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Hessen

CDU macht aus Streit um Ausländerwahlrecht eine Türkenfrage

Ausländerwahlrecht. Diese Thematik erregt in Hessen derzeit die Gemüter. Die SPD fordert Wahlrecht für Ausländer, CDU, FDP und die Grünen halten dagegen - Unionspolitiker gehen dabei noch einige Schritte weiter…

Freitag, 07.10.2011, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 14.10.2011, 3:20 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

In Hessen ist eine heftige Debatte um das Ausländerwahlrecht entbrannt. Angestoßen wurde sie von vom SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel und dem Vorsitzenden der hessischen Ausländerbeiräte, Corrado Di Benedetto. In einem Interview mit der Frankfurter Rundschau vom vergangenen Samstag hatten sie sich gemeinsam dafür ausgesprochen, dass alle Menschen, „die dauerhaft hier leben“, mitbestimmen dürften – zunächst bei Kommunal-, später auch bei Bundestags- und Landtagswahlen.

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Türkenfrage mit Passpolemik
Diese Forderung nutzten CDU und FPD Politiker und holten in der gestrigen „Aktuellen Stunde“ im Landtag aus. Der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Hessischen Landtag, Christean Wagner, etwa machte aus der SPD-Forderung bereits im Vorfeld mal schnell mal eine Türkendebatte. Das Wahlrecht stehe „am Ende der Integration und nicht am Anfang. Um es auf den Punkt zu bringen: Als CDU wollen wir den Deutschen mit türkischer Herkunft, aber nicht den Türken mit deutschem Pass“. Das Verhalten von Schäfer-Gümbel sei „durchsichtig und unsinnig. Aus rein populistischen Gründen biedert er sich bei den in Hessen lebenden Ausländern an“, so der CDU-Politiker. Wessen Wohlgefallen seine Worte gewinnen sollen, ließ er offen.

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CDU-Innenpolitiker, Peter Beuth, ergänzte seinen Parteikollegen: „Wer die deutsche Sprache ablehnt, das Grundgesetz und die dahinter stehende christlich-abendländische Werteordnung nicht anerkennt und die deutsche Staatsbürgerschaft nicht annehmen will, der kann auch kein Recht auf umfassende politische Mitbestimmung erhalten“, sagte er anlässlich der Landtagsdebatte. Und auch er hinterließ offene Fragen. So etwa, wie er von der Forderung nach einem Wahlrecht für Ausländer auf die Ablehnung der deutschen Sprache des Grundgesetzes schließt. Und was der Ausländer unter einer „christlich-abendländischen Werteordnung“ überließ er ebenfalls der Fantasie.

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FDP sieht nur Verfassung
Auf die Verfassungswidrigkeit der SPD-Forderung wies der hessische Integrationsminister Jörg Uwe Hahn (FDP) hin. Auch sein Parteikollege Hans-Christian Mick begnügte sich mit juristischen Ausführungen. Schäfer-Gümbel hielt dem entgegen, dass die derzeitige Verfassung kein Wahlrecht für Ausländer vorsehe und dass das auch unstreitig sei. Die Frage laute jedoch, wie man dahinkommen könne. Schließlich seien Grundgesetzänderungen nichts Neues.

Überzeugen konnte er damit allerdings nicht – nicht einmal die Grünen. Nach Auffassung der integrationspolitischen Sprecherin der Grünen, Mürvet Öztürk, sollte man sich auf Dinge konzentrieren, „die der Bundestag mit einfacher Mehrheit beschließen kann. Dazu gehören die Erleichterung der Einbürgerung, die Hinnahme der Mehrstaatlichkeit und die Abschaffung der Optionspflicht. Damit bliebe das Wahlrecht zu Recht an die Staatsbürgerschaft gekoppelt, aber durch die genannten Maßnahmen würde die Zahl derer erhöht, die teilhaben wollen und bereit sind, die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen.“

Konstruktion künstlicher Integrationsstufen
Als die „unnötige Konstruktion künstlicher Integrationsstufen“ bezeichnete Öztürk zudem den Standpunkt der CDU, die Einbürgerung stünde am Ende eines Integrationsprozesses. „Integration ist ein immerwährender Prozess, der bei jedem individuell anders abläuft. Es gibt keinen statischen Anfang oder Ende, den man mit einer Einbürgerung krönen könnte. Dies geht an der Realität unserer Gesellschaft vorbei“, so die Grünen-Politikerin.

Unterstützung bekam die SPD lediglich von der Linkspartei, die vor allem die Haltung der FDP kritisierte. Hermann Schaus, Parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion, bemängelte vor allem die Verweigerung der Liberalen, sich nicht einmal inhaltlich mit der Thematik auseinanderzusetzen und lediglich auf die Verfassungswidrigkeit zu verweisen. „Das ist ihre Form der Integrationsverweigerung“, so Schaus. Dabei stünden zumindest einer Änderung der Hessischen Gemeindeordnung keine rechtlichen Bedenken entgegen. (bk)
Leitartikel Politik

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  1. Sugus sagt:

    @ e-xyz
    „Die Migranten erfüllen alle Pflichten eines Staatsbürgers, erhalten aber nicht alle Rechte.“
    Bitte? Die männlichen nichtdeutschen Migranten waren bis vor kurzem alle in der Bundeswehr?
    „Eine Gesellschaft die zwischen Ethnien, Rassen, Kulturen und Religionen unterscheidet, darf sich nicht Demokratie nennen.“
    Eine solche Gesellschaft ist die Voraussetzung für die Demokratie. Die „Volkssouveränität“, die Sie einen Absatz später ins Spiel bringen, bezieht sich in Deutschland wie in den meisten anderen Staaten Europas nämlich auf EIN Volk. In Deutschland ist das deutsche Volk der Souverän, genauso wie in der Slowakei die Slowaken, in Polen die Polen, in Dänemark die Dänen.
    Solche Staaten wie die Schweiz (drei bzw. vier Völker) sind die absolute Ausnahme und historisch gewachsen.

  2. e-xyz sagt:

    @Sugus
    „Bitte? Die männlichen nichtdeutschen Migranten waren bis vor kurzem alle in der Bundeswehr?“
    Hätte man regeln können, man hätte den Zivil- und Wehrdienst für alle einführen sollen. Absolut gute Idee Sugus, so etwas verbindet.

    Mein Zitat bezog sich nur auf Europas Aussage „Und nein, natürlich gibt es kein Recht darauf in Deutschland die Politik mitzugestalten. Und das sogar aus sehr guten Gründen.” Ich wollte, damit zum Ausdruck bringen, dass das Volk gerade dazu aufgerufen wird die Politik mit zugestalten.
    In anderen Ländern kämpfen sie für politische Mitbestimmung und in D soll es anders sein?
    Das damit das deutsche Volk gemeint ist, versteht sich von selber:

    Hier die Hierarchie in unserer Gesellschaft:
    1. Der deutsche Bürger
    2. Der EU, der Schweizer Bürger und der norwegische Bürger
    3. Bürger aus ehemaligen europäischen Kolonien z.B. Australien
    4. Hunde und Katzen
    4. Der restliche Abschaum

  3. Europa sagt:

    @e-xyz
    Also Sekunde, das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Sie schreiben weiter oben, dass ich ja anscheinend komplett bescheuert wäre und keine Ahnung von Staatskunde habe. Aber dann sagen sie mir doch einfach mal von welchem Volk die Rede ist, wenn sie den Satz „alle Macht geht vom Volke aus“ zitieren. Ich kanns ihnen sagen: das ist das deutsche Volk und damit sind deutsche Staatsbürger gemeint und nicht jeder der in Deutschland wohnt oder Steuern bezahlt.
    Und nochmal zum Mitschreiben oder ausdrucken, hier meine Fakten die die gelebte Wirklichkeit ziemlich genau beschreiben: Die Türkei ist kein EU-Mitglied und wird in den nächsten 100 Jahren auch keins werden, also gibt es auch kein Wahlrecht für Türken auf kommunaler Ebene. Wer weiss vllt ist das ja auch ein Grund warum Deutschland und österreich gegen einen EU-Beitritt der Türkei sind.

    Was ich schreibe ist eigentlich nur eine Bestandsaufnahme, warum die Türken momentan kein Wahlrecht haben und daraus kann ich schliessen, dass sich in den nächsten Jahrzehnten auf der Ebene nichts ändern wird!

  4. Europa sagt:

    @BiKer
    „lüge!!!

    siehe dänemark, schweden, holland, irland, finnland.

    wieso verbreiten sie lügen?“

    Hätten Sie meinen Satz zu ende gelesen, dann hätten Sie auch gemerkt, dass ich danach geschrieben habe „mit Ausnahme der EU“. Aber nun gut, das war ja der springende Punkt, den sie nicht wahr haben wollen.

    @e-xyz
    Wenn als Voraussetzung zum EU-Beitritt ein Staat pleite sein müsste, dann hätte die Türkei in den letzten 50 Jahren schon 3 mal beitreten können. Bei dem Thema sollten sie still sein, denn es gibt leider nichts in der Hinsicht was man von der Türkei lernen könnte. Die Eurozone besitzt immer noch 330 Mio. Einwohner und ein BIP von 8,9 Billionen Euro. Bevor die EU oder die Eurozone es nötig hätte die Türkei um hilfe zu bitten, müsste noch sehr viel passieren.
    Überschätzen sie mal ihr Land nicht, die türkische Wirtschaft ist extrem von der deutschen abhängig und nicht umgekehrt!

  5. Sugus sagt:

    @ e-xyz
    Deutschland ist ethnisch weitgehend homogen gewesen. Die wenigen Zuwanderer, die kamen, wurden schnell assimiliert.
    Jeder „exotische“ Ausländer, der sich heutzutage auf deutschem Boden befindet, ist hier aus freiwilligem Entschluß oder weil seine Eltern das Leben hier attraktiver fanden als in ihren Heimatländern.
    Höflich formuliert: mir ist unverständlich, wie solche Leute, die unter so guten Bedingungen aufwuchsen (Sozialsystem, Rechtsstaat), so undankbar sein können und oft so tun, als ob das Leben hier die Hölle wäre.

  6. e-xyz sagt:

    @Europa
    Ihnen empfehle dieses Interview zu lesen:
    http://www.zeit.de/2011/43/50-Jahre-Migration-Zaimoglu

    „dass ich ja anscheinend komplett bescheuert wäre und keine Ahnung von Staatskunde habe.“ Nein, ich schrieb dumm, bitte genauer lesen.

    @Sugus
    „Höflich formuliert: mir ist unverständlich, wie solche Leute, die unter so guten Bedingungen aufwuchsen (Sozialsystem, Rechtsstaat), so undankbar sein können und oft so tun, als ob das Leben hier die Hölle wäre.“
    Wieso undankbar, was hat Kritik üben mit undankbar sein zu tun. Greife ich zur Waffe, zünde ich Autos an? Ich sehe nur eins, dass Sie von einem Rechtssystem reden, dass aber nicht für alle gilt. Ich möchte einen Zustand in der Gesellschaft, die jemanden nicht nach Ethnie sondern nach seinem Beitrag für die Gesellschaft bewertet.

  7. e-xyz sagt:

    @Europa
    „Überschätzen sie mal ihr Land nicht, die türkische Wirtschaft ist extrem von der deutschen abhängig und nicht umgekehrt!“
    Ich habe kein Land, brauche ich nicht mehr, ich bin einfach Ausländer, egal wo. Ein völkisches Wir-Gefühl überlasse ich lieber einsamen Menschen wie Ihnen, die brauchen so was. Unfähig alleine etwas zu leisten und sich mit den Leistungen der Gesellschaft zu rühmen mehr kommt von Ihnen leider nicht, wie immer.
    Da Sie das BIP ansprechen, 1/4 wird davon von D erzielt (ja auch meine Leistung trägt dazu bei), 1/4 von F, 1/4 von NL, I, und UK. Wo bleiben die restlichen Problemfälle. Was leistet Bulgarien? Stimmt Korruption.

  8. Sugus sagt:

    @ e-xyz
    „Ich sehe nur eins, dass Sie von einem Rechtssystem reden, dass aber nicht für alle gilt.“
    Daß Nicht-Staatsbürger nicht die gleichen Rechte haben wie Staatsbürger, ist selbstverständlich. Übrigens auch in der Türkei, wo das noch viel massiver ist (Berufsverbote für Ausländer etc.)

  9. Europa sagt:

    @e-xyz
    „Unfähig alleine etwas zu leisten und sich mit den Leistungen der Gesellschaft zu rühmen mehr kommt von Ihnen leider nicht, wie immer.“

    Sagt ein Türke!

  10. Europa sagt:

    @Sugus
    Ich sehe das genau so wie Sie.
    Es sind meist die Menschen denen man alles grosszügig in den Allerwertesten gesteckt hat, die sich am Ende noch beschweren.

    Wie e-xyz selbst geschrieben hat, ist er ja anscheinend selbstständig, dass er dies aber in der Türkei niemals hätte machen könne, da man mindestens ein Cousin beim Amt braucht um eine Lizenz zu bekommen, das weiss er ganz einfach nicht. Er weiss einfach nicht wie es ist woanders, als in Deutschland zu leben. Und deshalb schämt er sich nicht mal, wenn er solche Lügen verbreitet.
    Wenn Einer sich selbst immer nur als Opfer sieht, dann ist er höchstwahrscheinlich der Täter.
    Die gehören auch zu der Kategorie Mensch, bei denen immer die Lehrer schuld waren, wenn man eine schlechte Note bekommen hat.

    Man sollte in den Integrationskursen mal Dankbarkeit mit den Migranten üben, denn darin sehe ich noch erhebliche Defizite.