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Studie

Zwangsehen sind ein Bildungsproblem

Eine Auswertung von 3.443 Beratungsfällen über Zwangsverheiratungen zeigt, dass das Phänomen vor allem ein Bildungsproblem ist. Religiöse Motive oder Ursachen konnten die Forscher nicht feststellen. Familienministerin Schröder stellt diesen Zusammenhang trotzdem her – mit dem Islam.

Donnerstag, 10.11.2011, 7:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:45 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Im Jahr 2008 wurden 3.443 Personen über Zwangsheirat beraten; die Zahlen betreffen rd. 60 Prozent angedrohte und 40 Prozent vollzogene Zwangsverheiratungen. Das geht aus einer aktuellen Studie hervor, die gestern (10. November 2011) von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder und der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Maria Böhmer (beide CDU), in Berlin vorgestellt wurde.

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Türken zu Unrecht im Fokus
Laut Studie sind überwiegend Menschen mit Migrationshintergrund im Alter zwischen 18 und 21 Jahren von Zwangsverheiratung bedroht und betroffen, in vielen Fällen (44 Prozent) haben sie die deutsche Staatsangehörigkeit. In erster Linie sind Frauen und Mädchen betroffenen, 30 Prozent von ihnen sind jünger als 17 Jahre. Häufigstes Herkunftsland der Eltern ist mit 44 Prozent die Türkei, gefolgt von Serbien (mit Kosovo und Montenegro), Irak und Afghanistan (jeweils 6 bis 8 Prozent der Eltern).

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Damit ist laut Studie die Fokussierung dieses Problems auf Türkeistämmige unzutreffend. „Zwar bilden diejenigen mit türkischer Herkunft die größte Gruppe, insgesamt stellen sie aber weniger als die Hälfte aller Beratenen – dies vor dem Hintergrund, dass sie die größte Gruppe der in Deutschland lebenden ausländischen Bevölkerung und der in Deutschland lebenden Bevölkerung mit Migrationshintergrund ausmachen“, so die Forscher.

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Kein Zusammenhang mit der Religion
Auch führen die Wissenschaftler aus, dass mit der gewählten Methode und anhand der Datenlage nicht überprüft werden konnte, „ob und welche Zusammenhänge die Religionszugehörigkeit/Religiosität mit Zwangsverheiratung hat“. Dazu seien weitere Forschungen notwendig. Ungeachtet dessen stellt Familienministerin Schröder diesen Zusammenhang her. Sie schreibt in einem Namensbeitrag in der FAZ vom Dienstag, dass dieser „Zusammenhang in Hinblick auf den Islam oft verleugnet oder wegdefiniert“ wird.

Dabei gibt die Studie selbst viele mögliche Antworten auf die Frage des Zusammenhangs: Bildung und Einkommen der Eltern spielen genauso eine Rolle wie die Schulart, die von den Betroffenen besucht werden. So ergab die Schulbefragung, dass Zwangsheirat auf Gymnasien kein Thema ist (0 Prozent); in berufsbildenden Schulen beträgt diese Quote 42,5 Prozent, in Haupt- und Realschulen 28 Prozent und in Förder- und Gesamtschulen noch rund 21 Prozent. Auch die Schulabschlüsse der Betroffenen bestätigen die Bedeutung des Bildungsfaktors. Laut Studie haben die meisten (64,4 Prozent) von Zwangsheirat betroffenen bzw. bedrohten keinen oder nur einen Hauptschulabschluss.

Bundesregierung überzeugt nicht
Jedenfalls solle künftig eine bundesweite Telefonhotline helfen, das auch Opfern von Zwangsheirat Unterstützung bieten soll. Die Hotline solle ab Ende 2012 bundesweit in mehreren Sprachen zu Verfügung stehen. Zwangsheirats-Opfer bräuchten „ein Ohr, das zuhört, einen Mund, der Auswege beschreibt und Hände, die helfen“, so Schröder.

Download: Eine Kurzfassung der Studie „Zwangsverheiratung in Deutschland – Anzahl und Analyse von Beratungsfällen“ kann auf www.bmfsfj.de als PDF-Datei kostenlos heruntergeladen werden.

Das überzeugt die Integrationsbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion Aydan Özoğuz nicht. Wenn Schröder tatsächlich etwas für die Zwangsverheirateten tun wolle, müsste sie etwas mehr als ein Hilfetelefon für Ende 2012 ankündigen. Das sei zu wenig. „Und dass es die Union war, welche die Ehebestandszeit für ausländische Ehepartner für das eigenständige Bleiberecht von zwei auf drei Jahre hochgesetzt hat, erwähnt Schröder mit keinem Wort. Die Folge: Wenn ein Partner in die Ehe gezwungen wird, dann muss er noch ein Jahr länger in dieser Ehe ausharren, bevor der Ehepartner verlassen und ein eigener Aufenthaltstitel begründet werden kann“, so die SPD-Politikerin.

Rückkehrrecht nur bei finanzieller Absicherung
In diesem Zusammenhang verweist Maria Böhmer auf die „gesetzlichen Regelungen im Kampf gegen Zwangsverheiratungen“. In zahlreichen Fällen würden die Betroffenen zur Zwangsheirat ins Ausland verschleppt. „Umso wichtiger war die Verlängerung des Rückkehrrechts auf bis zu 10 Jahre“, so die CDU-Politikerin.

Diesen Einwand lassen die Grünen-Politiker Monika Lazar und Memet Kılıç nicht gelten. Zwar habe die Bundesregierung „ein Rückkehrrecht für ins Ausland verschleppte Zwangsverheiratete eingeführt, jedoch nur unter der Bedingung, dass die (finanzielle) Integration der Betroffenen gewährleistet ist“.

Dass die Verlängerung der Ehebestand kontraproduktiv für den Schutz der von Zwangsheirat betroffenen war, wird von der Studie bestätigt. Viele Betroffene thematisieren Zwangsverheiratungen nicht, weil sie Angst vor dem Vorwurf einer Scheinehe – „und damit auch dem Verlust des Aufenthaltsstatus“ haben, fassen die Forscher das Problem zusammen.

Immer nur Gesetze verschärft
So ist auch Linkspolitikerin Sevim Dağdelen überzeugt, dass „die halbherzigen Verbesserungen beim Rückkehrrecht“ die „Verschlechterungen nicht kompensieren“ können. Sie bemängelt, dass die Bundesregierung „in den letzten Jahren auf das Problem Zwangsehe nicht angemessen reagiert“ habe. Das sehe man nun auch an der aktuellen Studie.

Dağdelen weiter: „Immer wurden nur die Gesetze verschärft. Schon als der Ehegattennachzug durch den Zwang, die deutsche Sprache bereits im Ausland zu erlernen, massiv erschwert wurde, wurde die Bekämpfung von Zwangsverheiratungen als Begründung vorgeschoben.“ (hs)
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  1. MoBo sagt:

    Ich find es klasse, dass die automatische Werbeanzeigengenerierung hier auf ein muslimisches Heiratsportal hinweist.

    Aber ernsthaft: ich würde mich sehr freuen, wenn Kommentatoren dieses Artikels weder Islam-Bashing betreiben (macht Spaß, oder? und man muss anders als bei Juden und Schwarzen noch nicht mal ein schlechtes Gewissen haben), noch die Verantwortung der jeweiligen Communities für Zwangsheiraten herunterreden (natürlich gibt es auch in Bayerischen Dörfern bei autochtonen Bergdeutschen Heiraten die nicht ganz Kosher sind; das heißt noch lange nicht, dass die in dem Artikel genannten Fälle nicht skandalös seien. Die Frage ist nur, wie man damit umgeht)

    Ne Hotline erst Ende 2012 einführen zu wollen ist natürlich eine super Maßnahme ;)

  2. gedanke sagt:

    Schwachsinniger gebrabbel von Politikern die realitätsfern vom Bürostuhl agieren.
    Kristina Schröder sollte sich lieber um ernste innerdeutsche Probleme wie Mißbrauch innerhalb der Familie und Prostutition von Minderjährigen in Deutscchland allgemein kümmern.Wenn die Türken prozentual gesehen weniger vertreten sind ,warum werden sie immer wieder hervorgekramt und vordergründig an den Pranger gestellt.
    Wie Scheinheilig kann sich eine partei nstellen die ihn ihren Logo das wort Christlich führt und dnnoch gegen die Christlöiche Kirche wegen Sexuellen Übergriffen an Kindern erst ga nicht angeklag werden.
    Das Dummgeschwätz von Naiv Infantilen Politikern zieht einem die Schuhe aus

  3. Naja sagt:

    @ MoBo

    Ja, das mit der Anzeige entbehrt nicht einer gewissen Komik :-)

    Zum Thema: Ok, sagen wir einfach, dieses Problem hätte mit dem Islam nichts zu tun. Die Überschrift „Zwangsehen sind ein Bildungsproblem“ finde ich dann aber arg daneben. Alleine schon, weil der Anteil der „Biodeutschen“ Bildungsfernen an diesem Phänomen ja wohl verschwindend gering ist.

    Wenn ist es eher ein kulturelles Problem. Das mag dann in diesen Milieus auch noch mit mangelnder Bildung korrelieren. Aber daraus ein reines „Bildungsproblem“ zu machen, halte ich für unredlich.

  4. ZZieher sagt:

    Zwangsheiraten bei bildungsfernen, deutschem Pöbel? Daß ich nicht lache, da wird geheiratet, wen das versoffene Töchterlein mag. Und umgekehrt. Da kann man froh sein, wenn Töchterlein nicht schon mit 13 schwanger wird. Ich bitte Sie. Deutsche können damit also nicht gemeint sein.

  5. Europa sagt:

    @MoBo
    Bei ihnen ist es immer ganz einfach: Der Islam ist die Perfektion und die angebliche reinste Güte, die jemals erschaffen wurde. Menschen die den Islam durchgehend gut finden nennt man Experte und Menschen die es wagen die Ursache eines Problems der muslimischen Gesellschaft beim Islam zu suchen sind von vornherein Islamophobe.

    Und anstatt uns in ihrer unendlichen Weisheit dann endlich aufzuklären, warum es unter Türken immer noch soviele Zwangsheiraten gibt versuchen sie lieber die Diskussion in der typischen: „Sowas steht nicht im Koran“-Bahn zu lenken.