Christsein in der Türkei
Zwischen Laizismus und Islamisierung
Seit der Wahl am 12. Juni ist das erste Mal seit fünf Jahrzehnten wieder ein Kandidat christlichen Glaubens in das türkische Parlament gewählt worden. Für die Minderheiten im Land ein gutes Zeichen. Von der verfassungsrechtlich garantierten Religionsfreiheit merken sie dennoch nicht viel und die Fortschritte werden durch Rückschläge überschattet.
Von K G Mittwoch, 29.06.2011, 8:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 01.07.2011, 1:37 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die vergangene Parlamentswahl in der Türkei endete wenig überraschend. Offen war lediglich die Frage ob die AKP es schaffen würde über zwei Drittel der Mandate zu gewinnen. Sie schaffte es nicht. Einen für viele bedeutsameren Sieg konnte aber Erol Dora erringen, denn der Aramäer errang ein Direktmandat für das Parlament in Ankara. Jetzt sind viele Hoffnungen mit seinem Namen verbunden. Dabei geht es weniger um das, was Dora als einzelner Abgeordneter erreichen kann, sondern viel mehr um die Symbolik, die mit seinem Sieg verbunden wird. Denn selbstverständlich ist seine Wahl nicht und schon seine Kandidatur war es nicht: Da in großen Teilen der Bevölkerung Vorurteile gegenüber Christen bestehen, hadern die Parteien damit sie aufzustellen. Dora ist der erste christliche Abgeordnete seit fünfzig Jahren.
Christliche Minderheiten
Zwar spricht der jüngste Fortschrittsbericht der Europäischen Union von Verbesserungen der Lage der Minderheiten, kritisiert aber auch vieles. Unter anderem das Anhaltende Verbot der Ausbildung von Geistlichen. So ist auch das orthodoxe Priesterseminar auf der Insel Heybeliada vor Istanbul weiterhin geschlossen. Die Wiedereröffnung ist eine der konkreten Forderungen der Europäischen Union für Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Was populistisch klingt, ist zutreffend: Von der Religionsfreiheit, die Muslime in Deutschland und anderen Ländern der Europäischen Union größtenteils genießen, können christliche Minderheiten in der Türkei nur träumen. So werden u.a Aleviten und Aramäer bis heute nicht als religiöse Minderheit anerkannt. Diese fehlende Anerkennung ist für die Minderheiten nicht nur diskriminierend, sondern auch hochproblematisch in der täglichen Religionsausübung. So führt sie dazu, dass christliche Gemeinschaften als juristische Personen in der Türkei nicht existieren, was es ihnen verbietet Land zu erwerben, zu mieten oder zu erben. Die Wahl von Erol Dora darf als Fortschritt bezeichnet werden. Auch darüber hinaus hat sich die Lage der Minderheiten in den vergangenen Jahren leicht verbessert. So wird die praktische Religionsausübung nicht gestört, solange sie im privaten Bereich stattfindet. Auf der anderen Seite stehen die Rückschläge. Und diese überschatten leider weiterhin die langsamen Fortschritte: Die Ermordung des Bischofs Luigi Padovese in Iskenderum im Juni 2010 oder die Teilenteignung des Klosters Mor Gabriel im Januar dieses Jahres.
Türkei steht vor dem Scheideweg
Die Türkei steht vor unglaublichen politischen Veränderungen, von einem Scheideweg ist oft die Rede. Dies könnte auch für den Umgang mit Minderheiten gelten. Erdoğan und seine konservativ-islamisch geprägte Partei regiert nun mit einer überdeutlichen Mehrheit. Davon auszugehen, dass dies für die christlichen Minderheiten per se schlecht ist, wäre allerdings falsch. Denn der kemalistische Laizismus ist mitnichten die bessere Alternative aus Sicht religiöser Minderheiten. So wäre allein die Kandidatur Erol Doras noch vor einigen Jahren nicht möglich gewesen. Um die Standards der Europäischen Union zu erreichen, deren Beitrittskandidat die Türkei seit 1999 offiziell ist, bedarf es dennoch vieler weiterer Schritte.
Momentan leben noch ca. 100.000 Christen in der Türkei, rund 85 Prozent von ihnen in Istanbul. Wie christlicher Alltag in dem Land heute aussehen kann, weiß Pater Christian Rolke C.M. Der Vinzentinerpater betreut seit 2010 die deutschsprachige katholische Auslandsgemeinde in der Türkei und wohnt in der Metropole am Bosporus. Rolke fühlt sich sehr wohl in der Stadt und lebt gerne dort. Mit den Besonderheiten seiner Arbeit hat er sich arrangiert. So sieht er seine Aufgabe ausschließlich in der Betreuung seiner deutschsprachigen Gemeindemitglieder. Auf Öffentlichkeitsarbeit, allgemeine Einladungen zu Messen, Feiern oder anderen Veranstaltungen der Gemeinde, verzichtet er. Auch, um nicht zu provozieren, wie er sagt. Dennoch blickt er „positiv und voller Hoffnung“ in die Zukunft: „Manche Veränderungen brauchen ihre Zeit.“ Aktuell Ausland
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„selbstverständlich darf sich die türkei die religionsgruppen aussuchen. das darf jedes land dieser erde. deutschland sucht sich doch auch aus, dass die muslime hier keine religionsgemeinschaft sein dürfen, da sie sonst zum größten konkurrenten identitätsloser europäer werden könnten.“
Ich weiss ja nicht, aber die Muslime können doch ihre Gottesdienste in Deutschland nach Lust und Laune in prachtvollen Moscheen abhalten und damit haben sie die gleiche Freiheit wie in ihrem Herkunftsland.
Ausserdem können Deutschland und andere europäische Staaten keine Religion verbieten die sich an die Gesetze des Landes hält. So stehts auch in der Verfassung (die sie offenbar nicht kennen).
Ich denke auch dass die Türkei nicht jede Religion in ihrem Land zulassen muss, wenn sie das nicht möchte, aber dann wird das auch nichts mit dem EU-Beitritt bzw. dem Fortschritt der Gesellschaft.
Wer ist eigentlich dieser „identitätslose Europäer“ von dem sie reden? Meinen sie damit Menschen die nicht religiös sind? Glauben Sie wirklich dass sich diese Menschen einfach so zu Islam bekehren lassen, weil sie ihre „Identität“ suchen? Glauben sie nicht eher auch dass der Islam einem die Identität nimmt indem er ein Katalog von Regeln vorgibt, wie das Leben abzulaufen hat und damit die eigene Identität verloren geht?
Sie sind mir zu überzeugt von ihrem Glauben, als dass da noch Platz wäre für Vernunft und Verständnis gegenüber anderen Religionen und andersdenkenden Menschen.
Gehen sie doch in den Iran, wenn sie Länder mögen, wo nur eine erwünschte Religionen erlaubt ist.
„Glaube schützt nicht vor rechtsextremen Einstellungen“- Ich denke ich brauche nicht den Artikel zu lesen, da der Titel schon einiges verrät. Wie gesagt: Unschöne Taten die ein Mensch macht, darf nicht der Religion zugeschrieben werden. Wenn man sich der Religion entsprechend verhalten würde, gäbe es keine Probleme.
Ich denke auch, dass in weniger-religiösen Ländern die zwischenmenschlichen Beziehungen deswegen so unzureichend sind. Ich bin STudent und nebenbei fahre ich Taxi. Viele Kunden loben die Muslime und sind traurig über ihre gemachten Erfahrungen. Viele sind traurig, weil ihre Kinder sie nicht mehr besuchen, sogar versuchen sie in Altenheime „abzuschieben“. Für die Kinder ist es normal. Aber die Religion erinnert dem Menschen, dass sie VErantwortung gegenüber den Eltern, gegenüber den MITMENSCHEN, gegenüber der Gesellschaft, gegenüber der Umwelt etc haben.
Ohne Wissen ist das Leben schwer, deswegen gehen wir ja auch in die Schule.
Mit freundlichen Grüßen
Die Hagia Sophia ist seit hunderten von Jahren keine Kirche mehr – Muslime in al-Andalus fordern doch auch nicht eine Rück-Widmung der Kirchen
FALSCH!! Genau das fordern sie!!
http://derstandard.at/1269448678085/Spanien-Oesterreicher-provozierten-in-Kathedrale-in-Cordoba
Genau mit dieser Aussage haben Sie sich selbst als ahnungslos disqualifiziert.
Also besser informieren. Außerdem habe ich nicht gesagt das die Hagia Sophia eine rein christliche Gebetsstätte sein müsste.
@Tuncay
„Unschöne Taten die ein Mensch macht, darf nicht der Religion zugeschrieben werden. Wenn man sich der Religion entsprechend verhalten würde, gäbe es keine Probleme.“
Man darf unschöne Taten Religionen zurechnen, man darf nämlich alles was nicht verboten ist!
Ausserdem will ich sie daran erinnern, dass so gut wie kein einziger Gläubiger auf diesem Planeten es auch nur annähernd schafft so zu leben, wie die Religion es vorgibt. Und die Muslime sind davon genau so meilenweit entfernt wie die Christen. Man soll sich nichts vormachen und einsehn dass eine Religion nur grobe Richtlinien vorgibt. Wer die Richtlinien als Gebote interpretiert, gibt automatisch seinen gesunden Menschenverstand mit ab und sollte sich nicht wundern wenn er nicht auf viel Gegenliebe bzw. Toleranz in einer aufgeklärten Gesellschaft trifft.
hahaha.
„FALSCH!! Genau das fordern sie!!
http://derstandard.at/1269448678085/Spanien-Oesterreicher-provozierten-in-Kathedrale-in-Cordoba
Genau mit dieser Aussage haben Sie sich selbst als ahnungslos disqualifiziert.
Also besser informieren. Außerdem habe ich nicht gesagt das die Hagia Sophia eine rein christliche Gebetsstätte sein müsste.“
SECHS Leute ziehen was ab, das heißt „sie (alle Muslime in Europa) fordern das“. Warten sie mal. Ich habe heute auf dem Weg zur Arbeit einen Aufkleber „nationaler sozialismus jetzt!“ gesehen. Das heißt – alle Deutschen wollen Nationalsozialismus!!!
„Also besser informieren“ – ich bin regelmäßig auf islamischen Seiten, auf islamistischen Seiten und auf Seiten über den Islam. Es gibt zwar eine Nostalgie gegenüber al-Andalus und Studienreisen nach Spanien, aber keine „wir holen uns das zurück“ Bewegung wie bei Deutschen Vertriebenenverbänden. Warum sollte ich uninformiert sein, wenn in einer ausländischen Zeitung etwas über eine Aktion von sechs Leuten steht. (ich kann ja nicht jede Tageszeitung abonnieren…).
Nachtrag an den „Kritiker“: ich sprach von spanischen Muslimen und nicht von Touris. Die Zeiten wo Spanien und Österreich ein Land waren ist jetzt schon etwas länger her.
@ Europa:
„Man soll sich nichts vormachen und einsehn dass eine Religion nur grobe Richtlinien vorgibt. Wer die Richtlinien als Gebote interpretiert, gibt automatisch seinen gesunden Menschenverstand mit ab und sollte sich nicht wundern wenn er nicht auf viel Gegenliebe bzw. Toleranz in einer aufgeklärten Gesellschaft trifft.“
Diese Aussage stimmt nicht. Wenn Sie sagen, dass die Religion nur GROBE Richtlinien vorgibt müssen SIe es beweisen.
Warte auf Ihre Antwort, damit ich weiter machen kann.
:) Mit freundlichen Grüßen
@ Kritiker:
Eine nützliche Hintergrundinformation zum Thema Andalusien:
Wussten Sie, dass Muslime und Christen in dieser Kathedrale zusammenbeteten (d.h. den Gebetsraum gemeinsam genutzt haben) , nachdem Andalusien erobert wurde? –> Toleranz
– Hätten die Muslime nicht sagen können, dass die Christen sich andere Gebeträumlichkeiten suchen sollen?
Als der Gebetsraum nicht mehr für beide Gemeinden ausreichte, was denken Sie was passiert ist.
Die Muslime haben den Christen viel Geld gegeben (mehr als nötig), damit die Christen sich eine neue repräsentative Kathedrale bauen können.
-Zeigt das nicht die Haltung der Religion gegenüber anderen Religionen?
Ich habe neulich jemanden kennengelernt, er ist Portugiese und ist vor 6 Jahren zum Islam konvertiert. Er hat mir berichtet, was seine Vorfahren gesehen und erlebt haben: Nachdem Andalusien zurückerobert wurde, sind Christen von Haus zu Haus gegangen und haben die Bewohner gefragt, ob sie Muslime seien. Wurde die Frage bejaht, wurden diese Menschen übelst hingerichtet. Es heißt aber „Du sollst nicht töten“. Diese Leute haben dann die Religion entweder nicht richtig verstanden oder sie haben die Religion für ihre Zwecke ausgenutzt.
Meine Intention mit dieser Info ist es, dass die Religion einen Menschen prägt und zwar positiv. Es wird dann gefährlich, wenn man die Religion ausnutzt für eigene Zwecke.
:) Mit freundlichen Grüßen
Mobo, was ich oben beschrieben habe ist wahrlich nicht der Wunsch von nur 6 Muslimen aus Österrreich. Es gibt genügend Beweise über öffentliche Reden entsprechender Religionsvertreter die eine Rückeroberung von Al Andalus im Blick haben. Übrigens auch von Rom. Halt überall wo ein Muslim schon mal seine Treter übers Land gezogen hat.
@ Tuncay
Das Al Andalus zeitweise Toleranz ausgeübt hatte mag stimmen. Nur war die Toleranz auch darauf aufgebaut das die Muslime selbst ihre Religion in diesen Zeiträumen weniger streng nahmen da sie z.B. wie Christen und Juden auch Alkohol getrunken haben.
Das nach der Rückeroberung stellenweise grausam vorgegangen wurde liegt aber auch daran, das das ach so friedliche Al Andalus durchaus darauf basierte durch ständige Terrorangriffe von nicht eroberten Nachbarstaaten ständig Beute nach Hause zu bringen worauf ein Teil des Reichtums von Al Andalus stand. Denn mit ihren Feinden sind sie auch nicht besser umgegangen als alle anderen. Und da es immer wieder vorkam das radikalislamische Berberstämme aus Nordafrika rüber schipperten um die Gesellschaftsordnung dann Kopf stand und es plötzlich öffentliche Bücherverbrennungen gab zeigt, das es nach einer Rückereroberung doch besser ist klare Linien in der Gesellschaft zu ziehen da man sonst selbst später noch solch einer Gefahr von gefährlicher Einflussnahme ausgesetzt wäre. Wo ich Ihnen jedoch zustimme ist, das man die Leute besser einfach rausgeworfen hätte und nicht einfach tötet. Weil das geht zu weit. Ab die Geschichte von Al Andalus ist wohl ein verzweifelter Versuch heutiger Muslime ihrer Religion einen toleranten Anstrich zu geben.
Die Wahrheit ist, das es ebenso unter islamischer Herrschaft mal so und so zugegangen ist.
http://de.wikipedia.org/wiki/Al-Andalus
Fragen Sie bitte mal Ihren portugiesischen Freund wo denn hauptsächlich diese Tötungen stattgefunden haben. War es im Norden von Portugal würde es mich nicht wundern denn da waren die Berber.
@Tuncay
„Diese Aussage stimmt nicht. Wenn Sie sagen, dass die Religion nur GROBE Richtlinien vorgibt müssen SIe es beweisen.“
Was muss ich hier beweisen? Steh ich hier vor Gericht?
Braucht man wirklich eine Religion um zu wissen, dass man sich um seine Eltern kümmern soll bzw. um Verwandte? Glauben sie wirklich die menschliche angeborene Intelligenz würde nicht ausreichen um zu wissen, was richtig oder falsch ist? GLAUBEN sie wirklich alles, was sie im Koran lesen? Darf man das überhaupt?