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Integration im 16:9 Format

Das Ende meiner Geduld. Ich klage an!

Ich habe genug von den Absagen, den Beleidigungen und Demütigungen, von dem Stillsein und dem Vorbild-Dasein gelungener Integration zu sein. Ich werde aufstehen, auf dem Tisch hauen und meine Meinung laut äußern.

Von Mittwoch, 06.07.2011, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Samstag, 09.05.2020, 1:04 Uhr Lesedauer: 10 Minuten  |  

Die Schinderei hatte sich für meinen vietnamesischen Änderungsschneider ausgezahlt. Als ich die Kopernikusstraße mit meinem Fahrrad entlang fuhr und an der Kreuzung zur Warschauerstrasse zum Stehen kam. Ich sah ihn, wie er seinem Landsmann gerade, den neu erworbenen silbernen Mercedes gehobener Klasse vorführte.

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Den Wagen hatte er, wie eine Trophäe in der Wohnzimmer Glasvitrine, vor seinem Geschäft geparkt. Der Landsmann staunte nicht schlecht und begutachtete den Kotflügel und die Felgen des Wagens, wie Kunstliebhaber ein Gemälde von Monet. Die Gesichtszüge meines Änderungsschneiders waren jene, die einem auf Anhieb verrieten, wie stolz jemand ist, etwas erreicht zu haben.

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Es muss in der Natur des Menschen liegen, Triumphe und Erfolge mit dem Erwerb von Symbolen, den scheinbaren Aufstieg im Status, Ausdruck zu verleihen. Ich beobachtete die Szene aus einer gewissen Ferne und wollte seinen Moment nicht ruinieren. Also grüßte ich ihn nicht, wie sonst üblich. „So etwas kannst Du auch haben, wenn Du bereit bist, 16 Stunden am Tag zu buckeln, große Opfergaben zu bringen, bis hin zur Bereitschaft der Selbstaufopferung, einer Arbeit nachzugehen, die Deiner Qualifikation nicht entspricht und die Wörter Urlaub und Erholung aus Deinem Wortschatz löschst!“ muss mein Änderungsschneider seinem Landsmann gesagt haben. Zumindest stellte ich es mir so vor.

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Am Ende der Vorführung klopfte der Landsmann, meinem Änderungsschneider anerkennend auf die Schulter, die wohl international gebräuchlichste Geste der Wertschätzung. „Du hast es geschafft!“, stelle ich mir die Antwort des Landsmannes vor, als beide in den Laden zurückgingen. Diese Szene blieb mir noch lange im Kopf erhalten. Ich freute mich für meinen Änderungsschneider. Die ganze Schufterei, die er Tag ein Tag aus geleistet hatte, hatte er sich mit dem Erwerb eines Statussymbols belohnt.

Die Szene mit dem Landsmann erinnerte mich an die koreanischen Veranstaltungen in Castrop-Rauxel. Dort hatte ich als Jugendlicher oft ähnliche Szenen erlebt. Ehemalige koreanische Bergarbeiter, die nachdem sie als erste vom ersten Arbeitsmarkt wegrationalisiert wurden, ihre Existenz oft durch Selbstständigkeit sichern mussten. Die Erfolgreichen zeigten ihre neue Errungenschaft mit einem Luxusauto, dem wohl stärksten Statussymbol und einer dicken Schweizer Uhr am Handgelenk. Demonstrativ fuhr man fast schon königlich mit dem Wagen vor, sodass alle begutachten konnten, dass man es zu etwas gebracht hatte. Mit zwei Koffern kam man in Deutschland an und hatte es zu etwas gebracht. Das sollte die Kernbotschaft sein.

An dem Ziel, so viele Statussymbole vor dem Tod zu erwerben, wie nur möglich um sich gesellschaftliche Anerkennung zu erringen, scheint auch in der zweiten Generation Koreaner in Deutschland weit verbreitet zu sein. Jeder soll es für sich selbst entscheiden. Mir persönlich sind diese Lebensziele befremdlich. Der Gedanke daran, dass man etwas darstellt, was man womöglich gar nicht ist, durch die Außendarstellung von Statussymbolen ist mir einfach zuwider. Man kann sich vielleicht kurzfristiger Anerkennung gewiss sein. Doch eines können Statussymbole niemals, nämlich sich die „wirkliche“ Integration in die Gesellschaft zu erkaufen. Sowieso kann man nichts von dem mitnehmen, wenn einen das Zeitliche segnet. Kein Luxusauto passt in ein Grab und die überteuerte Schweizer Uhr hat wenig Nutzen, wenn man die Zeit nicht mehr lesen kann.

Was die Philosophie „Aufstieg durch Bildung“ anbelangt, ist mein vietnamesischer Änderungsschneider nicht viel anders, wie die meisten koreanischen Eltern. Bei den Asiaten wird Bildung eben als „Kampfkunst“ verstanden, würde mein Freund Wladimir jetzt sagen. Der Drill, die Disziplin, der Gehorsam und der extrem hohe Leistungsdruck höher, schneller, weiter zu gehen, soll der nächsten Generation, den Aufstieg der sozialen Leiter gewährleisten.

Doch immer mehr stellt sich heraus, dass es die Mühen nicht wert sind. Höhere Bildung in Deutschland bedeutet Stillstand. Der Aufstieg ist nur begrenzt möglich und kann in manchen Fällen sogar den Abstieg bedeuten. Die soziale Herkunft, die Hautfarbe und der Migrationshintergrund entscheiden über die Aufnahme in den Arbeitsmarkt und den damit verbundenen beruflichen Aufstieg. Nicht die Herkunft, sondern die Zukunft zählt, redet sich die Staatsministerin für Integration, Maria Böhmer, in künstlicher Rage, sowie es Rainer Brüderle tat, als man im Bundestag über die Stabilität in der Euro-Zone diskutierte. Der Fraktionsvorsitzende der Linken Gregor Gysi ließ es sich nicht nehmen, das schauspielerische Spektakel Brüderles zu kommentieren. Er sagte: „Ihre Leidenschaft war wirklich beachtlich; das muss ich sagen. Wie Sie am Schluss die Fäuste bewegt haben, das passt auf jeden linken Parteitag. Zur Steigerung müsste ich jetzt den Schuh benutzen […]“. Ähnlich Worte hätte ich sicherlich auch über Böhmers verbal beschränktes Engagement gefunden.

Man redet viel über die hohe Abiturientenquote der Vietnamesen und die Mustergültigkeit ihrer gesellschaftlichen Anpassung und fragt sich, warum die integrationsunwilligen Problem-Türken nicht so sein können, wie die Asiaten. Die gesellschaftliche Erwartungshaltung der Asiaten ist hoch. Sie beinhaltet nur Verpflichtungen, wie nicht aufzufallen, nicht laut zu sein, keine Probleme zu verursachen, unsichtbar sein und seinen Platz in der Gesellschaft zu kennen. Nach all diesen Erfahrungen kann ich der türkischen Bevölkerung nur empfehlen, so zu bleiben, wie sie sind, und sei es drum, Probleme zu machen. Nur dann so erscheint es mir, verschafft man sich in Deutschland Gehör.

Wenn ich eins nicht ausstehen kann, dann sind es diese Pseudoartikel über mustergültige Vietnamesen, von einheimischen Journalisten, die Gefangene ihrer subjektiven Meinung sind und sich in ihren Berichten widerspiegeln und von dem Thema nicht wirkliche eine Ahnung haben. „Das vietnamesische Wunder“ heißt ein Artikel in der Zeit. Der wichtigsten Frage, was mit den „Überfliegern der Integration“ nach ihrem Abitur und Studium geschieht, wird völlig ignoriert, als gehe ihr Leben nur bis zum Ende der Schulzeit. Galant umschifft man die Wahrheit, dass die gut ausgebildeten Vietnamesen und Koreanern, im deutschen Arbeitsmarkt, gemessen nach ihren Qualifikationen, es nicht schaffen bis nach ganz oben zu kommen, in den Führungsetagen deutscher Unternehmen, als Abteilungsleiter, als Geschäftsführer, Vorstandsvorsitzende, Marketingdirektor und weitere Führungspositionen. Mit ihrem Potenzial und Talent verhaaren sie in der Mittelklasse, enden häufig in Deutschland ansässigen koreanischen Unternehmen, gehen zurück in das Land der Eltern oder enden als ewige Talente, die ihr Potenzial nie richtig zur Entfaltung bringen konnten. Die einstigen Bildungsüberflieger deren Motoren, solange sie sich im einigermaßen sicheren Umfeld der Bildung bewegten, unverwüstlich waren, und nie zum Erliegen kamen, kommen in der realen Arbeitswelt vermehrt zum Stottern und zum Erliegen. Stillstand bedeutet Tod, das weiß jeder Mensch. Der bis dahin makellose Lebenslauf bekommt erste Schrammen, der letztendlich zum Totalschaden führt. Das Leben wird ein Kampf ums Überleben, das Verstecken der Scham als Einser-Abiturient und magna cum laude Studienabsolvent auf der Strasse der Verlierer zu fahren. Es schmerzt, der Realität ins Auge zu sehen und sich einzugestehen, dass die ganze Schufterei sich nicht ausgezahlt und sogar gegen einen verwendet wird. Man möchte in den Boden versinken, unsichtbar werden und einfach der Realität zu entkommen.

Welcher Personalchef weiß schon davon, was der oder diejenige auf sich genommen hat, um sich diese Bildung anzueignen, die immer mehr an Wert verliert, je mehr man standardisierte Absagen in der Post vorfindet, mit der zurückgeschickten Bewerbung genau so drin, wie man sie versendet hatte und je mehr Zeit verstreicht, in der das Wissen nicht zum Einsatz kommt. Kein einziges Blatt ist in der Bewerbung gefaltet, ein Indiz, dass man sich mit der Bewerbung nicht eine Sekunde befasst hatte. Ich frage mich, was den Personalchefs an meinem koreanischen Äußerlichen missfällt. Wovor haben sie Angst? Warum komme ich nicht für die engere Auswahl der Kandidaten in Frage? Bin ich nur eine lächerliche Formalie, weil es die Regeln der Bewerbung so vorgeben? Was bin ich in den Augen deutscher Personalleiter? Was empfinden sie, beim Anblick meines Bewerbungsfotos? Vielleicht hätte man als asiatische Frau geboren werden müssen. Damit hätte man vielleicht bessere Chancen einen Job zu landen. Wer weiß schon, wie viele Personalchefs eine Vorliebe für asiatische Frauen haben und mit der Einstellung einer Asiatin, ihren Fetisch ausleben. Ich kann mit zwei Brüsten und einer Vagina im Geisha-Kimono Kleid nicht dienen. Ich bin zweifelsohne ein Mann, ein deutsch-koreanischer Mann mit einem verfluchten Migrationshintergrund, einer Gastarbeitergeschichte. „Was wissen diese verdammten selbstherrlichen Hurensöhne schon?“ hatte mein koreanischer Bekannter Markus einmal gesagt, als wir auf dieses Thema zu sprechen kamen. „Die haben doch keine Ahnung, vom Kampf, vom sich behaupten, von den verdammten Scheiß Niederlagen, von den Demütigungen und Stichen ins Herz! Ich fühle mich vergewaltigt! Bin müde. Hab kein Bock mehr!“ fügte Markus hinzu. Ich erhob kein Einspruch, auch nichts gegen seine Fäkalsprache. Wenn Sarrazin so etwas darf, dann darf es Markus allemal. Ich sagte ihm, die Koreaner müssen lauter werden, sich eingestehen, dass sie in Deutschland nie die erste Geige spielen werden, trotz eines Philipp Röslers, den die Bundesregierung versucht als Erfolgsmigranten zu verkaufen „from rags to riches“, obwohl er keiner ist und so der Gesellschaft versucht zu suggerieren, dass man es als Migrant in Deutschland bis zum Vizekanzler aufsteigen kann. Ich kenne nur einen, der noch besser lügen kann, wie die Bundesregierung und dann ist der Baron Münchhausen.

Für Maria Böhmer sind die Koreaner nichts weiter als unbedeutende, lakaienhafte Schlitzaugen, Witzfiguren wie die thailändische Berühmtheit Narumol die einen einheimischen Bauern ehelichte, Frühlingsrollen und Reisfresser, mit denen man so umspringen kann, wie es gerade in den Kram passt. Gerne werden die disziplinierten Asiaten als Musterbeispiele gelungener Integration genannt, aber wenn es darum geht, bei der Integrationsdebatte an vorderster Front mitzureden, dann wird ihnen Redeverbot erteilt oder sie werden von wichtigen Beratungsgremien ausgeschlossen. Beim Reden und sich zu Wort melden hört plötzlich die Mustergültigkeit gelungener Integration auf.

Der Leipziger Erziehungswissenschaftler Olaf Beuchling hatte errechnet, dass rund 59 Prozent der vietnamesischen Schüler ein Gymnasium besuchen. Bei den Koreanern gibt es nicht wirklich eine verlässliche Quelle, allerdings wird deren Zahl der Abiturienten und Studienabsolventen auf 70 Prozent geschätzt. Den Sprung aufs Gymnasium schafft man mühelos, doch der Sprung in die Berufswelt geht ins ungewisse. Wo spiegelt sich diese Zahl der Vietnamesen und Koreaner in Unternehmen, der freien Marktwirtschaft, den politischen Verbänden und Organisationen wieder?

In einem Artikel in der WELT rezitierte der einheimische Journalist, den koreanischstämmigen Amerikaner Wesley Yang, der in einem Beitrag für das New York Magazin schrieb „Fünf Prozent der Amerikaner sind Asiaten. Aber nur 0,3 Prozent von ihnen sind Vorstandsmitglieder, und weniger als ein Prozent schafft es in den Aufsichtsrat. Nur zwei Prozent der Asiaten werden Dekan ihrer Universität. Jedes Jahr veröffentlicht das Magazin „Fortune“ eine Liste der 500 erfolgreichsten Vorstandsvorsitzenden; 2010 waren gerade mal neun von ihnen asiatischer Herkunft. Lächerlich! […] Sie werden Mitarbeiter einer Anwaltskanzlei, schaffen aber nie den Sprung zum Gesellschafter; sie entwickeln Software, aber ihnen gehört keine Softwarefirma“. In Deutschland ist die Situation nicht viel anders. Deutschland gehört den Deutschen, nicht den asiatisch oder schwarz aussehenden Deutschen.

Ich habe genug von den Absagen, den Beleidigungen und Demütigungen, von dem Stillsein und dem Vorbild-Dasein gelungener Integration zu sein. Ich werde aufstehen, auf dem Tisch hauen und meine Meinung laut äußern.

Wesley Yang drückt es in seinem Beitrag für das New York Magazine nicht besser aus, auch wenn ich nicht mit allen seinen Äußerungen konform bin „[…] Scheiß auf Notenplackerei. Scheiß auf Elite-Universitäten-Manie. Scheiß auf Katzbuckeln vor Höherstehenden. Scheiß auf Demut und harte Arbeit. Scheiß auf harmonische Beziehungen. Scheiß auf Opfer-bringen-für-die-Zukunft. Scheiß auf ernsthafte, strebsam sich mühende Mittelklassen-Knechtseligkeit“.

Es ist an der Zeit laut zu werden, Probleme zu machen, Forderungen auf Führungspostionen zu stellen, das Recht auf Chancengleichheit und Partizipation. Nur so werden wir Asiaten in Deutschland, eines Tages nicht mehr als die nicht ernstzunehmenden Frühlingsrollen, Witzfiguren und Reisfresser angesehen. Nur so kann die asiatische Integration in Deutschland gelingen. Aktuell Meinung

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  1. Werner sagt:

    > Der Nordkorea-Vorschlag ist, mit Verlaub, einfach nur dumm (oder
    > wollten sie nur einem Deutschen mit koreanischem Elternteil
    > vorschlagen “dahinzugehen wo du herkommst!” ach so…)

    MoBo, das war kein Vorschlag, sondern ein Vergleich. Herr Hyun hat doch selber am Anfang seines Artikel geschrieben, wie ein Koreaner in Deutschland durch harte Arbeit zu Status kommt.

    Ich hätte vielleicht die DDR nehmen sollen, aber die gibt es gottseidank nicht mehr.

  2. Gottlieb Wendehals sagt:

    So ganz Unrecht hat Balthazar mit Umut, Radovan und Pavel wohl gar nicht. Südländer haben oft wahrlich eine andere Willkommens- und Gastfreundschaftsnatur. Nur wie geht es weiter mit Pavel, Umut und Radovan?

    Pavel und Radovan stehen in der Kneipe, trinken ein Bier und teilen sich eine Bratwurst. Wird Umut dabei sein? Wird er auch teilhaben wollen?
    Und wie gehts mit Hans weiter? Wird er alleine dort stehen, nur weil er in der Kindheit seine Chips selber gegessen hat? Oder hat selbst er -als Deutscher – ehrliche Freunde gefunden?

    Ganz ehrlich, ich komme aus einer Generation und Schule, in der de Pavel, Umut, und Radovan und Hans und Ali und Peter und Ivan und Kläuschen gegeben hat. Ganz erhlich, bei aller Liebe, Umut und Ali haben sich etwas abgesondert von den Anderen.

  3. Balthazar sagt:

    @Gottlieb

    danke für die bisher geistreichste antwort auf mein feedback.

    >>Pavel und Radovan stehen in der Kneipe, trinken ein Bier und teilen sich eine Bratwurst. Wird Umut dabei sein? Wird er auch teilhaben wollen?<>Und wie gehts mit Hans weiter? Wird er alleine dort stehen, nur weil er in der Kindheit seine Chips selber gegessen hat? Oder hat selbst er -als Deutscher – ehrliche Freunde gefunden? <>Ganz ehrlich, ich komme aus einer Generation und Schule, in der de Pavel, Umut, und Radovan und Hans und Ali und Peter und Ivan und Kläuschen gegeben hat. Ganz erhlich, bei aller Liebe, Umut und Ali haben sich etwas abgesondert von den Anderen.<<

    Kein Wunder, bei der ablehnenden Gesinnung gegenüber Zugewanderten. Bis vor kurzem hat man uns noch offen AUSLÄNDER genannt, als ob wir gestern gekommen wären und bald wieder gingen würden. Ob man nun hier geboren/aufgewachsen/eingebürgert ist hat und spielt dabei nach wie vor keine Rolle. Und solange man uns suggeriert (und mit UNS mein ich die, die abitur/diplom/promotion in der tasche haben und Deutschland auch als IHR Land sehen) dass wir Papierdeutsche bzw. die unechten Deutschen sind, solange wird es Absonderung und Emanzipierung seitens der nicht-nativen Deutschen (was für ein Wort! Merken sie die Verzweiflung?) geben.

    Und da wir, wie gesagt, eh die besseren Deutschen sind, wird das zu Lasten der Eingeborenen (echte Doitsche) gehen. Denn irgendwann wird es China über den neu eingeflogenen deutschen Ingenieur heissen: " Wie? Der ist ja Blond und heisst Hans! Wir haben uns da ehrlich gesagt was anderes vorgestellt!" – nämlihh den iranisch-,afghanisch- oder irakischstämmigen Deutschen, der mehr Sprachen versteht und kein Stock im Gesäß mit sich herumträgt wenn er die Grenzen seines Bundeslandes verlässt .

    Und bessere Uniabschlüsse haben Kinder von zugewanderten sowieso. Wird nicht einfach für die Alteingesessen sich in Zukunft zu behaupten wenn in Zukunft deutsche Frauenzeitschriften titeln "No Südländer, No Party!".

    PS: Deutsche aller Ethnien, vereinigt euch und nimmt euch das, was euch gehört! :-)

  4. Lutheros sagt:

    Hm, Balthazar, da haben Sie aber den Sinn nicht erfasst: Gottlieb sprach nicht von der Trennlinie zwischen hans und den anderen, sondern von der Trennlinie zwischen Ali und Umut hier und den anderen da.

    Über den Punkt Einwanderung sind wir schon längst hinweg. Die Frage die da hinter steht, ist doch die: warum gehören manche Einwanderer irgendwann dazu, und manche nicht?

    Was von dem Leben der Deutschen macht Sie selbst zu einem Deutschen? Die Tatsache, dass sie hier geboren sind? Dann muss ich in der Tat den Kritikern recht geben, die meinen, das seien nur Passdeutsche. Die Welt besteht aus über 160 Nationen, und die Trennung liegt nicht in der Zuordnung zum Pass.

    Was macht den Deutschen zum Deutschen? Sie sagen, Sie sind ein neuer Deutscher. Soweit einverstanden. Was macht Sie zum Deutschen? Warum sind Sie Teil einer Nation, warum ordnen Sie sich dieser Kultur zu? Bisher lese ich in Ihrem Text nur, dass Sie das über rassische Merkmale definieren: Deutschsein mit Blond verbinden, aber das neue Deutschsein jetzt südländisch ist. Dann sind wir aber über das Jahr 1933 nicht weiter hinausgekommen, wenn wir das Deutschsein über das Äußere versuchen zu definieren.
    Es ist auch ihr Land, schreiben Sie. Warum? Was macht es aus, dass dieses Land Teil Ihrer Identität ist?

    Ein Stock im Gesäß zu haben kann man kritisieren, es kann aber auch Teil des Deutschsein seins. Ebenso wie das Aufgeräumte, das Humorlose, das Strenge. Anders zu sein, bedeutet nicht zwangsläufig ein „besserer“ Deutscher zu sein. Es kann auch sein, dass dies bedeutet, ein Nicht-Deutscher zu sein.

    • Leo Brux sagt:

      Lutherus,
      Deutscher ist man, wenn man den deutschen Pass hat.
      Die völkische Definition gilt nicht mehr.
      Auch für Sie hoffentlich nicht.

      Deutschland ist außerdem die HEIMAT all derer, die hier geboren und aufgewachsen sind. Egal, welcher Herkunft sie sind, egal, welche Kultur die Familie pflegt, egal, ob mir oder Ihnen oder sonst jemand die Art gefällt, die diese Familie oder einige ihrer Mitglieder zeigen. Wem Deutschland Heimat ist, der genießt hier ein Heimatrecht.

      Ein Deutscher muss sich nicht mit Deutschland identifizieren. Er darf Deutschland sogar verabscheuen. Wir haben hier bei uns keinen Gesinnungszwang.
      Viele von denen, die gegen Muslime und Immigration schimpfen, gehören zu diesen Deutschlandhassern. Sie finden die multikulturelle Realität meines Heimatlandes so schrecklich, dass sie sich in die Vergangenheit flüchten und das wirkliche zeitgenössische Deutschland verabscheuen. – Das dürfen sie natürlich. Sie sind trotzdem Deutsche. Sie haben ja den deutschen Pass. Aber sie sollten es auch anderen erlauben, Deutschland kritisch zu sehen.

      Wenn wir möchten, dass sich möglichst viele Deutsche heimisch fühlen in Deutschland, dann werden wir großzügig sein müssen – wir werden den Pluralismus schätzen lernen müssen und auf Integration setzen.

  5. Gottlieb Wendehals sagt:

    Hallo Leo,
    Sie meinen also, es reicht aus, einen deutschen Pass zu haben, um als Deutscher zu gelten? Gut, ich kaufe mir kurz für ein paar Euro einen kongolesischen Pass, dann bin ich richtigerweise nach ihrer Logik Kongolese? Alle Kongolesen, denen ich dann begegene, und die mich fragen, ob ich ein Tourist sei, werde ich Fremdenfeindlichkeit vorwerfen! Oh ja, ich bin ein Kongolese, sieht das denn niemand? Die jahrtausendealte kongolesische Kultur, alles meins, alles meine Kultur!

    Sie, Leo, haben da doch sicher nicht den geringsten Zweifel daran, dass ich nun ein Kongolese bin? Sogar mit Mehrwert, da europäisch und afrikanisch! Interkulturelle Kompetenz oder wie das heisst! Ich hoffe nur, dass mir das ein richtiger Kongolese dann auch wirklich abnimmt…. schwer vorzustellen. Oh ja, sehr schwer vorzustellen.

    • Leo Brux sagt:

      Gottlieb,
      wenn ich einen kongolesischen Pass habe, bin ich selbstverständlich ein Kongolese. Was denn sonst?

      Ich gehöre halt keinem der Stämme im Kongo an, aber das brauche ich auch nicht, um Kongolese zu sein.
      Es ist eben kein völkischer Begriff, kein rassischer, kein ethnischer, sondern ein staatsrechtlicher Begriff.

      Wenn Sie das Deutsche völkisch definieren wollen (als „Deutschtum“) – und das vor der Realität, wie wir sie erleben – dann versuchen Sie es mal!

      Bei Ihrer Liste (Wenn ihr … ) frage ich mich, wer hier das ihr und wer das ihr sein soll.
      WIR sind alle recht verschieden, finden Sie nicht?

  6. Gottlieb Wendehals sagt:

    Nun ja, Balthazar ist voller Hass, Schade!

    Nun lieber Balthazar, da Sie ja Deutscher sind, mit türkischen Wurzeln vermutlich, oder zumindest islamischen, hier ein paar Weisheiten, die Sie auf dem Weg, ein besserer Deutscher zu werden, wissen sollten:

    Was ihr lustig nennt, nennen wir albern
    Was ihr langweilig nennt, nennen wir Ruhe
    Was ihr feurig nennt, nennen wir nervig
    Was ihr scharf nennt, nennen wir verwürzt
    Was ihr locker nennt, nennen wir Überspielen von Minderwertigkeit
    Was ihr bunt nennt, nennen wir störend
    Was ihr gemütlich nennt, nennen wir langweilig
    Was ihr Gastfreundschaft nennt, nennen wir Verkaufsgespräch

    Wir haben nun mal einen anderen Geschmack, wir Deutschen untereinander ;)

  7. BiKer sagt:

    @gottlieb

    ein untauglicher versuch! in deutschland die dt. staatsbürgerschaft niemand für ein paar euro. hier müssen sie gewisse jahre in deutschland legal gelebt haben, sich rechtstreu verhalten haben, ihren lebensunterhalt selbst bestreiten, die dt. sprache und landeskunde können. wenn sie das alles in kongo hinkriegen, dann werden sie auch ein kongolese. mit ein paar euro geht das nicht.

  8. Lutheros sagt:

    Nein Leo,

    Sie irren.
    Warum gibt es so viele Staaten auf der Welt? Weil man so unterschiedliche Konstellationen aus Rechtssystem, Sozialsystem oder Gesetzgebungsverfahren praktiziert? Weil die Staaten sich nur durch Formalismen unterscheiden?

    Der Pass ist nur die Folge der nationalen Zusammengehörigkeit, nicht die Ursache.

    Ganz aktuell: Warum wird ein neuer Staat, der Südsudan geboren? Geht es hier nicht im Kern um die Frage der richtigen Lebensweise, die Frage von Islam oder Christentum als Leitbild der Gesellschaft?
    Wir sprechen nicht zufällig von Nationalstaaten: gemeinsame Sitten, Gebräuche, Traditionen, und vor einigen Jahrzehnten noch die Abstammung.

    Das letztere ist kein Merkmal mehr, richtig. Aber: Die Menschen eines Staates hält das Verbindende Zusammen, und das sind nicht die Staatsorgane. Es sind die ungeschriebenen Regeln des Zusammenlebens, das Teilen von Werten, die Zusammengehörigkeit von Geschichte.

    Wir Menschen treffen als Arbeitskollegen, als Klassenkameraden, als Fahrgäste im Bus, als Straßenverkehrsteilnehmer, als Konzertbesucher, als Spaziergänger, als Nachbarn aufeinander. Um miteinander klar zu kommen, braucht man eine gemeinsame Sprache, nonverbal, gemeinsame Vorstellungen von richtig und falsch, von gut und böse.
    Das macht eine Nation aus, das ist die Voraussetzung von Zusammenleben.

    Wenn ich aber die Werte der Menschen des Landes nicht teile, wenn ich die Sitten und Traditionen ablehne und meine, andere Werte sind richtiger, dann bin ich falsch in dieser Gemeinschaft. Dann funktioniert ein Zusammenleben nicht.

    • Leo Brux sagt:

      Lutheros,
      nun sagen Sie mal, welche Werte teile ich mit
      a) den Rechtspopulisten?
      b) den Banksters des Finanzkasinos?
      c) den Fußball-Rowdies?
      Um mal nur drei Negativbeispiele zu nennen!

      Und teile ich die deutsche Geschichte mit denjenigen deutschen Staatsbürgern, die kaum eine Ahnung davon haben? (Da meine ich jetzt junge „ethnisch“ Deutsche.)

      Gemeinsame Sitten? Wir haben in Deutschland so gut wie keine gemeinsamen Sitten mehr – und brauchen sie auch nicht.
      Was wir noch haben, ist eine gemeinsame Sprache – als weitgehend verbindliches Verständigungsmittel.
      Und was wir haben, das sind Grundgesetz, Gesetze, Verordnungen, Rechte, die für alle gelten, egal welche Gesinnung, Neigung, Herkunft jemand hat.

      Ich stelle fest, Lutheros, dass ich einige IHRER Werte nicht teile. Zum Beispiel neige ich fast immer zur Inklusion – ich bin einer, der andere nicht ausschließt, wenn sie anders sind; einer, der zum Beispiel Nation nicht ethnisch bestimmt und nicht glaubt, dass es in Deutschland Vorschrift ist, Weihnachten auf eine bestimmte Weise zu feiern oder sich bei der Begrüßung die Hand zu geben, als Mann keinen Hut und als Frau kein Kopftuch zu tragen.

      Sie versuchen unter der Hand, aus Werten Vorschriften zu machen. Das ist übel. Das führt zum Mobbing.

      Es gab mal eine Zeit, da hat man Herkunft und Ethnisches und Tradition und Sitte und dergleichen überhöht zum Deutschen. Die Zeit ist gottseidank vorbei. (Sie ist noch nicht überall auf der Welt vorbei, da haben Sie recht; sie ist auch noch nicht in allen deutschen Köpfen vorbei. Damit muss und kann ich leben – als bekennender Pluralist.)

      Was also verbindet uns Deutsche insgesamt?
      – die staatlichen Institutionen, die wir als Staatsbürger mitgestalten und denen wir unterstehen; einschließlich der Rechte, die darin liegen und die Politik, die in diesem Rahmen gemacht wird
      – die Sprache
      – die heimatliche Vertrautheit (zu der JEDER gehört, der hier seinen Lebensmittelpunkt über längere Zeit gehabt hat und sich dadurch heimisch fühlt)
      – die Anerkennung, dazu zu gehören, durch die anderen.

      Das letztere verweigern Sie einem Teil meiner Mitbürger, Lutheros, und das ist destruktiv.

      Anmerkung:
      Ich fände es notwendig und gut, wenn auch die Geschichte eine größere Rolle bei der Gemeinsamkeit spielen würde – aber ich habe eindringlich genug erlebt, dass sie es nicht mehr tut. Intensives Geschichtsbewusstsein ist selten geworden. – Deutsche Geschichte wäre natürlich ein Element, das sich für jemanden, der als Einwandererkind hier geboren wird, anders anfühlt als für jemanden, dessen Vater oder Großvater Soldat im Zweiten Weltkrieg war. In dieser Hinsicht habe ich ein spezifisches Gefühl, Deutscher zu sein, wie es meine türkisch-deutsche Exfrau nicht haben kann (und auch nicht zu haben braucht). Der „Mangel“ macht aus ihr aber keine „schlechtere“ Deutsche. Sie bringt dafür türkische Erfahrungen in die deutsche kulturelle Vielfalt mit ein. Es ist der natürliche Gang der Dinge – Altes verliert sich, Neues wächst zu.

  9. Gottlieb Wendehals sagt:

    Leo,

    ach, bei Ihnen ist Hopfen und Malz verloren. Scheinbar existiert für Sie keine Zugeörigkeit in irgendeinem Sinne. Jeder, der da ist, ist auch mit dabei. Oder anders gesagt, jeder Hans und Kunz ist Mitglied dieser Gruppe. Nehmen Sie eigentlich auch Rechtsradikale in Ihrer Initiativ-Gruppe auf, oder haben Sie da politische Vorbehalte? Grenzen Leute also aus, exkludieren Sie, weil Sie deren politische Meinung nicht teilen?

    Wenn es nichts „Deutsches“ gibt, warum setzen Sie sich dann dafür ein, dass die Migranten ihr „Türkisches“ oder „Arabisches“ nicht aufgeben müssen? Auch hier: Messen mit zweierlei Maß. Türkisches ist gut, Deutsches ist „völkisch“, „nationalistisch“ und in zweitem Atemzug „braune Vergangenheit“, übertriebens „Deutschtum“, im Grunde genommen rechts.

    Sie passen gut zum Migazin, für mich der erste und letzte Besuch in einem Forum für Weltverbesserer und Fanatiker, Menschen, denen wir die schlechte Stimmung in diesem Land eigentlich zu Verdanken haben.

    @ biker
    ich war einige Zeit im Kongo, glauben Sie mir, ich hätte die Staatsbürgerschaft bekommen. Ich wäre aber kein Kongolese gewesen. Auch wenn Sozialromantiker Leo was anderes behauptet. Für ihn könnte ich -wäre es möglich- Staatsangehörigenkeiten und damit Mitgliedschaften in nationalen Verbänden, wechseln wie meine Socken. Heute Chinese, morgen Russe, übermorgen Türke. Vielleicht nächste Woche Indianer, das geht sicherlich auch. Sagen Sie mir Biker, wenn ich einige Jahre in der TÜrkei wohnen würde, eine türkische Frau heiraten würde, ein paar Brocken türkisch könnte, würde mich ihre Frau Mutter als Türken oder als Deutschen bezeichnen? Ehrliche Antwort bitte.

    • Leo Brux sagt:

      Wendehals,
      ich bin eben ein deutscher Patriot. Aber ein Patriot des wirklichen zeitgenössischen Deutschland und nicht ein Patriot eines Phantasielandes namens Deutschland.

      Nicht jeder, der da ist, hat seine Heimat in Deutschland. Ich hab das schon etwas eingeschränkt. Lesen Sie es nach!
      Nicht jeder, der hier seine Heimat hat, ist deutscher Staatsbürger. Auch da unterstellen Sie wieder etwas. Deutscher ist, wer die deutsche Staatsbürgerschaft hat. Das ist einfach so. Rechtlich.

      Und die InitiativGruppe ist ein Verein und eine Institution – kein Land, keine Nation. Die Katholische Kirche wird keine erklärten Atheisten aufnehmen, ein Vegetarierklub keine Fleischfresser und eine Müttergruppe u. U. keine Männer. So arbeiten bei uns natürlich nur solche Leute, die pro Integration sind.

      Leider setzen Sie sich überhaupt nicht auseinander mit meinen Vorschlägen dafür, was uns Deutsche heute insgesamt verbindet:

      – die staatlichen Institutionen, die wir als Staatsbürger mitgestalten und denen wir unterstehen; einschließlich der Rechte, die darin liegen und die Politik, die in diesem Rahmen gemacht wird
      – die Sprache
      – die heimatliche Vertrautheit (zu der JEDER gehört, der hier seinen Lebensmittelpunkt über längere Zeit gehabt hat und sich dadurch heimisch fühlt)
      – die Anerkennung, dazu zu gehören, durch die anderen.

      Vielleicht findet ja Lutheros, an den das gerichtet war, darauf eine Erwiderung. Ich könnte mir schon vorstellen, dass da noch etwas fehlt.

      Was den türkischen Nationalismus angeht — ich hab mich dazu oft genug negativ geäußert. Aber angesichts der Geschichte der Türkei verzeihe ich den Türken ihren Nationalismus eher, als ich das bei Deutschen tun könnte – aufgrund unserer Geschichte.

  10. BiKer sagt:

    @ gottlieb

    meine ehrliche antwort wird ihnen nicht schmecken. wenn sie auch nur einige wörter türkisch könnten, in der türkei leben würden und dann auch noch eine türkische frau geheiratet hätten, wären sie der ohne wenn und aber türke, sofern sie sich auch so sehen. in der türkei ist weniger die fremzbezeichnung maßgeblich als vielmehr die eigenwahrnehmung. wenn sie sagen, dass sie türke sind, wird ihnen da niemand wiedersprechen. nein, die menschen werden das mit freude zur kenntnis nehmen. ganz ehrlich.

    im übrigen ersparen sie uns ihre vergleich mit kongo, china, russland… das ist doch lächerlich. in deutschland bekommt die dt. staatsbürgerschaft niemand hinterhergeschmissen. vorher wird leistung abverlangt. nicht umsonst spricht man bei der integration – meiner meinung nach völlig falsch – vom “ erfolgreichen abschluss der integration“.