Nordrhein-Westfalen
Integrationsgesetz ohne Verbindlichkeiten, Mut und Substanz
Mit großen Worten wurde das Integrationsgesetz in Nordrhein-Westfalen angekündigt. Bei näherer Betrachtung entpuppt sich das Regelwerk aber als mutloses Sammelsurium von Unverbindlichkeiten. Die Opposition ist enttäuscht.
Mittwoch, 17.08.2011, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 23.08.2011, 4:56 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Mehr Teilhabe und eine verbindliche Grundlage soll mit dem Gesetze zur Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe und Integration in Nordrhein-Westfalen – kurz: Integrationsgesetz – erreicht werden. Das zumindest das erklärte Ziel des des nordrhein-westfälischen Integrationsministers Guntram Schneider (SPD).
„Mit dem Gesetz übernehmen wir bundesweit eine Vorreiterrolle – wir sind das erste Flächenland in Deutschland, in dem es ein Teilhabe- und Integrationsgesetz geben wird“, sagte Schneider gestern in Düsseldorf bei der Vorstellung des Gesetzesentwurfs. Damit werde eine verbindliche rechtliche Grundlage zur Förderung der Teilhabe und Integration geschaffen. „Das Gesetz soll den in unserem Land lebenden 4,3 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund auch klar signalisieren: Ihr seid willkommen und gehört klipp und klar zu unserer Gesellschaft“, betonte der Minister.
Entsprechend diesen wohlformulierten Sätzen dürften die meisten Regelungen des neuen Gesetzes allenfalls Signalwirkung entfalten. Zwar teilt das Ministerium mit, dass mit dem Integrationsgesetz mehr „Verbindlichkeit und Klarheit in der Integrationspolitik und Integrationsförderung geschaffen“ wird, ein Blick auf die Eckpunkte zeigt aber die Mutlosigkeit des Vorhabens.
Positiv sticht zunächst die Schaffung von kommunalen Integrationszentren ins Auge. Das Gesetz, die die Einrichtung regelt, kommt aber halbherzig als „Kannvorschrift“ daher. In den Zentren sollen zwei integrationspolitische Ansätze zusammengeführt werden: Bildung und Koordinierung der Integrationsarbeit.
Einen positiven Ansatz verspricht auch die Regelung, wonach durch eine gesetzliche Verankerung Migrantenorganisationen künftig stabilisiert und effektiver – auch finanziell – unterstützt werden sollen. Für das neue Gesetz stehen aber nur 14 Millionen Euro zur Verfügung. Mit dieser Summe sollen sowohl zusätzliche Personalstellen als auch die Förderung von Integrationsmaßnahmen der Migrantenorganisationen gestemmt werden.
Tipp: Die Rede von Minister Schneider anlässlich des Pressefrühstücks zur Vorstellung des Gesetzes zur Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe und Integration (Integrationsgesetz) in Nordrhein-Westfalen am 16. August 2011 in der Staatskanzlei gibt es hier, die Eckpunkte des Gesetzes hier.
Auch in puncto interkulturelle Öffnung des Öffentlichen Dienstes fehlen echte Verbindlichkeiten und Innovationen. Über die Regelung von bereits existierenden Maßnahmen geht das Gesetz nicht hinaus: Durch gezielte Werbung oder den Abbau von Hemmnissen bei der Auswahl und der Einstellung von Bewerbern mit Migrationshintergrund soll der Anteil von Migranten in der Verwaltung erhöht werden. Außerdem sollen verschiedene bereits existierende Landesgesetze durch Normen ergänzt bzw. verändert werden.
„Von dem neuen Gesetz profitieren die Migrantinnen und Migranten in unserem Land unmittelbar“, erklärte Minister Schneider. „50 Jahre nach dem deutsch-türkischen Anwerbeabkommen von 1961 und zehn Jahre nach der Integrationsoffensive des Landtags 2001 gehen wir mit unserem Teilhabe- und Integrationsgesetz einen entscheidenden weiteren Schritt in Richtung gelingender Integration“, resümierte der Minister.
Der integrationspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Michael Solf, sieht das anders: „Die Selbstbeweihräucherung des Herrn Schneider anlässlich dieses Gesetzentwurfs scheint mir arg verfrüht. Das Gesetz erschöpft sich in unkonkreten Hinweisen und dem vagen Appell, freundlich miteinander umzugehen.“ Solf befürchtet, dass die Migrantenverbände mit Enttäuschung auf diesen Gesetzentwurf reagieren werden. „Ich zumindest bin sehr enttäuscht!“, so der CDU-Politiker. (bk)
Leitartikel Politik
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