Berlin bleibt rot
Wahlergebnisse der Berlin-Wahlen 2011
Berlin bleibt mit rot. Offen ist, ob es eine rot-grüne oder eine rot-schwarze Regierungskoalition geben wird. Die Linkspartei hat das Nachsehen. Die Piratenpartei überrascht und die FDP fliegt raus.
Montag, 19.09.2011, 8:27 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 21.09.2011, 3:59 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit hat mit der SPD zum dritten Mal in Folge die Abgeordnetenhauswahl gewonnen. Seine Partei erreichte 28,4 % (-2,4 %). Zweitstärkste Kraft ist die CDU mit 23,2 % (+1,9%). Die Grünen schafften auf 17,6 % und konnte deutlich (+4,5 %) zulegen. Der bisherige Koalitionspartner der SPD, die Linke, erreichte nur noch 11,6 % (-1,8 %). Die FDP konnte den Bundestrend nicht stoppen und fiel mit 1,8 % (5,8 %) deutlich unter die Fünfprozenthürde. Für die größte Überraschung sorgte die Piratenpartei. Sie zieht mit 9 % (+9 %) erstmals in ein Landesparlament ein.
Damit gibt es für die bisherige rot-rote Regierungskoaltion keine Mehrheit mehr. SPD und Linke kommen gemeinsam nur noch auf 66 Sitze, für eine Mehrheit braucht es mindestens 75. So muss sich Klaus Wowereit nach einem neuen Partner umsehen. In Frage kommen CDU und die Grünen. Rot-Grün könnte mit 76 Sitzen das Ruder übernehmen, hätte damit aber nur eine knappe Mehrheit von nur einem Sitz.
Verhandlungen mit Optionen
Damit scheint Wowereit aber nicht glücklich zu sein. „Ich gehe gerne in Verhandlungen mit Optionen“, sagte er am Wahlabend. Am Ende müsse auch berücksichtigt werden, wie komfortabel eine Mehrheit wäre. „Man muss fünf Jahre regieren können, da darf es keine Wackelei geben.“ Rot-Schwarz käme auf eine deutliche Mehrheit von elf Sitzen. Vor den Wahlen hatte Wowereit jedoch betont, dass es die meisten Schnittmengen mit den Grünen gibt und nicht mit der CDU.
Und darauf baut die Spitzenkandidatin der Grünen, Renate Künast, die Vorsitzende der Bundestagsfraktion bleiben und nicht Landespolitik machen möchte. Eine mögliche rot-grüne Koalition in Berlin wolle sie aber selbst in die Wege leiten.
Das möchte auch CDU-Spitzenkandidat Frank Henkel. „Wir werden uns im Interesse der Menschen in unserer Stadt ernsthaften Gesprächen nicht verschließen“, sagte er am Sonntagabend. Er sei bereit für Gespräche über eine rot-schwarze Koalition.
SPD-Zentrale für Rot-Grün
Aus der SPD-Parteizentrale kamen keine direkten Ratschläge zum möglichen Koalitionspartner. SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel erklärte allerdings, dass er nun auch für die Bundesebene die Zeichen klar auf Rot-Grün sieht. So sieht es auch Grünen-Bundeschef Cem Özdemir. Er forderte Wowereit ebenfalls zu einem rot-grünen Bündnis auf.
Hoffnungen auf eine Regierungsbeteiligung können sich die Linken mit ihrem zweitschlechtesten Ergebnis seit der Wiedervereinigung nicht mehr machen. Eine mögliche Dreierkoalition von SPD, Grünen und Linke ist unwahrscheinlich. Harald Wolf, Spitzenkandidat und Wirtschaftssenator, führte das Wahlergebnis auf die schwierige Situation bei der Bundespartei zurück. Es habe keinen Rückenwind für Berlin gegeben.
Piratenpartei überrascht
Über mangelnden Rückenwind konnten die sich Piraten nicht beschweren. Laut einer ZDF-Analyse profitierte sie Sie vor allem von der Unzufriedenheit der Wähler mit den etablierten Parteien. Der Spitzenkandidat der Piratenpartei, Andreas Baum, sagte: „Wir gehen jetzt in die Arbeit rein. Wir werden von uns hören lassen.“ Der Bundesvorsitzende der Piratenpartei, Sebastian Nerz, sprach von einem „historischen Tag für die Piratenpartei und für Deutschland“.
Über mögliche personelle Konsequenzen sprachen gestern allein die Liberalen. Erste Forderungen nach einem Rücktritt von FDP-Spitzenkandidat Christoph Meyer wurden laut. Er räumte eine schwere persönliche Niederlage ein, kündigte aber nur eine kritische Analyse an. Es sei nicht die Zeit für „Schnellschüsse“.
Nicht im Abgeordnetenhaus sitzen wird auch die rechtsextreme NPD. (bk)
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Das die Piraten nicht nur die notwendigen 5, sondern insgesammt 9% der Wähler hinter sich haben, macht mehr als deutlich das es sich hier nicht nur um eine Spaßpartei handelt. Wer immer sich noch immer nicht sicher ist, was mit ihnen auf sich hat, kann sich ja mal auf der offiziellen Homepage schlau machen.
So viel steht jedenfalls fest: wer bereits zwei Plätze im Europa-Parlament sein eigen nennen darf, muss es auch ernst meinen!