Unfall
Die Zukunft von Sandmann oder was sagt mir Sarrazin?
“Es gibt ein positives Deutschlandbild, das viele Migranten im Herzen tragen, das von den Einheimischen kaum reflektiert wird.” Zafer Şenocak.
Von Çiçek Bacık Dienstag, 14.06.2011, 8:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 27.04.2015, 16:52 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Als ich 1980 nach Berlin zog, war ich acht Jahre alt. Ein Teil meiner Kindheit verbrachte ich in Gölgeli Köyü, im „Schattendorf“ von Almus, einer Provinzstadt von Tokat. Meine Familie wohnte in einem Migrantenviertel in der Neustadt in Spandau. Wir hatten kaum Kontakt zu Deutschen. Meine Eltern meldeten mich in einer Vorbereitungsklasse in Spandau an, die damals gezielt für Gastarbeiterkinder eingerichtet war. Zu Hause sprachen wir Türkisch. Jeden Abend saß ich vor dem Fernseher und bestaunte meinen Kindheitshelden, den Sandmann. Seine farbenfrohe Welt konnte ich leider nur visuell verfolgen. Aber ich wollte auch die Worte der Titelmusik verstehen, mitsingen und seinen wundervollen Geschichten folgen können. Dieser Wunsch stellte eine wichtige Motivation für mich dar, die deutsche Sprache zu erlernen. Bis ich in die Welt Sandmanns eintauchen konnte, keine sprachlichen Barrieren mehr verspürte, vergingen zwei Jahre. Sandmann begleitete mich, wie ich allmählich in Berlin Wurzeln schlug.
Im Laufe der Zeit liebte ich die deutsche Sprache, da sie mir neue Welten eröffnete. Ich schätze mich sehr glücklich, Heinrich von Kleist, Kafka und Max Frisch in ihrer Sprache lesen zu können. Bis heute habe ich in drei Metropolen gelebt. Paris, Istanbul, Berlin. Am meisten habe ich mich in Berlin zu Hause gefühlt. Ich beobachtete, wie im Laufe der Zeit Deutschland und Berlin zu einem Teil meiner individuellen Geschichte wurden.
Als 1989 die Mauer gefallen war, eilte ich mit meinen Geschwistern von Freude erfüllt zum Kurfürstendamm. Dort wurden wir Zeitzeugen der Einigung unserer Stadt, die 28 Jahre unter der Spaltung gelitten hatte. Die Westberliner und Ostberliner umarmten sich leidenschaftlich. Aber auch diese Umarmung war sehr leiderfüllt und währte nicht lange.
Deutschland hat einen hohen Preis für diese Einheit gezahlt. Es vergingen Jahre bis neue Dynamiken geschaffen wurden, die diese Gesellschaft zusammenhielten. Aber jetzt insbesondere in Berlin sehen wir, dass diese Mühen in dieses Land zu investieren, nicht umsonst waren. Es gibt mehrere Varianten, den Verdienst dieses Landes zu beleuchten. Natürlich auch nur, wenn Sie dies auch suchen …
Andererseits findet man in Berlin auch andere Dinge. Zum Beispiel Menschen wie Thilo Sarrazin, Autor von „Deutschland schafft sich ab“ … Seit zwei Jahren beschäftigt er die deutsche Öffentlichkeit. Was uns ins Auge fiel, war der rassistisch, populistisch gefärbte Diskurs Sarrazins gegenüber einigen Einwanderergruppen. Diese Diskurse haben ihm einen enormen Ruhm beschert und Deutschland großen Schaden zugefügt. Diesen Schaden zu beseitigen, ist nicht nur die Aufgabe der Deutschen. Denn als dieses Land seine Wunden verarztete, haben alle in diesem Land einen hohen Preis bezahlt.
In diesem Punkt hat die SPD einer wichtigen Aufgabe nachzugehen. Sarrazin aus der Partei auszuschließen oder nicht, ist eine andere Frage. Die Hauptaufgabe der SPD ist es, mit sich selbst ins Gericht zu gehen und zu hinterfragen, wie es möglich ist, dass ein Mann wie Sarrazin und seine Befürworter in der SPD Fuß fassen und gedeihen können. Es wäre grotesk, wenn die SPD sich diese Frage nicht stellt und dabei glaubt, weiterhin sozialdemokratische Werte zu verteidigen. Es wäre genauso grotesk, wenn man annehmen würde, dass ein Sarrazin Deutschland repräsentiert. Aber es ist wichtig, diese Debatte in den eigenen Reihen zuzulassen.
Wenn Sarrazin spricht oder über Sarrazin gesprochen wird, kommt es mir vor, als ob in der Straße, in der sich meine Wohnung in Berlin befindet, ein Unfall passiert ist. Ein Unfall, der auf die infrastrukturellen Probleme und auf die Unachtsamkeit des Fahrers zurückzuführen ist. Der Verkehr liegt lahm, einige sind verwundet. Diese Situation muss beseitigt werden und das Leben sollte schleunigst wieder in die Gänge kommen.
Der Sarrazin-Unfall hat noch eine Sache aufgedeckt. In meinen Augen entpuppt sich mein Kindheitsheld Sandmann allmählich als das Monster von “der Sandmann” von E-T.A. Hoffmann, der Kindern droht, das Augenlicht zu stehlen. Dieses Monster spricht mit der Stimme Sarrazins in meinen Albträumen. Sarrazin tötet nicht nur meine Motivation im Hinblick auf die Zukunft, sondern die Motivation der gesamten deutschen Bevölkerung. Er macht Anspielungen auf unsere gefährlichsten Albträume.
Es gibt zwei Möglichkeiten, um mit dem Fall Sarrazin umzugehen: Entweder überlassen wir unseren Kindheitshelden seinem eigenen Schicksal und sehen zu, wie er sich in ein Monster verwandelt oder wir helfen Sarrazin zu genesen. Da unser Herz die erste Option nicht zulassen wird, ist es an uns, eine Politik zu machen, die die zweite Möglichkeit zulässt. Aktuell Meinung
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Es ist amüsant wie Sie Ihr Sichtweise beschreiben, manchmal setzt man sich seine Ansichten so aus wie man Sie haben will.
“ Um endlich Ruhe zu haben und aus Furcht vor Gewalt, konvertieren viele Jugendliche zum Islam. Allein 2010 konvertierten 100.000 britische Frauen, fast doppelt so viel, wie in den Jahren zuvor. “
Sie haben jetzt wohl jeden einzelen Gefragt ?!?
Also sagen Sie jeder der Arbeitslos wird hat das recht andere zu beleidigen, ggfls. zu ermorden!?!?!? Verstehe ich das richtig!?!?!
@astonished
Ihre Kommentare vom 18. und 19. Juni sind alles andere als demokratiefreundlich, sondern undifferenziert, intolerant und bedienen nur den Stammtisch.
Migranten werden gnadenlos mit sozialer Bedürftigkeit gleichgesetzt und als arrogant und fordernd bezeichnet. Auf den Schwachsinn von den angeblichen Demütigungen von Ausländern gegenüber Deutschen will ich gar nicht erst eingehen.
Wie sollen unsere fremden Mitbürger ein Wir-gehören-dazu-Gefühl aufbauen in einer Gesellschaft, die sich auch über Ausgrenzung definiert und in der vor allem Kinder und Jugendliche soziale Diskriminierung aufgrund von Hautfarbe, Herkunft oder Religion ohnmächtig gegenüberstehen? Bürger wie Sie haben bis heute nicht verstanden, dass Diskriminierung und Ausgrenzung bestenfalls zum stillen Hass und im schlimmsten Fall zur Radikalisierung bei den Betroffenen führt.
Ihre innergesellschaftlichen Feindbilder machen deutlich, wer volkswirtschaftlich nutzlos ist. Das zeigt sich in der abwertenden und menschenfeindlichen Einstellung gegenüber den Schwachen in der Gesellschaft, insbesondere gegenüber Migranten aus islamischen Ländern.
Warum berücksichtigen Sie bei Ihrer Kosten-Nutzen-Rechnung nicht den Machtmissbrauch der Herrschaften in den nach wie vor demokratiefreien Chefetagen, den bestechlichen Politikern, käuflichen Parteien und den Amtsmissbrauch von Beamten. Entspricht das etwa unseren demokratischen Grundrechten und Gesetzen ?
Für mich ist ein bekennender Humanist und Demokrat ein Bürger, der sich für ein friedliches Miteinander aller Mitbürger einsetzt und nicht mit seiner Einstellung und Verhalten die Spaltung der Gesellschaft fördert.
Zu Ihrem Forumbeitrag vom 19.06.: „Aber es geht hier weniger um Geschichte, obwohl diese im Besonderen in Deutschland eine maßgebliche Rolle spielt“
Ja, sie spielt in der Tat eine maßgebliche Rolle, da die deutsche Identität durch Niederlagen in der Vergangenheit vergleichsweise schwach ausgebildet ist. Dadurch hat Sarrazin eine vorhandene Stimmung bei denjenigen getroffen, die sich kompensatorisch nach einem starken deutschen Nationalbewusstsein sehnen. Wer keine gefestigte Persönlichkeit hat, sucht Menschen, auf die er hinabschauen kann. Früher waren das vor allem die Juden. Heute greifen ähnliche Mechanismen: Hier wir Deutsche, dort die Muslime. Es ist eine Abgrenzung vom „Fremden“, durch die man die eigene Identität zu stärken versucht.
man kann so viel kleinreden, stammtisch parolen verbreiten, sich von der rechten szene frei reden. aber eins steht fest : der musterdeutsche muss integriert werden. Debatten haben bei den sintis, romas, juden usw. zu guter letzt nur den tod durch bürger gebracht, die ihr arrogantes und egoistisches verhalten lautstark ausgelebt haben. aber zu letzt will niemand was gehört, gesehen oder getan haben. Euer weltbürger
@astonished
„Allein 2010 konvertierten 100.000 britische Frauen, fast doppelt so viel, wie in den Jahren zuvor.“
Das ist nachweislich falsch und von der ARD mies recherchiert.
Es gibt in Großbritannien insgesamt etwa 100.000 Konvertiten, das haben die nur falsch verstanden.
Wahr ist; In 2010 sind etwa 5.400 Briten zum Islam übergetreten, 2/3 davon Frauen.
Wieviele Muslime einen anderen Glauben angenommen haben, darüber gibt es keine Zahlen. Nachvollziehbar, denn dort ist das Thema etwas „delikater“.
Nchtrag zum vorherigen Post:
Die Zahlen sind aus einer britischen Studie und sind natürlich Hochrechnungen.
Dort wird beispielweise das Durchschnittsalter konvertierter Frauen mit 27 Jahren angegeben. Ein typisches Heiratsalter. Da kann man natürlich spekulieren, dass diese einen muslimischen Mann geheiratet haben und konvertierten, um den Anforderungen der Familie (pro forma?) genüge zu tun.
Die geringere Zahl der konvertierten Männer könnte dann damit zusammenhängen, dass es für eine muslimische Frau in vielen Fällen immer noch schwierig ist, mit einem Mann einer anderen Religion überhaupt erstmal zusammenzukommen.
Nur mal, um die Zahlen in einen Bezug zu setzen.
@arabeska
Wenn das Ihre Definition der aktuellen Integrationsprobleme in Europa ist, dann ist ja alles kein Problem und das Realitätsempfinden der vielen Millionen Menschen, ist natürlich alles eine Art Phobie. Ich hatte Ihnen schon einmal geschrieben, dass meine Kenntnisse vom Koran und Islam nicht auf einem Urlaubbesuch, vom muslimischen Gemüsehändler bzw. vom Döner um die Ecke basieren. Ich habe jahrzehntelang in diesen Ländern gearbeitet und kenne mehr Muslime als Christen. Für mich sind nicht alle Gläubigen per se gleich, nur treffen in Deutschland zwei Kulturen aufeinander, welche, rein historisch als auch gesellschaftlich, nicht zueinander passen. Wenn Sie schon jeden der kritisch hinterfragt, in die rechte Ecke stellen und diese Rechtspopulisten so gefährlich sind, dann sagen Sie mir doch einfach einmal wieviel Gewalttaten (Mord) diese in den letzten 20 Jahren begangen haben, an Menschen die nicht deren Ideologie teilen und dies der maßgebliche Grund für diese Gewalttat war? Auf die Diskussion ob ich Demokrat und Humanist bin, lasse ich mich erst gar nicht ein, denn einen solchen Vorwurf nehme ich nicht wirklich ernst. Ein Staat setzt mit seinen Gesetzen Grenzen und die gelten ausnahmslos für alle und jene die sich nicht daran halten wollen, müssen/können gerne wieder das Land verlassen. So wie ich dies tat im Iran, Irak, Saudi-Arabien, Emirate, Ägypten, etc. Ich habe nicht versucht eine Gesellschaftsstruktur oder eine Glaubensgemeinschaft zu ändern, sondern habe ganz einfach die lokalen „Spielregeln“ akzeptiert! Wir sitzen hier in Deutschland, ausnahmslos alle, im Vergleich zu allen islamischen Länder, in einem schönen „Elfenbeinturm“ und glauben wir wüssten genau was diesen Menschen fehlt! Wissen wir das wirklich? Denken Sie die ganzen aktuellen Unruhen im nahen Osten basieren darauf, dass die Menschen mehr Demokratie wollen? Na ja, dann träumen Sie mal weiter in Ihrer „kunterbunten Welt“. Diese Arroganz von der Sie reden geht nicht von mir aus, sondern von denen die denken Sie müssten unser Gesellschaftssystem übertragen und genau diese Menschen werden sehr bald, sehr enttäuscht sein! Aber andersherum funktioniert das auch nicht, denn es gibt wiederum welche, die denken Deutschland müsste deren Gesellschaftsmodell übernehmen. Auch das funktioniert nicht. Das genau ist was Samuel Phillips Huntington in seinem Buch „Clash of civilizations“ beschrieben hat!
@Blauer Bär
Sie haben teilweise Recht. Ich habe auch ein bisschen recherchiert und es müsste heißen insgesamt, über all die Jahre, sind jetzt mehr als 100.000 Briten zum Islam konvertiert.
@ Weltbürger
Jemand der fordert „Musterdeutsche“ müssen im eigenen Land integriert werden spricht dann von „Stammtischparolen“ an dem anstelle von Bier was ausgeschenkt wird? Drogencocktails? Nochmals die Frage was ist für Sie „Musterdeutsch“? Sie möchten Menschen in ihr eigenes Land integrieren? Sie sind der Meinung, dass sich die Mehrheit einer Minderheit anpasst? Ich hatte Ihnen Gestern schon was dazu geschrieben, aber das wurde nicht veröffentlicht und ich will meine Zeit nicht verschwenden und immer wieder wiederholen. Wenn ich irgendwo Gast bin, mein Gastgeber mir und meiner Familie ein gutes Leben ermöglicht, dann habe/muss ich dessen Regeln zu befolgen. Wenn mir diese Regeln nicht passen, dann gehe ich von selbst, vorausgesetzt ich habe Charakter, und versuche nicht meinem Gastgeber meine Regeln aufzudiktieren!!
Demokratie bedeutet auch eine andere Meinung, außer der eigenen, zuzulassen und dem Gegenüber nicht gleich nationalsozialistisches Gedankengut zu unterstellen, falls einem dessen Meinung nicht gefällt. Es gibt Menschen die sind gestorben für diese deutsche Freiheit und Demokratie! Und ich denke es ist unsere Pflicht diese zu verteidigen, aber dies geschieht nicht auf dem Weg der absoluten Toleranz. Es war schon immer einfacher ja zu sagen, aber das haben wir hoffentlich aus unserer Gesschichte gelernt, Arabeska! Oder?
Das war´s! Mehr gibt es für mich dazu nicht zu sagen.