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Integration im 16:9 Format

Das Ende meiner Geduld. Ich klage an!

Ich habe genug von den Absagen, den Beleidigungen und Demütigungen, von dem Stillsein und dem Vorbild-Dasein gelungener Integration zu sein. Ich werde aufstehen, auf dem Tisch hauen und meine Meinung laut äußern.

Von Mittwoch, 06.07.2011, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Samstag, 09.05.2020, 1:04 Uhr Lesedauer: 10 Minuten  |  

Die Schinderei hatte sich für meinen vietnamesischen Änderungsschneider ausgezahlt. Als ich die Kopernikusstraße mit meinem Fahrrad entlang fuhr und an der Kreuzung zur Warschauerstrasse zum Stehen kam. Ich sah ihn, wie er seinem Landsmann gerade, den neu erworbenen silbernen Mercedes gehobener Klasse vorführte.

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Den Wagen hatte er, wie eine Trophäe in der Wohnzimmer Glasvitrine, vor seinem Geschäft geparkt. Der Landsmann staunte nicht schlecht und begutachtete den Kotflügel und die Felgen des Wagens, wie Kunstliebhaber ein Gemälde von Monet. Die Gesichtszüge meines Änderungsschneiders waren jene, die einem auf Anhieb verrieten, wie stolz jemand ist, etwas erreicht zu haben.

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Es muss in der Natur des Menschen liegen, Triumphe und Erfolge mit dem Erwerb von Symbolen, den scheinbaren Aufstieg im Status, Ausdruck zu verleihen. Ich beobachtete die Szene aus einer gewissen Ferne und wollte seinen Moment nicht ruinieren. Also grüßte ich ihn nicht, wie sonst üblich. „So etwas kannst Du auch haben, wenn Du bereit bist, 16 Stunden am Tag zu buckeln, große Opfergaben zu bringen, bis hin zur Bereitschaft der Selbstaufopferung, einer Arbeit nachzugehen, die Deiner Qualifikation nicht entspricht und die Wörter Urlaub und Erholung aus Deinem Wortschatz löschst!“ muss mein Änderungsschneider seinem Landsmann gesagt haben. Zumindest stellte ich es mir so vor.

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Am Ende der Vorführung klopfte der Landsmann, meinem Änderungsschneider anerkennend auf die Schulter, die wohl international gebräuchlichste Geste der Wertschätzung. „Du hast es geschafft!“, stelle ich mir die Antwort des Landsmannes vor, als beide in den Laden zurückgingen. Diese Szene blieb mir noch lange im Kopf erhalten. Ich freute mich für meinen Änderungsschneider. Die ganze Schufterei, die er Tag ein Tag aus geleistet hatte, hatte er sich mit dem Erwerb eines Statussymbols belohnt.

Die Szene mit dem Landsmann erinnerte mich an die koreanischen Veranstaltungen in Castrop-Rauxel. Dort hatte ich als Jugendlicher oft ähnliche Szenen erlebt. Ehemalige koreanische Bergarbeiter, die nachdem sie als erste vom ersten Arbeitsmarkt wegrationalisiert wurden, ihre Existenz oft durch Selbstständigkeit sichern mussten. Die Erfolgreichen zeigten ihre neue Errungenschaft mit einem Luxusauto, dem wohl stärksten Statussymbol und einer dicken Schweizer Uhr am Handgelenk. Demonstrativ fuhr man fast schon königlich mit dem Wagen vor, sodass alle begutachten konnten, dass man es zu etwas gebracht hatte. Mit zwei Koffern kam man in Deutschland an und hatte es zu etwas gebracht. Das sollte die Kernbotschaft sein.

An dem Ziel, so viele Statussymbole vor dem Tod zu erwerben, wie nur möglich um sich gesellschaftliche Anerkennung zu erringen, scheint auch in der zweiten Generation Koreaner in Deutschland weit verbreitet zu sein. Jeder soll es für sich selbst entscheiden. Mir persönlich sind diese Lebensziele befremdlich. Der Gedanke daran, dass man etwas darstellt, was man womöglich gar nicht ist, durch die Außendarstellung von Statussymbolen ist mir einfach zuwider. Man kann sich vielleicht kurzfristiger Anerkennung gewiss sein. Doch eines können Statussymbole niemals, nämlich sich die „wirkliche“ Integration in die Gesellschaft zu erkaufen. Sowieso kann man nichts von dem mitnehmen, wenn einen das Zeitliche segnet. Kein Luxusauto passt in ein Grab und die überteuerte Schweizer Uhr hat wenig Nutzen, wenn man die Zeit nicht mehr lesen kann.

Was die Philosophie „Aufstieg durch Bildung“ anbelangt, ist mein vietnamesischer Änderungsschneider nicht viel anders, wie die meisten koreanischen Eltern. Bei den Asiaten wird Bildung eben als „Kampfkunst“ verstanden, würde mein Freund Wladimir jetzt sagen. Der Drill, die Disziplin, der Gehorsam und der extrem hohe Leistungsdruck höher, schneller, weiter zu gehen, soll der nächsten Generation, den Aufstieg der sozialen Leiter gewährleisten.

Doch immer mehr stellt sich heraus, dass es die Mühen nicht wert sind. Höhere Bildung in Deutschland bedeutet Stillstand. Der Aufstieg ist nur begrenzt möglich und kann in manchen Fällen sogar den Abstieg bedeuten. Die soziale Herkunft, die Hautfarbe und der Migrationshintergrund entscheiden über die Aufnahme in den Arbeitsmarkt und den damit verbundenen beruflichen Aufstieg. Nicht die Herkunft, sondern die Zukunft zählt, redet sich die Staatsministerin für Integration, Maria Böhmer, in künstlicher Rage, sowie es Rainer Brüderle tat, als man im Bundestag über die Stabilität in der Euro-Zone diskutierte. Der Fraktionsvorsitzende der Linken Gregor Gysi ließ es sich nicht nehmen, das schauspielerische Spektakel Brüderles zu kommentieren. Er sagte: „Ihre Leidenschaft war wirklich beachtlich; das muss ich sagen. Wie Sie am Schluss die Fäuste bewegt haben, das passt auf jeden linken Parteitag. Zur Steigerung müsste ich jetzt den Schuh benutzen […]“. Ähnlich Worte hätte ich sicherlich auch über Böhmers verbal beschränktes Engagement gefunden.

Man redet viel über die hohe Abiturientenquote der Vietnamesen und die Mustergültigkeit ihrer gesellschaftlichen Anpassung und fragt sich, warum die integrationsunwilligen Problem-Türken nicht so sein können, wie die Asiaten. Die gesellschaftliche Erwartungshaltung der Asiaten ist hoch. Sie beinhaltet nur Verpflichtungen, wie nicht aufzufallen, nicht laut zu sein, keine Probleme zu verursachen, unsichtbar sein und seinen Platz in der Gesellschaft zu kennen. Nach all diesen Erfahrungen kann ich der türkischen Bevölkerung nur empfehlen, so zu bleiben, wie sie sind, und sei es drum, Probleme zu machen. Nur dann so erscheint es mir, verschafft man sich in Deutschland Gehör.

Wenn ich eins nicht ausstehen kann, dann sind es diese Pseudoartikel über mustergültige Vietnamesen, von einheimischen Journalisten, die Gefangene ihrer subjektiven Meinung sind und sich in ihren Berichten widerspiegeln und von dem Thema nicht wirkliche eine Ahnung haben. „Das vietnamesische Wunder“ heißt ein Artikel in der Zeit. Der wichtigsten Frage, was mit den „Überfliegern der Integration“ nach ihrem Abitur und Studium geschieht, wird völlig ignoriert, als gehe ihr Leben nur bis zum Ende der Schulzeit. Galant umschifft man die Wahrheit, dass die gut ausgebildeten Vietnamesen und Koreanern, im deutschen Arbeitsmarkt, gemessen nach ihren Qualifikationen, es nicht schaffen bis nach ganz oben zu kommen, in den Führungsetagen deutscher Unternehmen, als Abteilungsleiter, als Geschäftsführer, Vorstandsvorsitzende, Marketingdirektor und weitere Führungspositionen. Mit ihrem Potenzial und Talent verhaaren sie in der Mittelklasse, enden häufig in Deutschland ansässigen koreanischen Unternehmen, gehen zurück in das Land der Eltern oder enden als ewige Talente, die ihr Potenzial nie richtig zur Entfaltung bringen konnten. Die einstigen Bildungsüberflieger deren Motoren, solange sie sich im einigermaßen sicheren Umfeld der Bildung bewegten, unverwüstlich waren, und nie zum Erliegen kamen, kommen in der realen Arbeitswelt vermehrt zum Stottern und zum Erliegen. Stillstand bedeutet Tod, das weiß jeder Mensch. Der bis dahin makellose Lebenslauf bekommt erste Schrammen, der letztendlich zum Totalschaden führt. Das Leben wird ein Kampf ums Überleben, das Verstecken der Scham als Einser-Abiturient und magna cum laude Studienabsolvent auf der Strasse der Verlierer zu fahren. Es schmerzt, der Realität ins Auge zu sehen und sich einzugestehen, dass die ganze Schufterei sich nicht ausgezahlt und sogar gegen einen verwendet wird. Man möchte in den Boden versinken, unsichtbar werden und einfach der Realität zu entkommen.

Welcher Personalchef weiß schon davon, was der oder diejenige auf sich genommen hat, um sich diese Bildung anzueignen, die immer mehr an Wert verliert, je mehr man standardisierte Absagen in der Post vorfindet, mit der zurückgeschickten Bewerbung genau so drin, wie man sie versendet hatte und je mehr Zeit verstreicht, in der das Wissen nicht zum Einsatz kommt. Kein einziges Blatt ist in der Bewerbung gefaltet, ein Indiz, dass man sich mit der Bewerbung nicht eine Sekunde befasst hatte. Ich frage mich, was den Personalchefs an meinem koreanischen Äußerlichen missfällt. Wovor haben sie Angst? Warum komme ich nicht für die engere Auswahl der Kandidaten in Frage? Bin ich nur eine lächerliche Formalie, weil es die Regeln der Bewerbung so vorgeben? Was bin ich in den Augen deutscher Personalleiter? Was empfinden sie, beim Anblick meines Bewerbungsfotos? Vielleicht hätte man als asiatische Frau geboren werden müssen. Damit hätte man vielleicht bessere Chancen einen Job zu landen. Wer weiß schon, wie viele Personalchefs eine Vorliebe für asiatische Frauen haben und mit der Einstellung einer Asiatin, ihren Fetisch ausleben. Ich kann mit zwei Brüsten und einer Vagina im Geisha-Kimono Kleid nicht dienen. Ich bin zweifelsohne ein Mann, ein deutsch-koreanischer Mann mit einem verfluchten Migrationshintergrund, einer Gastarbeitergeschichte. „Was wissen diese verdammten selbstherrlichen Hurensöhne schon?“ hatte mein koreanischer Bekannter Markus einmal gesagt, als wir auf dieses Thema zu sprechen kamen. „Die haben doch keine Ahnung, vom Kampf, vom sich behaupten, von den verdammten Scheiß Niederlagen, von den Demütigungen und Stichen ins Herz! Ich fühle mich vergewaltigt! Bin müde. Hab kein Bock mehr!“ fügte Markus hinzu. Ich erhob kein Einspruch, auch nichts gegen seine Fäkalsprache. Wenn Sarrazin so etwas darf, dann darf es Markus allemal. Ich sagte ihm, die Koreaner müssen lauter werden, sich eingestehen, dass sie in Deutschland nie die erste Geige spielen werden, trotz eines Philipp Röslers, den die Bundesregierung versucht als Erfolgsmigranten zu verkaufen „from rags to riches“, obwohl er keiner ist und so der Gesellschaft versucht zu suggerieren, dass man es als Migrant in Deutschland bis zum Vizekanzler aufsteigen kann. Ich kenne nur einen, der noch besser lügen kann, wie die Bundesregierung und dann ist der Baron Münchhausen.

Für Maria Böhmer sind die Koreaner nichts weiter als unbedeutende, lakaienhafte Schlitzaugen, Witzfiguren wie die thailändische Berühmtheit Narumol die einen einheimischen Bauern ehelichte, Frühlingsrollen und Reisfresser, mit denen man so umspringen kann, wie es gerade in den Kram passt. Gerne werden die disziplinierten Asiaten als Musterbeispiele gelungener Integration genannt, aber wenn es darum geht, bei der Integrationsdebatte an vorderster Front mitzureden, dann wird ihnen Redeverbot erteilt oder sie werden von wichtigen Beratungsgremien ausgeschlossen. Beim Reden und sich zu Wort melden hört plötzlich die Mustergültigkeit gelungener Integration auf.

Der Leipziger Erziehungswissenschaftler Olaf Beuchling hatte errechnet, dass rund 59 Prozent der vietnamesischen Schüler ein Gymnasium besuchen. Bei den Koreanern gibt es nicht wirklich eine verlässliche Quelle, allerdings wird deren Zahl der Abiturienten und Studienabsolventen auf 70 Prozent geschätzt. Den Sprung aufs Gymnasium schafft man mühelos, doch der Sprung in die Berufswelt geht ins ungewisse. Wo spiegelt sich diese Zahl der Vietnamesen und Koreaner in Unternehmen, der freien Marktwirtschaft, den politischen Verbänden und Organisationen wieder?

In einem Artikel in der WELT rezitierte der einheimische Journalist, den koreanischstämmigen Amerikaner Wesley Yang, der in einem Beitrag für das New York Magazin schrieb „Fünf Prozent der Amerikaner sind Asiaten. Aber nur 0,3 Prozent von ihnen sind Vorstandsmitglieder, und weniger als ein Prozent schafft es in den Aufsichtsrat. Nur zwei Prozent der Asiaten werden Dekan ihrer Universität. Jedes Jahr veröffentlicht das Magazin „Fortune“ eine Liste der 500 erfolgreichsten Vorstandsvorsitzenden; 2010 waren gerade mal neun von ihnen asiatischer Herkunft. Lächerlich! […] Sie werden Mitarbeiter einer Anwaltskanzlei, schaffen aber nie den Sprung zum Gesellschafter; sie entwickeln Software, aber ihnen gehört keine Softwarefirma“. In Deutschland ist die Situation nicht viel anders. Deutschland gehört den Deutschen, nicht den asiatisch oder schwarz aussehenden Deutschen.

Ich habe genug von den Absagen, den Beleidigungen und Demütigungen, von dem Stillsein und dem Vorbild-Dasein gelungener Integration zu sein. Ich werde aufstehen, auf dem Tisch hauen und meine Meinung laut äußern.

Wesley Yang drückt es in seinem Beitrag für das New York Magazine nicht besser aus, auch wenn ich nicht mit allen seinen Äußerungen konform bin „[…] Scheiß auf Notenplackerei. Scheiß auf Elite-Universitäten-Manie. Scheiß auf Katzbuckeln vor Höherstehenden. Scheiß auf Demut und harte Arbeit. Scheiß auf harmonische Beziehungen. Scheiß auf Opfer-bringen-für-die-Zukunft. Scheiß auf ernsthafte, strebsam sich mühende Mittelklassen-Knechtseligkeit“.

Es ist an der Zeit laut zu werden, Probleme zu machen, Forderungen auf Führungspostionen zu stellen, das Recht auf Chancengleichheit und Partizipation. Nur so werden wir Asiaten in Deutschland, eines Tages nicht mehr als die nicht ernstzunehmenden Frühlingsrollen, Witzfiguren und Reisfresser angesehen. Nur so kann die asiatische Integration in Deutschland gelingen. Aktuell Meinung

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  1. Balthazar sagt:

    @wendehals

    >>Nun lieber Balthazar, da Sie ja Deutscher sind, mit türkischen Wurzeln vermutlich<<

    nein, ich habe keinen türkischen hintergrund!
    sind sie etwa ein nazi, nur weil sie sich so anhören wie einer?

  2. GoldundSilber sagt:

    Aber was ist denn das Lebenziel eines Asiaten? Unterscheidet sich das von einem Europäer? Würde mich mal interessieren.

  3. Finn sagt:

    Hochachtungsvoll und Respekt an Herrn Huyn.

    So, jetzt mal bitte ein Deutscher nach Korea gehen, dort das gleiche machen wie Herr Huyn und abwarten auf die Reaktion koreanischer Landsleute……..WAS, da kommt keine Reaktion, WIESO ? Aber ich bin doch Deutscher und in Korea aufgewachsen ! WAS, ich bin Ausländer und habe nix zu melden ? Aber ich bin doch integriet, ODER ? Nein, bist Du nicht, Du siehst nicht aus wie wir und wir wollen Dich einfach nicht…..

    So, oder so ähnlich ergeht es einem Deutschen im Ausland

    Nichts für ungut, das ist Realität

  4. Lutheros sagt:

    Hm Leo,
    ich kann nicht folgen.

    Sie sprechen sich gegen Rechtsradikale, gegen Hooligans, gegen bestimmte Banker aus. Das sind Werte sie man vertritt und die dazu führen, dass man bestimmte Menschen ausschließt. Sie schließen aus. Jeder Mensch schließt aus.
    Sie teilen wichtige Elemente der gemeinsamen Identität nicht. Diese Menschen gehören nicht dazu, haben aber den gleichen Pass. Schlimmer noch: sie werden abgelehnt und bekämpft, weil man deren Vorstellung von richtig und falsch nicht teilt.
    Für ein dazugehören muss es aber mehr sein als der gleichen Pass. Eine Zusammengehörigkeit ist ein Gefühl, kein mathematisches Datum.

    Sie definieren es sehr allgemein über die Vorgabe: „die Anerkennung dazuzugehören“.

    Wann gehört man dazu? Doch nur wenn man etwas hat mit dem sagt: du bist einer von uns!

    Der Deutscher der sich Türke nennt grenzt sich selbst ab. Wir grenzen Rechtsradikale genauso aus wie Hooligangs. Aber eben auch den Türken, bei dem uns nichts einfällt was er mit uns teilt.
    Zugehörigkeit setzt Gemeinsamkeit und Identität voraus. Wer seine Identität nur mit Elementen definiert die ihn von der aufnehmenden Gesellschaft trennen gehört nicht dazu.

    Man teilt nicht mit jedem alle Werte und Identitätsmerkmale. Aber man muss schon den größten Teil dessen teilen was die Mehrheit die Identität gibt. Wenn jemand sagt ich bin Türke und Moslem, aber er hat einen deutschen Pass, ja wie soll ich Zugehörigkeit zu ihm empfinden?
    Es geht doch nicht darum ob jemand auch ein Schnitzel isst oder nicht, sondern darum ob er in der Summe aufgrund seiner Gebräuche, Verhaltensweisen und Wertigkeiten eine Zugehörigkeit erzeugt oder eine Ausgrenzung.
    Und jede Gesellschaft lehnt diejenigen ab, die die Identität der Gesellschaft durch ihre Abweichung nicht bereichern, sondern zerstören.

    • Leo Brux sagt:

      Lutheros,
      ich grenze Menschen, die meine Werte nicht teilen, NICHT aus der deutschen Gesellschaft aus.
      Das ist der eine Unterschied.
      Der zweite: Ich sehe nicht, was unsere Deutschtürken verbrochen hätten. Anders als Hooligans, Rechtspopulisten und Rechtsextreme verhalten sie sich konstruktiv, staatstragend sozusagen.

      Abgrenzen tun sich alle – Individuen von anderen Individuen, aber auch gruppenweise. Das ist normal – wenn man das gleich zur Ausgrenzung aus Deutschland missbrauchen würde, würde man nur noch selber ein Deutscher sein und niemand sonst.

      Deutschsein ist zunächst einmal kein Gefühl, sondern eine rechtliche Konstruktion: Staatsbürger sein. Wenn Sie das nicht anerkennen, bewegen Sie sich nicht im Rahmen unserer deutschen Rechtsordnung.

      Wenn einer sagt, ich bin deutscher Staatsbürger und ich gehöre damit zur deutschen Nation, und ich füge mich in sie ein, das heißt, ich folge den hier geltenden Gesetzen und spreche außerdem Deutsch — dann genügt das. Das kann man sehr gut auch dann, wenn man sich weiter als Türke versteht, oder als Italiener. – Wenn Sie das nicht anerkennen wollen, ist das Ihre Sache. Es ist bösartig, aber man darf in Deutschland auch bösartig sein, ohne seine Freiheit und Nationalität zu verlieren.

      Was das Gefühl des Deutschseins anbelangt – unsere Rechtsordnung verlangt es nicht, dieses Gefühl zu haben. Auch viele Menschen rein „deutscher“ Herkunft haben es im Grunde nicht, bzw. es ist ihnen egal. Vor allem, viele wollen sich nicht darauf reduzieren lassen und schätzen andere Aspekte ihrer Identität höher ein als das Deutschsein.

      Sie könnten zum Beispiel sagen: Ein Deutscher, der nach Brasilien ausgewandert ist und die brasilianische Staatsbürgerschaft erworben hat, darf sich nicht als (auch noch) als Deutscher fühlen, wenn er wirklich Brasilianer sein will. – Sehen Sie das so? Kann man nicht zugleich Brasilianer und Deutscher sein? Brasilianer in der nationalen Zugehörigkeit, Deutscher von Herkunft und Kultur (und Gefühl)? Ich kann doch auch zugleich meine Mutter, meine Frau, meine Kinder und meinen Freund lieben. So kann ich mich fühlen als jemand, der nach Deutschland gehört und zugleich Türke ist, oder als jemand, der nach Brasilien gehört und zugleich (gefühlter) Deutscher ist.

      Ich habe Sie gebeten, diese ominöse deutsche Identität, von der Sie raunen, zu beschreiben. Ich habe Ihnen dazu ein Angebot gemacht und Gesichtspunkte genannt dafür, was wir gemeinsam haben. Darauf gehen Sie leider kaum ein. Ich wiederhole sie noch einmal:

      Was also verbindet uns Deutsche insgesamt?
      – die staatlichen Institutionen, die wir als Staatsbürger mitgestalten und denen wir unterstehen; einschließlich der Rechte, die darin liegen und die Politik, die in diesem Rahmen gemacht wird
      – die Sprache
      – die heimatliche Vertrautheit (zu der JEDER gehört, der hier seinen Lebensmittelpunkt über längere Zeit gehabt hat und sich dadurch heimisch fühlt)
      – die Anerkennung, dazu zu gehören, durch die anderen.
      Das letztere verweigern Sie einem Teil meiner Mitbürger, Lutheros, und das ist destruktiv.

      Destruktiv sind also nicht die Deutschtürken, die sich als weiterhin auch als Türken sehen, sondern Menschen wie Sie, Lutheros, die diese Menschen, die Teil unserer Gesellschaft sind, ausgrenzen und dazu zwingen, sich noch mehr als Türken zu sehen, als es sonst der Fall wäre.

      Noch einmal: Wenn Sie von deutschen (!) Werten und Identitätsmerkmalen sprechen, die man teilen können sollte, dann bitte formulieren sie sie. Wenn man sie zum nationalen Ausgrenzungskriterium machen will, dann muss man sie präzise in Worte fassen können.

      Wie wollen Sie übrigens diese Ausgrenzung rechtlich bzw. politisch umsetzen?

  5. John Rabe sagt:

    Wutschriften wie diese mögen zuweilen angemessen wirken, zeigen aber doch hauptsächlich nur die frustration eines einzelnen.
    Sehen wir doch der Wahrheit ins Auge:

    Anders als in Asiatischen Ländern wie China, Japan oder Korea ist die FORM der Bewerbung weit wichtiger als Schulnoten.
    Dies ist sogar in Europa ein, nennen wir es, deutscher Sonderfall. Viele Abiturienten mit Bestnoten werden abgelehnt, viele top Absolventen inn- und ausländischer Universitäten tun sich schwer auf dem Deutschen Arbeitsmarkt. Warum?

    Weil ihnen die Lebenserfahrung fehlt,
    weil sie bis dahin nichts anderes kannten als ihre Leistung,
    weil sie ihr Leben ihrem Leistungsstreben unterordneten
    und weil sie glaubten sich darüber zu definieren.
    So entstehen allerdings keine Führungskräfte mit Charakter, sondern Leistungswillige Sklaven ohne eigene Meinung.

    Und diese werden in den Chefetagen nicht gebraucht.

  6. Binjam Gebre sagt:

    Zuerst ist man Blind.
    Dann lernt man seine Augen zu nutzen.
    Und dann ist man sauer.

    Herr Hyun, „Unter der Lampe ist es dunkel.“

    Kämpfen od. sich zurückziehn, bei beiden gibt es opfer.

    Die Frage lautet: „Mit welcher Entscheidung können sie leben“.

  7. Kai sagt:

    Wieso muss man immer alles auf den Migrationshintergrund schieben?
    Genausowenig wie nur Jugendliche mit Migrationshintergrund gewalttätig werden, genausowenig bekommen nur junge Menschen mit eben diesem Hintergrund ihre Bewerbungen im Originalzustand wieder zurück.
    Auch deutsche Jugendliche werden gewallt tätig und auch als deutscher mit einer hohen akademischen Ausbildung ist es alles andere als leicht einen Job zu finden, der diesem gerecht wird.
    Allerdings sollte man sich die Einstellung als Führungsperson direkt nach Studienabschluss nichtmal erhoffen. Das ist utopisch.

  8. MoBo sagt:

    Ich kann jetzt nicht auf jeden Punkt eingehen, aber ich habe mir in letzter Zeit noch einmal die Implikation des Begriffs „Passdeutsche“ vor Augen gehalten und es kann nur ein Ergebnis geben – ihn gegenüber deutschen Bürgern zu verwenden um sie gegenüber anderen deutschen Bürgern abzuwerten ist eine rassistische Verwendung. Es bleibt nur, den Terminus ins lächerliche zu ziehen. Ich werde also in Zukunft jeden deutschen Bürger egal welcher Herkunft als „Passdeutschen“ bezeichnen. Angela Merkel – Passdeutsche, Sigmar Gabriel – Passdeutscher, Cem Özdemir – Passdeutscher (ist ja auch in allen Fällen korrekt, da alle einen deutschen Pass haben).

  9. hannibal sagt:

    @ Mobo

    Sie würden sich wundern, wie viele Türken alleine ich kenne, die sich ganz klar selbst als Passdeutsche/Papierdeutsche bezeichnen, die als einzigen Grund für den Besitz dieses Passes angeben, er habe ja viele Vorteile, und die sich absolut als Türken bezeichnen, und als „Heimatland“ die Türkei.

  10. Roland Rosenbaum sagt:

    Also ich hab mir es durchgelesen und ich empfinde so:

    wer als Ausländer sagt, dass ihm Deutschland gefällt und das er oder seine Nachkommen irgendwann Deutsche sein werden, die sind willkommen und können gerne bleiben. Die aber, die sagen, dass sie Türken sind, und die Türkei ihr Heimatland ist (obwohl sie hier geboren wurden), und sie auf ewig ihr Türkending hier durchziehen wollen, die sollten doch einfach in ihr Land gehen, dessen Staatsangehörigkeit sie tragen. Das ist doch ganz einfach. Ich verstehe das Problem nicht?

    Wir sind auch eingewandert als ich ein kleines Junge war von Polen. Aber ich war ja erst 2 Jahre alt, wie kann dan Polen meine Heimat sein? Aber ich kenne Türken, die waren nur im Urlaub mal in der Türkei und faseln was von „meine Heimat ist Türkei“. Man kann ja sagen, ja, meine Eltern kommen aus Polen, und meine Wurzeln sind polnisch, aber ich bin Deutscher. Das können Türken nicht, dass ist gegen die Ehre oder sowas. Gegen den Nationalstolz. Ok, bei Italiener ist das auch so und bei Griechen, aber ansonsten kenne ich SEHR viele verschiedene Lansleut (mein Fruendkreis sind Russen, Polen, Tschechen, Balkan, Ungarn, Spaniern, Ukrainer, Kasachen, Schwarze, eingedeutschte DeutschTürken, und so weiter). Ich glaube, es hat einfach was mit dem Islam zu tun. Ein Türke in Iran sagt bestimmt nach drei Wochen, ich bin Iraner. Ein Iraner in Afgahnistan sagt auch nach drei Wochen, ok, ich bin Afghane. Aber ein Türke in Deutschland bringt es nach 40 Jahren und drei Generationen immer noch nicht über die Lippen zu sagen, ich bin Deutscher. Warum? Gebt doch den türkischen Pass einfach ab! Werdet auch Deutsche und alles ist kein Problem, eure Wurzeln habt ihr doch!

    Ihr Türken seid ein bisschen wie Adoptivkinder, die gegen ihre Adoptionseltern rebellieren! Ihr müsst eure Eltern schon akzeptieren! Oder ihr geht wieder zu euren richtigen Eltern zurück, wenn es euch bei denen besser gefällt.