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Ismail Ertuğs Meinung

Gelegenheit zur Versöhnung

Der Anschlag in Norwegen richtet sich gegen alle Demokraten, ob Muslime oder Christen. Ismail Ertuğ (SPD), Mitglied des Europäischen Parlaments, plädiert in seiner neuesten MiGAZIN Kolumne für mehr Toleranz und Offenheit.

Von Ismail Ertuğ Mittwoch, 03.08.2011, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 08.08.2011, 1:31 Uhr Lesedauer: 5 Minuten  |  

In den Stunden nach dem ersten Anschlag in Norwegen debattierten Journalisten, Intellektuelle, Professoren, Politiker, Islam-Experten, Sicherheitsexperten bereits eifrig Details: wie wird sich die liberale, demokratische Gesellschaft Norwegens verändern, wie geht sie in Zukunft mit Islam und Muslimen um? Wird es schärfere Sicherheitskontrollen geben? Wird Norwegen der ISAF seine Unterstützung entziehen oder umso stärker den Kampf gegen den islamistischen Terrorismus führen? Bevor man überhaupt wusste, wer den Anschlag verübt hatte, wurde bereits über Konsequenzen diskutiert, weil es ja offensichtlich war, dass diese Anschläge wieder die Handschrift eines islamistischen Terroristen trugen. In Internetforen häuften sich sekündlich islamophobe Kommentare zu einem Haufen intellektuellen Unrats.

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Das erschütterte Weltbild
All diese Spekulationen lösten sich auf, als das Bild eines blonden, blauäugigen und sich als christlich bezeichnenden Norwegers in den Medien kursierte. Mit diesem Erscheinungsbild hatte vermutlich keiner gerechnet und niemand konnte seine Tat erklären. Es passte nicht in das Weltbild, das Medien und Politik, zum Teil auch die Wissenschaft, seit dem 11. September 2001 beschwörten. Es waren diesmal keine islamistischen Gotteskrieger, die die Ungläubigen in der westlichen Welt angriffen und dafür selbst ins Paradies kommen sollten. Die Verunsicherung führte von diesem Zeitpunkt an zu einer von Grund auf neuen Suche nach Antworten. Der Umgang mit Vorurteilen wurde dabei vorsichtiger.

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Norwegens Politiker allen voran: sie setzten die Tat des Fundamentalisten nicht mit dem Christentum und der Mehrheit der Christen gleich. Sie suchten keine Passagen in der Bibel, die man interpretieren könnte, um diese Tat zu legitimieren. Die norwegische Antwort auf dieses Verbrechen wird sogar noch mehr Offenheit und mehr Demokratie sein: Der norwegische Premierminister sagte, dass diese grausame Tat die norwegische Demokratie und das Engagement für eine bessere Welt nicht zerstören könne.

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Besonnenheit und ehrliche Fragen
Selbst der sonst gegen religiös motivierten Terror so offensiv ankämpfende deutsche Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich verhielt sich ruhig und steckte diesen Fall in die Kategorie rechts-extremer Einzeltäter. Hätte er auch so wünschenswert besonnen reagiert, wenn der Täter ein Muslim gewesen wäre? Auf der letzten Islamkonferenz bot Friedrich den muslimischen Verbänden eine Sicherheitskooperation mit den deutschen Behörden an. Dieses Angebot betrachteten viele Teilnehmer empört als Unterstellung, dass Muslime pauschal als potentielle Terroristen eingeschätzt werden. Nun redete Friedrich nicht davon, eine Konferenz der christlichen Gemeinden einzuberufen und ihnen eine Sicherheitskooperation anzubieten.

Damit hat er Recht. Natürlich sollte keine christliche Konferenz einberufen werden, denn Terror und Gewalt haben keine Religion. Gewalt entsteht aus Hass und aus Intoleranz, beides hat mit Religion, die aus der Liebe zum Nächsten lebt, nichts zu tun.

Der norwegische Weg
Deshalb ist es jetzt an der Zeit, festzustellen: Es fehlt an Toleranz in der muslimischen Welt gegenüber dem Westen. Und es fehlt auch an Toleranz im Westen gegenüber dem Islam und den Muslimen. Daran muss und kann jeder einzelne Muslim und Christ arbeiten. Wir müssen gemeinsam, so wie es Norwegen tut, gegen Vorurteile, Paranoia und Populisten vorgehen.

Die westliche Gesellschaft ist seit dem 11. September, den Anschlägen in Madrid und London verängstigt. Verantwortungslose mediale und politische Kampagnen führten zu einer Art Paranoia. Populisten wie Geert Wilders in Holland, seine Kollegen in Dänemark, Finnland, Frankreich, Österreich und Ungarn, profitieren von dieser Angst. Sie schüren sie und lassen sich von Verängstigten in die Parlamente wählen. Sie schaffen für Personen wie Thilo Sarrazin, den ich nicht als meinen Genossen betrachte und dessen Parteiausschluss ich nach wie vor befürworte, ein Klima, in dem aus Hassschriften Bestseller werden.

„Man wird doch wohl noch sagen dürfen“
Die Floskel „Man wird doch wohl noch sagen dürfen“ ist deshalb so inakzeptabel, weil sie erstens ein Redeverbot unterstellt, zweitens aus dem Sprecher eine Art Märtyrer für die gerade von ihm selbst eingeschränkte Redefreiheit macht und drittens, weil ihr meiner Erfahrung nach große Sinnleere folgt.

Während Muslimen erklärt wird, dass sie Demokratie, freie Meinungsäußerung und Menschenrechte achten sollten, wird oftmals vergessen, zu Hause über den Islam aufzuklären, Vorurteile als solche zu enttarnen und für Toleranz zu werben. Wollen wir uns von Profit gesteuerter Presse und Populisten auf einen Wissensstand des Mittelalters und der Kreuzzüge reduzieren lassen?

Der Höhepunkt in diesem Zusammenhang ist vermutlich, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel den umstrittenen dänischen Karikaturisten Westergaard mit dem Medienpreis für Pressefreiheit würdigte. Dies war eine Ohrfeige für Millionen Muslime in Deutschland. Die Kanzlerin hat eine sonderbare Interpretation für Freiheit. Sie hat nicht begriffen, dass die eigene Freiheit dort endet, wo die Freiheit des Anderen beginnt. In diesem Fall könnte man meinen, dass die Freiheit und die Gefühle von Muslimen weniger wert sind, als die Karikaturen eines dänischen Künstlers. Westergaard bedauerte es nie, dass aufgrund seiner Karikaturen eine erhebliche Welle der Gewalt ausbrach, bei der Menschen ihr Leben ließen. Es gehört nicht viel Mut dazu, die Gefühle von 1,5 Milliarden Menschen zu verletzen, sondern Bosheit, Arroganz und Dummheit.

Nach aktuellem Wissensstand war der Norweger Anders Breivik Einzeltäter, aber er war gewiss kein Einzeldenker. Seine Tat ist der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Die Islamfeindlichkeit in unserer Gesellschaft hat sich sogar gegen uns selbst gewendet. Anders Breivik erschoss 68 junge Menschen, weil diese explizit keine Islamhasser waren und an eine freie und multikulturelle Gesellschaft glaubten.

Wir dürfen und müssen noch Vieles sagen
Ja, man wird noch vieles sagen dürfen und müssen: Zum Beispiel, dass wir uns das Gut der Aufklärung, die Religionsfreiheit, die Trennung von Glauben und Staat nicht von fundamentalen Muslimen, Christen oder sonstigen Hetzern zerstören lassen sollten. Das dies möglich ist und auf welche Weise, beweisen uns gerade die Norweger.

Liebe Mit-Europäer und Mit-Menschen im hohen Norden, wie tapfer ihr mit dem Schmerz umgeht, der euch angetan wurde, geht uns nahe. Wir trauern mit euch. Wir fühlen uns durch diesen Hass, der sich gegen Menschlichkeit richtet, ebenfalls verwundet. Europas Bürgerinnen und Bürger können von den Norwegern lernen, die sich egal ob christlich oder muslimisch, nicht spalten lassen. Ein Attentäter wollte Hass säen er hat aber dafür gesorgt, dass das Land in seiner Trauer selten so geeint war, wie jetzt in der Verteidigung von Toleranz und einer offenen Gesellschaft. Aktuell Meinung

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  1. Europa sagt:

    @Leo Brux
    „Warnt nicht Broder vor der Islamisierung und davor, dass wir vor dieser Islamisierung kapitulieren?“

    Dass der Islam in Europa in den letzten Jahrzehnten ganz offensichtlich präsenter geworden ist, ist wohl nicht zu leugnen, auch nicht von ihnen! Und dass wir davor teilweise kapituliert haben ist wohl auch nicht gelogen, oder?
    Und ich persönlich hätte nicht gegen ein Minarettverbot gestimmt, ja und? Sind jetzt alle Rassisten die nicht gegen das Minarettverbot gestimmt haben? Ich mag halt keine Religionen und ich würde auch neue Kirchtürmer verbieten lassen, wenn ich könnte.

    „Dass Breivik einfach ein durchgeknallter Irrer ist, halte ich für falsch. Es ist etwas Irres in ihm – die Annahme nämlich, dass Europa islamisiert werde, und dass Norwegen zu einer früheren nationalen oder völkischen Reinheit zurückkehren müsse. Der Mann glaubt das wirklich! Dass er dann die Konsequenzen aus seinen Überzeugungen zieht, indem er fast 70 junge Sozialdemokraten ermordet, ist eigentlich nicht das Verrückte.“

    Das mag ja dann Ansichtssache sein. Also wenn dieser Mann wirklich der Meinung war dass sein Norwegen islamisiert wird, dann ist es doch wohl schon ziemlich bekloppt Norweger umzubringen, vorallem sollte er doch wissen, dass alle ihn für einen Verrückten halten werden, wenn er Norweger (jugendliche Kinder!) umbringt um sein land vor der Islamisierung zu retten.
    Aber darauf zu schliessen, dass jeder Islamkritiker einen kleinen Breiviek in sich hat ist wohl genauso unzulässig wie zu behaupten, dass Muslime alle einen kleinen radikalen Islamisten in sich haben. Die Tat von Breiviek ist im gleichen Masse verrückt wie die von den Islamisten.

    „Aus verrückten Gedanken folgen schlimme Taten. Drum lohnt es sich, die Taten zurückzuverfolgen auf die Gedanken, von denen sie ausgehen. Dieser Instinkt hat mich als junger Mensch davon abgehalten, Kommunist zu werden. Ich hab fasziniert von den Taten gelesen, von Stalins Gulag, von der Mauer und den Morden an Flüchtenden — und DAS war es, was mich gestoppt hat. Die Ideen selber sind mir suspekt geworden, weil sie zu Taten geführt haben, die ich nicht akzeptieren konnte. Andere gehen umgekehrt vor. Sie beharren darauf, erst einmal ihre Theorie aufzustellen, und dann folgern sie kühl und kalt, was zu tun ist. Das kann unendlich brutal werden, wie etwa bei den Nazis. “

    …oder wie bei den meisten Religionen, oder? Würden sie der NPD abkaufen, wenn die morgen für mehr Toleranz auf die Strasse gehn würden? Na, bestimmt nicht! Und ich kaufe keiner Religion die Toleranz gegenüber Andersgläubigen ab. Weder den Christen noch den Muslimen. Vorallem als Atheist oder Agnostiker, lernt man die Toleranz dieser Religionen sehr schnell kennen, nämlich dass es keine gibt!

    • Leo Brux sagt:

      Europa,
      Sie schreiben:

      Dass der Islam in Europa in den letzten Jahrzehnten ganz offensichtlich präsenter geworden ist, ist wohl nicht zu leugnen, auch nicht von ihnen! Und dass wir davor teilweise kapituliert haben ist wohl auch nicht gelogen, oder?

      Wir haben nicht davor kapituliert, sondern im Gegenteil bisher nicht genug getan, um den Islam voll zu integrieren. Auch von der islamischen Seite sind da noch Entwicklungen zu erwarten, Hausaufgaben zu machen, Lernprozesse zu vollziehen.

      Diejenigen, die sich fälschlich Islamkritiker nennen und Islamfeinde sind, verbreiten Hass; und aus Hasspredigten folgern manche – Gewalt. Drum schreiten wir in Deutschland gegen islamistische Hassprediger ein. Nicht wegen des Hasses selber, sondern wegen der möglichen praktischen Folgen. So ist auch der Zusammenhang mit den Hetzschreibern in Foren und Massenmedien. Sie säen Hass – und bei dem einen oder anderen fällt das auf einen allzu fruchtbaren Boden.

      Auf Ihre grundsätzliche Religionsfeindlichkeit brauche ich Ihnen nicht zu antworten. Die spricht für sich selbst. Vergessen Sie nur nicht dabei, dass unser Grundgesetz ausgesprochen religionsfreundlich ist. Politisch umsetzen können Sie ihren rabiaten Hass auf Religion nicht – außer, Sie heben unsere Verfassung aus den Angeln. Wenn Sie das politisch organisieren wollen, kriegen Sie es mit dem Verfassungsschutz zu tun, Herr AntiEuropa.

  2. BiKer sagt:

    @ lutheros

    schämen sie sich, hier so ein kommentar zu hinterlassen: „Breivik hat eine Antwort gefunden“. die morderation sollte sowas nicht durchgehen lassen, finde ich. breivik hat eben keine antwort gefunden!

    und zu ihrer frage: Wie funktioniert Islam, wenn nicht wortwörtlich? Woher weiss ich was gilt?

    was sie und ihresgleichen nicht verstehen ist, folgendes: wie viele gesetze gibt es in deutschland, um möglichst alle lebensbereiche zu regeln? viel zu viele und das, obwohl gesetze nicht einmal a l l e lebensbereiche abdecken wollen/sollen. alle gesetze stehen unter dem vorbehalt, dass sie verfassungskonform sein sollen. dazu bedarf es auslegung – teleologische, systematische, historische etc.

    ähnlich verhält es sich mit den regeln der muslime. der koran wird begleitet von zahlreichen hadithen und sunna, die ebenfalls der auslegung unterliegen – genau wie oben. deshalb kommt es ja auch vor, dass es muslime mit und ohne kopftuch gibt, weil im koran der kopftuch auslegungen zulässt aufgrund des wortlauts. ähnlich verhält es sich mit ganz vielen anderen regeln.

    kurz: es ist ein regelwerk, wie man es überall findet und ganz normal ist. das aber wollen sie und ihresgleichen nicht akzeptieren, obwohl das ganze doch sowas von selbstverständlich ist.

  3. zulu sagt:

    „dass es muslime mit und ohne kopftuch gibt, weil im koran der kopftuch auslegungen zulässt aufgrund des wortlauts. ähnlich verhält es sich mit ganz vielen anderen regeln.“

    Lieber Biker,
    ist das nicht der Unterschied zu einem Gesetz? Die Sprache des Korans, die Auslegungen zulässt, ganz unterschiedlicher Coloeur?

  4. Europa sagt:

    @BiKer
    „schämen sie sich, hier so ein kommentar zu hinterlassen: “Breivik hat eine Antwort gefunden”. die morderation sollte sowas nicht durchgehen lassen, finde ich. breivik hat eben keine antwort gefunden!“

    Doch Breiviek hat eben eine Antwort gefunden, nur dass diese Antwort extremst falsch war, aber eine Antwort ist es aufjedenfall.

    Aber ganz offensichtlich haben sie keine Antwort auf Lutheros frage gefunden!

  5. BiKer sagt:

    @ lutheros

    das ist doch bloed. sie wollen hier diskutieren, geben sch… von sich und sind nicht einmal in der lage zu begreifen, wie hiesige gesetze funktionieren.

    @europa
    meine antwort auf lutheros ist eindeutig. sie haetten ea nur gern, dass ich nicht darauf antworten kann. das geistige niveau sinkt hier so schnell, zu schnell fuer mich. oder sie wollen es nicht kappieren. dann macht es natuerlich auch keinen sinn, ihne etwas erklaeren zu wollen.

  6. Maenam sagt:

    „Politisch umsetzen können Sie ihren rabiaten Hass auf Religion nicht – außer, Sie heben unsere Verfassung aus den Angeln. Wenn Sie das politisch organisieren wollen, kriegen Sie es mit dem Verfassungsschutz zu tun, Herr AntiEuropa.“

    Religionsfreiheit bedeutet auch das Recht jedes Einzelnen von Religionen nicht belästigt zu werden.Und Imam Benjamin Idriz’ wird doch schon mit Recht vom Verfassungsschutz beobachtet, oder etwa nicht?

  7. Herbert G. sagt:

    „Dass der Islam in Europa in den letzten Jahrzehnten ganz offensichtlich präsenter geworden ist, ist wohl nicht zu leugnen, auch nicht von ihnen!“

    Und DAS ist auch gut so! Nur Schade, dass das Judentum noch nicht präsenter ist! Die Gesellschaften müssen zurückkehren zur tiefen Religiosität. Unsere christliche Freigruppe bewundert das Moslemtum! Diese tiefe Religiosität, die Spiritualität im Alltag! Und natürlich die ganzen anderen schönen Dinge, wie Herr Brux schon angemerkt hat: Familiensinn, wunderbare Esskultur, Spiritualität, Tischkultur! GEstern hatte einer einen Koran dabei, und wir haben aus diesem schönen heiligen Buch ein wenig vorgelesen. Die drei großen Religionen müssen sich vereinigen und wieder eins werden! Es stehen ja in allen Büchern die Wahrheiten drin!

  8. Andreas Streissner sagt:

    a) Herr Brux, warum zitieren Sie auf Ihrer Webseite falsch? Hier die Pressemeldung des Bayerischen Staatsministeriums:

    „Mangels neuer Erkenntnisse im Jahr 2010 heute keine Versagung aus Gründen des Verfassungsschutzes möglich – IGP bleibt Beobachtungsobjekt“

    Hier Ihre gekürzte Version, mit Punkt am Ende:

    “Mangels neuer Erkenntnisse im Jahr 2010 heute keine Versagung aus Gründen des Verfassungsschutzes möglich.”

    Schon krass, oder?

    b)
    „Benjamin Idriz wird NICHT mehr vom Verfassungsschutz beobachtet.“
    Zitat Leo Brux

    Wo steht das geschrieben? Der Penzberger Gemeinde wurde lediglich der Status der Gemeinnützigkeit wiedergegeben, es steht nirgends geschrieben, dass sie nicht mehr im nächsten Bericht auftauchen wird.

    Grüße
    Andreas

    • Leo Brux sagt:

      Herr Streissner,
      der Verfassungsschutz muss ja auch irgendwie sein Gesicht wahren … De facto ist damit, dass die Gemeinnützigkeit wieder zuerkannt wird, der Verdacht zu den Akten gelegt, und man kann davon ausgehen, dass die absurde Verdächtigung damit erledigt ist.
      Dass sie grotesk war, hat die Bundesjustizministerin deutlich gemacht, als sie anlässlich der der Nennung im Verfassungsschutzbericht demonstrativ nach Penzberg gereist ist und die Moschee und Imam Idriz geehrt hat; dass der Präsident des Katholischen Kirchentags, Alois Glück (CSU), dessen Buch in der Öffentlichkeit vorgestellt hat, um nur zwei der öffentlichkeitswirksamen Protestaktionen gegen den Bayerischen Verfassungsschutz zu erwähnen.

      Natürlich haben Sie recht, wenn Sie meine Formulierung im letzten Posting korrigieren – „Unser Verfassungsschutz wird das auch weiterhin beobachten”, heißt es offiziell und wird von mir auch auf der Website so zitiert – ich hätte mich da genauer erinnern sollen.

      Aber das Ganze kann man nun glücklicherweise vergessen, es ist bloß eine gesichtswahrende Geste der Behörden, was da zuletzt noch gekommen ist. Es gibt nichts, was die Penzberger irgendwie ins schiefe Licht des Islamismus oder Fundamentalismus bringen könnte. Imam Idriz muss nur aufpassen, dass er schnell ein paar Schritte nach links oder rechts oder sonstwohin wegspringt, wenn er aus Versehen mal auf jemanden trifft, der von Milli Görüs sein könnte.

      Die PI-Zelle im Bayerischen Verfassungsschutz hat diesen Kampf verloren.

      Ist es nicht bemerkenswert, wie gewisse Kreise gerade die am stärksten an der Aufklärung orientierte Moscheegemeinde verdächtigen will? Auch Sie sollten mal Benjamin Idriz‘ Buch lesen oder einen seiner Vorträge hören. Ich könnte mir schon vorstellen, dass Ihnen Pierre Vogel viel lieber ist – da hat man eher einen Islam, den man als Buhmann missbrauchen kann.

  9. Andreas Streissner sagt:

    Hallo Herr Brux,

    ich stimme Ihrer Antwort soweit zu. Bis auf:

    „Ich könnte mir schon vorstellen, dass Ihnen Pierre Vogel viel lieber ist – da hat man eher einen Islam, den man als Buhmann missbrauchen kann.“

    Was soll das? Ich weise Sie auf zwei massive, formelle Fehler hin, die man durchaus als Manipulation bezeichnen könnte, und Sie verdächtigen mich im Gegenzug erstmal pauschal der Islamophobie oder wie Sie das hier zu nennen pflegen? Ist das das Niveau, auf dem Sie einen fruchtbaren Diskurs gedeihen lassen wollen? Weit werden Sie damit wohl nicht kommen, oder anders ausgedrückt: Zweifler werden Sie damit wohl nicht auf Ihre Seite ziehen. Denken Sie mal darüber nach!

    Wer dieser Pierre Vogel ist, musste ich im Übrigen erstmal recherchieren. Nur ein Naivling kann glauben, dass das der Islam ist, den sich alle Moslems wünschen. Es ist eine Sekte, nichts weiter. Soviel dazu.

    Fragen wir doch mal die Muslime hier: Was halten Sie von diesem P. Vogel und seinen Gefolgsleuten eigentlich? Wird der ernst genommen, wird über ihn gelacht? Oder schämt man sich auch ein Stück weit für diesen Mann? Was ist mit den Inhalten? Was ist, wenn Eure Kinder diesen Schund lesen, den dieser Mann publiziert? Werden diese daran gehindert, aufgeklärt?

    • Leo Brux sagt:

      Herr Streissner,
      vielleicht hab ich ja nun schon zum zweiten Mal was zu korrigieren — aber damit warte ich lieber noch, bis Sie sich über Pierre Vogel kundig gemacht haben. Erst sagen Sie, Sie müssten da erst einmal recherchieren, wer der Mann sei, und dann sagen Sie, Pierre Vogel produziere Schund … Also kennen Sie ihn doch?

      Ich würde es nicht als Schund bezeichnen, was er produziert. Auch Breivik hat keinen Schund produziert. Es ist schon ein bisschen schwieriger – auf beiden Seiten. Insofern finde ich Ihre Fragen an die Muslime hier durchaus berechtigt.

      Sie könnten aber auch, nachdem Sie Pierre Vogels Islam ausreichend erkundet haben, ganz von selbst durch Lektüre der Artikel des MiGAZINs feststellen, dass da eine fundamentale Kluft zwischen diesen Artikeln einerseits und dem salafistischen Islam andererseits besteht, während zwischen Breiviks Manifest und seinen vielen wohlbekannten Gewährsmännern (Wilders, Fjordmann, Broder, etc.) so eine Kluft nicht besteht.

      Womit ich den gewaltabstinenten Islamfeinden keine Schuld oder Mitschuld an der Tat gebe – ich stelle nur fest, dass aus Ansichten, wie sie Geert Wilders zum Beispiel öffentlich kundtut, auch mal eine Tat erwachsen kann, wie sie Breivik begangen hat, und dass aus Hass und Paranoia gelegentlich auch Taten erwachsen, die von diesem Hass und dieser Paranoia motiviert sind. Das gilt für islamistischen Fundamentalismus genauso wie für Rechtspopulismus und Islamfeinschaft.

      Man kann eine solche Beziehung zwischen Konservativen und Breivik nicht herstellen, ebenso wenig wie eine Beziehung zwischen nicht-salafistischen Muslimen und islamistischem Terrorismus, denn Konservative teilen die rechtspopulistische Paranoia nicht, und unsere nicht-salafistischen Muslime schätzen die Trennung von Staat und Politik in den europäischen Nationen und streben keineswegs nach einem islamischen Staat.

      Auf Ihre Positionierung in all diesen Auseinandersetzungen habe ich vielleicht etwas voreilig geschlossen, Herr Streissner. Vielleicht gehören Sie zu den integrationsoffenen Konservativen. Dann muss ich mich natürlich entschuldigen.

  10. Lutheros sagt:

    Herr Brux, Sie schrieben
    Seltsam finde ich auch, dass Sie sich auf die verbal vorgebrachte logische Argumentation von Menschen verlassen wollen, nicht aber auf das, was doch sehr viel aussagekräftiger und verlässlicher ist als alle Worte: das wirkliche Leben der Menschen, ihr Alltag, ihre Alltagspraxis.

    Sie weichen aus. Sie können nicht erklären wieso man ein guter Moslem sein kann, aber das islamische Recht nicht anwenden muss. Weil es im Alltag funktioniert? Ist das so? Eine kleine Minderheit von 3-4 Mio bringt Schulalltag und öffentliches Leben mit Forderungen einzelner durcheinander. Ist das eine Minderheit in der Minderheit oder doch die Realität?
    Dann schau ich global: schon die Tatsache dass es „islamische Staaten“ gibt offenbart es: Islam ist eine Gesellschaftsordnung, niht nur eine Religion. Spricht man über die Ausprägungen der islamischen Staaten, heisst es: nein das ist kein Islam, das ist Tradition. Der Hass auf das „westliche“ in der Muslimsichen Welt – kein Alltag?
    Indien und Pakistan: eine Staatenteilung in Moslem und Nichtmoslem. Sudan: Eine Staatenteilung in Moslem und Nichtmoslem.
    Ihre Realitiät des Islams beweist genau das Gegenteil.

    Islamisches Recht ist Teil des Islam. Und ich frage einfach und noch mal: wie kann man ein guter Moslem sein aber das Islamische Recht nicht leben? Was macht man mit dem islamischen Recht als Moslem in einer Demokratie?

    Das moralisierende, dem anderen ständig nationalsozialistischen Gedankengänge unterstellende Antworten ist keine einzige Antwort. So hilflose Aufschreie, wie auch von Biker, ist doch nicht ernsthaft ein Wille zur Sachdiskussion.

    • Leo Brux sagt:

      Lutheros,
      und worin besteht das islamische Recht, an das sich alle Muslime halten müssen?
      In Ihrer Vorstellung scheint es nur eines zu geben – wie bei Pierre Vogel auch. Natürlich ein extremistisches.
      Für die allermeisten Muslime in Deutschland verlangt dieses Recht zu erst einmal: Halte dich an die Gesetze des Landes.
      Und im übrigen fallen die Vorstellungen darüber, was nun genau islamisches Gesetz ist, auch unter die jeweilige Interpretation des Islam.
      Eine davon finden Sie bei Benjamin Idriz, den ich Ihnen erneut zur Lektüre empfehle.

      Muslime in Deutschland leben gemäß dem islamischen Recht – und wie das aussieht, das können Sie sich ja einfach mal anschauen, indem sie gläubige muslimische Familien beobachten.

      Dass Sie den Hinweis auf das reale Verhalten für ein Ausweichen halten, zeigt, dass Sie den gesunden Menschenverstand ablehnen.
      Beispiel:
      A sagt, er sei überzeugt, dass Mann und Frau in der Ehe gleichbereichtigt sind, handelt aber praktisch und sichtbar als Pascha und lässt seine Frau nicht hochkommen.
      B lässt gelegentlich einen Machospruch über seine Frau los, aber wenn wir sein Verhalten prüfen, sehen wir, er behandelt sie gleichberechtigte Partnerin.
      Was zählt hier?

      Eine kleine Minderheit von 3-4 Mio bringt Schulalltag und öffentliches Leben mit Forderungen einzelner durcheinander. Ist das eine Minderheit in der Minderheit oder doch die Realität?

      Wenn es mal vorkommt, dass ein muslimischer Vater seine Tochter nicht in den Schwimmunterricht gehen lassen will – bringt er damit den Schulalltag durcheinander? – Und in welcher Weise würden Muslime durch eine Forderung sogar das öffentliche Leben durcheinander bringen? – Das sind abenteuerliche Formulierungen für harmlose, leicht zu bewältigende Probleme. Den zweiten Satz dazu verstehe ich nicht.

      Was die islamischen Länder betrifft: Sind unsere Muslime für die verantwortlich? Richten sich unsere Muslime in Deutschland überwiegend nach denen? Wieder empfehle ich das Hinschauen.