Neonazi-Terror

Auch Sarrazins Saat wird wachsen, wenn wir nicht einschreiten

Die Saat für diese Nazi-Bande haben andere viel früher gelegt. Sarrazins Saat braucht Zeit, bevor sie wächst, bevor sie für alle sichtbar wird, wenn wir nicht einschreiten, schreibt Mehmet G. Daimagüler in seinem Gastbeitrag.

Von Mehmet G. Daimagüler Montag, 28.11.2011, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 01.12.2011, 0:20 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

„Aktion Dönerspieß“ nannten die Rechtsterroristen aus Zwickau ihre Mordserie. „Soko Dönermorde“ nannte unsere Polizei ihre Truppe, die diese Mordserie aufklären sollte und dabei kläglich versagte. Die Ähnlichkeit in der Terminologie mit Blick auf die Opfer ist frappierend – und sie ist verletzend. Sprache kann verräterisch sein. In diesem Fall werden Menschen sprachlich post mortem entmenschlicht. Sie werden zu Sachen gemacht. Sachen kann man nutzen, man kann sie kaputt machen. Sachen haben keine Würde. Zugleich macht der Begriff „Dönermorde“ die Opfer zu Fremden: Döner, das ist nicht deutsch, das ist türkisch, und was türkisch ist, braucht uns nicht weiter zu sorgen. Wie würden wir Deutsche uns fühlen, wenn eine Mordserie in der Türkei von der „Soko Sauerkraut“ aufgeklärt werden würde? Ich habe darum „Dönermorde“ als „Unwort des Jahres“ vorgeschlagen.

Ein Mensch nach dem anderen, ein ganzes Jahrzehnt lang, wird kaltblütig erschossen. Mitten unter uns, inmitten unserer Städte. Aber was soll’s? Das sind innertürkische Angelegenheiten, PKK, Drogen, Schutzgelderpressung, irgendetwas, was mit uns, mit Deutschland, nichts zu tun hat. Diese Menschenverachtung spiegelt sich in dem Begriff „Dönermorde“ ebenso wie in der „Aktion Dönerspieß“.

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Während das Letztere das Resultat des kranken Denkens von Nazis ist, ist das Erstere die Kopfgeburt von Menschen, die uns schützen sollen. Hier kommt unheilvoll eins zum anderen. Der Verfassungsschutz hat die NPD infiltriert. Die NPD ist verwoben mit dem „Nationalsozialistischen Untergrund“. Wie kann es sein, dass unter der Nase des Verfassungsschutzes eine braune Truppe morden kann? Könnte es sein, dass umgekehrt auch die NPD Teile des Verfassungsschutzes infiltriert hat? Könnte es sein, dass es innerhalb der Sicherheitsbehörden ein rechtes Sympathisantennetzwerk existiert? Angst habe ich nicht, aber mein Vertrauen in den Staat ist erschüttert.

Es stimmt, dass besonders im Osten unseres Landes Neonazis ihr Unwesen treiben. Richtig ist auch, dass in den neuen Ländern die NPD ihre größten Wahlerfolge hat und dass dort Migranten, Punks, Juden, Schwule besonders gefährlich leben. Die Integration mancher Jugendlicher aus den neuen Ländern in die Bundesrepublik Deutschland ist – vorläufig? – gescheitert. Aber: Neonazis gibt es auch im Westen.

Auch im Westen Deutschlands haben sich Viele aus unserer Gesellschaft verabschiedet. Liest man die einschlägigen Onlineforen, entdeckt man, dass sich dort eine rechtsextreme Parallelgesellschaft entwickelt hat, die diesen Staat und die Werte für die er steht, immer ablehnen und oft auch aktiv bekämpfen. Sich daher wohlig zurückzulehnen und Rechtsextremismus als „ostdeutsches Problem“ zu betrachten, bagatellisiert die Herausforderung, vor der wir stehen. Rechtsextremismus ist ein gesamtdeutsches Problem, es ist unser aller Problem.

„Unworte bereiten den Untaten den Boden“, so sprach Johannes Rau. Man muss über Einwanderungspolitik debattieren. Aber man muss das anständig tun. Die Debatte darf nicht in Hetze gegen Einwanderer und einer dumpfen Panikmache enden. Wenn der Ex-Bundesbanker Thilo Sarrazin von der „Produktion von Kopftuchmädchen“ spricht und so Menschen zu Sachen degradiert und Millionen Menschen aus der Mitte unserer Gesellschaft jubeln, dann verstehen manche von den Rändern unserer Gesellschaft diese Thesen und den Jubel honoriger Bürger als Auftrag. Sie werden Häuser anzünden und Menschen töten. Sarrazin ist nicht schuld an der Zwickauer Mörderbande. Die Saat für diese Bande haben andere in den 80er und 90er Jahren gelegt. Sarrazins Saat braucht Zeit, wie jede Saat, bevor sie wächst bevor sie gedeiht, bevor sie für alle sichtbar wird. Aber auch diese Saat wird aufgehen, wenn wir nicht einschreiten. Es geht nicht bloß um Migranten. Es geht um unser Land. Wir müssen unsere wunderbare, kostbare, teuer erstrittene, aber auch so wahnsinnig verletzliche Freiheit verteidigen. Aktuell Meinung

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  1. BiKer sagt:

    @ egon sunsamu

    und sie haben den beitrag gelesen, ja?

    der autor schreibt doch selbst: „Sarrazin ist nicht schuld an der Zwickauer Mörderbande. Die Saat für diese Bande haben andere in den 80er und 90er Jahren gelegt. Sarrazins Saat braucht Zeit, wie jede Saat, bevor sie wächst bevor sie gedeiht, bevor sie für alle sichtbar wird.“

    erkennen sie den zusammenhang? ja?

  2. Pragmatikerin sagt:

    @ Tai Fei

    Danke für die Aufklärung dass Sie männlich sind ;-)

    Pragmatikerin

  3. Pragmatikerin sagt:

    @ Biker

    „@ pragmatikerin

    ja ja. gehen sie woanders spielen!“

    Es gab einmal ein tolles Lied von Annett Louisan: „Ich will doch nur spielen“
    Ich hatte es in den verschiedensten Chatrooms in meinem „Profil“ als Erkennungsmelodie………. Leider gibt es die Chatrooms und das Lied nicht mehr :-(

    Pragmatikerin

  4. Uwe sagt:

    Hugo sagt:
    2. Dezember 2011 um 10:22
    – Wer (!!) ist in die besagten Länder eingefallen?
    – Welche Gründe sprachen für eine Intervention im Irak und Afganistan?
    – Warum müssen wir unsere Sicherheit am Hindukusch verteigen?
    – Wann hat ein – Ihrer Definition nach – muslimisches Land ein anderes Land angegriffen und damit den Tot von hunderttausenden von Menschen verursacht?

    lieber hugo, etwas bildung würde jederueit helfen solche undisqualifizierten fragen nicht zu stellen
    1. eingefallen, das war so nicht gewollt, die usa wollten zu recht eine ordentliche operation gg die taliban ohne bodentruppen, deutschland hat sich aufgedrängelt zum widerwillen der usa (anbei, spd und grüne regierung)
    2. bezüglich afghanistan, siehe obe, irak zu recht, oder frag die kurden welche mit giftgas ermordet wurden ob saddam wirklich keine massenvernichtungsmittel hatte ………..
    3. frag spd und grüne und nicht pi, sos östereich mao und wie sie alle heissen
    4. seit übr tausend jahren, frag indien, frag die kopten, fahre nach ägypten und äthopien, fahr nach spanien und nach wien, dann frage diese dumme frage nochmals

    Reseller Berlin sagt:
    2. Dezember 2011 um 13:36
    jeder der nicht deiner meinung ist ist sozusagen ein fascho, ein nazi, du hast ein sehr einfaches naives weltbild
    erkennbar daran >>> welt.de, Spiegel.de usw. usw. usw. <<> Aus dem Bösen kommt niemals etwas Gutes. Aus dem Bösen (Hass, Terror, Krieg) kommt nur Böses.<<<
    deswegen sofortiges koranverbot überdenken sowie die sharia, hadithen etc

    dann wirds was danke

  5. Tai Fei sagt:

    @Uwe
    „1. eingefallen, das war so nicht gewollt, die usa wollten zu recht eine ordentliche operation gg die taliban ohne bodentruppen, deutschland hat sich aufgedrängelt zum widerwillen der usa (anbei, spd und grüne regierung)
    2. bezüglich afghanistan, siehe obe, irak zu recht, oder frag die kurden welche mit giftgas ermordet wurden ob saddam wirklich keine massenvernichtungsmittel hatte ……“

    Na, na, na hier werden aber einige Fakten ziemlich verbogen

    zu 1: Klar, eine Operation ohne Bodentruppen in Afghanistan? Die Sowjets hatten dort während ihres gesamten Einsatzes die Lufthoheit. Was hat es Ihnen genützt? Die Bodentruppen wurden ja nicht auf Wunsch der Bundesregierung eingesetzt (soweit geht der dt. Einfluss ja nun auch nicht) sondern weil die Marionetten-Regierung Karzais zunehmend unter Druck geriet und Ihre Stellung, selbst in Kabul, kaum noch halten konnte. Das stellt im Übrigen eine erstaunliche Parallele zum Einmarsch der SU dar. Die sind ja auch erst nach Afghanistan gekommen, als sich die dortige, kommunistisch ausgerichtete, Regierung nicht mehr allein an der Macht halten konnte.

    Zu 2. Der Giftgasangriff gegen die Kurden war 1988 gegen Ende des ersten Golfkrieges (Irak/Iran) Da stellt sich doch die Frage, wieso man da nicht gleich in den Irak einrückte, wenn´s denn darum ging. Herr Hussein war da aber noch der nützliche Idiot gegen den Iran. Da konnte man ihn noch nicht fallen lassen. Es wurde ja sogar seitens der USA versucht den Giftgaseinsatz dem Iran in die Schuhe zu schieben. Außerdem gehen die Türken auch nicht gerade zimperlich mit den Kurden um. Das interessiert komischerweise auch keinen, die sind ja NATO-Partner.

  6. Sinan A. sagt:

    Ich muss noch nachtragen, beim BKA nannte sich die dortige Ermittlergruppe schon vor Bekanntwerden der Täter

    – CESKA

    Die Ermittler vom BKA waren es auch, die der Nazi-Bande etwas näher kamen. Die Spur der Waffe führte sie in die Schweiz, wo nur einige wenige Exemplare dieses Typs verkauft wurden.

    —–

    – SOKO BOSPORUS
    – SOKO HALBMOND
    – SOKO ALADIN

    dagegen überprüften etwa 11.000 Menschen aus dem Umfeld der Opfer. Teilweise wurden komplette Lebensläufe angefertigt, ohne Erfolg.

    Man kann also festhalten, dass der Name der SOKO ein Hinweis auf die Zielrichtung, die Haltung und die Ermittlungserwartung der Beamten ist.

  7. Pragmatikerin sagt:

    @ @ll

    Ich bekam soeben aus England eine wunderschöne PPS von allen Weihnachtsmärkten europäischer Städte. Natürlich war kein Beitrag von den 3 % europäischer Türkei dabei. ;-) Wie auch, frage ich mich?

    Ich finde, jedes Land auf dieser Erde sollte seine Feste so feiern wie sie fallen – aber dann auch seine Andersartigkeit betonen.

    Als Deutsche, Europäerin und nur ganz wenig Weltenbürgerin sehe ich mit offenen Augen, dass die Menschen und ihre Natur und Kultur nicht alle gleich sind, warum wird das hier von manchen Kommentatoren nicht anerkannt?

    Ich besuche sehr viele Weihnachtsmärkte im Laufe der Adventszeit, selten begegnet mir z.B. ein Mensch, wo ich annehmen könnte, er sei Türke/Araber/Muslime. Was ich damit sagen will ist, es sollte nicht nur jeder seine Feste nach seiner Kultur feiern und seine Andersartigkeit nicht verstecken. Man sollte dann aber auch nicht erwarten, dass nicht alles als Rassismus bezeichnet wird, was nicht in ein allgemeines Raster passt. :-)

    Pragmatikerin

  8. Xtian sagt:

    Frage mich am späten Abend, ob ich den flotten Versuch von Herrn Daimlergüller, die Morde der Zwickauer Zelle direkt mit Thilo Sarrazins Buch zu verbinden (siehe Überschrift) als widerlich oder nur als typisch türkisch werten soll.

    Bin milde gestimmt: also typisch türkisch.

  9. Pragmatikerin sagt:

    @ Anne

    Sie schrieben:
    „Eine Frage stelle ich, auf die ich noch nie auch nur den Versuch einer Antwort bekommen habe: wer hat für die Mörder aus Zwickau die Opfer ausgewählt?“

    Ich finde, das ist eine „dumme“ Frage, denn was hätten Sie davon, wenn man sie beantworten könnte?

    Ein Aussenstehender könnte immer nur spekulieren nur die Täter können diese Frage beantworten und das werden sie sicher auch bei den Gerichtsverhandlungen tun.

    Pragmatikerin

  10. ronzilein sagt:

    hallo zusammen,
    auch hier sieht man, wie schnell man vom 100sten ins 1000ste kommen kann. Das zeigt den Umfang der Diskrepanzen zwar, aber bringt uns auch nicht weiter.
    Festzuhalten ist:
    Morde sind zu verurteilen.
    Wie sie nun genannt werden, ist dabei zweitrangig.
    Rechtsradikalismus ist eine große Gefahr. Weltweit.
    Nur wäre es etwas blauäugig, einen Herrn Sarrazin dafür verantwortlich zu machen, dass es solche Auswüchse nach rechts außen gibt.
    Diese Auswüchse sind Symptom für einen Missstand, der bis weit hinein in der Mitte der Gesellschaft wahrgenommen wird. Laut einer Studie, die hier auch in diesem Portal erwähnt wird, ist der Unmut darüber bereits bei 50% der Bevölkerung angekommen.
    Also: 50% der Bürger in Deutschland sehen ein Problem der Überfremdung. Diese 50% sind nicht alle rechtsradikal!!!