den Politikern noch nie getraut und einem Politiker aus der Türkei werde ich mit Sicherheit nicht dann trauen, wenn er in der Vergangenheit solche Aussagen wie oben erwähnt gemacht hat. Dass Erdogan mit Sicherheit wiedergewählt wird und es nur noch eine Frage ist wie hoch er gewinnen wird, lässte sehr tief in die türkische Volksseele blicken.
Erdogan ist in meinen Augen ein angehender Mubarak oder Ben Ali nur halt mit anderem Themenschwerpunkt: nämlich Islamisierung.
@ Europa
Wie wärs mal mit Beweisen und Fakten anstelle Ihrer haltlosen Islamisierungsvorwürfen? Nennen Sie ein Gesetz was eine Islamisierung belegen würde? Außerdem frage ich mich, wen die Türken sonst wählen sollten. Etwa die militärisch-kemalistischen UltraNationalisten der CHP? In der Türkei gibt es gar keine Opposition, falls Sie richtig hinschauen würden. Sie scheinen mir einfach ein fehlgeleitetes Weltbild zu haben, in der alles islamische Böse ist, und jeder Muslim ein Mubarak und Ben ALi. Traurig, traurig…
@ Europa
Erdogan wurde wiedergewählt, es war nicht anders zu erwarten.
Aber Europa, woher nehmen Sie die „bunte Kugel“, um daraus zu schließen, wie die türkische Volksseele tickt? Das Volk hat entschieden, und das Ergebnis zeigt, dass alle Schichten der Türkei immer mehr Vertrauen in die Politik von Erdogan haben. Warum?
Weil es ihnen seit seinem Machtantritt besser geht. Würde es ihnen schlechter gehen, wäre das türkische Volk gnadenlos.
Weil er ein Mann mit Visionen ist,
weil er dem Volk wieder ein Selbstbewusstsein gegeben hat,
weil er eine von Misswirtschaft und galoppierender Inflation geprägte Volkswirtschaft durch durchgreifende Reformen abgewendet hat,
weil er es schaffte, die Kluft zwischen den Säkularisten und den Religiösen zu verkleinern,
und das alles sind Gründe, warum in der Türkei die Angst vor einer Islamierung keine bedeutende Rolle mehr spielt.
Er hat damit Vertrauen aufgebaut und erhalten.
Erdogan mit Mubarak oder Ben Ali zu vergleichen ist absurd. Würden Sie die Politik, die Wirtschaft und das Volk die letzten 20 Jahre beobachtet haben, und insbesondere dann die letzten 9 Jahre, kämen Sie nicht zu solch einer Aussage. Mubarak und Ben Ali haben das Volk ausgesaugt, das Volk verarmte, in der Türkei wird das Volk nicht ärmer sondern reicher. Es geht ihm immer besser.
Natürlich hat er noch viel Arbeit vor sich. Die Arbeitslosigkeit ist noch zu hoch. Wenn man aber sieht, wie immer mehr, auch ausländische, Investoren Geld investieren und damit Arbeitsplätze schaffen, bin ich sehr zuversichtlich. Vor 20 Jahren wusste man nicht, was das Brot in der nächsten Woche kosten wird, die Menschen konnten somit nicht in die Zukunft planen. Heute können sie sehr wohl ihre Zukunft planen und gestalten.
Ich habe keinen Grund, Erdogan gut zu reden. Ich sehe lediglich, wie sich das Land und die Perspektive der Menschen seit seinem Regierungsantritt 2003 verändert haben. Und ich kann mich sehr wohl noch an seine erste Wahl zum Ministerpräsidenten erinnern, die mich damals mit etwas Bauchgrimmen erfüllte. Wir wussten alle nicht, was auf uns zukommen wird. Heute bin ich froh, dass er es war, der die letzten Jahre regierte. Kein einziger Ministerpräsident der letzten 20 Jahre hat nur annähernd geschafft, was er für das Land erreicht hat.
@Maria
„weil er es schaffte, die Kluft zwischen den Säkularisten und den Religiösen zu verkleinern,“
Naja, das ist wohl Ansichtssache.
Ich finds ja auch gut, dass er wenigstens ein bisschen was auf die Reihe gekriegt hat, aber wenn ein Volk anfängt ihren MP, Meister zu nennen und die Töne die von manchen Türken hier in Deutschland angeschlagen werden, da wird mir irgendwie mulmig.
Ich frage mich wieso so viele Türken bei uns im Land so einen unobjektiven Blick auf die Türkei haben. Das einzige was man in den letzten Monaten zu hören bekommen hat ist dass die Türkei anscheinend boomt und die Türken es gar nicht nötig hätten in Deutschland zu bleiben, weil es der Türkei ja schon viel besser geht als fremdenfeindlichen Deutschland.
Komplett ignoriert wird der Ergenekon-Fall, die Skulpturen die Erdogan abreissen lässt und dass alles was mit Aussenpolitik in der Türkei komplett versagt wurde, ohne Ausnahme. Anstatt zero problems haben die Türken eigentlich nru noch problems mti den Nachbarn. Aber daran ist ja nich tder Erdogan schuld, sondern bestimmt die anderen oder der „Westen“. Wie immer!
„Nennen Sie ein Gesetz was eine Islamisierung belegen würde?“
Kopftücher dürfen doch wieder auf Universitäten getragen werden, oder? Das nenne ich zum Beispiel islamisierung.
Wenn in Deutschland vermehrt Schüerinnen mit Kopftüchern zur Schule oder auf die Uni gehen würden, dann wäre das auch eine islamisierung.
Wissen Sie, man kann ja auch für etwas sein, indem man nicht dagegen ist.
Europa,
wenn die Erlaubnis, das Kopftuch an der Uni zu tragen, schon Islamisierung sein soll, dann ist ja die CHP – der Bannerträger des Laizismus in der Türkei – jetzt auch schon eine islamistische Partei? Meines Wissens hat Kilicdaroglu signalisiert, dass das Kopftuch an der Uni für ihn ok sei.
Wenn Sie so argumentieren, Europa, VERHARMLOSEN Sie den Vorgang der Islamisierung. Die Islamisierung beginnt dort, wo religiös bevormundet wird. Aber schauen Sie sich mal um im türkischen Fernsehen … da werden Sie nicht viele Frauen mit Kopftuch finden – nicht einmal bei den Sendern, die der Regierung, der AKP oder Gülen nahe stehen. Ich hab das angenehme Gefühl, dass man in der Türkei angefangen hat, die Kopftuchfrage so locker zu nehmen, wie es ihr zukommt: Trag es, wenn du willst, und lass es, wenn du willst.
Europa, Sie möchten wohl gerne bevormunden und das Kopftuch verbieten. Und diejenigen stigmatisieren, die es tragen wollen.
„Wenn Sie so argumentieren, Europa, VERHARMLOSEN Sie den Vorgang der Islamisierung. Die Islamisierung beginnt dort, wo religiös bevormundet wird.“
In welcher Religion, wird denn bitte nicht religiös bevormundet oder über die Community Druck auf einzelne Mitglieder ausgeübt? das ist beim Islam bei weitem nicht besser als bei den Christen. Eine Religion hat gar nichts vorzuschreiben, sondern lediglich zu inspirieren und wenn Frauen sich dazu inspiriert fühlen eine Burka oder ein Kopftuch zu tragen um sich vor den Blicken fremder Männer zu schützen, dann muss man sich doch fragen ob diese Religion nicht vllt die falschen Werte vermittelt und ein zu sexistisches Bild von der Gesellschaft zeichnet. Vorallem muss ich doch keinem erklären, dass ein Kopftuch in Deutschland nicht unbedingt förderlich ist, bzw. die Einstellungschance extrem verringert (was natürlich auch ein Vorteil sein kann).
„Trag es, wenn du willst, und lass es, wenn du willst. “
Wenn es so einfach wäre, dann gäbe es keine Probleme! Das Hauptproblem besteht ja darin, dass die Frauen mit Kopftuch denken, sie selbst dürften nicht darüber entscheiden, wann sie das Kopftuch ausziehn dürfen. Und wenn Kopftuchfrauen, da mal ein bisschen flexibler wären, dann gäbe es wahrscheinlich nur noch halb soviele Islamkritiker.