Norddeutscher Rundfunk
Migranten auf allen Ebenen unterrepräsentiert
Im Norddeutschen Rundfunk (NDR) sind Migranten auf allen Ebenen unterrepräsentiert. Das geht aus einer Antwort des Hamburger Senats auf eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion hervor.
Dienstag, 02.08.2011, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 08.08.2011, 1:29 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
In Hamburg sind knapp 500.000 Einwohner mit Migrationshintergrund zu Hause. Das sind circa 27 Prozent aller Einwohner. In den norddeutschen Flächenländern ist der Anteil zwar niedriger aber nicht unbedeutend. So beträgt die Quote der Menschen mit Migrationserfahrung in Niedersachsen 16,6 Prozent und in Schleswig-Holstein 12,6 Prozent.
Der Anteil der Migranten an der Gesamtbevölkerung spiegelt sich in den Medien aber nicht wieder. Das gilt auch für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Auch sie hinken der gesellschaftlichen Realität hinterher, wie der Hamburger Senat jetzt mitteilt. Auf eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft erklärt der Senat, „dass der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund im NDR unterrepräsentiert ist“. Das gilt sowohl für die Zusammensetzung des Rundfunkrats, der Mitarbeiter als auch der Auszubildenden.
Die Zusammensetzung des NDR Rundfunkrats ist im Staatsvertrag über den Norddeutschen Rundfunk abschließend geregelt. Dort ist im Einzelnen festgelegt, welche Organisationen und Gruppen wie viele Mitglieder in das Gremium entsenden. Dort sitzen unter anderem Vertreter der Parteien, der christlichen, evangelischen und jüdischen Religionsgemeinschaften, der Verbraucherzentrale, des Deutschen Gewerkschaftsbundes, der Handelskammer, der Bildenden Kunst usw. Unter den insgesamt 58 Ratsmitgliedern befindet sich mit der Vertreterin des niedersächsischen Integrationsrates lediglich eine einzige Repräsentantin der Migranten – Quote 1,7 Prozent.
Nach Auskunft des NDR würden aber in allen Direktionen Menschen mit Migrationshintergrund arbeiten. Es würden allerdings keine Daten hinsichtlich der Anzahl von NDR Mitarbeitern mit Migrationshintergrund erfasst. Dies entspreche den Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG).
Auf den Nachwuchs scheint das Gesetz keine Anwendung zu finden. Die Zahl der Auszubildenden ist akribisch erfasst – auch nach Berufsgruppen. Von den insgesamt 276 Auszubildenden können gerade einmal 17 oder 6,2 Prozent Migrationserfahrung aufweisen (Stand: Ende 2010). Die höchste Quote ist unter den Volontären (9,7 Prozent) und Informationselektronikern zu finden (9 Prozent). Es folgen Mediengestalter (6,7 Prozent), Kaufleute für Bürokommunikation (5,7 Prozent) und Aufnahmeleiter (2,9 Prozent). Im Bereich der audiovisuellen Medien, Veranstaltungstechnik gibt es keine Auszubildende mit Migrationserfahrung.
Unbeeindruckt von diesen Zahlen, teilt der Senat weiter mit, dass der NDR Wert darauf legt, „Migranten vor der Kamera, den Mikrofonen und in den Redaktionsräumen angemessen zu berücksichtigen und damit zu einer medialen Integration beizutragen und gleichzeitig einen Beitrag zur gesellschaftlichen Integration und Teilhabe zu leisten“.
Der NDR greife in seinen Hörfunk-, Fernseh- und Onlineangeboten die Themen Migration und Integration genreübergreifend und in den verschiedenen Formaten auf. Die gesellschaftliche Realität werde so mit dem Ziel abgebildet und widergespiegelt, Bewusstsein zu schaffen, gegenseitiges Verständnis zu fördern und kulturelle Vielfalt als Teil der Alltagsnormalität und als einen festen Bestandteil der Programmgestaltung zu etablieren.
Der Senat muss aber auch einräumen, das in der Vergangenheit „in Teilen eine einseitige Berichterstattung festgestellt“ wurde. Solche Defizite seien vom NDR aber durch interkulturelle Seminare und verschiedene Informationsveranstaltungen ausgeräumt. Seit 2009 würden im NDR Fortbildungsangebote stattfinden, in denen sich die Programmmacher auch selbstkritisch mit Fragen auseinandersetzen wie: Wie werden Migranten im Hörfunk und Fernsehen dargestellt? Welche Klischees haben wir im Kopf? (bk)
Gesellschaft Leitartikel
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@ europa
sie schreiben: „Sie sind immer die Erste die hier gegen den Westen wettert,“
das stimmt nicht. ich liebe den westen! weis nicht, wie sie darauf kommen und ich weiß auch nicht, wie sie hierauf kommen: „der koreaner, japaner, amerikaner sind alles Westler!“
aha!?!?! sorry aber das wird mir hier zu blöd mit ihnen. sie verlegen gleich ganze staaten mal geographie in den westen, in ihrer verzweiflung.
@ lutheros
das aufenthg unterscheidet nach staatsangehörigkeit und nicht nach ethnie? von mir wegen. das macht die sache nicht besser. auch bin ich nicht der auffassung, dass man nach ethnien vergeben soll. ich sage nur, dass man bestimmte ethnien nicht benachteiligen soll und wenn man das dennoch tut, ist die quote ein gutes mittel. das ist doch nicht so schwer zu verstehen aber bei ihnen und europa habe ich es spätestens mit ihren letzten beiden kommentaren aufgegeben.
LIeber Herr Brux, Menschen unterscheiden sich in hunderten Merkmalen voneinaner. Aber nciht alle Unterschiede spielen überall eine Rolle. Und darum gehts. Wenn ich jemanden einstelle, interessiert mich seine Haarfarbe nicht, ebenso nicht seine sexuelle Neigung, sein präferiertes Frühstück, seine Wohungsform und eben auch nicht seine Ethnie. Wir sollten nur jene Merkmale der hunderte Merkmale eines Menschen heranziehen, die wir auch wirklich brauchen.
einen „repräsentativen“ Anteil einzufordern heisst immer, dieses Merkmal, was man repräsentiert haben möchte, in den Vordergrund stellt.
Das ist nicht Integration. Integration ist, wenn sie diese unwichtigen Merkmale der Menschen weglassen und gar nciht erst ins Gespräch bringen. Jeder, der dieses Merkmal heranzieht, der handelt falsch. Statt zu sagen: guckt nicht nur auf eine Ethnie, sondern auch auf die andere heisst die richtige Antwort: Guckt überhaupt nicht auf die Ethnie. Sie darf kein Merkmal für eine Entscheidugn im Arbeitsleben sein.
@Lutheros
Ich stimme Ihnen völlig zu. Meine Güte, was soll der Quatsch, Menschen nach der Herkunft einzustellen? Wieso nach Herkunft, wieso nicht auch Quoten für andere Kriterien: Scheidungskind, Einzelkind, homosexuell, Briefmarkensammler, Taubenzüchter, chronisch krank, Brillenträger, etc? Frauenquoten lehne ich (bin weiblich, keine Angst, also bitte jetzt keine Sexismus-Keule, Herr Brux) übrigens auch vehement ab. Ich kann darauf verzichten, einen Job nur wegen meines Geschlechtes zu bekommen und würde mich hierdurch diskriminiert fühlen. Übrigens lehnen nicht wenige Freundinnen von mir Frauenquoten ebenfalls ab.
Ist jemand besser für einen Job qualifiziert, weil er einen „Migrationshintergrund“ hat oder eben nicht? Es sollte doch nun wirklich um jobrelevante Qualifikationen gehen. In Sachen Geschlecht desgleichen.
Und wenn es im Job mit Quote losgeht, wieso dann nicht bei allem? Kindergartenplatz, Studienplatz, Vergabe einer Wohnung, etc.? „Quote“ würde dann sicherlich zum „Unwort“ des Jahres.
Lutheros hat völlig Recht, so eine Vorgehensweise ist rassistisch. Wir wären dann bald in einer Gesellschaft, in der sich alles nur noch um Migrationshintergrund oder „race“ usw. drehen würde. Da kann ich nun wirklich drauf verzichten. Im Übrigen schürt solch ein Vorgehen auch Ressentiments unterschiedlicher Gruppen gegeneinander, weil ein Mensch über eine (ihm von außen zugeschriebene) Gruppenidentität definiert wird.
@Leo Brux: Ja, wir wissen mittlerweile, dass Sie ein glühender, leidenschaftlicher Deutscher, ein überzeugter Verfassungspatriot sind – Ihr Pathos wirft mich immer wieder um. Aber nur zur Erinnerung: Sie sind doch so für ein „transkulturelles“ Deutschland. Das geht mit dem Begriff „Ethnie“ nun überhaupt nicht zusammen. Max Weber bemerkt zum Begriff „Ethnie“:
„Wir wollen solche Menschengruppen, welche auf Grund von Ähnlichkeiten des äußeren Habitus oder der Sitten oder beider oder von Erinnerungen an Kolonisation und Wanderung einen subjektiven Glauben an eine Abstammungsgemeinschaft hegen, derart, dass dieser für die Propagierung von Vergemeinschaftungen wichtig wird, dann, wenn sie nicht ‚Sippen’ darstellen, ‚ethnische’ Gruppen nennen, ganz einerlei, ob eine Blutsgemeinschaft objektiv vorliegt oder nicht.“
Von dem Völkischen wollen Sie sich doch entfernen, oder nicht? Deswegen besser auf die Begriffsverwendungen aufpassen!
Weiterhin: Lutheros verweigert nicht die Unterscheidung zwischen Menschen. Er möchte lediglich deren Herkunft nicht zum entscheidenden Kriterium für eine Jobvergabe machen. So ein Vorgehen wäre auch sicher nicht im Sinne eines „transkulturellen“ Deutschlands, sondern vielmehr eine Praxis im Rahmen eines implizit rassistischen Multikulturalismus, der Kulturen oder auch die sozial konstruierte „race“ als abgeschlossene Räume oder Container begreift, denen Menschen eindeutig und auf ewige Zeiten zugeordnet sind. Diese imaginierten Räume sind wie Glaskugeln, die aneinanderstoßen, aber eben gerade dem Konzept des „Transkulturalismus“ völlig entgegengesetzt sind. Ein Mensch wird im Transkulturalismus eben nicht über seine Herkunft definiert, sondern man geht von heterogenen, in einander übergehenden, unabgeschlossenen Kulturräumen aus und dementsprechenden Hybrididentitäten, die gerade Migranten häufig im Zuge eines Migrationsprozesses ausbilden.
Wieso sollte die ursprüngliche Herkunft oder die einem Menschen im Rahmen der Konstruktion von „Whiteness“ und „Blackness“ zugeschriebene „race“ für eine Jobvergabe die zentrale Rolle spielen, wenn die Identität des postmodernen Individuums fragmentiert und uneindeutig ist? (Ich empfehle Ihnen hierzu die Schriften von Stuart Hall oder Homi Bhaba.) Angesichts dessen ist doch die individuelle Qualifikation für den jeweiligen zu vergebenden Job sehr viel zielführender.
Sabberlatz,
wer sagt denn, dass das Ethnische zum entscheidenden Kriterium werden soll?
Es gilt immer noch der Primat der Kompetenz.
Aber in bestimmten Fällen wird man klugerweise die ethnische Kompentente mit in Rechnung stellen.
Ich würde also einen gläubigen Muslim nicht gerne dazu verdattern, als Barmixer zu arbeiten – aus Eigeninteresse würde ich das nicht machen.
Ich würde als Polizeipräsident von München mich mit der Stadt und dem Land Bayern zusammensetzen und schauen, wie wir etwas mehr türkisch- und slawisch-stämmige Personen in den Polizeidienst reinbekommen.
Die InitiativGruppe, bei der ich arbeite, hat immer geschaut, wie man mehr Migranten für die Arbeit finden und gewinnen könnte.
In solchen Beispielfällen macht es Sinn, AUCH die Herkunft zu berücksichtigen.
Es läuft analog zum Bestreben, in möglichst alle männerdominierten Bereiche mehr Frauen reinzubekommen. Die Quotierung, mit der die Grünen dafür gesorgt haben, dass es heute einen gewissen Frauenüberschuss in allen von den Grünen besetzten Ämtern gibt, ist ein wunderbares Beispiel, ein historischer Erfolg.
Mit dem Konzept der transkulturellen Gesellschaft würde es leichter, Entwicklungen hin zur Gleichberechtigung bzw. Gleichstellung zu fördern. Ich würde sagen, die InitiativGruppe in München, bei der ca. 100 Personen hauptamtlich, 150 oder mehr freiberuflich und 200 oder mehr ehrenamtlich arbeiten, gibt ein Beispiel für das, was transkulturell sein könnte.
Wieso sollte das Transkulturelle nicht mit Ethnie zusammen gehen? Die Unterschiede sind zum einen gegeben, sie sind da, sie sind real, und sie sind zum anderen fruchtbar, nützlich, eine Chance.
Sie, Sabberlatz und Lutheros, haben wohl das Problem, dass Ihnen Unterschiede als etwas überwiegend Nachteiliges oder Problematisches erscheinen. Das kann auch für mich schon mal eintreffen, aber der Regelfall ist es keineswegs.
Um zum Schluss wieder etwas pathetisch zu werden:
Es lebe die Vielfalt!
lustige Diskussion. Ein Freund von mir arbeitet für den NDR. Es gibt dort durchaus einige Azubis, Autorinnen, Moderatorinnen und Verwaltungsangestellte mit Migrationshintergrund. Die angesehenste Berufsgruppe beim Sender ist aber nach wie vor zu 100 Prozent migrantenfrei: Es gibt exakt NULL Migranten in den Redaktionen. Die haben da immer mal wieder Volontäre ausgebildet, als Redakteure übernommen wurden aber stets nur Biodeutsche. Redakteure sind die bestbezahlten und angesehensten Mitarbeiter, da bleibt man gerne unter sich. Genauso wie in den Rundfunkräten. Fazit: Für niedere Arbeiten sind sie zwar gut genug, aber etwas zu sagen haben sie nicht. Bei anderen Medienunternehmen ist es wohl etwas besser, wenn auch nicht viel. Der NDR ist jedenfalls ein reiner „Ariersender“. Und dann pupsen die da was raus von wegen „Charta der Vielfalt“ und so. Das ist einfach nur lächerlich. Wäre ein gefundenes Fressen für Medienjournalisten, wenn man nicht im Glashaus säße.